Protocol of the Session on September 25, 2012

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf und das Konzept der Staatsregierung gehen auf Landtagsbeschlüsse zurück. Der letzte Beschluss datiert vom 9. Juni 2011.

Wir wissen um die Bedeutung des lokalen Rundfunks. Im Vergleich zu den Mediengiganten hat er Schwierigkeiten. Warum? Weil sich die Technologien weiterentwickeln und 50 % der bayerischen Bürger ihren Fernsehempfang inzwischen über Satelliten beziehen. Dies war vor wenigen Jahren noch ganz anders. Für die kleinen lokalen und regionalen Rundfunkbetreiber ist es schwierig, ihre Sendungen über Satelliten auszustrahlen.

Herr Kollege Werner, natürlich brauchen wir den großen Wurf. Ich bin direkt gerührt über die Vorschläge, die Sie hier gemacht haben. Ich war als einer der Vorgänger des Medienministers Kreuzer 2008 in der Rundfunkkommission in Dresden. Wir haben genau den Vorschlag gemacht, den lokalen Rundfunk über einen Anteil der Rundfunkgebühren - nicht über eine Erhöhung - abzusichern. Das wäre doch die Lösung gewesen.

Der Vorsitzende der Rundfunkkommission ist der der SPD angehörende rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck. Der hat natürlich nicht zugestimmt. Damals war ich in der Position von 1:15. Kein anderes Bundesland hat dem zugestimmt. Da ist es natürlich schwierig, so etwas durchzusetzen. Wir haben in der jetzigen Legislaturperiode einen zweiten Versuch unternommen; auch der ging mit einem ähnlichen Ergebnis aus. Sie sagen jetzt, Sie hätten Gespräche geführt. Ich habe auch Gespräche mit Herrn Jan Marc Eumann geführt, der in Nordrhein-Westfalen für die Medienpolitik zuständig ist; er ist Vorsitzender der SPD-Medienkommission. Er sagt: Wir denken darüber nach, weil wir auch am Beispiel Bayerns sehen, wie wichtig Vielfalt ist und wie wichtig es ist, sie zu erhalten.

(Zuruf des Abgeordneten Hans Joachim Werner (SPD))

Ich habe gesagt, wir sollten darauf die Nagelprobe machen. Weil der neue Rundfunkbeitrag jetzt kommt, ergibt sich ein Zeitfenster bis 2016, das wir überbrücken müssen. Dieser Zeitraum ist logisch, weil bis zu diesem Zeitpunkt das gilt, was jetzt mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschlossen wurde. Deswegen ist es sinnvoll, dass wir genau diese Lösung, die jetzt hier vorgelegt wird, gemeinsam umsetzen. Ich bin dankbar, dass wir dafür eine große Koalition haben. Insofern gibt es eine Zusammenarbeit mit der

Opposition; ich weiß gar nicht, wo da Differenzen liegen sollen.

Ich möchte hinzufügen, dass wir neben der Übertragung über den Satelliten zum ersten Mal einen einheitlichen Kanal haben. Jeder, der über einen Programmführer in die Satellitenausstrahlung hineingeht, sieht sich plötzlich mit 700 Sendern aus aller Welt konfrontiert. Wo findet man da seinen Lokalsender? Der Kanal 99 ist dauerhaft und bundesweit für die Lokalsender vorgesehen. Die anderen Länder wollen mit ihren Lokalsendern auch auf diesen Kanal gehen. Das heißt, dass es für die Zuschauer ganz einfach wird, über diesen Kanal den eigenen regionalen Sender zu finden. Das ist neben der Finanzierung entscheidend wichtig.

Es gibt Beispiele aus anderen Ländern. Ich verweise auf Österreich mit Tirol TV. Die haben über den Satelliten eine gewaltige Reichweitensteigerung, wesentlich mehr Zuschauer und höhere Werbeeinnahmen bekommen. Ich sage auch sehr deutlich, dass es nicht so sein kann, dass wir mit staatlichen Mitteln fördern und die landesweit zugelassenen Sender mit regionaler Werbung genau in diesen Konkurrenzkampf gehen. Es gibt den medienpolitischen Grundsatz, dass Einnahmen aus Werbung auch einen publizistischen Mehrwert auf der Ebene haben müssen, von der die Werbung kommt. Das heißt, Einnahmen aus regionaler Werbung können nicht zur Finanzierung landesweiter Programme verwendet werden. Hier ist natürlich die Medienaufsicht gefragt.

Herr Kollege Werner, zu den Bürgerradios gibt es gute Ideen des Präsidenten der BLM. Das wäre auch ohne Gesetz machbar. Wir sind gespannt, was Sie dazu vorlegen, und sind auch hier für Vorschläge offen.

Ich hoffe, dass wir gute Beratungen haben werden und der Landtag, wenn er diesem Gesetzentwurf folgt, die Zukunft des lokalen Radios und des lokalen Fernsehens im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Bayerns dauerhaft stabilisiert. Wenn dann noch die Perspektive der Gebühr kommt, haben wir die Dauerlösung, die wir anstreben.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Sinner. Nächster Redner ist Herr Dr. Piazolo, gefolgt von Herrn Kollegen Dr. Dürr. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatsminister, wir gehen zwar langsam immer mehr dem Wahlkampf entgegen, aber man darf doch einmal sagen, dass mit diesem Gesetzentwurf die

richtige Richtung eingeschlagen worden ist. Wir alle sind uns, so denke ich, darin einig, dass private Anbieter, regionale und lokale Fernseh- und Rundfunkanstalten in ihrer Vielfalt für die Bürger in Bayern besonders wichtig und von entscheidender Bedeutung sind. Das weiß wohl keiner besser als diejenigen, die hier sitzen, Politik machen und sich gerne über diese Sender mitteilen.

Sie haben sich viel Zeit gelassen. Herr Sinner hat uns auf die Debatte angesprochen. Ich erinnere mich gut daran, dass ein Entwurf schon für Oktober 2011 angekündigt war.

(Eberhard Sinner (CSU): Ein Konzept!)

- Ein Konzept. Die Erstellung des Konzeptes hat in diesem Jahr stattgefunden. Es hat also ein bisschen gedauert, aber wir liegen noch einigermaßen gut in der Zeit. Gestatten Sie mir dennoch ein paar kritische Nachfragen - wir befinden uns ja in der Ersten Lesung -, die wir sicher auch im Ausschuss noch besprechen werden.

Die erste Nachfrage gilt natürlich dem Umfang: acht Millionen im nächsten Jahr, dann zehn Millionen in den Folgejahren. Man muss sich die Frage stellen, ob das reicht. Darüber werden wir sicher diskutieren. Die BLM - die Bayerische Landeszentrale für neue Medien - legt auch noch etwas drauf. Die Frage stellt sich, ob da noch etwas Luft nach oben ist, gerade was die kleineren lokalen Rundfunk- und Fernsehanstalten betrifft; denn man merkt schon eine gewisse Gefahr der Konzentrationen. Gerade das wollen wir nicht. Wir wollen nach Möglichkeit alle Sender erhalten, die es im Moment gibt. Deswegen hat mich schon ein bisschen gewundert, dass im Gesetzentwurf, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, der Begriff "mittelständische Anbieter" plötzlich nicht mehr auftaucht. Wir müssen uns überlegen, warum er nicht mehr auftaucht; denn genau diese Anbieter wollen wir.

Die zweite Nachfrage - das wurde auch schon angesprochen - gilt der technischen Umsetzung. Das Geld wird im Wesentlichen für die technische Umsetzung gegeben. Entscheidend sind schon die Inhalte; das hat Kollege Werner bereits angesprochen. Die Frage stellt sich, ob der Inhalt vielleicht etwas in den Hintergrund rückt, wenn das Geld über die technische Umsetzung hereinkommen soll. Das wäre sehr schade.

Wichtig ist auch - ich möchte das unterstreichen, was vorher gesagt wurde -, dass die Mitarbeiter, die eine sehr gute Arbeit in den lokalen und regionalen Fernseh- und Rundfunkanstalten leisten, angemessen bezahlt werden. Das ist bis jetzt nicht immer der Fall.

Mir ist in Ihrer Rede aufgefallen, dass der Hörfunk etwas zu kurz gekommen ist. Das mag man damit entschuldigen, dass das Geld natürlich jetzt im Wesentlichen in Richtung Fernsehen fließt. Auch das sollte nicht vergessen werden.

Zuletzt geht es mir auch um die Frage: Was kommt nach 2016? Wir finanzieren schon seit zwei Jahrzehnten lokale und regionale Fernsehanstalten. Was einmal als Anschubfinanzierung gedacht war, ist zur Dauerfinanzierung geworden. Da stellt sich schon die Frage, wie es nach 2016 weitergeht; denn es geht um Planungssicherheit für die Mitarbeiter. Wenn man immer nur in Jahresschritten denkt - jetzt in Vierjahresschritten -, dann wird bereits in dem Moment, in dem das Gesetz verabschiedet wird, schon wieder überlegt werden müssen, wie wir weitermachen. Dazu habe ich klare Worte von Ihnen vermisst. Ich hoffe, dass wir darüber im Ausschuss und auch in der Zweiten Lesung intensiv diskutieren und dann dazu eine Antwort von Ihnen darauf hören, was Sie als Staatsregierung nach 2016 vorhaben. Wie stellen Sie sich das vor - wenn Sie dann noch in der Verantwortung sein sollten?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Piazolo. Nächster Redner ist Herr Dr. Dürr, danach folgt Frau Sandt. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Dürr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer das Gleiche: Jedes Mal, wenn die Förderung privater Medienunternehmer in Bayern in der Kritik ist, wird das Ende der Förderung verkündet. Wenn die Förderung dann tatsächlich auslaufen soll, wird die Förderung sofort wieder verlängert, und dann wird sogar noch eine Schippe draufgepackt. Dafür ist der Staatsregierung, der CSU und auch der FDP kein Rechtsweg zu verwinkelt und keine Argumentation zu abseitig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNEN lehnen die Dauersubventionierung privater Unternehmen in Bayern vehement ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie kostet einen Haufen Geld und bringt rein gar nichts. Sie bringt nur den Unternehmen selbst etwas. Die lokalen und regionalen Fernsehanbieter finanzieren sich nur zu 63,5 % aus Markterlösen. 36,5 % stammen laut Bayerischer Landeszentrale für neue Medien - BLM - aus Fördermitteln. Das sind Zahlen, die Sie sonst nur in der Landwirtschaft finden.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

In den Jahren von 1984 bis 2007 haben die Lokalsender - man glaubt es nicht - 400 Millionen Euro aus Kabelgroschen erhalten. Als dies rechtlich nicht mehr zulässig war, ist der Freistaat selber in die Förderung eingestiegen. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien erhielt in den Jahren von 2008 bis 2012 insgesamt 32,4 Millionen Euro an staatlichen Mitteln zur Förderung der regionalen und lokalen Fernsehsender.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

Parallel zur Subventionierung aus Staatsmitteln beteiligt sich die BLM seit drei Jahren mit jährlich steigenden Beträgen. In diesem Jahr sind es bereits zwei Millionen Euro. Jetzt soll der Mittelfluss für weitere vier Jahre verlängert werden. Die Mittel sollen deutlich erhöht werden: Auf acht Millionen Euro im Jahre 2013 und jeweils zehn Millionen Euro in den Jahren 2014 bis 2016. Das ist wirklich absurd.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, das wissen Sie auch. Kollege Sinner, in Ihrem Antrag vom 20. Oktober 2009, den der Landtag welch Wunder - beschlossen hat, heißt es: "Der Landtag weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass durch Strukturveränderungen, die nur von den lokalen und regionalen Fernsehanbietern selbst ausgehen können, eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bei den Fernsehanbietern erreicht werden kann".

(Eberhard Sinner (CSU): Nicht der Satellitenempfang!)

Dann geht es weiter: "Daher wird die Förderung aus staatlichen Mitteln degressiv gestaltet. Im Jahre 2010 beträgt der Haushaltsansatz für die staatliche Förderung neun Millionen Euro, im Jahr 2011 sieben Millionen Euro und im Jahr 2012 fünf Millionen Euro". Jetzt, im Jahre 2013, werden es wieder acht Millionen Euro und im Jahre 2014 sollen es zehn Millionen Euro werden. Das ist wirklich absurd.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damals sollte die Staatsregierung ein Konzept entwickeln, wie die lokale Fernsehlandschaft ohne Subventionen aussehen könnte. Es wurden Gutachten in Auftrag gegeben und Anhörungen durchgeführt. Was ist das Ergebnis? Jetzt gibt es noch mehr Subventionen. Man glaubt es kaum. Eine derartige staatliche Förderung gibt es in keinem anderen Land. Das sagt der Rechnungshof. Der muss es wissen. Wenn die Subventionen wenigstens ihren Zweck erfüllen würden!

Die viel gerühmte Vielfalt der regionalen Sender gibt es jedoch nur auf dem Papier. Die Inhalte unterscheiden sich kaum - abgesehen von den Wiederholungen. Die Eigentümer unterscheiden sich sowieso nicht. In den letzten Jahren hat eine massive Konzentration stattgefunden. Der Medienmarkt ist horizontal und vertikal extrem stark verflochten. Das ist immer weitergegangen. Die wenigen Veranstalter lokaler Fernsehsender in Bayern halten im ganzen Land Beteiligungen an Zeitungen und an privaten Radiosendern.

(Eberhard Sinner (CSU): Sprechen Sie von Google-TV?)

Ich nenne jetzt keine Namen. Herr Kollege Sinner, die kennen Sie doch selber. Soweit kommt es noch, dass Google auch noch Geld von Ihnen bekommt. Darauf warte ich.

Mit der jahrelangen exorbitant hohen Subventionierung haben Sie das Ziel einer vielfältigen und ausgewogenen Medienlandschaft nicht erreichen können. Was machen Sie jetzt? Jetzt schmeißen Sie noch mehr Geld hinterher. Wie soll das Ziel dann erreicht werden? Es ist nicht sinnvoll, noch mehr Geld hinterherzuschmeißen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Oberste Rechnungshof hat im Jahresbericht 2001 festgestellt, dass die staatliche Förderung nach Artikel 23 des Bayerischen Mediengesetzes Ende 2012 einzustellen ist. Eine Mitfinanzierung aus dem Staatshaushalt sollte endlich beendet werden. Nach 25 Jahren der Subventionierung hat sich gezeigt - das sagt der ORH -, dass es sich gerade nicht mehr um eine Anschubfinanzierung handelt. Weil Sie konzeptionslos vorgehen und dies alles keinen Sinn hat, lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die letzte Rednerin im Rahmen der Aussprache ist Frau Kollegin Sandt.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund des Rundfunkänderungsstaatsvertrags haben wir es noch einmal mit zahlreichen redaktionellen Anpassungen zu tun. Den Rundfunkänderungsstaatsvertrag haben wir längst ratifiziert. Deshalb werde ich darauf nicht weiter eingehen.

Für die Weiterentwicklung der Medienlandschaft in Bayern sind ganz klar diejenigen Passagen im Gesetzentwurf von Bedeutung, die die Struktur- und Programmqualität der regionalen und lokalen Fernsehsender sichern. Das vielfältige Angebot dieser Sender

ist für Bayern richtig und wichtig; denn diese Fernsehsender sichern die Meinungsvielfalt. Sie berichten umfassend, schnell und vor allem mit einem starken Heimatbezug. Von daher leistet der lokale Rundfunk einen ganz wichtigen Beitrag zur Versorgung im ländlichen Raum.