Einerseits fördern Sie, als ob die Privaten öffentlich-rechtlich wären, andererseits gelten für sie nach wie vor die Regeln der Privaten. Sie dürfen weiterhin in dem Maße werben, wie sie es bisher schon tun. Sie werden nicht durch Gremien kontrolliert. Die gibt es nämlich nicht. Wenn Sie das alles fi nanzieren wollten, würden die neun Millionen, die Sie jetzt haben, gar nicht ausreichen. Sie stellen also die Regeln für die Privaten neben eine öffentliche Finanzierung. Das ist so nicht machbar, und es ist auch rechtlich fragwürdig.
(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Wollen Sie sagen, dass Sie als Rundfunkrätin nicht in der Lage sind, den Bayerischen Rundfunk zu kontrollieren?)
Natürlich! Aber genau diese Gremien haben Sie für die Privaten nicht. Das wissen Sie ganz genau, Herr Stockinger.
Da müssten Sie im Medienrat für jeden Lokalrundfunk ein eigenes Gremium einrichten. Das können Sie einmal versuchen. Dann schauen Sie einmal, was das kostet und wer das fi nanzieren soll. Die Überparteilichkeit dieser Rundfunkanstalten überwacht niemand.
Sie bedienen hier privatwirtschaftliche Interessen einiger weniger Unternehmen. Nichts anderes tun Sie. Sie haben Angst, das hier offen zu sagen, weil Sie selber abhängig sind von der Arbeit, die diese Anbieter leisten, denn Sie wollen schließlich auch in den Sendern vorkommen.
Letztlich ist es so! Deswegen wagen Sie nicht, dagegen anzugehen und unser sauberes System zu verteidigen.
Dieser Gesetzentwurf ist ordnungspolitisch kritisch. Er ist nicht europafest. Er schadet den Gebührenzahlern und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nicht zuletzt schadet er auch der Qualität und der Vielfalt im Rundfunk dieses Landes.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Gote, die GRÜNEN sind Kraut und Rüben gegenüber ziemlich verpfl ichtet. Kraut und Rüben aber so durcheinanderzubringen, ist schon etwas überzogen. Vor allem weise ich es mit aller Entschiedenheit für die Staatsregierung und für die Kolleginnen und Kollegen zurück, die große Mehrheit dieses Hauses so zu beleidigen.
Sie kennen den Beihilfekompromiss in Europa. Danach gibt es einen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Das duale System wird in keiner Weise infrage gestellt. Inhalt dieses Beihilfekompromisses ist es auch, dass danach eine fl ächendeckende lokale Berichterstattung nicht möglich ist. Wir sind aber stolz darauf, dass wir in Bayern ein Instrument für die lokale Berichterstattung haben. Wer das in der globalen Welt erhalten will – ich habe „Google Local“ erwähnt –, der muss dafür sorgen, dass auch in Zukunft die Vielfalt bestehen bleibt. Was Sie hier vermuten, wir würden das machen, damit wir dort vorkommen, ist eine Begründung, wie sie absurder nicht sein kann. Wir sind für die Vielfalt und für gute Qualität in den Programmen. Deswegen haben wir den Gesetzentwurf vorgelegt. Nichts anderes steht dahinter.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Uns wird niemand vorwerfen können, dass wir es deswegen machen, damit wir dort vorkommen. Das ist defi nitiv nicht der Fall.
Ich möchte nur auf eine bayerische Besonderheit hinweisen. Wir hatten einmal ein Volksbegehren zur Rundfunkfreiheit. Das hat bis heute Auswirkungen auch auf die lokale Fernsehlandschaft. Das lokale Fernsehen wird nämlich unter öffentlich-rechtlicher Trägerschaft veranstaltet. Verantwortlich ist die öffentlich-rechtliche BLM. Das unterscheidet uns von den anderen Ländern. Das rechtfertigt nach meiner Überzeugung auch eine spätere Gebührenlösung, die aber, wie gesagt, nicht zulasten des öffentlich-rechtlichen Bayerischen Rundfunks gehen darf.
Es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Dupper, Pfaffmann und anderer und Fraktion, betreffend Nachtragshaushalt 2007, Drucksache 15/8554 bekannt. Mit Ja haben 42, mit Nein 90 Mitglieder des Hohen Hauses gestimmt. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) (Drs. 15/8486) – Erste Lesung –
Der Staatsvertrag wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Ich erteile Herrn Staatssekretär Schmid das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das Bundesverfassungsgericht hat am 28. März 2006 zu diesem Thema eine wegweisende Entscheidung getroffen. Mit dieser Entscheidung hat uns das Bundesverfassungsgericht aufgefordert, spätestens zum 1. Januar 2008 eine neue Regelung zu schaffen. Dabei hat uns das Gericht zwei Möglichkeiten offengelassen, einmal die Beibehaltung des staatlichen Monopols und als zweiten Weg die Liberalisierung.
Der Gesetzgeber, damit auch der Bayerische Landtag, hat dabei die Aufgabe, zu bewerten, welche Gefahren vom Glücksspiel ausgehen und wie er darauf reagieren will. Insofern hat er einen weiten Spielraum.
Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich mit einer Ausnahme, nämlich mit Ausnahme Schleswig-Holsteins, darauf verständigt, den Landesparlamenten die Beibehaltung des Monopols vorzuschlagen und dies in einem neuen Glücksspielstaatsvertrag festzuschreiben, der sich nicht nur auf die Sportwetten beschränkt, sondern – das resultiert auch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – auch eine systematische Regelung für die Spielbanken, Lotterien und die gewerbliche Spielvermittlung schafft. Der Schwerpunkt der neuen, klaren und deutlichen Regelung muss auf der Bekämpfung und Vermeidung von Spielsuchtgefahr liegen. Die Gefahrenpotenziale aus dem Spiel sind in diesem Urteil in ganz besonderer Weise dokumentiert worden. Es war die Grundposition des Bundesverfassungsgerichts, dass man dann, wenn man ein Monopol beibehält, dem Gesichtspunkt der Bekämpfung der Spielsucht ein besonderes Augenmerk widmen muss und im Staatsvertrag und in rechtlichen Regelungen in besonderer Weise darauf eingehen muss.
Wie kann man ein solches Ziel erreichen? – Die Kanalisierung und Begrenzung des Angebotes und damit die Bekämpfung der Spielsucht wird auf zwei Wegen erreicht, wenn man das Monopol beibehält. Erstens ist die Begrenzung des Angebots zur Vermeidung der Glücksspielsucht unabdingbar. Zweitens muss mit einem umfassenden Erlaubnisvorbehalt dafür Sorge getragen werden, dass ordnungspolitische Argumente Vorrang haben. Deshalb gibt es zukünftig auch einen unabhängigen Fachbeirat, dem auch Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht angehören. Neue Glücksspielangebote der staatlichen und staatlich beherrschten Veranstalter dürfen nur nach Untersuchung und Bewertung der Auswirkungen auf die Bevölkerung erlaubt werden. Das Gleiche gilt für die Vermittlung dieser Angebote und für die Vertriebswege. Das heißt, wenn zum Beispiel Lotto im Supermarkt angeboten werden soll, dann muss zunächst überlegt werden, ob dadurch Gefahren potenziert werden, welche Gefahren davon ausgehen, ob man das zulassen oder nicht zulassen kann. Das Thema „Jugend- und Spielersucht“ spielt eine ebenso entscheidende Rolle wie das Verbot der Teilnahme Minderjähriger. Diese Restriktionen werden fortgeführt und noch einmal im Staatsvertrag festgehalten.
Die Veranstalter und Vermittler erhalten die erforderlichen Erlaubnisse im Übrigen auch nur, wenn sie Sozialkonzepte aufstellen, also systematische Konzepte zur Spielsuchtvermeidung. Das gilt auch über die Sportwetten hinaus in all den soeben von mir genannten weiteren Bereichen. Vor allem brauchen wir ein übergreifendes Sperrsystem; das haben wir miteinander schon in einem anderen Zusammenhang diskutiert, auch im Zusammenhang mit dem kleinen Spiel in Spielbanken.
Darüber hinaus werden folgende neue Verbote aufgenommen, worauf ich heute in besonderer Weise hinweisen möchte: Erstens. Das Glücksspiel im Internet soll ausnahmslos verboten werden, weil es nach Feststellung des Bundesverfassungsgerichts und nach Aussage der Suchtexperten – ich zitiere – „besonders suchtgefährdend und eine Angebotsbegrenzung im Internet nicht zu erreichen ist“. Zweitens. Die Fernsehwerbung – das ist ein zweiter Aspekt – wird verboten, weil Werbung in diesem
Medium die größte Breitenwirkung erzielt und häufi g besonders auf Jugendliche und andere gefährdete Gruppen ausgerichtet ist.
Drittens wird die Internet-Werbung für Spiele verboten, weil hier neben die Breitenwirkung und die Zielgruppenorientierung die sofortige Übergangsmöglichkeit zur Teilnahme am Spiel als zusätzliches Gefahrenelement tritt, weil also sofort nach der Werbung in das Spiel eingetreten werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch diese gesetzlichen Verbote wird auch klargestellt, dass es Sache der weltweit agierenden Internet-Anbieter und nicht der Glücksspielaufsichtsbehörden ist, sicherzustellen, dass die Angebote im Bereich des Staatsvertrages nicht entgegen den gesetzlichen Verboten nutzbar sind. Das ist eine deutliche Klarstellung. Es besteht die technische Möglichkeit, das mithilfe von Filtern zu regulieren. Darüber hinaus haben wir über die Zahlungsmodalitäten und die Eingriffssituationen bei den Banken auch die Möglichkeit, die Zahlungsverkehre zu beeinfl ussen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt setzt der Glücksspielstaatsvertrag auf eine Weiterentwicklung des bestehenden Systems im Interesse der Spielsuchtvermeidung und der Spielsuchtbekämpfung. Wir haben auch festgelegt, dass die Auswirkungen des Staatsvertrags zu prüfen sind und wollen in den kommenden Jahren eine Evaluation durchführen. Deshalb ist eine Befristung auf vier Jahre vorgesehen. Ich darf betonen: Dieser Glücksspielstaatsvertrag erfüllt den Auftrag und die Aufl agen, die uns das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung am 28. März des vergangenen Jahres mitgegeben hat. Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – ich sage das, weil oft diskutiert wird, inwieweit das mit EU-Recht vereinbar ist – hat in seiner Argumentation ausdrücklich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgenommen, sodass Sie davon ausgehen können, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf gleicher Linie liegen.
Ich bitte darum, dass dieser Staatsvertrag beraten wird und dann die Zustimmung des Hohen Hauses erfährt.
Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Tat hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom März 2006 die Bundesländer vor eine sehr interessante Frage gestellt. Zum einen hat das Gericht das Staatslotteriegesetz in seiner Fassung aus dem Jahr 1999 als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und hat zur Neuregelung aufgefordert. Zum anderen hat das Gericht die Möglichkeit offengelassen, das bestehende Gesetz so weit nachzubessern, dass es wieder grundgesetzkonform ist, wenn es sich auf die Bekämpfung der Spielsucht konzentriert.
Ich muss gestehen, dass Bayern in der Folge dieses Urteils sehr vorbildlich reagiert hat. So wurde sofort das Wettangebot bei Live-Wetten eingeschränkt, es wurden Wetten über SMS eingeschränkt, die ganzen Vertriebswege wurden eingeschränkt, und die Werbung wurde eingeschränkt. Das sprach eine deutliche Sprache und war eine deutliche Willensbekundung, dass man die Vorgaben des Verfassungsgerichts erfüllen möchte.
Die privaten Wettanbieter, die uns seit diesem Urteil mit dummdreisten Broschüren sonder Zahl beehren und bei unvoreingenommenen Kolleginnen und Kollegen nur das Gegenteil dessen erreichen, was sie mit diesen Zusendungen vielleicht erreichen wollen, haben auf die Vorgaben des Verfassungsgerichts in ganz besonderer Art und Weise reagiert: Sie haben neue Sponsoring-Verträge, leider auch mit bayerischen Vereinen, abgeschlossen; sie haben große Marketing-Kampagnen gestartet, kurzum, sie haben demonstriert, dass ihnen an der Bekämpfung der Spielsucht in keiner Weise gelegen ist.
Die Ministerpräsidentenkonferenz und die sich anschließende Anhörung von Verbänden zur Suchtbekämpfung haben eindeutige Ergebnisse gezeitigt. Die Abstimmung zwischen den Bundesländern war halbwegs erfreulich, auch wenn es einen von Interessen geleiteten Abweichler im hohen Norden gibt, der zufälligerweise Sitzland eines großen Anbieters ist.
Der vorliegende Staatsvertrag versucht, die Glücksspielsucht in verschiedenen Schattierungen zu bekämpfen. Er versucht das mit den Werbeeinschränkungen, mit dem Werbeverbot für das Internet, was ein ganz wichtiges Thema ist, und mit dem Fachbeirat. Kurzum: Nach unserer Meinung zeigt dieser Staatsvertrag sehr gute Ansätze, mit denen es uns gelingen könnte, diese Probleme wieder auf die Reihe zu bekommen.
Ich will noch einige Sätze zur ordnungspolitischen Dimension sagen. Es bestand selbstverständlich auch die Möglichkeit, einen gesetzlich normierten Zugang für private Wettanbieter zu schaffen, zumindest bei Sportwetten. Das wurde auch eingehend untersucht und versucht. Die Versuche haben zu keinem vernünftigen Ergebnis geführt. Die Verlockungen europaweiter Ausschreibungen und die Gefahr, dass die Sitze von Anbietern in ein steuerfreundliches Ausland verlagert werden, sind einfach zu groß, ganz zu schweigen von den Klippen eines Konzessionsmodells wie bei den Gaststätten, wo man mit der normierten Zulassung nicht mehr weit kommt.
Unter dem Strich ist der vorliegende Entwurf eines Staatsvertrags ein brauchbares Instrument. Wir werden ihn sehr eingehend beraten, und zwar nicht nur unter fi skalischen Gesichtspunkten – es ist reiner Zufall, dass heute ein Haushälter spricht –, sondern unter Federführung des Verfassungsausschusses werden wir mit der ganzen Weisheit der dort vertretenen Damen und Herren auch versuchen, diesen Staatsvertrag europarechtsfest zu machen. Ich hoffe, dass uns das gemeinsam gelingen wird. Wir sehen den Beratungen jedenfalls mit großer Spannung entgegen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Der Spieltrieb ist dem Menschen letztlich mitgegeben, und so sieht der Staatsvertrag vor, ausreichend Spielmöglichkeiten zu gewährleisten. Aber wie so oft im Leben braucht es für ein geregeltes Zusammenleben auch hier die ordnende Hand des Staates, und zwar zum Schutz des Einzelnen wie auch der Gemeinschaft. – So jedenfalls nach wie vor unsere Überzeugung und auch der Gedanke, der dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland zugrunde liegt.