Bernd Weiß

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Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen. Der Antrag der SPD-Fraktion zäumt das Pferd doch wohl von hinten auf. Nicht nur, dass es hier heißt: „Der Landtag bedauert die mit Gesetz vom 25.10.2004 beschlossene Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Staatsanwaltschaft bei diesem Gericht.“, das „Bedauern“ klingt fast so, als könnten wir nichts für eine geradezu schicksalhaft ablaufende Entwicklung. Nein, wir haben das Gesetz in diesem Hause beschlossen, und das bewusst und nach ausführlicher Debatte.
Dieses Bedauern wird noch kurioser, wenn die SPD den Antrag stellt, der Landtag möge die Staatsregierung auffordern, einen Gesetzentwurf zur Wiedererrichtung des Gerichts und seiner Staatsanwaltschaft vorzulegen. Herr Kollege Schindler, hat denn die SPD inzwischen auf ihr Gesetzesinitiativrecht verzichtet?
Oder sind Sie nicht in der Lage, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu formulieren? Oder ist es vielleicht doch eher ein Schaufensterantrag? Es ist richtig, das Gericht verdient höchste Anerkennung, wie es in der Antragsbegründung heißt.
Entschuldigung, ich kann das beurteilen.
Ansonsten kann man in diesem Antrag wohl kaum etwas so stehen lassen, wie es hier niedergelegt ist. Die Auflösung des Gerichts und der Staatsanwaltschaft ist allen,
damals ohne Abstimmung mit der bayerischen Justizministerin im Zuge einer Verwaltungsreform die Spitze der Judikative enthauptet hat und weil die Mehrheitsfraktion nicht den Mut aufgebracht hat, sich diesem Vorhaben zu widersetzen.
Die Abschaffung dieses Gerichts hat auch einen schrecklichen Mangel an historischem Bewusstsein in der CSUFraktion offenbart, da sie offenbar nicht zur Kenntnis nehmen wollte, welche Bedeutung dieses Gericht über die Jahrhunderte hinweg für die Eigenstaatlichkeit Bayerns hatte und dass dieses Gericht schon einmal in einem ganz finsteren Kapitel der Geschichte unseres Landes abgeschafft worden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Abschaffung ist auch ohne sachliche Begründung erfolgt. Es ist darauf verwiesen worden, dass es möglich sei, Einsparungen zu erzielen. Es ist auch argumentiert worden, dass der Haushalt so knapp sei, dass alle vertretbaren Möglichkeiten zur Einsparung von Haushaltsmitteln ergriffen werden müssten, und dass deshalb alle Einrichtungen, die nicht zwingend erforderlich seien, aufgelöst werden müssten. – Welch eigenartige Argumentation, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Zum einen sprudeln die Steuereinnahmen in den letzten Jahren Gott sei Dank wieder so sehr, dass der CSU-Fraktion im Vorfeld der Landtagswahlen offensichtlich 150 Millionen Euro Spielgeld zur Verfügung gestellt werden können. Zum anderen möchte ich darauf hinweisen, dass mit der Argumentation, alles, was nicht zwingend erforderlich sei, müsse auch abgeschafft werden, es zwingend erforderlich wäre, das eine oder andere Ministerium und jedenfalls alle Staatssekretäre abzuschaffen, weil die nämlich auch nicht zwingend erforderlich sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß natürlich, dass die bayerische Justiz größere und dringendere Probleme hat als die Frage, ob es ein Bayerisches Oberstes Landesgericht gibt oder nicht. Ich bestreite auch nicht, dass die früher vom Bayerischen Obersten Landesgericht und seiner Staatsanwaltschaft erfüllten Aufgaben auch nach der Abschaffung ordnungsgemäß von den jetzt zuständigen Gerichten und Staatsanwaltschaften erledigt werden. Dennoch bleibt der Befund, dass die bayerische Justiz durch die Abschaffung des Gerichts und seiner Staatsanwaltschaft ärmer geworden ist.
Meine Damen und Herren, es geht uns nicht darum, das Gericht und seine Staatsanwaltschaft in ganz genau der gleichen Organisation und Zuständigkeit wiederzuerrichten. Wir halten auch andere Konzeptionen für machbar, wenn es denn nur im Kern um ein Oberstes Landesgericht geht. Wir erleben in diesen Monaten, wie das erst vor wenigen Jahren beschlossene Büchergeld wieder abgeschafft wird – interessanterweise mit der Argumentation, dass sich die Haushaltssituation verbessert
Wenn mein bürgerlicher Beruf der Sache mehr Nachdruck verleiht, in Gottes Namen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich will versuchen, der Opposition hier nicht auf den Leim zu gehen und in das Thema Transrapid inhaltlich allzu sehr einzusteigen, denn ich weiß sehr wohl, dass es Ihnen gerade darauf ankommt.
Das ist aber auch der Grund, wieso wir hier ein untaugliches Mittel vor uns haben und, weshalb das Innenministerium recht hat, wenn es nach ausführlicher Prüfung zu
Bund, den Freistaat Bayern und nicht zuletzt die bayerischen Bürgerinnen und Bürger – deutlich günstiger sind als der vorgeschlagene Transrapid. Die Zahlen, die von der Staatsregierung und der CSU immer wieder ins Spiel gebracht werden und die sich im Übrigen auch in der Schrift des Innenministeriums wiederfi nden, entbehren jeder Grundlage und sind nirgendwo belegt. Diese Zahlen sind nichts anderes als reine Propaganda.
Nach unserer Auffassung ist das Volksbegehren verfassungskonform und muss zugelassen werden. Die Staatsregierung entscheidet hier nicht aus rechtlichen Gründen. Die Staatsregierung weiß, wie die Bayern entscheiden werden: Sie werden nämlich die Edmund-StoiberGedächtnis-Bahn ablehnen.
Meine Damen und Herren, das fürchtet die Staatsregierung wie der Teufel das Weihwasser.
Deshalb wurde mit der Nichtzulassung politisch entschieden, und dieser politischen Entscheidung wurde ein juristisches Mäntelchen umgehängt.
Kolleginnen und Kollegen, wir fordern Sie dazu auf, mit uns zusammen das Recht der Bayern auf Volksgesetzgebung auch in dieser Frage zu wahren. Wir werden hier mit Nein stimmen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, ich enttäusche Sie angesichts der eher untergeordneten Mitwirkungsmöglichkeiten, die der Landtag bei einem Staatsvertrag hat, nicht allzu sehr, wenn ich die mir dargebotenen 20 Minuten Redezeit nicht zur Gänze ausschöpfe.
Ehrlich? – Wenn Sie wollen, kann ich auch noch ein Gedicht vortragen.
Einige Anmerkungen zum Ergebnis der Beratungen – immerhin haben fünf Ausschüsse beraten bzw. mitberaten – seien mir dennoch gestattet. Woher der Handlungsbedarf kommt, ist hinlänglich bekannt. Ausgangspunkt ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 zum Spannungsverhältnis zwischen dem Grundrecht auf Berufs- bzw. Gewerbefreiheit und dem staatlichen Wettmonopol. Auslöser waren damals Sportwetten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts enthielt folgende wesentlichen Aussagen, die dem jetzt vorliegenden Staatsvertrag zugrunde liegen:
Erstens. Das Wettmonopol stellt in seiner gegenwärtigen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar und ist damit mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
Zweitens. Rein fiskalische Gesichtspunkte unseres Staates als solche scheiden zur Rechtfertigung eines Wettmonopols aus.
Drittens. Eine Rechtfertigung kann sich jedoch aus dem Gemeinwohlziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ergeben.
Viertens. Der Gesetzgeber ist daher gehalten, den Bereich der Sportwetten neu zu regeln.
Will der Gesetzgeber an einem staatlichen Wettmonopol festhalten, muss er dieses konsequent am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausrichten. Für die anstehende Novellierung hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31.12. dieses Jahres gesetzt und zwei Alternativen eröffnet, wie das Glücksspielwesen verfassungsgemäß neu geregelt werden kann: entweder ein gesetzlich normierter, kontrollierter Zugang von privaten Wettanbietern, also ein Zulässigkeitsverfahren in Anlehnung an das Gewerberecht, oder die Beibehaltung des
staatlichen Wettmonopols, dann aber mit dem bereits herausgestrichenen Präventionsziel.
Nun gibt es in diesem Fall eine sehr starke europarechtliche Komponente, die dazu führt, dass auch mancher in diesem Hause die Regelungen, die der Staatsvertrag enthält, für europarechtswidrig hält. Ich kann dem an dieser Stelle nur widersprechen. Die Mitgliedstaaten – der Europäische Gerichtshof hat das im Placanica-Urteil vom 06.03.2007 deutlich herausgestellt – haben freie Hand, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet des Glücksspielwesens festzulegen und das von ihnen angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen. Die Beschränkungen müssen verhältnismäßig sein, und sie müssen dem Anliegen gerecht werden, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen – so der Europäische Gerichtshof. Die schädlichen Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft, die mit Glücksspiel, Wetten und Spielsucht einhergehen, rechtfertigen jedenfalls Beschränkungen von Grundfreiheiten des EG-Vertrags. Der Europäische Gerichtshof übernimmt im Übrigen – überraschend für viele – die Linie des Bundesverfassungsgerichts. In den Mitgliedstaaten sind unterschiedliche Regelungen möglich. Es ist eben nicht so, dass eine Lizenz in einem Mitgliedstaat dazu führen würde, dass über nationale Grenzen hinweg Glücksspiel angeboten werden darf. Es wird keine einheitliche europäische Regelung gefordert.
Selbst der zuständige Wettbewerbskommissar der EUKommission, Herr McCreevy, rudert, wenn man den Pressemitteilungen Glauben schenken darf, inzwischen zurück.
Er war sehr stark auf der Linie, die europaweit einheitliche Liberalisierung zu fordern.
Soweit die rechtlichen Grundlagen. Jetzt komme ich zur „verkehrten Welt“. Die GRÜNEN – –
Frau Stahl, Sie haben vorhin über den Verbraucherschutz geredet. Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN will mit Ausnahme ihres Mitglieds im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit – wenn ich das richtig überblicke – den Staatsvertrag ablehnen, obwohl sie sonst an der Spitze der Verbraucherschützer steht.
Ich selbst, der dem übertriebenen Verbraucherschutz sehr kritisch gegenübersteht, halte diese Regelung für sinnvoll, und für mich stellt das europäische Recht wie so oft ein Lehrstück aus „Absurdistan“ dar. Die EU – im „Spiegel“ war das diese Woche sehr schön beschrieben –, die die Bürger permanent mit allen möglichen, bis ins Absurde gehende Regelungen überzieht, die das Privatleben regeln, die für Haustürwiderrufsrechte sorgt, wonach jeder, dem irgendwann ein Staubsauger aufgeschwatzt worden ist, vom Vertrag zurücktreten kann, ist an dieser
Stelle, wo es um Suchtprävention geht, für einen liberalen Markt. Das Risiko, der Sucht anheimzufallen und sein ganzes Vermögen zu verzocken, scheint nicht dem Schutzgedanken der EU zu unterliegen. Die GRÜNEN tuten in das gleiche Horn, was mir ganz unverständlich ist. Wenn es um den Schutz von Freiheit und Eigentum geht im Sinne von selbstbestimmter Freiheit und Suchtprävention, haben wir eine staatliche hoheitliche Aufgabe zu bewältigen.
Sehr wohl im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages. Frau Kollegin Stahl, Sie haben im Verfassungsausschuss sehr deutlich der Liberalisierung das Wort geredet.
Der Staat zieht sich immer mehr aus hoheitlichen Aufgaben zurück. Die Entwicklung muss man kritisch bemerken. Im Übrigen stand 2005 – noch unter der rotgrünen Bundesregierung – in der gleichen Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ die Überlegung, die Flugsicherung zu privatisieren, obwohl das hoheitliche Aufgabe ist. Die EU wollte in der gleichen Ausgabe mit einem Richtlinienvorschlag den Bauarbeitern das Arbeiten mit nacktem Oberkörper verbieten. Die staatliche Gewalt zieht sich von den hoheitlichen Aufgaben zurück, während das Privatleben der Bürger immer mehr klein-klein geregelt wird. Für mich ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass die EU in dem Bereich staatlich nichts regeln, sondern liberalisieren will.
Wir brauchen die Rückbesinnung auf die eigentlichen staatlichen Aufgaben. Die Politik der CSU-Fraktion ist es von jeher gewesen, dass die Suchtprävention nicht nur zum Schutz des Einzelnen, sondern auch zum Schutz der Gesellschaft notwendig ist.
Die Wettverbände sind insbesondere für die Sportwetten der Meinung, man solle die Regelungen trennen, weil die Suchtgefahr beim Lotteriewesen niedriger einzuschätzen sei. Der Sinn einer solchen Regelung ist nicht erkennbar; denn die Suchtneigung zu Sportwetten wird nicht bezweifelt. Gerade deshalb ist eine staatliche Regelung angezeigt.
Das Bundesverfassungsgericht lässt zwei Möglichkeiten zu: entweder den konsequenten ordnungspolitischen Rahmen oder die Liberalisierung. Der vorliegende Staatsvertrag geht den zweiten Weg. Er gibt das Glücksspiel nicht frei als gewerbliches Lizenzierungs- oder Erlaubnisverfahren, sondern gestaltet es gemäß § 4 als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt aus. Nachdem das Bundesverfassungsgericht für einen rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit eine strenge Ausrichtung an die Kriterien der Suchtbekämpfung fordert, ist es konsequent. Ent
sprechend bringt der Staatsvertrag eine Reihe von Neuerungen, die dem Präventivcharakter dienen: Werbung im Rundfunk, im Fernsehen, im Internet wird es künftig nicht mehr geben, auch keine Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen über das Internet. Planmäßiges Sammeln sogenannter Jackpots wird ebenso verboten sein wie der überhöhte Höchstgewinn. Beides hat in der Vergangenheit – momentan läuft wieder ein solcher Jackpot – zu regelrechten Lottospiel-Epidemien geführt.
Nach dem Änderungsantrag der CSU-Fraktion wird im Ausführungsgesetz auf Regelungen verzichtet, die über den Staatsvertrag hinausgehen. Das hängt damit zusammen, dass das Ausführungsgesetz nach Ansicht der EU-Kommission notifizierungspflichtig ist. Das Notifizierungsverfahren wird für Änderungen, die Verschärfungen darstellen, durchgeführt. Darüber werden wir noch zu reden haben. Im Moment wird das Ausführungsgesetz den Bestimmungen des Staatsvertrages folgen.
Der Staatsvertrag setzt die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts um, und wir halten das für richtig. Er ist europarechtlich nicht zu beanstanden. Der Gedanke der Suchtprävention wird stark betont, statt in einem Lizenzierungsverfahren diesen Gedanken fallen zu lassen.
Ich bitte um Zustimmung zum Staatsvertrag und zum Ausführungsgesetz.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Der Spieltrieb ist dem Menschen letztlich mitgegeben, und so sieht der Staatsvertrag vor, ausreichend Spielmöglichkeiten zu gewährleisten. Aber wie so oft im Leben braucht es für ein geregeltes Zusammenleben auch hier die ordnende Hand des Staates, und zwar zum Schutz des Einzelnen wie auch der Gemeinschaft. – So jedenfalls nach wie vor unsere Überzeugung und auch der Gedanke, der dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland zugrunde liegt.
Woher der Handlungsbedarf kommt, ist hinlänglich bekannt. Ausgangspunkt ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 im Spannungsverhältnis zwischen dem Grundrecht auf Berufsfreiheit bzw. Gewerbefreiheit und dem staatlichen Wettmonopol. Auslöser waren damals die Sportwetten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts enthielt folgende wesentliche Aussagen, die dem jetzt vorliegenden Staatsvertrag zugrunde liegen: Erstens. Das Wettmonopol stellt in seiner gegenwärtigen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar und ist damit mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zweitens. Rein fi skalische Gesichtspunkte unseres Staates als solche scheiden zur Rechtfertigung eines Wettmonopols aus. Drittens. Eine Rechtfertigung kann sich jedoch aus dem Gemeinwohlziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ergeben. Viertens. Der Gesetzgeber ist daher gehalten, den Bereich der Sportwetten neu zu regeln.
Will der Gesetzgeber an einem staatlichen Wettmonopol festhalten, muss er dies konsequent am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausrichten. Für die anstehende Novellierung – der Herr Staatssekretär hat es bereits gesagt – hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist zum 31.12.2007 gesetzt und zwei Alternativen eröffnet, wie das Glücksspielwesen verfassungsgemäß neu geregelt werden kann: entweder ein gesetzlich normierter, kontrollierter Zugang von privaten Wettanbietern, also ein Zuverlässigkeitsverfahren in Anlehnung an das Gewerberecht, oder die Beibehaltung des staatlichen Wettmonopols, dann aber mit dem mehrfach herausgestrichenen Präventionsziel.
Der Staatsvertrag geht erkennbar den zweiten Weg, gibt also das Glücksspiel nicht frei im Sinne eines gewerberechtlichen Lizenzierungs- oder Erlaubnisverfahrens, sondern gestaltet es in seinem § 4 als repressives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt aus. Nachdem das Bundesverfassungsgericht für eine Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsfreiheit eine strenge Ausrichtung an Kriterien der Suchtbekämpfung fordert, ist dies auch konsequent. Entsprechend bringt der Staatsvertrag eine Reihe von Neuerungen, die dem Präventionscharakter dienen. Es ist im Wesentlichen schon gesagt worden: Werbung im Rundfunk, Fernsehen und Internet wird es so künftig nicht mehr geben, auch keine Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen über das Internet. Das planmäßige Sammeln sogenannter Jackpots wird ebenso verboten
sein wie der überhöhte Höchstgewinn. Beides hat in der Vergangenheit – wir kennen das alle – schon gelegentlich zu regelrechten Spielfi eberepidemien geführt, etwa bei besonders hohen Lottojackpots.
Der Staatsvertrag setzt damit in der Konsequenz die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts um. Wir halten es auch für richtig, den Gedanken der Suchtprävention stärker zu betonen, statt ihn für ein Lizenzverfahren letztlich ganz fallen zu lassen. Die CSU-Fraktion wird nach eingehenden Beratungen dem Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Staatsvertrag wohl Folge leisten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Sie werden nicht erwarten, dass besonders ich – in doppelter Hinsicht – mit dem vorliegenden Gesetzentwurf besonders glücklich bin. Die Position der CSU zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz dürfte Ihnen bekannt sein; wir sehen das sehr kritisch.
Ich persönlich sehe hier vor allem den nach wie vor tiefen Eingriff in die Vertragsfreiheit als kritisch an, den uns dieses Gesetz beschert. Wir werden sehen, dass mit dem fortschreitenden rechtlichen Gutmenschentum die Rechtssicherheit in diesem Land nach und nach aufgelöst wird.
Des Weiteren bin ich mit den Konsequenzen aus dem vorliegenden Gesetzentwurf berufl ich befasst, als Notar quasi als geborene Schlichtungsstelle. Wir werden sehen, wie sich das Gesetz in der Praxis auswirken wird, wenn es die Rolle verlangt. Wir werden diese Herausforderung annehmen.
Ich will die Diskussion zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht mehr aufwärmen; insgesamt ist der vorliegende Gesetzentwurf wenigstens ein Versuch, die Konsequenzen aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz für den Rechtsverkehr, für Handel und Wandel und für die Wirtschaft abzumildern. Wir versprechen uns von dem Gesetz, dass die Belastungen für die Gerichte abgemildert werden. Ob es wirklich aus der Struktur des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes heraus – also des eigentlichen Auslösers – besonders für eine konsensuelle Streitbeilegung geeignet ist, wage ich zu bezweifeln. Wir werden sehen, ob sich in der Praxis bestätigt, was wir uns davon versprechen.
§ 15 a Absatz 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung – EGZPO – ist erweitert worden. Wir haben die Möglichkeit, den Versuch zu unternehmen, die Spitzen aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz – AGG – zu brechen. Wir werden dies tun. Wir werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das Schlichtungsverfahren für die zivilrechtlich begründeten Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz öffnen und dem Gesetzentwurf zustimmen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ebenso wie gestern beim Thema Büchergeld erreicht das Hochziehen dieser Popularklage der Bezirke Schwaben und Oberbayern sowie angeschlossener Kommunen gegen den kommunalen Finanzausgleich einen Grad der Scheinheiligkeit, der grenzwertig ist.
Manchmal möchte man die SPD in der Pfl icht sehen, die ganzen Versprechungen, die sie hier macht, erfüllen zu müssen.
Allerdings ist es mir unter dem Strich doch lieber, dass das Land verantwortlich regiert wird, als dass ich über das Entlarven eines solchen Mangels an der Realität Schadenfreude empfi nden möchte. Bezeichnend ist es übrigens, dass sich die grüne Opposition beim Büchergeld, wenn sie schon nicht mit uns gestimmt hat, doch der Stimme enthalten hat. Und der SPD muss man in diesem Fall sagen: Hättest du geschwiegen …
Was liegt dieser Klage zugrunde? – Darüber muss man reden, das kann man nicht einfach ausklammern. Die Bezirke sind eigentlich die großen Gewinner, vor allem in Bezug auf die Hartz-IV-Reform. Tatsache ist, dass die Bezirke Schwaben und Oberbayern sich im Kreise der Bezirke mit ihren Verteilungsforderungen nicht durchsetzen konnten und dass nun das System des Finanzausgleichs insgesamt angegriffen wird. Wie wenig da dran ist, zeigt sich auch daran, dass bei den Gesprächen über den Finanzausgleich – das ist heute schon gesagt worden – zwischen den kommunalen Spitzenverbänden
und dem Freistaat Bayern ein Ergebnis erzielt werden konnte, das einhellig auf Zustimmung gestoßen ist.
Was hier seitens der Kläger passiert, ist der Versuch, ein teilweise hausgemachtes Sonderproblem zu verallgemeinern – nichts anderes. Die Kläger argumentieren dabei im Wesentlichen folgendermaßen: Die Gemeinden hätten ein grundgesetzlich geschütztes Selbstverwaltungsrecht mit dem Inhalt, dass genug Geld vorhanden sein muss, damit die Gemeinden nicht nur übertragene und Pfl ichtaufgaben, sondern auch ihre freiwilligen Aufgaben erfüllen und die Landkreise und Bezirke über ihre Umlagen fi nanzieren können. Nachdem Landkreise und Bezirke vor allem wegen der Sozialausgaben von den Gemeinden immer mehr Umlagen abziehen, bleibt den Gemeinden für die Erfüllung ihrer freiwilligen eigenen Aufgaben nicht mehr viel Spielraum, und damit soll jetzt das ganze Umlagensystem zu einem verfassungswidrigen Zustand führen.
Außerdem wird behauptet, die Trägerschaft der Sozialhilfe sei zwar historisch eine kommunale Aufgabe, aber in Wirklichkeit im Kern auf einmal eine staatsnahe Aufgabe. Deswegen und weil der Staat von der Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht hat – bitte genau zuhören –, Hartz IV selbst durchzuführen, soll hier obendrein das Konnexitätsprinzip greifen. Die Kläger zitieren ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus den Siebzigerjahren, wonach die kommunale Selbstverwaltung kein Schattendasein führen darf; das ist eine schöne, plakative Formulierung. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Schattendasein kann man nur führen, wenn anderswo Licht ist, und es leiden nun einmal alle öffentlichen Haushalte unter der knappen Einnahmensituation.
Die Argumente dieser Klage zu Ende gedacht, würde bedeuten – und darüber reden wir heute –, dass der Freistaat zunächst einmal verpfl ichtet ist, den Finanzbedarf der Kommunen für freiwillige Aufgaben, für Pfl ichtaufgaben und zur Erfüllung ihrer Umlagen immer zu decken, egal woher wir als Land das Geld nehmen; das heißt: Finanzierung der Kommunen als oberstes Staatsziel – nichts anderes. Das kann so nicht richtig sein.
Wer eine solche Argumentation unterstützt, gibt das vornehmste Recht dieses Parlaments, nämlich das Haushaltsrecht, aus der Hand. Es muss letztlich die Entscheidung des Parlaments sein, welches Volumen der Staatshaushalt hat und ob wir zum Beispiel – wir haben heute darüber gesprochen – noch weiter in die Neuverschuldung gehen oder ob wir von diesem Irrweg abkommen wollen. Dann kann sich auch die Verteilungsmasse an Finanzausgleichsmitteln für die Kommunen nur im Rahmen der Grundsatzentscheidung bewegen, die hier der Haushaltsgesetzgeber getroffen hat. Es muss zwischen dem Finanzbedarf der Kommunen und den anderen Ausgaben, die der Staat auch noch ganz nebenbei zu erfüllen hat, ein Kompromiss gefunden werden.
Übrigens ist es gefährlich – ich habe es vorhin schon angedeutet –, auf das Konnexitätsargument aufzu
springen; denn das Land kann nicht jedes Mal einspringen, wenn der Bund den Kommunen Aufgaben überträgt und nicht genug Geld mitschickt. Aber genau das ist die Situation bei Hartz IV. Sich dann auf das Argument einzulassen, das Land hätte ja im Rahmen des Verfahrensrechts die Möglichkeit gehabt, die Hartz-IVAufgaben selbst zu übernehmen, und davon keinen Gebrauch gemacht, und zu sagen, dass schon dieses gesetzgeberische Unterlassen das Konnexitätsprinzip auslösen soll, ist ein äußerst gefährlicher Weg. Ein Landesparlament, das sich darauf einlässt, den Kommunen nicht nur das Geld für die Aufgaben, die man selbst überträgt, sondern auch für die Aufgaben geben zu müssen, die anderswo herkommen und die man den Kommunen nicht abnimmt, ist mit seiner Haushaltsverantwortung bald am Ende.
Der Freistaat zeigt sich für seine Kommunen verantwortlich. Das zeigt das Echo der Finanzausgleichsverhandlungen. Das heißt aber nicht, dass sich der Haushaltsgesetzgeber selbst entleiben muss. Dass die SPD hier einsteigt, kann nur heißen, dass man es wohl aufgegeben hat, in der Landespolitik selbst mitreden zu wollen. Ich bitte, dem Votum des Ausschusses zu folgen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Pfaffmann, es entbehrt in meinen Augen nicht einer gewissen Komik, dass Sie uns in Ihrem Redebeitrag im Plenum am 14.12. in dieser Sache Ihren letzten Versuch versprochen haben und Kollege Eisenreich Ihnen schon damals prophezeit hat, dass Sie schon Wege fi nden würden, die Sache noch einmal ins Plenum zu bringen.
Nun haben wir heute also diese Debatte, und da hat er Recht gehabt, tatsächlich!
Mir fällt zu dieser Debatte in zweierlei Hinsicht nur das Stichwort ein: Quantität statt Qualität,
zum einen, was die vorliegende Popularklage angeht: Man muss eigentlich Popularklagen sagen, denn es sind 27 Stück, praktisch gleich im Wortlaut, angestoßen von der ÖDP. Zum andern gilt das aber auch, weil wir heute im Plenum über diese wirklich dünnen Klagen nicht deswegen reden, weil es Ihnen um diese Klagen ginge; die sind es wirklich nicht wert, hier hochgezogen zu werden.
Wir haben sie wirklich nicht hochgezogen. Wir debattieren hier vielmehr noch einmal, weil die wirklich ausgiebig ausgetauschten Argumente zum Büchergeld einmal mehr wiedergekäut werden sollen. Sie haben es eben gemacht, Herr Kollege Pfaffmann. Ich werde mich ganz bewusst nicht auf diesen Zug begeben, sondern vielmehr mit den Klagen beschäftigen, die hier verhandelt werden sollen.
Die Kläger bringen statistische Daten aus dem Jahre 2001, nach denen in keinem Schulzweig pro Kopf und Schüler soviel Geld für Bücher ausgegeben wurde, wie die Eltern jetzt an Büchergeld bezahlen sollen. Damit soll das Äquivalenzprinzip bei der Gebührenerhebung verletzt sein und damit – so der Schluss – sei die Höhe des Büchergeldes rechtswidrig; die allgemeine Handlungsfreiheit der Eltern werde dadurch verfassungswidrig eingeschränkt.
Diese Argumentation – man muss es etwas unjuristisch so sagen – ist dünn wie Wassersuppe, und zwar aus vier Gründen.
Erstens soll die Ausstattung mit Büchern durch das Büchergeld gerade verbessert werden. Das heißt, die Ausgaben für die Bücher sollen ja gerade steigen. Dass der Bücherbestand erneuerungsbedürftig ist, darin besteht Einigkeit. Die Ausgaben für 2001 – soweit diese Zahlen stimmen – als Maßstab für die Äquivalenzbetrachtung herzunehmen, geht deswegen auch in diesen Klagen vollkommen an der Sache vorbei.
Im Übrigen muss sich die SPD schon einmal entscheiden, ob sie uns wie beim letzten Mal vorwerfen will, dass das Büchergeld mehr Verwaltungskosten verschlingt, als es Geld bringt, oder ob sie eine solche Klage unterstützen will, in der es heißt, der Staat nehme zu viel, mehr als ihm eigentlich zustehe, ein. Das passt alles nicht zusammen.
Zweitens gibt es bezüglich der Höhe des Büchergeldes – das wissen Sie – im Gesetz eine Revisionsklausel. Das
heißt, die Höhe wird angepasst, wenn sie im derzeitigen Umfang nicht oder nicht mehr erforderlich sein sollte.
Drittens gibt es da, wo in bestimmten Schulzweigen praktisch keine Bücher gebraucht werden, das Büchergeld also denjenigen, die zahlen müssen, nichts bringt, die Möglichkeit, die Bücher selbst zu kaufen und damit vom Büchergeld komplett befreit zu werden.
Viertens gibt die allgemeine Handlungsfreiheit als wirklich schwächstes aller Grundrechte überhaupt keinen spezifi schen Schutzbereich her. Jedes staatliche Gesetz schränkt die Handlungsfähigkeit der Bürger ein. Das Grundrecht ist nur dann verletzt, wenn ein solches Gesetz aus irgendeinem anderen Grunde rechtswidrig ist. Meine ersten drei Argumente haben Ihnen gezeigt, dass das offensichtlich nicht der Fall ist. Artikel 101 der Bayerischen Verfassung gibt nämlich überhaupt keine inhaltlichen Vorgaben, an denen das Gesetz zu messen wäre.
Man muss es den Klägern sagen: Wem verfassungsrechtlich nicht mehr einfällt, dem hilft auch nicht, dass er die gleiche Begründung 27-mal wiederholt. Der SPD wäre zu empfehlen, sich dem daraus zu Recht folgenden Votum der GRÜNEN im Ausschuss anzuschließen. Ich bitte, insoweit dem Votum des Ausschusses zu folgen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der unmittelbare Anlass für die Vorlage des heutigen Gesetzentwurfs wäre an sich schnell erklärt und die Sache damit geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 18. Februar 2004 entschieden, dass § 1355 Absatz 2 BGB nicht mit den Artikeln 2 Absatz 1 in Verbindung mit § 1 Absatz 1 des Grundgesetzes vereinbar ist, soweit er ausschließt, dass Ehegatten zum Ehenamen den durch frühere Eheschließung erworbenen Familiennamen bestimmen können, den einer von beiden zum
Zeitpunkt der Eheschließung führt. – Soweit der komplizierte Leitsatz.
Das heißt nichts anderes, als dass bisher der Geburtsname der Ehepartner oder eine Kombination aus beiden Ehenamen zum gemeinsamen Ehenamen gewählt werden musste. Künftig soll auch ein Name gemeinsamer Ehename sein können, den einer der Partner aus einer früheren Ehe mitgebracht und beibehalten hat.
Der Bundesgesetzgeber hat auf dieses Urteil mit Artikel 2 dieses Gesetzes zur Änderung des Ehe- und Lebenspartnerschaftsnamensrechts vom 6. Februar 2005 reagiert. Entsprechende Bezugnahmen im Lebenspartnerschaftsgesetz geben vor allen eingetragenen Lebenspartnerschaften analoge Wahlrechte. Zusätzlicher Regelungsbedarf ergibt sich für die Einbringung von Kindern eines Lebenspartners in die Lebenspartnerschaft.
Ehegatten und Lebenspartner, die vor dem 12. Februar 2005 einen gemeinsamen Namen bestimmt haben, haben die Möglichkeit, bis zum 12. Februar 2006 zu erklären, dass sie statt des ursprünglich gewählten Namens gemeinsam den Namen eines Partners aus früherer Ehe führen und sich damit der neuen Rechtslage anschließen möchten.
Während für die Ehepaare der Standesbeamte als zuständige Behörde feststeht, muss die entsprechende Erklärung für Lebenspartnerschaften gegenüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde abgegeben werden. Hier fi ndet sich die Lücke im Bayerischen Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes. Nachdem die genannten Wahlrechte bei Einführung des genannten Gesetzes noch nicht bestanden, konnte seinerzeit noch keine zuständige Landesbehörde bestimmt werden.
Entsprechend der bisherigen bayerischen Handhabung in Bezug auf die Lebenspartnerschaften wird jetzt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch die Zuständigkeit für die Entgegennahme der genannten Erklärung den Notaren zugewiesen.
Für die Einbringung von Kindern muss zudem eine Meldepfl icht der Notare neu eingeführt werden; für die Lebenspartnerschaften ist diese bereits ausreichend gesetzlich geregelt. Nun könnte man sagen: Das muss eben sein, also machen wir es, und gut. Selbst solche marginalen Anpassungen einer Ausführungsvorschrift ist in den Augen der Opposition offenbar dazu geeignet, wieder einmal die Grundsatzfrage aufzuwerfen, ob die bayerische Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes über die Notare revidiert werden muss. Es liegt ein Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN vor, den kompletten Gesetzentwurf zurückzuziehen und ein völlig neues Ausführungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz vorzulegen, das die Zuständigkeiten für alle im Zusammenhang mit eingetragenen Lebenspartnerschaften stehenden Verwaltungsvorgängen – so der Text – von den Notaren auf die Standesämter verlagert.
Nachdem über die Regelungsnotwendigkeit kaum zu streiten ist, möchte ich einige Anmerkungen zu dieser Frage und zu dem gestellten Antrag machen. Zunächst einmal – das darf mir erlaubt sein – frage ich mich schon,
weshalb die Opposition die Staatsregierung zu einer Gesetzesvorlage auffordert und nicht selbst einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Sie könnten natürlich sagen, dass Sie sich diese Mühe nicht machen wollen, weil die Landtagsmehrheit den Entwurf ohnehin ablehnen wird.
Dann ist aber dieser Antrag nicht mehr als ein Schaufensterantrag. Sie müssen sich schon vorhalten lassen, dass ein kompletter Neustart des Gesetzgebungsverfahrens nie und nimmer dazu führen wird, dass die bundesgesetzlichen Erklärungsfristen bis zum 12. Februar 2006 überhaupt eingehalten werden können. Wenn Sie Ihren Antrag ernst meinen, hätten Sie Ihren Gesetzentwurf parallel zum Gesetzentwurf der Staatsregierung laufen lassen können und müssten sich jetzt nicht vorhalten lassen, dass es für ein neues Gesetzgebungsverfahren angesichts der Fristen einfach schon viel zu spät ist. Man kann die Erklärungsfristen des Bundesgesetzgebers auch nicht mit der Bemerkung vom Tisch wischen, es seien auch andere Vorgaben, etwa durch das EU-Recht, schon verspätet umgesetzt worden. Wenn die bundesgesetzliche Frist verstrichen ist, ist die nachträgliche Wahlmöglichkeit für die Fälle, die vor dem 12. Februar 2005 liegen, schlicht und einfach vorbei. Am Regelungsbedürfnis für diese Menschen kann man im konkreten Verfahren aber nicht einfach vorbeigehen.
Zur Glaubwürdigkeit in der Debatte hätte für mich schon gehört, dass sich die Opposition selbst um einen Gesetzentwurf bemüht, der geeignet wäre, die bundesgesetzliche Zeitvorgabe einzuhalten; dann könnten Sie die Grundsatzfrage aufwerfen. In diesem Verfahrensstand ist jedenfalls die Grundsatzdebatte theoretisch, abgehoben und luftleer. Das konkrete Gesetzgebungsverfahren, das hier durchgeführt werden muss, ist schon praktisch deswegen nicht mehr als Aufhänger für diese Grundsatzdebatte geeignet. Aber auch das beeindruckt Sie kaum, wie ich eben gemerkt habe.
Noch einige Worte dazu, weshalb Staatsregierung und Mehrheitsfraktion den Antrag ablehnen werden und warum wir bei unserer Auffassung bleiben, dass die bayerische Umsetzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes auch inhaltlich und vom Verfahren her den richtigen Weg darstellt: Für manchen mag es durchaus ein Vorteil sein, wenn er sich einen Notar seiner Wahl suchen kann, der einer Lebenspartnerschaft möglicherweise offener gegenübersteht als der örtlich zuständige Standesbeamte. Ich will das nicht weiter ausführen. Ich weiß aus meiner beruflichen Praxis, dass es gerade für Lebenspartnerschaften von Vorteil ist, wenn sie auf ein weiteres Beratungsangebot zurückgreifen können. Das kann bei Lebenspartnerschaften gerade in erbrechtlichen Fragen notwendig sein. Oft wird ein dadurch entstehender zusätzlicher Verwaltungsaufwand beklagt. Häufi g bedeutet die Meldepfl icht bei den Notaren auch nur dort einen Mehraufwand, wo Lebenspartner ansonsten noch am Geburtsort wohnen und bei den Geburtsstandesämtern eine Erklärung abgeben könnten. In allen anderen Fällen bestehen auch Meldepfl ichten zwischen den verschiedenen Standesämtern.
Der springende Punkt ist, dass wir in der Lebenspartnerschaft – das geben wir auch zu – nach wie vor etwas anderes sehen als in einer Ehe und das auch formal zum Ausdruck gebracht wissen möchten. Das hat beileibe nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern ist eine Andersbehandlung unterschiedlicher Dinge. Eine Andersbehandlung unterschiedlicher Dinge ist nicht sofort eine Schlechterbehandlung.
Ich bin der Meinung – das mag Sie überraschen –, dass ein rechtlicher Rahmen für das Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Partnern im Lebenspartnerschaftsgesetz vorhanden ist. Mir geht es vor allem um verlässliche und überschaubare Grundlagen für das Zusammenleben der Partner, wenn sie diese Bindung eingehen wollen. Ich weiß aus meiner eigenen berufl ichen Praxis, dass heterosexuelle Paare, die nicht heiraten wollen, spätestens dann vor dem Notar stehen und einen komplizierten Partnerschaftsvertrag entwerfen lassen, wenn sie größere Anschaffungen machen, ein Haus zusammen kaufen wollen, gemeinsame Kinder kommen, wenn die Dinge des Lebens geregelt werden müssen. Ich sage den Leuten oft, sie sollten sich überlegen, vielleicht doch zum Standesbeamten zu gehen und die Ehe zu schließen, weil der Staat einfach einen rechtlichen Rahmen für diese Fälle vorsieht, und dann einen Ehevertrag zu schließen, weil man leichter auf das verzichten kann, was man in diesem Rahmen nicht haben will, anstatt mit künstlichen Partnerschaftsverträgen diesen Rahmen aufzuspannen. Zum Pfarrer gehen muss ohnehin keiner mehr, wenn er nicht will. Sie werden lachen: Einmal habe ich mit diesem Ratschlag sogar Erfolg gehabt.
Daher muss der Staat – auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren, davon bin ich überzeugt – einen Ordnungsrahmen zur Verfügung stellen. Das geschieht mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Wenn aber die Dinge geordnet werden und ein Rahmen zur Verfügung gestellt wird, hat das nichts mit Gleichmacherei zu tun, sondern es gehört für uns zur richtigen Gestaltung in diesem Bereich der Gesellschaftspolitik, dass wir unterschiedliche Dinge auch verfahrensmäßig unterschiedlich behandeln. Wir sehen die Unterschiede und machen sie in den verfahrensrechtlichen Regelungen auch deutlich. Daher bleiben wir bei unserer verfahrensmäßigen Linie der Zuweisung an die Notare. Das ist zwar eine Andersbehandlung, aber – so viel kann ich Ihnen aus der Praxis sagen – beileibe keine Schlechterbehandlung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein bisschen seltsam, die Haushaltsberatungen als Parlamentneuling mit zu verfolgen. Die Regierung stellt den Haushalt auf, stellt ihren Bedarf fest, kommt zum Parlament und bittet um das Geld. Die Opposition sagt bei jedem Einzelplan, sie wolle der Regierung mehr Geld geben. Ich bin über dieses Vorgehen ein bisschen überrascht. Man könnte – wenn ich es nicht besser wüsste – den Eindruck gewinnen, dass sie der Regierung helfen will. Die 27 Millionen Euro, auf die sich die Änderungsanträge in der Summe belaufen, sind im Haushaltsausschuss beraten worden.
Mir ist aufgefallen, dass sich häufig die SPD bei den Vorschlägen der GRÜNEN enthalten hat und umgekehrt. Eine einheitliche Linie, einen großen Bedarf, der allen auf den Nägeln brennt, kann ich aus diesen Änderungsanträgen nicht erkennen. Es wird lediglich deutlich, dass die Änderungsanträge zu diesem Einzelplan – wie zu allen anderen auch – vor allem dazu dienen, den Betroffenen zu suggerieren, dass Sie den vielfältigen Wünschen, die gestellt werden, nachkommen würden, wenn Sie nur dürften. Es fragt sich aber, wie Sie das tun wollen, da Sie das zu allen Einzelplänen versprochen haben.
Meine Damen und Herren, die Bayerische Justiz ist gut aufgestellt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit – das ist in allen Reden angeklungen – über den pflichtgemäßen Einsatz hinaus. Auch ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken für die Leistung und den Einsatz.
Wir sind uns im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen einig – das kommt in allen Beratungen, in denen dieses Thema ansteht, zum Ausdruck –, dass die Arbeitsbelastung sehr hoch ist und man alle Möglichkeiten nutzen muss, um die Justiz zu stützen und zu unterstützen. Man kann in allen Bereichen stets mehr tun. Die Wünsche und Ansprüche sind unbegrenzt und nach oben offen. Von der Opposition werden – ich habe es angesprochen – zu allen Einzelplänen Mehrausgaben gefordert, ohne einen Deckungsvorschlag zu machen. Die Ressourcen sind begrenzt. Wir sind mit den öffentlichen Haushalten an einem Punkt angelangt, wo es keinen Sinn mehr macht, neue Schulden zu machen. Wenn wir unseren komfortablen Lebensstandard mit staatlichen Leistungen in der Vergangenheit nur mithilfe von Schulden aufbauen konnten und in der Gegenwart nur mithilfe von Schulden
aufrechterhalten oder ausbauen können – wie das gefordert wird –, liegt die Frage nahe, ob wir uns das jemals leisten konnten.
Nun speziell zum Justizhaushalt. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein leistungsfähiges und effizientes Rechtssystem ist ein wichtiger Standortfaktor. Auch wenn wir uns bei den Ausgaben künftig nach den Einnahmen richten wollen -, das haben wir uns fest vorgenommen -, bleibt die bayerische Justiz leistungsfähig und effizient. Wenn wir uns Gedanken machen, wie wir zu einer Entlastung der Justiz kommen wollen, dann müssen wir uns auch Gedanken darüber machen – das ist bei meinen Vorrednern der Mehrheitsfraktion auch schon angeklungen –, wie man die Zahl der Verfahren verringern könnte.
Man sollte deshalb intensiv über die Ursachen der Arbeitsüberlastung nachdenken. Bei der Verfahrensflut, die wir im Moment zu verzeichnen haben, ist es nicht damit getan, dass man dieser immer mehr steigenden Nachfrage nachgibt und für offensichtlich unsinnige bzw. kleinste Verfahren die Möglichkeit dreier Instanzen eröffnet. Man muss bei der Verfahrensflut ansetzen. So sehr eine effiziente Justiz ein wichtiger Standortfaktor ist, so sehr ist ein Rechtssystem, das sich in einem endlosen Instanzenzug und in Prozesshanseleien verliert, ein Standortnachteil.
Einer Überlastung des Rechtssystems müssen wir nicht dadurch begegnen, dass wir die ständig steigende Nachfrage durch ständig neue Planstellen zu befriedigen versuchen. Die Nachfragesteigerung ist hier, anders als in anderen Bereichen, beispielsweise wie in der privaten Wirtschaft, nicht unbedingt positiv zu sehen. Wenn der Bürger die Justiz bemüht, ist das schlecht steuerbar, der Staat hat Rechtsgewährungspflicht. Es ist aber steuerbar, durch wie viele Instanzen und mit welchen Verfahrensvorschriften diese Nachfrage des Bürgers nach Rechtsprechung bedient wird. Es tut dem Rechtsstaat sicher keinen Abbruch, im Gegenteil, wenn man sich im Zuge einer Justizreform zur Aufgabe macht, die Gerichtsorganisation und die Prozessordnung so zu straffen, dass die Justiz auch im jetzigen Umfang mit den steigenden Verfahrenszahlen besser umgehen kann.
Es wurde zu Recht das Paradebeispiel des Antidiskriminierungsgesetzes angesprochen. Ich glaube, wir alle, die wir uns damit beschäftigt haben, sind inzwischen Fachleute genug, um vorauszusehen, welche Prozesslawine dieses Gesetz auslösen wird, welche Prozessflut auf unserer Justiz zukommen wird. Wieso kommen Sie jetzt nicht auf die Idee, die Verfahren zu straffen und damit die Justiz zu entlasten? An dem Beispiel Antidiskriminierungsgesetz wird das meines Erachtens augenfällig. Ich glaube, Sie hängen hier noch einer falsch verstandenen Überbetonung des Gleichheitsgrundsatzes nach, dem Ideal einer bis ins Detail gehenden Einzelfallgerechtigkeit. Nach dieser Logik werden nicht mehr nur die Fälle unterschiedlich behandelt, die im Wesentlichen, wie das in unserem Grundgesetz steht, verschieden sind, sondern vielmehr muss schon für die kleinste Abweichung vom gesetzlich normierten Standardfall eine Sonderregelung getroffen werden, oder, soweit die Justiz betroffen ist, es muss die Möglichkeit eröffnet werden, diese Sonderbe
handlung des individuellen Einzelfalls bis in die letzte Instanz ausprozessieren zu lassen.
Das führt bei 80 Millionen potenziellen Einzelfällen, bei 80 Millionen Menschen in diesem Land, in eine Sackgasse. Es löst auch die Rechtssicherheit, die Vorhersehbarkeit von Gerichtsentscheidungen für den Bürger auf. Gerechtigkeit, die von 80 Millionen Rechtssuchenden akzeptiert werden soll, lebt auch von einem wesentlich größeren Stück schematischer Gleichbehandlung – ich will das ganz bewusst einmal so ausdrücken –, sie lebt von gleichen Fällen und nicht von dem Streben nach absoluter Einzelfallgerechtigkeit. Sie lebt tatsächlich von einem Stück Grobkörnigkeit. Auch deswegen führt kein Weg daran vorbei, der Zunahme der Verfahren entgegenzuwirken oder dafür zu sorgen, dass diese Verfahren wenigstens straffer und schneller erledigt werden können und für den Bürger vorhersehbarer. Dazu kann der Gesetzgeber beitragen. Dazu kann ein Dialog mit den unabhängigen Gerichten beitragen. Was aber nicht dazu beitragen kann, ist, für die gestiegenen Fallzahlen als einzige Lösungsmöglichkeit eine Stellenmehrung ins Auge zu fassen, um mit gleichem Aufwand und Umfang den gestiegenen Verfahrenszahlen gerecht zu werden.
Herr Schindler, auf eines wollte ich noch näher eingehen. Wir haben schon im Rechts- und Verfassungsausschuss darüber debattiert. Sie kreiden uns an, dass die Gerichtsumstrukturierung unter dem großen Stichwort Verwaltungsreform läuft. Ich gebe zu bedenken: Die Justiz ist unabhängig. Das ist ein hohes Gut, darin sind wir uns alle einig. Die Gerichte sind bei uns aber nicht in dergestalt ausgestattet, dass sie selbst über den Stellenkegel, die Einstellungen, die Ausstattung und die Besoldung entscheiden könnten. Diese Einschränkung muss sich auch ein unabhängiges Gericht gefallen lassen, und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das rührt auch ein wenig an das Selbstverständnis des Parlaments, des Souveräns, des Haushaltsgesetzgebers.
Wir werden dem Haushalt zustimmen. Wir sind uns einig, wir könnten für die Justiz mehr tun, doch wie schon gesagt, wir könnten in vielen Bereichen mehr tun. Ich glaube, es ist an der Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie man mit dem effizient auskommt, was zur Verfügung steht.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Argumente zum vorliegenden Gesetzentwurf zur Auflösung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Staatsanwaltschaft bei diesem Gericht sind ausgetauscht. Der federführende Ausschuss hat hierzu eine Anhörung durchgeführt. Vier mitberatende Ausschüsse – der Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit, der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes und der Wirtschaftsausschuss – haben den Gesetzentwurf mit beraten. Sämtliche Ausschüsse haben die Zustimmung zu der Gesetzesvorlage empfohlen und sind dabei ausweislich der vorliegenden Protokolle im Wesentlichen der Entwurfsbegründung der Staatsregierung gefolgt.
Der Rechts- und Verfassungsausschuss hat bei seiner abschließenden Beratung am 14. Oktober die Zustimmung zum Gesetzentwurf mit drei redaktionellen Änderungen in § 2 Nummer 12, § 9 Absatz 1 Satz 1 und § 10 Absatz 2 empfohlen. Einzelheiten finden sich in der Beschlussempfehlung und im Bericht auf der Landtagsdrucksache 15/ 1780, die Ihnen vorliegt. Damit liegt das Auflösungsgesetz für das Bayerische Oberste Landesgericht nunmehr auf dem Tisch.
Auch nachdem die Argumente weitgehend ausgetauscht sind, bleibt, glaube ich, bei allen Beteiligten zuallererst die Achtung vor dem Gericht, seiner Tradition und der Leistung der Richter, auch und gerade in der jetzigen Phase der Beratung über die Auflösung. Von einigen Argumenten, die in der politischen Debatte vorgebracht worden sind, kann man dies nicht behaupten. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen. Die ausgetauschten Argumente bewegen sich in der Hauptsache im Spannungsfeld zwischen der langen Tradition des Gerichtes und der Zwangslage des Staates angesichts der Situation der öffentlichen Haushalte. Ich will darauf deshalb nochmals besonders eingehen.
Angesichts der äußerst schwierigen wirtschaftlichen Lage bemühen sich Staatsregierung und CSU-Fraktion, den Staatshaushalt durch Straffung und Effizienzsteigerung zu stabilisieren und zukunftsfähig zu machen. In diesen Rah
men muss man alle getroffenen Einzelmaßnahmen stellen, so auch die vorliegende. Ich habe anlässlich der Endberatung im Rechts- und Verfassungsausschuss schon gesagt, dass ich es für einen fehlerhaften Maßstab halte, jede einzelne Einsparmaßnahme an ihrer Größe in Bezug auf den gesamten Staatshaushalt zu messen. Auf diese Weise versucht die Opposition, die Anstrengungen, die wir uns insgesamt auferlegen, klein zu rechnen. Das Gesamtergebnis dieser Anstrengungen für einen ausgeglichenen Haushalt ist zu betrachten. Im Justizhaushalt – ich sagte das bereits anlässlich der Ersten Lesung – muss man die Wirkung der Auflösung des Gerichts auch in Beziehung setzen zu Maßnahmen wie der generellen Arbeitszeitverlängerung oder der Abschaffung der Amtsgerichtszweigstellen. Wir können nicht unten sparen und oben alles beim Alten lassen.
Man muss auch daran erinnern, dass bei aller bayerischen Besonderheit, die die Existenz des Gerichts umgibt, die gleiche Arbeit in anderen Bundesländern von den Oberlandesgerichten erledigt wird.
Ich erinnere mich, wie Herr Kollege Schindler in der Endberatung im Ausschuss anmerkte, die Haushaltslage würde sich nun doch etwas erfreulicher entwickeln als vorgesehen und man hätte doch wohl nicht mehr diesen Druck, gerade das Bayerische Oberste Landesgericht aufzulösen. In den großen Rahmen der Entwicklung unserer Staatshaushalte und Sozialhaushalte gestellt, muss man allerdings Folgendes sehen: Wir haben über die vergangenen Jahrzehnte ein zugegebenermaßen hervorragendes und ausgefeiltes staatliches Leistungsangebot aufgebaut. Allerdings haben wir dieses Leistungsangebot oft genug über Schulden finanziert. Wenn wir es jetzt in seinem Gesamtumfang nur mit immer neuen Schulden erhalten können, dann liegt für mich der Verdacht nahe, dass wir uns die staatliche Leistungsvielfalt noch nie wirklich leisten konnten. Daher müssen wir heute in vielen Bereichen Abschied nehmen von lieb oder sehr lieb gewordenen Einrichtungen.
Was bei einer leicht verbesserten Einnahmesituation nach der Argumentation des Kollegen Schindler für das Bayerische Oberste Landesgericht gilt, kann von vielen anderen staatlichen Einrichtungen, die künftig entfallen sollen, ebenso vorgebracht werden. Das zeigt für mich, wie brüchig diese Argumentation ist und dass wir künftig nur eine Chance haben werden, die Staatsausgaben auf Dauer im Griff zu behalten, wenn wir konsequent einen Staat schaffen, den sich der Bürger wirklich leisten kann, und zwar in schlechteren, aber eben auch in besseren Zeiten. Die Enge des Spielraums, den wir in den öffentlichen Haushalten derzeit haben, sollte uns eine Lehre sein, die Dinge nicht sofort wieder ins Kraut schießen zu lassen, wenn sich die Situation etwas entspannt.
In diesem Zusammenhang wird oft vorgebracht, selbst in der Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die finanzielle Lage schlechter gewesen sei als heute, habe man das Gericht wieder errichtet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich meine, wir stehen heute vor einer vollkommen anderen Herausforderung als damals. Wir müssen unseren Staat umbauen, ohne dass durch einen Aufbaubedarf
Bayerischer Landtag · 15. Wahlperiode
Wachstumskräfte mobilisiert werden. Selbst der GRÜNE Außenminister Joschka Fischer – ich habe seine Aussage im „Spiegel“ vom 05.07.2004 bereits in der ersten Beratung zitiert und zitiere sie heute wieder – spricht von der Schwierigkeit eines – so wörtlich –
Umbruchs ohne das Prinzip Wandel durch Krieg und das Programm Wiederaufbau. Wir stehen in vollkommen neuen Zeiten vor vollkommen neuen Herausforderungen.
Freuen Sie sich doch, wenn ich Ihren Außenminister zitiere. Das passt schon in diesen Zusammenhang, Frau Kollegin Bause. Das hat Herr Fischer in diesem Zusammenhang gesagt.
Nein, aber zum Umbau des Staates, Frau Kollegin. Fachlich gesehen hat das Gericht gezeigt, dass sich die Konzentration in bestimmten Rechtsbereichen positiv auf die Qualität der Rechtsprechung auswirkt. Diese Konzentration bleibt daher auch erhalten, soweit sie sinnvoll ist. Das muss aber für die drei Bereiche, die untereinander nicht viel miteinander zu tun haben, nicht an einem speziell dafür eingerichteten Gericht sein. Die Konzentration der Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ordnungswidrigkeiten oder Strafsachen an einem Gericht bilden für mich keinen erkennbaren Synergieeffekt. Was Ordnungswidrigkeiten und Strafsachen angeht, so werden Sie am Bayerischen Obersten Landesgericht in verschiedenen Instanzen verhandelt, so dass auch hier nur sehr eingeschränkt Synergieeffekte genutzt werden können.
Politisch muss es uns darum gehen, einen Staat zu schaffen, den sich die Bürger auf Dauer leisten können. Das sagte ich bereits. Deshalb obliegt es der politischen Bewertung, ob man erst dann über eine Institution wie das Bayerische Oberste Landesgericht nachdenken darf, wenn die Abschaffung als unabdingbar und als ultima ratio erscheint, oder ob man das schon dann darf, wenn sie in einem Gesamtzusammenhang steht, der Einschnitte in das staatliche Leistungsspektrum unabdingbar macht. Ich habe Ihnen wohl schon klar gemacht, wie meine persönliche Abwägung hierzu ausgefallen ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einige Anmerkungen zu Argumenten machen, die in der Diskussion von Unterstützern des Gerichts vorgebracht wurden und die man so einfach nicht stehen lassen kann. Da wird die Bayerische Staatsregierung mit Nationalsozialisten in eine Reihe gestellt. Es wird von einer „Enthauptung der Justiz“, von einem „auf das Schafott führen“ und von einem „Staatsstreich gegen die dritte Gewalt“ gesprochen. Ich zitiere hier wörtlich einige Aussagen, die in diesem Zusammenhang gefallen sind. Eines muss man, auch an dieser Stelle, ganz
deutlich zum Ausdruck bringen: Wir schaffen die richterliche Unabhängigkeit nicht ab, wenn wir ein Gericht auflösen. Die dritte Gewalt ist in der Gewaltenbalance keine, die für sich selbst entscheiden könnte, wie viele Gerichte, wie viele Richterstellen und welche Ausstattung und Besoldung zur Verfügung stehen. Diese vorgebrachten Argumente zeugen von einer Auffassung der Gewaltenteilung und einer Aufteilung der verschiedenen Gewalten, die man wohl als etwas verschoben bezeichnen muss. Man könnte sich damit auch sehr lange und grundsätzlich auseinander setzen.
Um an meine Anmerkungen von vorhin anzuknüpfen: Ich will den Richterinnen und Richtern des Bayerischen Obersten Landesgerichtes dies nicht zum Vorwurf machen.
Wie das Gericht selbst in seiner langen Tradition und seiner hohen Qualifikation unseren Respekt verdient, so haben sich auch die unmittelbar Betroffenen gerade im Gesetzgebungsprozess jeden Respekt verdient. Ich meine aber auch, der Gesetzentwurf schafft gerade nach der Änderung in Bezug auf den Staatsschutzsenat ein geordnetes Verfahren, die Aufgaben des Bayerischen Obersten Landesgerichts bis zum 1. Juli 2006 in qualifizierter Weise anders zu verteilen. Ich bitte, dem Gesetzentwurf mit den Änderungen aus der Endberatung zuzustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das Bayerische Oberste Landesgericht leistet eine hervorragende Arbeit. Ich glaube, es gibt in diesem Saal niemanden, der dem widersprechen wollte. Ich glaube, hierüber kann ich mir auch beruflich ein Urteil erlauben. Wenn sich die heutige Debatte um das Festhal ten an Bewährtem dreht, dann müssen wir weniger über das Bewährte debattieren, sondern mehr über die Frage des Festhaltens. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es: „Angesichts der äußerst schwierigen Haushalts lage muss der Staat alle Möglichkeiten zur Einsparung von Haushaltsmitteln ergreifen.“
Auf dem Prüfstand steht deshalb alles, was vielleicht wün schenswert, aber nicht unverzichtbar ist. Wünschenswert ist das Bayerische Oberste Landesgericht sicher als Sym bol für die bayerische Eigenstaatlichkeit. Sind Sie aber nicht mit mir der Meinung, die Qualität dieser Eigenstaat lichkeit bestimmt sich hauptsächlich inhaltlich und nicht formal? Wir sollten im Prozess der Föderalismusreform eher darüber reden, welche substanziellen Zuständigkei ten die Länder zurückbekommen. Das Bayerische Obers te Landesgericht ist zwar bundesweit eine Besonderheit, entscheidet aber nur noch ganz am Rande eigenständig über bayerisches Landesrecht. 8 bis 10 von 3000 Verfah ren im Jahr betreffen diesen Schwerpunkt. Der absolute Schwerpunkt der Tätigkeit liegt auf der Anwendung von Bundesrecht, was anderswo von Oberlandesgerichten wahrgenommen wird. Die Richter, die an diesem Gericht tätig sind, können dafür sicher nichts. Das Gericht und seine Zuständigkeit für bayerisches Landesrecht ist weni ger ein Symbol für unsere Eigenstaatlichkeit, leider ist es inhaltlich zwischenzeitlich eher ein Symbol für die schlei chende Aushöhlung unseres Föderalismus geworden.
In der sehr erhitzten öffentlichen Debatte wurde von einer Enthauptung der bayerischen Justiz gesprochen, teilwei se sogar von einem Staatsstreich gegen die dritte Gewalt. Man muss dem entgegenhalten, dass trotz aller richterli chen Unabhängigkeit die Gerichtsorganisation nicht den Gerichten selbst zusteht. Gerade ein Landesparlament wie wir, muss in der heutigen Föderalismusdebatte eher darauf bedacht sein, seine eigenen Kompetenzen im Rah men der horizontalen wie auch der vertikalen Gewaltentei lung zu wahren. Die richterliche Unabhängigkeit – so ehr lich wollen wir sein – steht hier nicht auf dem Prüfstand, steht nicht zur Debatte, ist nicht ernsthaft in Gefahr.
Im Übrigen bringt der neue Gesetzentwurf mit einem Ver zicht auf geborene Vorsitzende, etwa des Präsidialrates der ordentlichen Gerichtsbarkeit und des Hauptstaatsanwal tes, mehr Mitspracherechte für Richter und Staatsanwälte.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsvereinheitli chung ist das Gericht wünschenswert, aber nicht unver zichtbar. Nachdem es tatsächlich in der Hauptsache Auf gaben wahrnimmt, die anderswo durch Oberlandesge richte ausgefüllt werden, handelt es sich im Prinzip um ein spezialisiertes Oberlandesgericht. Diese Spezialisierung – die Frau Ministerin hat es eben ausgeführt – kann man auch ohne Bayerisches Oberstes Landesgericht haben. Sie ist im neuen Gesetzentwurf auch vorgesehen. Die Sa
chen der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu konzentrieren, er gibt einen Sinn, das können Sie mir auch aus meiner be ruflichen Erfahrung glauben. Sie sind unspektakulär, aber sie haben von der Grundbuchsache bis zum Erbscheins verfahren eine große finanzielle Bedeutung für die Bürger und sind in der Sache oft kompliziert, sodass eine Kon zentration in diesem Bereich wichtig ist. Auch eine Kon zentration der Ordnungswidrigkeiten halte ich wegen des massenhaften Anfalles und einer notwendigen Gleichbe handlung solcher Fälle für sinnvoll. Aber: Ob wir für die Konzentration dieser Rechtsmaterien ein oberstes Gericht mit höchstdotierten Stellen vorhalten müssen, wage ich zu bezweifeln.
Wir sind in Bayern immer zu Recht stolz auf unsere Juris tenausbildung. Auch an den Oberlandesgerichten sitzen hervorragende Juristen, deren Urteile ebenso bundesweit Beachtung finden werden. Im Übrigen kann das Bayeri sche Oberste Landesgericht – sofern es Funktionen wahr nimmt, die anderswo von Oberlandesgerichten erfüllt werden, also ganz überwiegend – lediglich auf dem Gebiet des Freistaates Bayern für eine einheitliche Rechtspre chung sorgen. Wenn es von der Rechtsprechung eines außerbayerischen Oberlandesgerichtes in der gleichen Materie abweichen will, dann unterliegt es genauso der Pflicht zur Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof wie jedes andere außerbayerische Oberlandesgericht.
Ein Wort zu einem Argument, das in der Diskussion immer etwas nach hinten geschoben wird, das ich aber für zen tral halte: nämlich das Argument der Personalwirtschaft. Es handelt sich hierbei um ein wichtiges Sachargument. Ich meine, man muss sich nicht schämen, wenn man sagt, dass man im Staatsapparat gute Leute fördern muss und dafür natürlich Beförderungsstellen braucht. Die Zei ten haben sich allerdings massiv geändert. Was früher ein Argument für dieses Gericht war, kehrt sich heute gegen seine Existenzberechtigung. Das Bayerische Oberste Landesgericht wurde bei der Anhörung im Ausschuss ganz offen als Paradies der bayerischen Justiz bezeich net. Dort können Richter frei von Pensendruck an qualita tiv hochwertigen Urteilen arbeiten. Was sollen wir aber normalen Richtern und Staatsanwälten oder den Justiz vollzugsbeamten sagen, wenn wir deren Arbeitszeiten und die Arbeitspensen erhöhen? In solchen Zeiten kann es ein solches Paradies nicht geben. Im Gegenteil: Man muss an der Spitze anfangen. Die Einsparung des Bayeri schen Obersten Landesgerichts bringt für sich genom men durchaus beachtliche Einspareffekte. Wir sprechen von 1,5 Millionen Euro jährlich. Es wurde ausgeführt, das spart langfristig 20 Millionen Euro. Wer sagt, das sei wenig Geld, dem geht es offenbar noch zu gut. Wir sind gezwun gen, auf Verzichtbares zu verzichten. Wir haben drei Ober landesgerichte. Die Einsparung eines vierten obersten Gerichtes erscheint mir durchaus vertretbar.
Bezeichnend war die Einlassung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Bamberg, selbst zehn Jahre lang Personalchef im Justizministerium, vor dem Ausschuss. Es wurde davon gesprochen, dass im Bereich der norma len Justiz nicht mehr viel Verständnis für paradiesische Zustände aufgebracht wird. Ich behaupte, angesichts der Reformen, die wir im sonstigen Staatsapparat und auch bei der Justiz vornehmen, wären die Oppositionsfraktio nen die ersten, die aufschreien würden, wenn wir an der
Spitze keine Zeichen setzen würden. Dafür, dass solche paradiesischen Zustände nicht mehr in die Zeit passen, können die Richter nichts. Der Freistaat Bayern kann nur versuchen, der momentanen Situation entgegenzusteu ern. Er kann dabei aber nicht vor solch ehrwürdigen Insti tutionen wie dem Bayerischen Obersten Landesgericht Halt machen. Die wirtschaftliche Situation, die zu harten Einschnitten zwingt, wird anderswo verdorben. Wir haben vorhin darüber geredet, ich erspare mir jetzt den Einstieg in diese Debatte aus Respekt vor dem Gericht. Konse quenz hieraus ist ein Reformprozess mit harten Einschnit ten. Die Diskussion muss - wie gesagt - die Unentbehr lichkeit einer Einrichtung belegen, nicht ihre Wünschbar keit. Man sollte auch die hohe Reputation des Gerichts nicht mit Unentbehrlichkeit verwechseln.
Der Gesetzentwurf schafft ein geordnetes Verfahren, die Aufgaben des Bayerischen Obersten Landesgerichts zum 1. Juli 2006 qualifiziert anderweitig zu verteilen. Dem ist zuzustimmen.