Jürgen Dupper
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Heute geht es noch nicht um die Zustimmung oder Ablehnung des Haushalts, sondern heute ist die Einbringung. Sie soll eine gute Grundlage für eine gute Beratung und Debatte werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den letzten Monaten lief der Konjunkturmotor rund. Der Standort Deutschland klettert nach oben, und was vor wenigen Jahren niemand vermutete, ist heute Realität: Unsere Volkswirtschaft ist wieder die Lokomotive für die Europäische Union. Angesichts einer Debatte, die jahrelang von Selbstbespiegelungen und Verlustängsten geprägt war, überraschen die Fakten. An dieser Stelle nur einige wenige: Als einziger G-7-Staat konnte Deutschland auf hohem Niveau seinen Welthandelsanteil noch ausbauen. Die Steuer- und Abgabenquote liegt deutlich unter dem Durchschnitt der EU 25.
Im Jahr 2007 sank die Arbeitslosigkeit in erfreulichem Umfang, wenn sie auch immer noch zu hoch ist.
Kein Wunder, dass eine Befragung durch eine renommierte Unternehmensberatung ergab, dass Deutschland für international tätige Unternehmen der attraktivste Standort in Europa ist und der drittattraktivste weltweit, und zwar wegen der Infrastruktur, wegen der Qualität von Forschung und Entwicklung und wegen der hohen Qualifi kation und Motivation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Diese wiedergewonnene Stärke der deutschen Volkswirtschaft fi ndet ihren sehr angenehmen Ausdruck in den hohen Steuermehreinnahmen auf allen staatlichen Ebenen. Auch im vorliegenden Nachtragshaushaltsentwurf prägen allein die konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen einnahmenseitig den Haushalt, nicht irgendwelche ominöse Rücklagen oder gar virtuelle Gewinne aus irgendwelchen Verwaltungsreformen. Nein, es sind Steuermehreinnahmen, getragen von der Lohn- und Einkommenssteuer.
Wie gesagt, es gibt viele Indikatoren, die uns einen guten Zwischenstand bescheinigen. Aber die guten Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Handlungsbedarf nach wie vor groß ist, dass die guten Nachrichten nicht beruhigen, sondern anspornen sollten.
Das Wirtschaftswachstum in 2007 war mit 2,5 % anständig und war ausschließlich dem Außenhandel und den Investitionen geschuldet. Der Konsum ging bekanntermaßen preisbereinigt um 0,3 % zurück. So richtig verwundern kann das niemanden, denn die erfreuliche Entwicklung am Arbeitsmarkt weist beim näheren Hinschauen Verwerfungen auf. Nur ein Viertel der neuen Jobs waren richtige Jobs. Weit über die Hälfte waren Teilzeitbeschäftigungen, ein großer Rest waren Jobs für geringfügig Beschäftigte.
So erfreulich die Arbeitsmarktdaten sind, so groß ist die Herausforderung, den Aufschwung für alle sicherzustellen.
Dabei sind die großen Rufer nach Reformen eigentlich das größte Risiko. Wer ewig dieselbe Melodie pfeift – Weg mit der Erbschaftssteuer! Runter mit den restlichen Steuern! Nein zum Mindestlohn! Weg mit dem Kündigungsschutz! –, der wird auf Dauer vernünftige Reformen verhindern, weil ihm ganz einfach die gesellschaftlich richtigen Proportionen abhanden gekommen sind, weil die Menschen nicht mehr bereit sind, das mitzumachen.
Vom Aufschwung profi tieren neben den Unternehmen derzeit in erster Linie die, die einen qualifi zierten Arbeitsplatz haben. Das ist gut so. Aber alle, die über ein Jahr lang arbeitslos sind, oder die, deren Niedriglöhne nicht auskömmlich sind, spüren vom Aufschwung noch wenig. Deshalb sage ich: In erster Linie muss aus sozialen und humanitären Gründen diesen Menschen geholfen werden. Sie müssen faire Löhne bekommen. Sie brauchen die Integration in den ersten Arbeitsmarkt und sollen sich selbst die notwendigen Zukunftsperspektiven erarbeiten können.
Es ist erfreulich, dass der Bayerische Ministerpräsident infolge der Hessen-Wahl auf die Notwendigkeit der Betonung der sozialen Gerechtigkeit hinweist. Aber wir sagen Ihnen, soziale Gerechtigkeit, die Sorge um Perspektiven für alle rückt nur deswegen in den Fokus, weil ein politischer Bruder im Geiste gerade abgeschmiert ist.
Das ist zu wenig. Das Sichern von Aufstiegschancen muss eine politische Querschnittsaufgabe sein.
Wenn ich das Interview mit dem Ministerpräsidenten im „Handelsblatt“ lese, in dem er sich tief besorgt über womöglich sinkende Managergehälter äußert, stelle ich – ebenso tief besorgt – fest, dass diese Politik zunehmend erratisch wirkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Bemühen um Wohlstand und Perspektiven für alle hat aber noch eine andere Seite. Es ist auch enorm wichtig für unsere Volkswirtschaft. Denn Wachstumsimpulse werden im Zeitalter von Finanzkrisen, Börsenschwäche und Rezessionsängsten nicht mehr im gewohnten Umfang vom
Export kommen. Wir brauchen eine wirksame Konjunkturstütze durch die Binnennachfrage. Die Größenordnung, in der schon heute die Lohn- und Einkommensteuer im Nachtragshaushaltsentwurf unsere Einnahmen prägt, ist Indiz genug für die zeitlos gültige Richtigkeit meiner Ausführungen.
Was wir jetzt nicht brauchen, sind Steuersenkungen auf Pump, wie sie von Ihnen, Herr Finanzminister, bisweilen gefordert werden, jedenfalls so lange, bis Ihnen die Kanzlerin widerspricht.
Diese Steuersenkungsversprechen in Wahljahren sind ähnlich belastbar wie weiland die 5-Jahres-Pläne in der DDR.
Denn das, was Sie in Bezug auf Einkommensteuer im Verein mit Kinderfreibeträgen schon fordern, hätte den öffentlichen Kassen im Jahr 2007 ein dickes Minus im hohen zweistelligen Milliardenbereich beschert. Infolgedessen würde sich die gesamtstaatliche Verschuldung erhöhen und wir diskutierten einen ganz anderen Nachtragshaushaltsentwurf.
Um mit den Worten Ihres Vorgängers, Herrn Professor Faltlhauser, zu sprechen:
Sie sollten aufpassen,
Sie als amtierender Finanzminister –
dass Sie nicht eine Kaskade des Steuerverfalls in Gang setzen, an deren Ende die Einnahmenbasis der öffentlichen Haushalte erodiert.
Der Satz war schön.
Wir brauchen in der Tat in der ganzen Republik solide Haushaltswirtschaft verbunden mit Zukunftsinvestitionen vor allem in Bildung, Forschung und in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nur so werden wir den demografi schen Wandel aktiv gestalten können. Nur so werden wir die Wachstumsbasis in unserem Land nachhaltig stärken. Nur so werden wir dauerhaft Aufstiegs- und Partizipationsmöglichkeiten für alle schaffen.
Die schaffen wir, indem wir Leitplanken für Menschen mit geringer Qualifi kation einziehen. Es zeigt sich doch in einer Reihe von hoch entwickelten Volkswirtschaften, dass Mindestlöhne, dass branchenspezifi sche, allgemeinverbindliche Untergrenzen eine respektable Lösung darstellen. Gerne greifen wir auch Ideen, die in der Union virulent sind, auf bezüglich einer negativen Einkommensteuer. Dabei wissen wir: Mindestlohn und negative Einkommensteuer können nur die Symptome der Globalisierung kurieren. So richtig gut werden wir erst dann, wenn wir den Bildungsstand breiter Schichten heben.
Der jetzige Fachkräftemangel nach nur zwei Jahren ordentlicher Konjunktur lässt doch erahnen, dass unsere Bildungsanstrengungen viel zu gering sind.
Zu den Defi ziten bei den Bildungsaufgaben gesellen sich die Probleme mit der staatlichen Investitionsquote. Es ist nicht nur enttäuschend, dass erneut von einer Investitionsquote in Höhe von 15 % gar nicht die Rede sein kann. Ihr Vorgänger war da jedenfalls wesentlich ambitionierter.
Dabei muss noch eines berücksichtigt werden: Um eine gesamtstaatlich zufriedenstellende Investitionsquote herzustellen, müssen wir die Kommunen in die Lage versetzen, ihre Aufgaben zu erledigen.
Bevor ich im Folgenden die für uns wichtigen Punkte im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushaltsentwurf anspreche, lassen Sie mich an dieser Stelle zu einer der größten Beteiligungen des Freistaates, zur Bayerischen Landesbank, ein paar Worte sagen.
Nach den Irrungen und Wirrungen zu Beginn des neuen Jahrtausends – ich erwähne das Stichwort Kirch-Pleite – dachte man, die Landesbank sei auf einem guten Weg. Aufgrund einer gewissen regionalen Fokussierung auf Bayern und Deutschland und dank der Ausrichtung auf ausgewählte Kundengruppen dachte man, die BayernLB habe ein Geschäftsmodell gefunden, das einerseits dem klar defi nierten gesetzlichen Auftrag gerecht wird und andererseits eine vernünftige Kooperation mit den Sparkassen zulässt. Mit den interessanten Entwicklungen mit der Deutschen Kreditbank, der Mittelstandskreditbank und der Hypo Alpe Adria schien eine folgerichtige Abkehr vom ertragsschwachen Wholesale-Geschäft möglich. Obendrein erschien auch eine weltweite strategische Begleitung bayerischer Unternehmen möglich. Von der seit Langem schwelenden Diskussion über Fusionen hin oder her möchte ich hier noch nicht reden. Für März sind Ausführungen zu einem neuen Geschäftsmodell angekündigt. Darüber werden wir dann in aller Ruhe diskutieren.
Völlig unakzeptabel ist Ihr Vorgehen in Sachen Auswirkungen der Finanzkrise auf die Bücher der Bayerischen Landesbank.
Zunächst haben wir ganz leise darauf gehofft, dass die Bayern-LB dieses Mal nicht dabei ist, dass sie also aus früheren Debakeln gelernt hat. Weit gefehlt! Auch die Landesbank hat ganz offensichtlich viel zu riskante Kredite vergeben, für die sie in ihren Büchern kein Eigenkapital hinterlegt hat.
Das alles war möglich, weil auch die Landesbank fröhlich der Blasmusik hinterherlief, auf sogenannte innovative Finanzierungsinstrumente hereinfi el und jetzt darunter leidet, dass sich die institutionellen Anleger, die Fonds und die Kreditversicherer zurückziehen. Es ist keine Frage, es ist jetzt allerhöchste Zeit, dass Sie die Fragen, die wir Ihnen in Sorge um dieses Flaggschiff des öffentlichen Bankenwesens gestellt haben, zuletzt am 17. Dezember, eingehend und umfänglich beantworten.
Berichten Sie umgehend dem Landtag und glauben Sie bloß nicht, dass die gezielten Durchstechereien der Medien irgendetwas an Ihrer Verantwortlichkeit ändern würden. Seit Menschengedenken ist der Verwaltungsrat der Bayern-LB mit so prominenten Mitgliedern der Staatsregierung besetzt, dass Sie nicht den Ahnungslosen markieren können.
Wenden Sie durch eine transparente Informationspolitik noch mehr Schaden von dieser Bank ab. Eine Information, die scheibchenweise gegeben wird, schadet dauerhaft dem Ruf der Bayern-LB.
Dessen ungeachtet ist das Debakel der Banken in Sachen Asset-Backed-Security nur wegen einer undifferenzierten Deregulierung möglich, bei der sich alle Akteure im Schatten bewegten und die sonst so gestrenge Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – BaFin – wohl gerade Mittag machte. Wir haben heute aber noch Zeit, uns aus Anlass eines Dringlichkeitsantrags detaillierter darüber auszutauschen.
Nun zu unseren Schwerpunkten in Bezug auf den Nachtragshaushalt, zu den Investitionen. Natürlich steigt die Investitionsquote. Niemand darf aber erwarten, dass das Bayernland in Euphorie ausbricht, weil Sie endlich von einer verkehrten Politik Abschied nehmen, die uns historisch niedrige Investitionsquoten bescherte.
Sie nehmen Abschied von einer Politik, die die öffentliche Infrastruktur in hohem Maße vernachlässigte. Wir müssen aber fragen, ob die Investitionen in die richtigen Zukunftsfelder erfolgen, ob sie geeignet sind, für einen fairen Ausgleich zwischen den Regionen Bayerns zu sorgen, ob sie überall für die Menschen Perspektiven schaffen, ob sie also kurzum kluge Investitionen sind.
Gerade jetzt wäre es wichtiger denn je, notwendige Veränderungen mitzugestalten, die wirtschaftlich-technische Dynamik als Grundlage des Wohlstands in Bayern zu nutzen und sie mit sozialer Teilhabe und Aufstiegsperspektiven zu verbinden. In einer wachstumsorientierten Wirtschaft sehen wir nach wie vor die sicherste Gewähr für Wohlstand und soziale Gerechtigkeit. Deshalb fordern wir verstärkte Investitionen in die wirtschaftsnahe Infrastruktur, in die öffentliche Infrastruktur als eine der ganz harten Standortfaktoren und insofern auch in die Erhaltung und Anpassung der öffentlichen Infrastruktur.
Zu den wirklich wichtigen Investitionen zählen wir ein umfassendes energetisches Gebäudesanierungsprogramm, die Schutzwaldsanierung und eine ganze Reihe von Maßnahmen aus dem Umwelt- und Klimaschutz. Auch für Wissenschaft und Forschung gilt, dass Perspektiven durch nachhaltiges Handeln erhalten werden müssen. Auch hier hat Ihnen die eigene Kommission ein schlechtes Zeugnis ausgestellt und verstärkte Anstrengungen eingefordert. Sie hat somit unsere Forderungen bestätigt.
Bis 2011 wollen Sie den Lackmustest einer vorausschauenden Hochschulpolitik bestehen und 570 Millionen Euro bereitstellen. Das mag sein, aber allein die im Stammhaushalt 2008 verankerten Baumaßnahmen umfassen ein Volumen von 600 Millionen Euro. Dabei ist noch kein Euro für den Masterplan 2011 dabei. Allein die so notwendige grundlegende Sanierung der Universität Regensburg kostet 350 Millionen. Allein an der Uni Nürnberg-Erlangen erwarten uns Baumaßnahmen mit einem Volumen von über 600 Millionen Euro. Das Wissenschaftsministerium geht davon aus, dass die erfreulicherweise gestiegene Studentenzahl die Hochschulen bis mindestens 2020 beglücken wird. Allerdings sind diese Hochschulen weder mit ihren Gebäuden noch personell und auch nicht mit ihrer Ausstattung auf die steigenden Studentenzahlen vorbereitet. Der Nachtragshaushalt muss beim Hochschulbau einen Durchbruch bedeuten, ebenso bei Sanierungsmaßnahmen, bei Stellen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und bei Sachmitteln. Hier lassen sich nachhaltige Effekte für die Zukunft Bayerns erzielen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich zitiere:
Im internationalen Vergleich bei Abiturienten und Hochschulabsolventen, bei Pisa und OECDErgebnissen verliert Bayern ebenso wie Deutschland an Boden. Unser Bildungssystem hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig auf die Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft eingestellt.
Die bayerischen Investitionen in Schulbildung von Kindern und Jugendlichen liegen mit 4100 Euro je Grundschüler um 700 Euro unter dem OECD-Schnitt. Bildung muss das zentrale Handlungsfeld, die Priorität der Landespolitik sein.
Zitat Ende.
Diese Ausführungen sind gut und treffend und stammen dennoch nicht von uns. Vielmehr haben die bayerischen Industrie- und Handelskammern in tiefer Sorge um die Entwicklung in Bayern diese Feststellungen getroffen. Nicht nur deshalb muss Bildung eine zentrale Achse sein, um die der Nachtragshaushalt kreist. In hoher Verantwortung und eingedenk der Tatsache, dass Bildungschancen Lebenschancen sind, müssen wir für die bessere individuelle Förderung der Schüler in jeder Schulart Geld in die Hand nehmen; wir müssen Geld in die Hand nehmen für kleinere Klassen, für mehr pädagogisches Personal, für ein fl ächendeckendes Angebot an Ganztagsbetreuung und für die Wiedereinführung der Lernmittelfreiheit.
Es ist zwar nur eine Notiz am Rande, aber dennoch ist es ein starkes Stück, dass sie nach dem Trauerspiel beim Büchergeld jetzt offenbar nicht die Kraft haben, dem ersten Schritt zurück den zweiten folgen zu lassen. Ich meine den Einsatz für die Kommunen, die die Eltern durch Übernahme des unsinnigen Büchergeldes entlasten.
Zur Förderung des ländlichen Raums. Lassen Sie mich an einigen wenigen Punkten noch einmal deutlich machen, wo die Differenz zwischen Ankündigung und Tat in Ihrer Politik liegt. Ich erwähne das Stichwort ÖPNV. Die Landesgruppe Bayern des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmer – sie ist keine Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratie – hat ziemlich deutlich den Finger in die Wunde gelegt. Demnach fehlen dem ÖPNV in Bayern heute im Vergleich zu 2003 ca. 50 Millionen Euro. Sie fehlen deshalb, weil Sie die Kooperationsförderung abgeschafft und die Förderung für Linienbusse eingestellt haben. Beides trifft insbesondere den ländlichen Raum.
Zum Stichwort Schülerbeförderung. Wir sind meilenweit vom einstigen Niveau entfernt. Die Kommunen bekommen bestenfalls 60 % ihrer Kosten erstattet.
Wie wollen Sie denn weitermachen? Der Kultusminister ist jetzt nicht mehr da. Dem Vernehmen nach werden spätestens nach den Wahlen in großem Maße Hauptschulen zusammengelegt. Gibt es dann für die weiteren Fahrten und höheren Kosten eine bessere Förderung?
Ich erwähne nur die Stichworte Wirtschaftswegebau und Dorferneuerung. Durch Einbeziehung der Kommunen und insbesondere der Bürgerinnen und Bürger vor Ort wurden qualifi zierte Strategien und Konzepte entwickelt, die viele Dörfer positiv verändert haben.
Deswegen müssen wir an der Entwicklung der ländlichen Räume festhalten und sie weiter stärken.
Stichwort Wirtschaftsförderung: Nach Aussage der Praktiker bei der Regierung von Niederbayern fehlen alleine in Niederbayern 50 Millionen Euro Wirtschaftsförderung, die zeitnah an investitionswillige Unternehmen ausgereicht werden könnten. Dadurch würde ein Vielfaches am Gesamtinvest angestoßen. Gerade jetzt, wo sich die Konjunktur eintrübt, kann es nicht sein, dass in den peripheren Regionen Bayerns Investitionen unterbleiben.
Soziales Bayern: Keine Frage – in vielen Bereichen des Einzelplans 10 sind die Wunden der Haushaltsjahre 2004 folgende längst nicht verheilt. Zu schmerzhaft waren die Einschnitte, zu abrupt waren die Maßnahmen, zu undurchdacht war das Vorgehen. Sie versuchen heuer einiges in Sachen Wiedergutmachung. Das ist gut so.
Wir fordern aber auch neue Schwerpunkte. Zum einen muss die Kinderbetreuung die fl ächendeckende Versorgung sicherstellen und obendrein muss sie von hoher Qualität sein. Das ist ein weites Feld und bedeutet einen entsprechenden Mitteleinsatz. Beim Aufbau einer ausreichenden Krippenplatzversorgung haben Sie schon einmal das Klassenziel verfehlt, und wir werden sehen, inwieweit Sie diesmal bereit sind, den dringenden Mahnungen Ihrer Kommission 2020 Folge zu leisten und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen.
Völlig unverständlich ist uns, wieso Sie die virulente Kinderarmut, die es auch in Bayern gibt, so kalt lässt. Wir sollten doch alles daran setzen, Kinder, gleich welcher sozialen Herkunft, durch gute Betreuung, gute Bildung und gute fl ankierende Erziehung aus dem Teufelskreis der sozialen Stigmatisierung herauszubekommen. Sie dürfen sich nicht nur auf die Polemik und das Hessen-Niveau der Kinder- und Jugendpolitik verlassen. Wir sollten uns mit heißem Herzen gemeinsam der im höchsten Maße integrativen Aufgabe des sozialen Bayerns stellen.
Klaren Nachholbedarf und – wenn Sie so wollen – „Aufmörtelbedarf“ sehen wir beim Landesbehindertenplan, wo freie Träger fast schon skandalös lange auf zugesagte Mittel warten müssen. Ähnlich sehen wir die Notwendigkeit, mit einem Investitionsprogramm die Sanierung von Pfl ege- und Altenpfl egeheimen zu begleiten; denn es ist nicht nachvollziehbar, dass uns die Umstände, in denen die ältere Generation ihren Lebensabend verbringt, egal sein sollen.
Immer wieder wird es Menschen geben, die, egal aus welchen Gründen, den Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt verloren haben. Es bedarf der gemeinsamen Anstrengung der Agentur für Arbeit, des Freistaats, der
Kommunen und der einschlägigen Trägerorganisationen, um diese Menschen mit Qualifi zierungsmaßnahmen und mit Arbeitsförderung wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen eine Perspektive zu geben. Es gibt eine Reihe von Bildungsträgern und Arbeitsförderwerken. Ich bin sehr erstaunt, dass diese Knochenarbeit zugunsten unserer Gesellschaft von der Staatsregierung mit dem üblichen überbordenden Bürokratismus „belohnt“ wird. Hier sollten Sie schnellstens umdenken und sich an die Spitze einer konzertierten Aktion setzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im vorliegenden Haushaltsgesetz fi nden sich heuer gar manch interessante Dinge. Ich kann es Ihnen nicht ersparen, über den teuersten Austrägler der Republik zu sprechen. Fünf neue Stellen sollen für den früheren Ministerpräsidenten geschaffen werden. Für den Steuerzahler wäre es allemal billiger gewesen, Sie hätten Herrn Stoiber in Kreuth nicht gemeuchelt.
Das Gesetz über die – –
Frau Präsidentin, Sie müssen die Ruhe nicht herstellen. Ich warte gerne auch so.
Ich konnte ja nicht wissen, dass ich den Nerv so stark treffen würde.
Das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung
regelt im Artikel 8 Absatz 5 ziemlich klar, dass ein ehemaliger Ministerpräsident im Zusammenhang mit seinen früheren Aufgaben Personal und Sachmittel bekommt. Sie statten Ihren Ex mit viel Geld für seine kommende Aufgabe aus. Im Handstreich möchten Sie eine neue gesetzliche Grundlage im Haushaltsgesetz schaffen. Wir fordern Sie auf: Bewahren Sie in dieser Angelegenheit Maß und Ziel, weil alles andere nur dem Steuerzahlerbund und nicht dem Steuerzahler vermittelbar wäre.
Zur Wiederbesetzungssperre will ich nur so viel sagen: Wir sind froh, dass Sie die unentwegten Anregungen der SPD aufgenommen haben und die Sperre von zwölf auf drei Monate reduzieren.
Gleichwohl halten wir an der Notwendigkeit der völligen Aufhebung der Sperre fest, da ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst ein wichtiger Standortfaktor ist.
Zum Finanzausgleichsänderungsgesetz: Bedingt durch die gute Entwicklung der Steuereinnahmen mit plus 9 % steigt das Gesamtvolumen. Insbesondere die Erhöhung des kommunalen Anteils an der Kfz-Steuer auf nunmehr 50 % ist ein zarter Versuch und fi ndet hellste Zustimmung, wenngleich das nur die Korrektur früherer Fehler ist. Des Weiteren werden die Kommunen spät, aber dennoch von der Nettosolidarumlage entlastet. Die Schlüsselmasse erhöht sich auf respektable 2,4 Milliarden Euro. Die Mittel für die Schulbauförderung, für die Abwasserentsorgung und den Straßenbau werden erhöht. Ebenso erscheinen uns die Mittel im Ausgleichstopf für die aus Hartz IV resultierenden Belastungen der Kommunen zufriedenstellend eingesetzt zu sein.
An einigen Stellen allerdings lässt der vorliegende Gesetzentwurf Fragen offen. Zum Ersten gibt es keine Lösung für die Kommunen, die unter dem Bevölkerungsrückgang leiden und infolge der zugrunde liegenden Architektur des Finanzausgleichs zweifach bestraft werden.
Hierzu werden praktikable Lösungen diskutiert, die aber völlig unabhängig von der Problematik Stadt/Land und kleinere Kommunen im Verhältnis zu größeren Kommunen angegangen werden sollen.
Zweitens gehen die gute Konjunktur und die Steuermehreinnahmen an all jenen Kommunen vorbei, die über keine ausreichende Steuerbasis verfügen. Es ist keine Frage, dass auch sie in den Stand gesetzt werden müssen, Lebensqualität vor Ort zu schaffen. Wir wären gut beraten, anlässlich der Regelung für die Bedarfszuweisung Abhilfe zu schaffen.
Gänzlich enttäuschend ist der geplante Beitrag des Freistaats zum Aus- und Aufbau von Krippenplätzen in Bayern. Auch uns ist die funktionierende Familie das Liebste, wo, von der Abendsonne beschienen, der Enkel auf den Knien des Opas schaukelt, während der erwerbstätige Elternteil von seinem interessanten Job in der Großstadt zurückkommt. Aber dieser Hang zum Idyll darf uns nicht verleiten, aus ideologischen Gründen den Aufbau eines qualitätsorientierten Betreuungssystems zu verhindern
oder auf die Kommunen abzuladen. Im besagten Interview im „Handelsblatt“ beschwert sich der Ministerpräsident, dass der Bund – wörtlich – „mit dem Kindergartenprogramm wieder Milliarden für eine Aufgabe in die Hand nimmt, für die der Bund nicht zuständig ist.“
Abgesehen davon, dass uns kein Kindergartenprogramm bekannt ist, hätte der Freistaat alle Möglichkeiten der Welt, in eigener Zuständigkeit für den Ausbau zu sorgen.
Stattdessen kassieren Sie gerne und ohne erkennbaren Protest 340 Millionen Euro, die der Bund zur Verfügung stellt, legen ein bisschen aus Landesmitteln drauf
und lassen die Kommunen bei der Bewältigung dieser zentralen Zukunftsaufgabe alleine. Der angestrebte Versorgungsgrad von 31 % bedeutet 60 000 neue Krippenplätze. Das wiederum entspricht einem kommunalen Finanzierungsanteil von 600 Millionen Euro. 600 Millionen Euro von den Kommunen, 100 Millionen Euro vom Freistaat – wie war das noch mit Bayern 2020?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit wohlverdienter Genugtuung nehmen wir zur Kenntnis, dass Sie zur Kenntnis genommen haben, dass schon im letzten Haushalt jeder SPD-Vorschlag gegenfi nanziert war.
Wir werden es auch dieses Mal so halten. Angesichts der guten Steuerbasis gibt es überhaupt keinen Grund, den Haushalt durch Schulden zu fi nanzieren. Das gilt vor allem auch, weil Sie es uns leicht machen. Schon im letzten Jahr haben wir die Rückforderung der zinslosen Darlehen an die Flughafen München GmbH gefordert. Mehrere hundert Millionen Euro könnten zur Finanzierung von Zukunftsaufgaben verwendet werden, wenn Sie den nötigen Mut hätten. Diese GmbH hat so viele fl üssige Mittel, dass sie sogar den völlig überfl üssigen Transrapid mitfi nanzieren möchte.
Apropos Transrapid: Dieses Projekt ist ein Schlag für den ländlichen Raum und wird dort auch so gesehen. Ich möchte einen Bürgermeister aus dem Bayerischen Wald zitieren, welcher der SPD überhaupt nicht nahe steht. Er sagte wörtlich: „Für den Transrapid werden Milliarden bereitgestellt. Der ländliche Raum geht wieder einmal leer aus.“ Er sagte, es sei unglaubwürdig, wenn behauptet würde, dass die Mittel für den Straßenbau nicht gekürzt würden, denn diese seien bereits erheblich gekürzt, und der Staat spare wieder einmal erheblich zu Lasten der Kommunen. Der Bürgermeister sagte weiter: „Was nutzt eine Hochtechnologiebahn, wenn es schon an den Wegen nach München fehlt.“
Er sagte: „Unsere Leute kommen nur auf Schotterstraßen voran.“ Das ist ein wörtliches Zitat!
Soweit das wörtliche Zitat eines Bürgermeisters aus dem Bayerischen Wald, der nicht der SPD angehört.
Ganz abgesehen davon, die Finanzierung des Transrapids aus Mitteln des Freistaats ist angesichts des dringenden Bedarfs beim ÖPNV, beim Staatsstraßenbau oder bei Ortsumgehungen ein blanker Hohn.
Selbstverständlich wissen auch wir, dass zusätzliches Personal bei den Finanzämtern nicht die Rettung für den Haushalt als solches sein kann.
Es ist aber dringend geboten, Steuergerechtigkeit in diesem Land auch dadurch herzustellen, dass im Innen- und Außendienst wieder ausreichend geprüft werden kann.
Meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten Herren, dieser Haushaltsentwurf enthält einige interessante Ansätze. So ist zum Beispiel schon bemerkenswert, dass der bayerische Finanzminister einer drohenden Konjunktureintrübung mit einer expansiveren Haushaltspolitik gegenübertreten will. Von einem solchen antizyklischen Verhalten wollte die Staatsregierung bislang nichts wissen. Wir nehmen das mit leichtem Entzücken zur Kenntnis, gleichwohl stellen wir fest: In vielen Haushaltsansätzen steckt zu viel Wahlkampf und stecken zu wenig klare Ziele.
Offenbar gewann der Drang, den Fraktionskolleginnen und -kollegen wieder die gute Nachricht vor Ort zu ermöglichen, die Oberhand über eine Finanzpolitik, die das Land entlang klarer Schwerpunkte voranbringt. Im vorliegenden Finanzplan fi nden sich keine belastbaren Aussagen zu Investitionsquoten der Zukunft. Es fi ndet sich hingegen viel Lyrik über die zahl- und namenlosen Programme. Wir werden die Entwicklung wohl abwarten müssen. Wir freuen uns so gesehen auf spannende Beratungen zum Nachtragshaushalt 2008. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, Hohes Haus! Erlauben Sie mir zunächst eine persönliche Vorbemerkung an den Kollegen Ach. Ich habe es ihm auch schon persönlich gesagt. Ich hatte vorhin eine Besuchergruppe, deswegen musste ich bei der Aussprache zum Nachtragshaushalt den Saal kurzzeitig verlassen. Das war nicht despektierlich gemeint bezüglich des Redebeitrags des Kollegen Ach.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reden heute als SPD ausdrücklich nicht zu etwaigen zukünftigen Geschäftsmodellen der Landesbank.
Wir sind der Meinung, dass wir diese Frage der Misere auf der einen Seite und der schlechten Informationspolitik auf der anderen Seite und vielleicht die schlechte Aufsicht durch die Staatsregierung nicht vermischen wollen mit der zukünftigen Rolle, die die Bayerische Landesbank im deutschen Bankenwesen spielen soll.
Im Übrigen erhalten wir im März einen Bericht über etwaige Geschäftsmodelle, und diesen Bericht sollten wir dann ergebnisoffen diskutieren und daraus die richtigen Schlüsse ziehen.
So ist es seinerzeit vereinbart worden,
und ich denke, es gibt keinen Grund, an diesem Fahrplan zum jetzigen Zeitpunkt etwas zu ändern, zumal bei diesem neuen Geschäftsmodell in höchstem Maße natürlich auch die bayerischen Sparkassen mitbedacht und mitbeteiligt werden müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir reden jetzt über die absolut unakzeptable Informationspolitik der Staatsregierung. Im Geschäftsbericht des Jahres 2006 klang es noch sehr gut, was die Bayern-LB anbelangt und auch im Zwischenbericht zum ersten Halbjahr 2007 klang es noch ganz anders als in den letzten Tagen. Ich darf eine Passage zitieren:
Die Bayern-LB hält über ihren Auslandsstützpunkt in New York Wertpapiere, die mit Krediten aus dem sogenannten Subprimesegment des US-Immobilienmarktes unterlegt sind. Investiert wurde zu 80 % innerhalb der höchsten Ratingklasse AAA. Die verbleibenden 20 % sind mit AA geratet.
Zum Schluss heißt es: Es gibt überhaupt keinen Hinweis auf Zahlungsausfälle.
So steht es im Zwischenbericht zum ersten Halbjahr 2007. Am 28. November 2007 und am 11. Dezember 2007 erhielten wir hier im Plenum wiederum Berichte im Rahmen einer Ministerbefragung. Ich habe sehr aufmerksam mitgeschrieben, was Sie uns da mitteilten, Herr Finanzminister. Die Bayern-LB hätte eine solide Ausgangslage, wobei die Ausgewogenheit von Ertrag und Risiko sehr hohe Priorität besitze. Dies gelte auch im Hinblick auf ihr ABS-Engagement. Die Zahlungsausfälle wegen des Asset-Backed-Security-Engagements lägen bei 100 Millionen Euro.
Dies war Mitte Dezember. Jetzt erfahren wir als erstaunte Öffentlichkeit, dass sich mit Aufstellung des Jahresabschlusses 2007 Milliardenausfälle respektive Wertberichtigungen ankündigen. Sie dementieren nicht die Zahl von zwei Milliarden Euro, Herr Minister.
Von Mitte Dezember 100 Millionen auf Ende Dezember 2 Milliarden Euro, das sind pro Tag 125 Millionen Euro mehr aufgrund Ihrer desolaten Informationspolitik.
Noch vor ein paar Wochen gab es überhaupt kein Drandenken an konkrete Kapitalmaßnahmen durch die Anteilseigner. Allenfalls im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria. Sie sagen, die Landesbank habe in hochwertige ABS investiert und eigene Bewertungen – das klingt wie eine Drohung – vorgenommen. Die Aufsichtsgremien seien beteiligt gewesen und hätten dies alles gebilligt. Und jetzt erfahren wir und auch der aufmerksame Zeitungsleser, dass alles ganz anders ist.
Sie, Herr Minister, treten offensichtlich die Flucht nach vorn an, da die Durchstecherei an die Medien von Ihnen persönlich stammt, wie man lesen konnte. Offensichtlich
wollen Sie den Ärger von Ihrer Person fernhalten, weil die Landesbank in viel zu viele hochriskante Kreditpakete investiert hat, auf denen sie jetzt wie so viele andere sitzen bleibt.
Dabei ist das alles klar geregelt. In Artikel 2 heißt es zu den Aufgaben der Bayerischen Landesbank, dass die Landesbank alle Arten von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften sowie alle sonstigen Geschäfte, die der Bank dienen, betreiben kann. Die Geschäfte der Bank sind nach kaufmännischen Grundsätzen unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrages zu führen.
Was bitte haben etwaige Hypotheken in Amerika mit dem öffentlichen Auftrag der Landesbank zu tun?
Dahin führt kein Weg; da passt nichts zusammen. Was haben bitte schön diese hochriskanten in eigenkapitallose Investment-Vehikel ausgelagerte Geschäfte mit einer grundsoliden Arbeit zu tun, die ein öffentliches Institut in Bayern betreiben sollte?
In Artikel 8 heißt es: Der Verwaltungsrat beschließt die Richtlinien für die Geschäftspolitik der Bank und überwacht deren Geschäftsführung.
Mit dem jetzigen Ministerpräsidenten Beckstein ist ein Mitglied der Staatsregierung schon seit Urzeiten in diesem Verwaltungsrat der Landesbank vertreten und auch Sie, sehr geehrter Herr Finanzminister, sind über Jahre in diesem Verwaltungsrat vertreten.
Es kann kein „Weiter so“ mehr geben. Sie müssen zur politischen Verantwortung klar Farbe bekennen und die Frage beantworten, warum es der Freistaat zuließ, dass die Landesbank bei diesen windigen Geschäften mitmischte. Sie müssen die Frage beantworten, wie hoch der Abschreibungsbedarf defi nitiv ist. Und die wichtigste Frage für uns lautet, weil sonst unter Umständen die heutigen Reden zur Einbringung des Nachtragshaushalts Makulatur wären, wie hoch die Auswirkungen auf den Staatshaushalt sind.
Wir sind zu 50 % Anteilseigner und möchten schon gerne wissen, welche Blankoschecks Sie für uns ausgestellt haben.
Ich weiß aus der Praxis in der Region, wie genau die Landesbank gern prüft, wenn es um Konsortialkredite mit örtlichen Sparkassen geht.
Da kann ich mich an Fälle erinnern, bei denen nichts durch ein Nadelöhr ging. Und hier werden Milliarden Summen vertan. Insgesamt handelt es sich bei diesen Kreditverbriefungen um ein Volumen von circa 19 Milliarden Euro. Hier werden also Milliarden zum Fenster hinausgeworfen, die uns in der Fläche für eine vernünftige Strukturpolitik fehlen. Ich hoffe, Sie haben heute die Antworten dabei.
Herr Präsident, Herr Minister, Hohes Haus! Seit dem Sommer werden die internationalen Finanzmärkte von einer beachtlichen Krise geschüttelt, die auch die deutsche Bankenlandschaft erfasst hat. Interessanterweise sind in Deutschland vor allen Dingen öffentlich-rechtliche Banken von dieser Kreditkrise betroffen, was wahrscheinlich mit deren Schwerpunkt auf dem sehr ertragsschwachen Wholesale-Geschäft und damit zu tun hat, dass sie rege Ausschau nach ertrags-, aber risikoreichen Geschäften hielten. Die Folgen sind bekannt: Bekannte Institute wie die IKB, die LRP, die SachsenLB oder die WestLB sind zum Teil in erhebliche Schieflagen geraten. Neuerdings wird diese Entwicklung von massiven Forderungen der Landesbank Baden-Württemberg nach einer reichhaltigen Staatsbürgschaft des Freistaats Sachsen geprägt.
Die Befürchtung, dass diese Schieflage mancher Landesbanken infolge der Finanzmarktkrise die Landschaft der öffentlichen Banken in Deutschland nachhaltiger ändert als so manche Fusionsschwadroniererei, ist nicht von der Hand zu weisen. Ich zitiere gerne auch aus dem Quartalsbericht der Landesbank, der BayernLB, die auf die Geschäfte in diesem sehr riskanten Sektor hinweist.
Ich erlaube mir deshalb vor dem Hintergrund dieser Entwicklung im Allgemeinen und vor dem Hintergrund der Krise in Deutschland im Besonderen, an dieser Stelle den fruchtbaren Dialog mit der Staatsregierung in Sachen
Landesbank fortzusetzen. Ich gestehe, dass wir aus einer gewissen Sorge heraus folgende Frage stellen: Wann hat der Verwaltungsrat von den hoch riskanten Geschäften Kenntnis erlangt? Welche Maßnahmen hat er ergriffen und welche Auswirkungen werden die notwendigen Vorsorgemaßnahmen auf den Staatshaushalt in den Jahren 2008 ff. haben? Ich darf folgende zweite Frage anschließen: Wurden Gelder der Versorgungsrücklage in entsprechend riskanten Geschäften mit Kreditverbriefungen angelegt?
Ich wiederhole gerne die Frage, die ich vorhin gestellt habe: Wurden Gelder der bayerischen Versorgungsrücklage in diesen hoch spekulativen Kreditverbriefungsgeschäften angelegt?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die Auswirkungen des Ergebnisses der 130. Steuerschätzung für den Freistaat Bayern auf der einen Seite und die Regierungserklärung der Staatsregierung wenige Tage danach auf der anderen Seite lassen das Thema der heutigen Aktuellen Stunde als zwingend und dringend geboten erscheinen. Ergab nämlich die Schätzung, dass Bayern in den Jahren 2007 und 2008 mit circa 4,2 Milliarden mehr als im Doppelhaushalt geplant rechnen kann, so hinterließ uns die Regierungserklärung in Bezug auf die vernünftige Verwendung dieser Mittel ein bisschen ratlos.
Ich möchte nicht den ganzen Strauß der von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen zitieren. Jedenfalls hat man irgendwie den Eindruck, dass dies keine Finanzpolitik aus einem Guss ist, dass die munter sprudelnden Steuereinnahmen im klaren Kontrast zum nebulösen Kurs der Staatsregierung stehen. Am Ende muss man gar befürchten, dass die vier Milliarden für Klein-Klein verplempert werden, ohne dass sie im Freistaat nachhaltige Effekte ausgelöst hätten.
Gerade jetzt wäre es wichtiger denn je, notwendige Veränderungen mitzugestalten, die wirtschaftlich-technische Dynamik als Grundlage des Wohlstandes auch in Bayern mit sozialer Teilhabe und klarer Aufstiegsperspektive zu verbinden.
Dies gilt um so mehr, als wir wissen, dass der Aufschwung der letzten Zeit immer noch nicht jenen zugutekommt, die länger erwerbslos sind oder deren Löhne nicht ausreichen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Wir brauchen jetzt eine solide Haushaltspolitik, verbunden mit mehr Zukunftsinvestitionen in die Wirtschaft, in die Forschung, die Bildung und in Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in ein soziales Bayern sowie in ein zukunftsweisendes Klimaschutzprogramm.
Mit Blick in Richtung Bundespolitik und auf gelegentliche Äußerungen bayerischer Politiker: Was wir überhaupt nicht brauchen, sind Steuersenkungen auf Pump.
Natürlich ist es möglich, einerseits den Staatshaushalt zu konsolidieren, krisenfest zu machen und auf der anderen Seite in die Zukunft zu investieren und nicht, so wie Sie, mit Blick auf diverse Wahlen, wieder die Gießkanne aus dem Gartenschuppen zu holen. Wichtig sind klar strukturierte Schwerpunkte, mit Handlungsfeldern, die auch geeignet sind, einen hohen Selbstfinanzierungseffekt zu heben, mit Initiativen, die einen dauerhaft hohen Wachstumspfad bescheren, mit Anstrengungen, die uns endlich
wieder in die Nähe einer Investitionsquote von 15 Prozent bringen.
Gerade jetzt ist die Zeit, da die gesamtstaatliche Betrachtung ergibt, dass wir erstmals seit 1989 in den öffentlichen Haushalten Überschüsse bilanzieren können.
Im Einzelnen nenne ich Ihnen unsere Schwerpunkte gerne: Wirtschaft und Arbeit. Ein bloßes Ausruhen auf der unbestritten guten Lage Bayerns ist zu wenig.
Ich war schon sehr überrascht, dass in der jüngsten Regierungserklärung das Thema Wirtschaft und Arbeit erst auf Seite 20 genannt wurde. Bei allem Respekt vor den Sitzpolstern in den U-Bahnen oder schmutzigen Schuhen in der S-Bahn: Die Zukunft gewinnen wir nur mit einer vernünftigen Wirtschaftspolitik.
Hierzu hätten wir gerne etwas gehört. Vielleicht ist auch manchem der Zusammenhang von mangelnder Lebensperspektive, auffälligem Verhalten und den ökonomischen Ursachen nicht ganz so geläufig.
Wir sehen nach wie vor in einer wachstumsorientierten Wirtschaft die sicherste Gewähr für Wohlstand und soziale Gerechtigkeit. Deshalb fordern wir verstärkte Investition in die wirtschaftsnahe Infrastruktur. Die öffentliche Infrastruktur ist der harte Standortfaktor, den wir brauchen. Insofern ist deren Aufbau, die Erhaltung und Anpassung eine zentrale Aufgabe.
Deshalb sagen wir Ja zur dritten Start- und Landebahn, deshalb sagen wir Ja zu einem umfassenden Staatsstraßenprogramm,
deshalb fordern wir seit Jahr und Tag eine staatliche Initiative zur besseren Versorgung ganz Bayerns mit schnellen Datenverbindungen.
Und natürlich treten wir für die direkten staatlichen Investitionen im klassischen Hochbau ein.
Der Staat verfügt über mannigfache Möglichkeiten, im positiven Sinne auf das Wirtschaftsleben einzuwirken. Wir wollen sie nutzen, um Arbeitsplätze sicherer zu machen und dort zu schaffen, wo Rahmenbedingungen schwierig sind. Wir wollen gerade für mittlere und kleinere Unternehmen neue Finanzierungsinstrumente erschließen. Dies reicht von der Außenwirtschaftsförderung über stärkeres
Engagement von Beteiligungsgesellschaften bis hin zum bedarfsgerechten Einsatz staatlicher Risikoübernahme. Dies kann durch die Erhöhung der im Mittelstandskreditprogramm angebotenen Haftungsfreistellungssätze erreicht werden.
Verankern Sie auch im Nachtragshaushalt 2008 einen Pakt für Unternehmensneugründungen und ergänzen Sie das mit einem Angebot für Unternehmensnachfolgen! Wir brauchen den Ausbau von Coaching- und Beratungsangeboten für Gründer und Unternehmensnachfolger genauso wie die Ergänzung der Angebote der LfA.
Das alles lässt sich sehr sinnvoll mit den Komponenten einer fairen Regional- und Strukturpolitik vereinbaren. Ermuntern Sie zur Verlagerung qualitätsorientierter Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten an kostengünstige bayerische Standorte außerhalb der Ballungszentren.
Flankieren Sie das Ganze mit einer Regionalförderung, die ihren Namen wert ist. Es ist für den Bayerischen Wald eine bittere Pille, wenn ein Unternehmer, der die Mitarbeiterzahl von 46 auf 100 aufstocken möchte, resigniert feststellt, dass die Versprechungen für eine Wirtschaftsförderung für den Grenzraum nur Worthülsen sind.
Auf diesem Feld der Wirtschaftsförderung und der Regionalpolitik sind Sie derzeit orientierungslos. Unterstützen Sie daher unsere Vorschläge.
Forschung und Innovation: Wenn Bayern seinen Wohlstand erhalten möchte, dann müssen wir den Produktionsfaktor Wissen noch mehr in den Mittelpunkt stellen.
Ohne Frage – Spitzentechnologie ist in Bayern in reichem Maße vorhanden, was zu den bekannten und sehr erfreulichen Beschäftigungs- und Wachstumschancen führt. Aber auch hier gilt: Perspektiven erhalten durch nachhaltiges Handeln. Die Mittel im Staatshaushalt für Forschung und Entwicklung müssen steigen.
Natürlich geht es um Kofinanzierung, um Anreizsysteme, natürlich geht es um Forschungsverbünde und um Eliteförderung. Auch brauchen und fordern wir die Optimierung des Wissenstransfers. Wenn es denn sein soll, dann sollen Sie auch Ihr Gauss Centre for Supercomputing bekommen.
Bei all dem darf man nicht übersehen, dass für die Wirtschaftskraft Bayerns auch und vor allem das breite Mittelfeld der Studierenden gebraucht wird.
Studenten, die mit Gebühren abgezockt werden, erwarten zu Recht, dass diese Gelder zu spürbaren Verbesserungen führen.
Es ist nachgerade unerlässlich, mehr Stellen an den Hochschulen zu schaffen, um sich vorzubereiten auf das Jahr 2011, Sachmittel zu verstärken und Bibliotheken anständig zu bedienen.
Das größte Sorgenkind in diesem Zusammenhang aber bleibt der Hochschulbau. Eigentlich sollte man an dieser Stelle über die Uni Regensburg reden, bei der ein Sanierungsfall gleichsam herbeiregiert wurde.
Aber ich will nicht gleich mit dem worst case beginnen. Deshalb mache ich ein paar Anmerkungen zur Hochschule Erlangen-Nürnberg. Allein diese traditionsreiche Hochschule benötigt für die laufenden, für die geplanten und für die in der Prioritätenliste verankerten Maßnahmen sage und schreibe 650 Millionen Euro. Wenn aber, was zu befürchten ist, das Tempo der letzten zehn Jahre beibehalten wird, dann benötigen wir 20 Jahre, um diese Maßnahmen zu finanzieren, also 20 Jahre, bis die Frauenklinik generalsaniert ist, 20 Jahre für den Neubau der Institute für Mathematik und Informatik, 20 Jahre für die Erziehungswissenschaften, 20 Jahre, in denen Zukunft verspielt wird.
Wir brauchen ein Paket für den Hochschulbau. Bildung hat Priorität. Aber dazu spricht später Hans-Ulrich Pfaffmann.
Ja, es kann nur einen geben, Kollegen.
Soziales Bayern: Kinder und Familien sind ein Wert an sich. Der Staat ist gut beraten, sich nicht bevormundend einzumischen. Er sollte sich auf das Anbieten beschränken. Aber schon damit tut sich die Staatsregierung traditionell schwer. Wir brauchen unbestritten einen Ausbau des Betreuungsangebotes. Dies wird uns leicht gemacht, zumal sich der Bund gut beteiligt. Also frisch ans Werk! Umschiffen Sie die üblichen ideologischen Vorbehalte.
Wir brauchen den Ausbau in der Betreuung, wir brauchen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir benötigen Bewegung gegen die schändliche Kinderarmut auch in unserem Land. Wir brauchen Familienpolitik als politische Querschnittsaufgabe, ganz zu schweigen von zusätzlichen Mitteln im Landesbehindertenplan oder bei den Pflegeheimen.
Klimaschutz ist ein Thema, das mittlerweile große ökologische und ökonomische Herausforderungen beinhaltet. Natürlich werden wir eine eigene bayerische Schutzstrategie vorschlagen, ein ganzes Bündel von Maßnahmen von der Verkehrsökologie über die Energieagenturen bis hin zur Verbraucherinformation und zum Wärmedämmungsprogramm.
Sie sehen, verehrte Damen und Herren, die gute Steuereinnahmenbasis sollte für gute Politik genutzt werden. Dabei ist klar: Unsere Forderungen lassen noch Spielräume für Schuldenabbau, für eine Versorgungsrücklage usw., weil wir ganz bewusst auf das Luxusprojekt Transrapid verzichten, weil wir die richtigen Schwerpunkte setzen und weil wir sagen, der Flughafen München soll seine zinslosen Gesellschafterdarlehen zurückzahlen, wenn er Geld hat, sich am Transrapid zu beteiligen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Dach deckt man am besten, solange die Sonne scheint. Darum sollten wir jetzt im Zeichen der Steuermehreinnahmen die Weichen richtig stellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kein Zweifel, die prognostizierten Steuermehreinnahmen verleihen Flügel, vor allen Dingen den „Roten Bullen“.
Vor dem Hintergrund völlig undifferenzierter Kürzungsbeschlüsse in der Vergangenheit ist der Wunsch nach neuen Weichenstellungen in der Finanzpolitik nur allzu verständlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, nur bin ich mir nicht sicher, ob Ihr Antrag zielführend ist;
denn hier werden Mittelansätze zu global gefordert. Zu diffus erscheint mir auch der unabdingbar notwendige Zeitplan für solch ein ehrgeiziges Vorhaben. Gänzlich offen bleibt die Frage nach neuen Förderprogrammen. Denn ist es realistisch – ich frage das ganz ernsthaft –, dass man in den letzten vier bis fünf Monaten eines Jahres neue Programme ausarbeitet und dass obendrein diese hohen Millionenbeträge zur Auszahlung kommen?
Gänzlich unbeantwortet bleibt auch die Frage, wie mit den nach Abzug der Forderungen verbleibenden restlichen Steuermehreinnahmen verfahren werden soll. Es steht immerhin eine Summe von einer guten halben Milliarde Euro im Raum.
Lieber Kollege, natürlich ist es richtig und notwendig, Schwerpunkte zu bilden. Gerade in Zeiten hoher Steuereinnahmen sollten Vor- und Nachrangigkeiten präzise defi niert werden und sollte die Haushaltspolitik vom Gieskannenprinzip Abschied nehmen. Dies bedeutet, dass immer zuerst die Frage nach der langfristigen Zukunftsperspektive von Maßnahmen gestellt werden muss: Welche landespolitischen Weichenstellungen müssen vorgenommen werden, um nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum, um Arbeitsplätze und somit Wohlstand und soziale Sicherheit zu schaffen? Welche Prioritätensetzung ist hierzu nötig? Wie schaffen wir tragende Grundlagen zugunsten von Innovation, Investition, Bildung und Familie?
Wie schaffen wir die Voraussetzungen für mehr Kinderbetreuung, für eine optimale Bildung, für eine breite Wissenschaftsoffensive und für die gezielte Entwicklung bayerischer Regionen? Wie schaffen wir es, dass die wirtschaftsnahe Infrastruktur modernisiert und ausgebaut wird? Wie verhindern wir, dass Staatsvermögen weiterhin verschlampt?
Wie können wir dies alles unter Wahrung der traditionsreichen Kultur Bayerns bewältigen? Das ist doch die Agenda für eine solide und nachhaltige Haushaltspolitik. Die ambitionierte Vorgehensweise, die ich teile, bedarf aber einer guten Vorbereitung und eingehenden Diskussion. Eine so umfassende Initiative, wie sie heute vorliegt, ist hier nicht hilfreich.
In einem vorweggenommenen Dezemberfi eber wollen Sie Geld über das Land verteilen, Gelder, die wahrscheinlich bei den angenommenen Empfängern wahrscheinlich nicht mehr ankommen können. Ich gebe Ihnen dabei recht, dass es nicht sein kann, lieber Kollege Mütze, dass die Beratungen zum Nachtragshaushalt 2008 erst im nächsten Jahr beginnen. Damit würde wegen der kindischen Personalquerelen bei der CSU wertvolle Zeit verplempert.
Da kann wegen der Handlungsblockade der Staatsregierung erst zur Jahreshälfte 2008 mit der Umsetzung wichtiger Zukunftsvorhaben begonnen werden.
Wer es mit solider Haushaltspolitik ernst meint, darf diesem Treiben wahrlich nicht zustimmen. Der Nachtrag für 2008 sollte zum Jahresbeginn 2008 stehen.
Vom Grundsatz her ist es auch legitim, einen Nachtragshaushalt schon für das erste Jahr eines Doppelhaushalts zu fordern. Wir haben dies schon im Februar in Bezug auf die Ganztagsschulen getan. Wir haben dies auch heute wieder für die Gymnasien getan. Was im Jahr 2001 wegen der Rindviecher und des BSE recht war, sollte uns angesichts der Zustände im bayerischen Bildungssystem heuer nur billig sein.
Wir stellen zusätzliche Mittel für Bayerns Schulen in den Mittelpunkt unserer Bemühungen. Es ist klar, dass man den Rohstoff Geist konsequent fördern muss. Mehr denn je benötigen die jungen Menschen die bestmögliche Bildung und müssen sie ihre Potenziale optimal entfalten können. Dazu bedarf es einer Stärkung der individuellen Förderung und einer erhöhten Durchlässigkeit des Bildungssystems. Dafür brauchen wir die Voraussetzungen: Bayerns Schulen brauchen eine anständige personelle Ausstattung. Kommen Sie doch nicht mit den üblichen Plattitüden! Ich bin hoffentlich nicht der Einzige, der Briefe von Lehrerverbänden, von der Arbeitsgemeinschaft niederbayerischer Leiter von Gymnasien, von Eltern und Schülern bekommt; deshalb unsere Forderung nach einem Nachtragshaushalt schon für das neue Schuljahr. Wir dürfen diese wertvolle Zeit nicht verlieren. Nach dem Desaster, das Ihre aktionistischen Reformen an Bayerns Schulen angerichtet haben, sollten wir schleunigst Geld und Personal zur Verfügung stellen, um die Schulen in die Lage zu versetzen, gute Bildung zu vermitteln.
Das von Ihnen bestellte Gutachten der Henzler-Kommission schreibt – ich zitiere –: „Bayern muss deutschlandweit Vorreiter beim Ausbau der Ganztagsschulen werden.“ Wir danken für diese Bestätigung unserer jahrelangen Bemühungen.
Wir fordern Sie heute mit unserem Antrag auf, Abschied zu nehmen von der Ankündigungs-, Kommissions- und Überschriftenpolitik und aus richtigen Einsichten endlich notwendige Konsequenzen zu ziehen. Bayern braucht die ersten Schritte zum neuen Schuljahr.
Zu Beginn des Haushaltsjahres waren über alle Einzelpläne hinweg circa 450 Millionen Euro gesperrt. Mit dem Ergebnis der Steuerschätzung vom Mai entsperrte der Finanzminister 100 Millionen Euro, um in diversen Bereichen die allergrößte Not zu lindern. Wir sind der Meinung, dass hiermit fortgefahren werden soll, sei es im staatlichen Hoch- und Tiefbau, egal ob Neubau oder Unterhalt; sei es bei den Zuschüssen an freie gemeinnützige Träger oder sei es bei Investitionsfördermaßnahmen. Überall könnte die Freigabe bislang gesperrter Mittel Akzente setzen, überlange Auszahlungszeiten bei staatlichen Förderungen abkürzen und eine drohende Handlungsunfähigkeit bei Verbänden abwenden. Darüber hinaus sind
wir der Meinung, dass diese Mittel heuer noch wirksam werden können.
Die restlichen Steuermehreinnahmen sollten einstweilen in die Vorsorge gehen. Für die ehrgeizigen Ziele, die wir mit dem Nachtragshaushalt 2008 verfolgen, werden sie gute Dienste leisten. Es kann überhaupt keine Frage sein, dass dieses Maßnahmenpaket bei gutem Willen aller Beteiligten noch rechtzeitig umgesetzt werden kann. Ich fordere Sie deshalb auf, hier und heute dem Begehren zuzustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Tat hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom März 2006 die Bundesländer vor eine sehr interessante Frage gestellt. Zum einen hat das Gericht das Staatslotteriegesetz in seiner Fassung aus dem Jahr 1999 als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und hat zur Neuregelung aufgefordert. Zum anderen hat das Gericht die Möglichkeit offengelassen, das bestehende Gesetz so weit nachzubessern, dass es wieder grundgesetzkonform ist, wenn es sich auf die Bekämpfung der Spielsucht konzentriert.
Ich muss gestehen, dass Bayern in der Folge dieses Urteils sehr vorbildlich reagiert hat. So wurde sofort das Wettangebot bei Live-Wetten eingeschränkt, es wurden Wetten über SMS eingeschränkt, die ganzen Vertriebswege wurden eingeschränkt, und die Werbung wurde eingeschränkt. Das sprach eine deutliche Sprache und war eine deutliche Willensbekundung, dass man die Vorgaben des Verfassungsgerichts erfüllen möchte.
Die privaten Wettanbieter, die uns seit diesem Urteil mit dummdreisten Broschüren sonder Zahl beehren und bei unvoreingenommenen Kolleginnen und Kollegen nur das Gegenteil dessen erreichen, was sie mit diesen Zusendungen vielleicht erreichen wollen, haben auf die Vorgaben des Verfassungsgerichts in ganz besonderer Art und Weise reagiert: Sie haben neue Sponsoring-Verträge, leider auch mit bayerischen Vereinen, abgeschlossen; sie haben große Marketing-Kampagnen gestartet, kurzum, sie haben demonstriert, dass ihnen an der Bekämpfung der Spielsucht in keiner Weise gelegen ist.
Die Ministerpräsidentenkonferenz und die sich anschließende Anhörung von Verbänden zur Suchtbekämpfung haben eindeutige Ergebnisse gezeitigt. Die Abstimmung zwischen den Bundesländern war halbwegs erfreulich, auch wenn es einen von Interessen geleiteten Abweichler im hohen Norden gibt, der zufälligerweise Sitzland eines großen Anbieters ist.
Der vorliegende Staatsvertrag versucht, die Glücksspielsucht in verschiedenen Schattierungen zu bekämpfen. Er versucht das mit den Werbeeinschränkungen, mit dem Werbeverbot für das Internet, was ein ganz wichtiges Thema ist, und mit dem Fachbeirat. Kurzum: Nach unserer Meinung zeigt dieser Staatsvertrag sehr gute Ansätze, mit denen es uns gelingen könnte, diese Probleme wieder auf die Reihe zu bekommen.
Ich will noch einige Sätze zur ordnungspolitischen Dimension sagen. Es bestand selbstverständlich auch die Möglichkeit, einen gesetzlich normierten Zugang für private Wettanbieter zu schaffen, zumindest bei Sportwetten. Das wurde auch eingehend untersucht und versucht. Die Versuche haben zu keinem vernünftigen Ergebnis geführt. Die Verlockungen europaweiter Ausschreibungen und die Gefahr, dass die Sitze von Anbietern in ein steuerfreundliches Ausland verlagert werden, sind einfach zu groß, ganz zu schweigen von den Klippen eines Konzessionsmodells wie bei den Gaststätten, wo man mit der normierten Zulassung nicht mehr weit kommt.
Unter dem Strich ist der vorliegende Entwurf eines Staatsvertrags ein brauchbares Instrument. Wir werden ihn sehr eingehend beraten, und zwar nicht nur unter fi skalischen Gesichtspunkten – es ist reiner Zufall, dass heute ein Haushälter spricht –, sondern unter Federführung des Verfassungsausschusses werden wir mit der ganzen Weisheit der dort vertretenen Damen und Herren auch versuchen, diesen Staatsvertrag europarechtsfest zu machen. Ich hoffe, dass uns das gemeinsam gelingen wird. Wir sehen den Beratungen jedenfalls mit großer Spannung entgegen.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Herr Minister, auch ich bemerke bei meinen Besuchen und Gesprächen in Ostbayern, dass die Menschen Sorgen haben ob der Politik der Staatsregierung.
Jetzt zu meiner Frage: Da ich davon ausgehen darf, dass Sie die besorgten Schreiben ostbayerischer Kommunalpolitiker sicher genauso erreicht haben wie mich und Sie deshalb zumindest im Groben über die Forderungen aus diesem Raum informiert sind, darf ich kurz und bündig Folgendes fragen: Wie werden die vorhandenen Stellen der Grenzpolizei im Landkreis Freyung-Grafenau in die Landespolizei integriert? Wird dabei die Polizeidichte von 1 : 700 eingehalten, und bleibt es bei einer zu integrierenden Sollstärke von 118 Stellen?
Ich bitte, diese Fragen auch unter dem Sicherheitsaspekt, unter Sozialaspekten und nicht zuletzt unter dem Aspekt der Stärkung des ländlichen Raumes zu beantworten.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen. Mit „mager“ kann ich nicht dienen, aber mit einer großen Freude über die heutige Aktuelle Stunde. Wir, die SPD-Landtagsfraktion, sind hocherfreut über diese Gelegenheit, unsere richtigen Positionen darzustellen. Wir sind doch diejenige Fraktion, die schon in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2007/2008 die richtigen Vorschläge gemacht hat,
Vorschläge, die im Großen und Ganzen vor nicht allzu langer Zeit von der Henzler-Kommission eindrucksvoll bestätigt wurden. Unsere Akzente waren die richtigen, und wir müssen keine Kehrtwenden erklären.
Unsere Vorschläge waren auch samt und sonders gegenfi nanziert,
weshalb ich insbesondere den Mitgliedern der Staatsregierung und der CSU empfehle, sich in Ihre Reden neue Textbausteine einfügen zu lassen.
So erinnere ich in diesem Zusammenhang gerne an unseren Finanzierungsvorschlag bezüglich der zinslosen Darlehen an die Flughafen München GmbH, die Sie immer noch gewähren. Vor diesem Hintergrund erleichtern uns die geschätzten Steuermehreinnahmen die Arbeit sehr, aber nicht die plötzliche Erkenntnis der Staatsregierung und der sie bisweilen tragenden Fraktion, wonach es zahlreiche Handlungsfelder gäbe, in denen Mehrbedarf besteht. Das erstaunt uns; denn seit Jahr und Tag – ich kann hier nur dem Kollegen Mütze recht geben – zeigen wir auf, wo dringender Handlungsbedarf besteht:
Wir sagten Ihnen, dass in Bayern der ländliche Raum in Bezug auf wirtschaftliche Prosperität und auf Entwicklungsperspektiven abgehängt wird.
Wir sagten Ihnen, dass eine griffi ge Regional- und Strukturpolitik durch keine noch so wohlklingenden Zukunftsprogramme zu ersetzen ist.
Wir sagten Ihnen, dass in Bayern das Bildungssystem chronisch unterfi nanziert ist und Ihre Reformkulissen keine Lösungen im Sinne von chancengerechter Bildungspolitik darstellen.
Wir sagten Ihnen, dass in Bayern ein doppelter Abiturjahrgang kommt und dass die Unis, allesamt fi nanziell Not leidend, keineswegs darauf vorbereitet sind.
Wir sagten Ihnen, dass die frühkindliche Förderung breiten Raum braucht und dass dafür auch Geld fl ießen sollte.
In aller Bescheidenheit wiesen wir darauf hin, dass das soziale Bayern keine nostalgisch verklärte Sozialromantik ist, sondern zu diesem Freistaat gehört wie die Blasmusik und der Trachtenball.
Wir sagten Ihnen, dass Bayerns Kommunen eine echte Chance brauchen, die kommunale Selbstverwaltung zu leben. Dabei darf man seinen Blick nicht von den nur in den Ballungszentren sprudelnden Steuereinnahmen trüben lassen.
Schließlich sagten wir Ihnen, dass sich die staatliche Infrastruktur, das Volksvermögen, wenn Sie so wollen, streckenweise in einem bedauernswerten Zustand befi ndet und dass dies überhaupt nichts mit der viel zitierten Generationengerechtigkeit zu tun habe.
All das haben wir Ihnen über Jahre nahegebracht, aber Sie wollten es nicht hören.
Nun, nach der Vorlage der Ergebnisse der Henzler-Kommission und nach der Bekanntgabe der großen Steuerschätzung, befällt Sie nie gekannter Aktionismus. Jetzt besteht Handlungsbedarf an fast allen Ecken des Freistaats; jetzt weiß der Finanzminister schon gar nicht mehr, unter welcher Matratze er noch das Geld verstecken soll.
Ich sage Ihnen eines: Nachhaltige, solide und wachstumsorientierte Finanzpolitik schaut anders aus;
denn wenn landespolitische Defi zite erst dann als solche erkannt werden, wenn eine Kommission oder ein Finanzplanungsrat tagt, spricht das Bände über Ihre Wahrneh
mungsfähigkeit und über den zeitlichen Horizont, unter dem Sie Politik machen.
Deswegen ist die SPD-Fraktion auf dem richtigen Weg. Wir haben nämlich eine klare fi nanzpolitische Ausrichtung.
Natürlich, lieber Kollege Neumeier, darf das wohlfeile Getue nicht davon ablenken, dass die Konsolidierung des Haushalts oberstes Ziel ist.