Protocol of the Session on October 10, 2001

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Dinglreiter.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Peters hat gerade darüber gesprochen, dass wir unser Selbstbewusstsein schärfen sollen. Frau Kollegin, ich hätte eine Bitte: Sie sollten ihr eigenes Selbstbewusstsein hinterfragen. Sie wollen sich auf der einen Seite nicht hinter das Bundesverkehrsministerium stellen, auf der anderen Seite wollen Sie auch nicht den Vorschlag der Grünen mittragen. Der Eiertanz, den Sie aufgeführt haben, hat deutlich gemacht, dass da Einiges nicht stimmt.

Frau Kellner hat gesagt, die Zeit ist reif; ich gebe ihr Recht. Die Zeit ist reif dafür, dass wir konkrete Entscheidungen vorbereiten und nicht immer wieder neu diskutieren.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch des Abgeordne- ten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vergleichende Raumordnungsverfahren dienen der Entscheidungsvorbereitung. Sie sollten sich mit der Bundesregierung in Berlin besser abstimmen. Im Internet habe ich gelesen, dass der verkehrspolitische Sprecher, Albert Schmidt, sagt: Das ist eine ausschließliche Entscheidung des Deutschen Bundestages. Sonst hat niemand mitzureden.

Sie tun so, als müssten wir uns groß aufführen.

(Zurufe der Frau Abgeordneten Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich trete an Sie heran, weil Sie sich mit Ihren eigenen Leuten in Berlin einig werden müssen. Ich werde Ihnen gleich sagen, was wir mit Ihrem Antrag tun werden.

Ich meine, wer sich bereits festgelegt hat, sollte nicht so tun, als ob er noch Untersuchungen und Diskussionen wollte, um zu einer Entscheidung zu kommen.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Dann ist eine Anhörung genau das Richtige!)

Es hat eine sehr umfassende Anhörung stattgefunden. Nach dieser Anhörung sind weitere Gutachten in Auftrag gegeben worden.

(Frau Peters (SPD): Das war 1996!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich will jetzt die Dinge im Zusammenhang darstellen. Wenn nachher noch Zeit ist, dann gerne. Es hat 1996 eine ausführliche Anhörung gegeben. So lang liegt das nicht zurück. Wir diskutieren schon sehr viel länger über das Thema. Es sind noch einmal Gutachten in Auftrag gegeben worden. Diese Gutachten sind den Fraktionen des Bayerischen Landtags schriftlich und auf CD-ROM zur Verfügung gestellt worden. Insofern ist Ihr Antrag, den wir am 5. Juli beschlossen haben, erledigt.

(Frau Peters (SPD): Das darf doch nicht wahr sein!)

Was heißt hier „Das darf doch nicht wahr sein“? Es ist so, ob Sie das für wahr halten oder nicht. Wenn Ihre Fraktion alle Unterlagen, die mit dem Beschluss angefordert wurden, bekommen hat, dann nehmen Sie sich doch die Zeit, diese Unterlagen zu studieren. Wir haben das getan. Wir haben uns mit diesen Fragen auseinandergesetzt.

(Frau Peters (SPD): Wo bleibt das Parlament?)

Wir sind Teil des Parlaments. Ich sage Ihnen gleich, wie wir in dieser Frage weiter verfahren wollen. Sie haben ausreichend Unterlagen; Sie haben alles, was zur Verfügung steht, um sich selbst eine Meinung zu bilden.

Ich komme zu einem weiteren Punkt. Es geht darum, dass Bund und Land vereinbart haben, vergleichende Raumordnungsverfahren nach der Variante A, der Variante C und der Variante D 2 durchzuführen. Ich denke, es gibt nichts Besseres, als dass eine staatliche Stelle, der ich nicht misstrauisch gegenüberstehe wie Sie, alles das, was vorliegt, zusammenträgt, vergleicht und uns dann eine optimale Entscheidungsgrundlage liefert, wie wir sie aus vielen anderen Bereichen auch kennen. Ich denke, es ist der richtige Weg, dass wir diese vergleichende Untersuchung auf den Tisch bekommen und uns dann ein Urteil bilden, denn erst dann fällt die Entscheidung darüber, ob diese oder jene Variante zum Tragen kommt.

Wer sich aber wie das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN festlegt und sagt, wir wollen nur Variante A, der ist zu fragen, was er überhaupt noch diskutieren will. Mit unserem Selbstverständnis ist es jedenfalls nicht vereinbar, dass

wir Ihnen, weil Sie sich eine Meinung gebildet haben, einfach zustimmen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, mir liegen mehrere Zwischenfragen vor.

Ich will die Dinge im Zusammenhang darstellen. Wenn dann noch Zeit ist, bin ich gern bereit, Fragen zu beantworten.

Staatsminister Dr. Wiesheu hat sich nicht auf eine Variante festgelegt. Er hat sich gemeinsam mit dem Bundesverkehrsminister darauf festgelegt, dass drei Varianten im Raumordnungsverfahren untersucht werden. Es geht um eine offene Frage, die zu einem offenen Ergebnis führt und die uns sehr wohl die Möglichkeit gibt, zur rechten Zeit abzuwägen. Aber mit einer festen Meinung zu kommen und uns zum Abnicken bewegen zu wollen, das verträgt sich nicht mit unserem Selbstbewußtsein.

(Frau Peters (SPD): Es ging um eineinhalb Meter!)

Trauen Sie sich zu, mit einem Gutachten von eineinhalb Metern und einer Anhörung eine sachgerechte Entscheidung zu treffen? Das können Sie nicht, weil Sie gar nicht die Zeit dazu haben.

(Frau Peters (SPD): Zehn Jahre beschäftigen wir uns damit!)

Jetzt hören Sie doch auf. Wir sind an einem Punkt, wo es konkret wird. Weil Sie sich vor der Entscheidung, die der Bundesverkehrsminister mit vorbereitet hat, fürchten, führen Sie diesen Eiertanz auf.

Ich plädiere dafür, dass wir uns zu gegebener Zeit die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens für die drei Varianten vorlegen lassen. Dann haben wir Stoff für eine konkrete Diskussion. Anschließend können wir entscheiden und als Parlament unsere Aussage machen. Ich sage ganz klar, auch ich will eine Aussage machen, aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Jetzt sollten wir diejenigen die Entscheidung vorbereiten lassen, die aufgrund der Sachlage eine vernünftige Abwägung treffen können. Dann haben wir die Möglichkeit abzuwägen. Geredet wird ohnehin lang genug. Jetzt muss eine Entscheidung vorbereitet werden. Das ist der entscheidende Punkt.

Herr Schmid will uns einschüchtern, indem er schreibt, wenn die Sache nicht so hinausgeht, wie Sie das wollen, dann wird es ein zweites Wackersdorf geben. Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Was ist denn das für ein Politikverständnis? So können wir nicht miteinander arbeiten. Aus diesem Grund werden wir Ihre beiden Anträge ablehnen. Wir sind der Auffassung, dass es gut ist, dass die Raumordnungsverfahren eingeleitet werden. Zu gegebener Zeit, wenn wir die Ergebnisse vorliegen haben, werden wir darüber reden.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kellner, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! In der gebotenen Kürze muss ich doch noch zu einigen Bemerkungen des Herrn Kollegen Dinglreiter Stellung beziehen. Herr Dinglreiter, ich hatte in Erinnerung, dass Sie im Wirtschaftsausschuss gesagt haben – ich war zufällig dort, weil ich einen Antrag vertreten habe –, dass Sie, wenn die Gutachten vorliegen, diese dem Landtag präsentieren, damit wir darüber diskutieren können. Ich habe das so aufgefasst, dass das heißt, sobald die Gutachten vorliegen, werden sie uns vorgestellt; denn so macht das Sinn.

Die Gutachten bieten Material für eine politische Entscheidung. Der ganze Donauausbau krankt doch seit jeher daran, dass Sie von der CSU sich nicht entscheiden wollten.

(Dinglreiter (CSU): Sie wollten sich nicht entscheiden!)

Nein, wir schon. Im Kern geht es um die Frage: Wollen wir die Donau frei fließend erhalten und räumen wir dem Priorität ein, oder sind uns wirtschaftliche Komponenten wichtiger als der freie Fluss der Donau. Das war immer der Kernpunkt, um den man sich herumgedrückt hat, wobei wir Stellung bezogen haben. Wir haben gesagt, die GRÜNEN treten für eine frei fließende Donau ein. Unter dieser Prämisse sind wir bereit, die notwendigen Verbesserungen für die Schifffahrt durchzuführen.

Ich erinnere mich an den Tag 1996, als damals noch in Bonn von dem damaligen Verkehrsminister Wissmann und Staatsminister Wiesheu entschieden wurde, dass man sich auf ein Moratorium einigt, weil man ohnehin gerade kein Geld hat, und dass man etwas tut, was man schon vor 20 Jahren hätte tun können, nämlich am Bürgerfeld die notwendigen Verbesserungen vornehmen. Ihr Ziel muss es doch sein, dass man der Schifffahrt hilft und an die Partikuliere denkt und nicht an die großen Transporteure und Schifffahrtsunternehmen, die mit Dumpinglöhnen dazu beitragen, dass das Unfallaufkommen auf der Donau erhöht wird.

Herr Dinglreiter, ich will das nicht noch weiter ausführen. Sie sagen, Sie weigern sich, das abzunicken, was die GRÜNEN Ihnen vorlegen, aber Sie sind noch nicht einmal zum Abnicken gekommen, weil Sie gleich dem Wirtschaftsminister zugenickt haben. Sie sagen, Herr Wiesheu wird es schon machen. Wenn Herr Wiesheu etwas gemacht hat und die Raumordnungsverfahren abgeschlossen sind, wenn also im Prinzip alles entschieden ist, dann wollen Sie sich die Sache noch einmal ansehen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kellner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Runge?

Der hat sich nicht zu mir gemeldet.

(Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Doch!)

Dann bitte ich um die Frage.

Nachdem ich meine Zwischenfragen bei Herrn Kollegen Dinglreiter nicht loswerden durfte, möchte ich Sie, Frau Kollegin Kellner, bitten, eine Frage zu beantworten, was sicher gelingt. Frau Kellner, wir haben mehrmals das Stichwort „vergleichendes Raumordnungsverfahren als Entscheidungsgrundlage“ gehört. Ist Ihnen bekannt, dass sich die Staatsregierung und die CSU für ein Raumordnungsverfahren für die Hochgeschwindigkeitsstrecke München – Augsburg – Treuchtlingen – Nürnberg als Alternative zur Strecke über Ingolstadt mit gleicher Vehemenz eingesetzt hätten, wie sie das heute im Falle der Donau tun?

Geschätzter Kollege Runge, damit treffen Sie die Achillesferse der CSU-Fraktion. Vergleichende Raumordnungsverfahren werden immer nur dann herangezogen, wenn sie ins politische Kalkül passen. Wenn nicht, dann werden sie beiseite gelassen.

Kolleginnen und Kollegen, ich fasse zusammen: Wir sind der Auffassung, dass in dieser grundsätzlichen Frage das Parlament entscheiden sollte. Wir sollten unsere Entscheidungsbefugnis nicht an den Wirtschaftsminister delegieren und erst in eineinhalb bis zwei Jahren wieder zu Potte kommen, wenn schon alle Entscheidungen getroffen worden sind. Das ist nicht sachgerecht. Die Entscheidung liegt in unserer Hand. Die Unterlagen, welche vorliegen, erlauben auch eine Entscheidung. Herr Kollege Dinglreiter, Sie haben meinen Kollegen von den GRÜNEN im Bundestag, Albert Schmidt, angesprochen. Wir arbeiten sehr eng zusammen. Gemäß des geschlossenen Vertrages zahlt der Bund zwei Drittel und Bayern ein Drittel. Deshalb ist es auch klar, dass wir zu einer Einigung kommen müssen. Klar ist aber auch, dass es sich bei der Donau um eine Bundeswasserstraße handelt und der Bund auch mehr dafür bezahlt. Wenn man diese Relationen sieht, hat der Bund schon ein stärkeres Gewicht. Ich bitte Sie wirklich noch einmal darum, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Drücken Sie sich nicht vor einer Entscheidung.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Reisinger.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mich nicht zu Wort gemeldet, aber Frau Kollegin Kellner hat mich jetzt doch noch einmal gereizt.

(Allgemeine Heiterkeit)

Frau Kellner, als 1995 zwei Staustufen zur Entscheidung anstanden, haben wir uns hier im Parlament ausgiebig darüber unterhalten. Wir haben damals beschlossen – dies wurde dann auch zwischen Bund und Land vereinbart –, dass noch einmal vertiefende Untersuchungen durchgeführt werden sollen. Wir haben damals aber gesagt, das Ziel muss eine Abladetiefe von 2,50 Meter sein. Wirtschaftsminister Wiesheu hat immer betont,

dass er nichts gegen flussbauliche Maßnahmen habe, wenn damit die Abladetiefe von 2,50 Meter auch erreicht werden kann. Die bisherigen Untersuchungen haben aber ergeben, dass dieses Ziel mit rein flussbaulichen Maßnahmen nicht erreichbar ist. Das müssen Sie auch einsehen. Wir waren damals offen. Wir haben uns bereit erklärt, diese Untersuchungen durchführen zu lassen. Das Ergebnis der Untersuchungen ist aber nicht befriedigend.