Nicht nachvollziehbar ist für mich aber auch das Verhalten einiger Wissenschaftler, die es insbesondere in Großbritannien nicht geschafft haben, ihre Erkenntnisse in die Öffentlichkeit zu bringen,
deren Erkenntnisse zurückgehalten wurden, möglicherweise manipuliert werden konnten, wenn das, was man heute in der Presse liest, tatsächlich richtig ist.
Enttäuschend ist für mich aber auch das Verhalten vieler Verbraucherinnen und Verbraucher, die zwar bereit sind, jährlich immer größere Beträge für Auto, für Urlaub und für Freizeit auszugeben, aber nicht in gleicher Weise bereit sind, ein paar Pfennig mehr für Produkte auszugeben, die nach Verfahren hergestellt werden, die man wirklich als umweltfreundlich bezeichnen kann.
Versagen gibt es aus meiner Sicht aber auch in Bayern. Da sind zunächst einmal die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion, die gemeinsam immer dann, wenn es nötig ist, ihre Hand schützend über die Landwirtschaft und natürlich auch über den Fleischhandel halten nach dem Motto: Ja keine negativen Schlagzeilen
Dass die Kontrollen, die bislang, also in den letzten Jahren, durchgeführt worden sind, absolut nicht ausreichen machen doch Zahlen deutlich, die wieder einmal ins Bewusstsein gerückt werden müssen: 4000 Tiere wurden in Bayern im Verlauf mehrerer Jahre getestet; 1,2 Millionen Rinder werden bei uns pro Jahr geschlachtet – so die Information, die ich vorhin erhalten habe. Wer das weiß und vor die Bürgerinnen und Bürger tritt und behauptet, Bayern sei BSE-frei, so wie das vor wenigen Tagen noch geschehen ist, der handelt wider besseres Wissen oder, um es krasser auszudrücken, der täuscht die Bevölkerung.
Aber auch die Kennzeichnung, die vorhin wiederholt angesprochen worden ist, ist so mangelhaft, dass man sie eigentlich nur als lächerlich bezeichnen kann. Sie alle wissen doch, dass zum Beispiel in Gastronomiebetrieben keine Kennzeichnungspflicht besteht. Sie wissen, dass für die Folgeprodukte des Rindfleisches, beispielsweise für Wurst, im Augenblick keine Kennzeichnungspflicht besteht. Sie wissen, dass über Drittstaaten Produkte auf unserem Tisch landen können, die keiner Kennzeichnungspflicht unterliegen. Dennoch haben Sie es nicht fertiggebracht, gemeinsam mit den anderen Bundesländern dafür Sorge zu tragen, dass dieser Missstand schnellstmöglich abgestellt wird.
Aber auch – und da muss ich Herrn Miller durchaus Recht geben – das, was von Seiten der SPD und der GRÜNEN gekommen ist, bedarf einer kritischen Würdigung. Frau Biedefeld hat Beispiele aus der 12. und 13. Legislaturperiode aufgezählt, Herr Starzmann ebenfalls. Dann ist es still geworden – von einer Ausnahme abgesehen, nämlich der Ausweitung der Tests und vielleicht auch noch der Kennzeichnung –, als es um die 14. Legislaturperiode ging. Warum wohl, muss man in diesem Zusammenhang fragen. Ganz einfach: Falsch verstandene Rücksichtnahme gegenüber den Freundinnen und Freunden in Berlin, die sich in ihren Handlungen um keinen Deut davon unterschieden haben und auch unterscheiden, was vorher von der schwarz-gelben Regierung gemacht worden ist. Das ist Faktum.
Was aus meiner Sicht gefordert werden muss, ist: erstens absolute Transparenz und keine falsche Rücksichtnahme mehr; zweitens sicherlich eine Ausweitung der Testverfahren. Dabei sollte man korrekterweise immer hinzufügen, dass ein solches Verfahren nur das feststellen kann, was das Verfahren selbst hergibt. Im Moment gibt es nicht mehr her als dass man beim Vorliegen eines negativen Befundes sagen kann: Mit den heutigen Mitteln konnten wir kein BSE nachweisen – nicht mehr und nicht weniger. Was wir brauchen, ist eine verstärkte Forschung, um gerade diese Testverfahren zu verbessern, aber natürlich auch, um bei der Prionen-Hypothese weiterzukommen, um Möglichkeiten zu eruieren, wie wir Sorge tragen können, dass Menschen, die mit solch gefährlichem Material in Kontakt kamen, nicht erkranken, beziehungsweise wie künftig Erkrankte therapiert
werden können. Was wir brauchen, ist ein Umdenken in der Landwirtschaft: Mehr ökologische Landwirtschaft, das heißt eine Landwirtschaft, die Natur, Umwelt und Gesundheit in den Vordergrund stellt und nicht das Geld, das Wirtschaften. Ich füge ausdrücklich dazu, dass ich die Zwänge, unter denen die Landwirtschaft steht, durchaus sehe.
Ich habe nie etwas anderes gesagt; aber Sie hören meist nicht zu; deshalb können Sie das sicherlich auch nicht wissen.
Ein letzter Gesichtspunkt: Selbstverständlich bedarf es auch eines Umdenkens der Verbraucherinnen und Verbraucher. Dies kann nicht oft genug betont werden. Wir müssen bereit sein, mehr Geld für Nahrungsmittel auszugeben, die nach Gesichtspunkten erzeugt worden sind, die man als umweltverträglich bezeichnen kann.
Ich war schon ein bisschen enttäuscht, als ich vor einigen Wochen den Landtags-Server nach Initiativen der drei Fraktionen zu BSE in dieser Legislaturperiode abgefragt habe. Es gab fast nichts. Ich haben dann selbst mehrere Anträge – Drucksachennummern, wenn ich sie richtig in Erinnerung habe, 14/4335 bis14/4340 – eingereicht, die bis heute nicht behandelt sind. Dabei ging es um ein Verbot der Verfütterung des Tiermehls, um ein Exportverbot für Rinder und Schafe, um die Verbesserung der Kennzeichnung, aber auch um Berichte der Staatsregierung, welche Produkte eigentlich gefährlich sein können und welche Übertragungswege bestehen. Ich hoffe, dass Sie all diese Anträge unterstützen – ich werde Ihrer Initiative heute ebenfalls zustimmen, weil zumindest erkennbar ist, dass man jetzt gemeinsam versucht, in der Sache doch weiterzukommen.
Die Aussprache ist damit geschlossen. Zu einer zusammenfassenden Stellungnahme hat nunmehr Frau Staatsministerin Stamm das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise haben sich die Fraktionen im Bayerischen Landtag auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt. Auch in der Debatte ist deutlich gemacht worden, dass dies im Interesse der Verbraucher ist und mit Sicherheit einen Hinweis nach außen gibt, dass wir uns in so wichtigen Fragen einig sind. Sie haben auch festgestellt, dass Ihre Auffassungen mit dem übereinstimmen, was in der heutigen und in der letzten Kabinettssitzung beschlossen worden ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren und Kolleginnen und Kollegen der Opposition, nachdem Sie es aber trotz der Gemeinsamkeit nicht lassen konnten – natürlich ist es Aufgabe der Opposition, auf Dinge hinzuweisen, die in der Vergangenheit stattfanden; das sehe ich auch ein und nehme ich auch hin –, wieder Schuldzuweisun
Frau Kollegin Biedefeld, Sie sprechen jetzt vom Protokoll; ich weiß nicht, ob Sie meine heutige Rede oder die Kritik der Umweltministerin Nordrhein-Westfalens, Bärbel Höhn, verwechselt haben.
Frau Kollegin Biedefeld hat mir vorgeworfen, ich hätte die EU oder diejenigen, die kontrolliert haben, kritisiert. Ich habe das in keiner Weise getan. Ich habe ganz nüchtern festgestellt, dass es keinen Bericht gibt, dass es keinen Zwischenbericht gibt, dass wir noch nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden sind. Ich habe Ihnen gesagt: Es gibt ein internes Protokoll, das im Besitz einer Zeitung ist, aber uns nicht zur Verfügung gestellt wurde, obwohl wir darum gebeten haben.
Frau Kollegin, ich habe dann ganz sachlich festgestellt, was aus meiner Sicht aufgrund des Kontrollbesuchs festzustellen ist. Ich habe daran keine Kritik geäußert. Lesen Sie einmal die Stelle des Bundesratsprotokolls nach, wo die Umweltministerin von Nordrhein-Westfalen zum Besuch der Kommission Stellung genommen hat. Hier können Sie von einer Kritik sprechen. Nach dem Bundesratsprotokoll vom 10. November sagte Bärbel Höhn:
Ich finde es sehr interessant, was in einem Artikel in der „Welt“ von heute über den Besuch der Bundesgesundheitsministerin bei Kommissar Byrne festgestellt wird. Es würde mich wundern, wenn Herr Byrne das gesagt hat; denn ich habe ihn als einen Menschen erlebt, der zwar manchmal eine andere Meinung hat als ich, aber trotzdem seriös handelt. Nach dem Artikel in der „Welt“ soll Herr Byrne gesagt haben, dass das, was in Deutschland getan werde, eigentlich nur ein Saubermann-Image suggeriere, das wir aber gar nicht hätten. Er bezieht sich auf die knapp 5000 Tests, die in NordrheinWestfalen durchgeführt worden sind und erhebt zwei Vorwürfe: Erstens. Die meisten der 5000 BSETests seien an zu jungen Rindern vorgenommen worden. Zweitens. Mehr als ein Drittel der Proben sei verrottet in den Prüflabors angekommen.
Dazu muss ich sagen: Wenn jemand derart unsinnige Vorwürfe erhebt, dann muss er ganz schön in der Bredouille sein.
Wenn also Bärbel Höhn den Kontrollbesuch in dieser harschen Art und Weise anzweifelt und als nordrheinwestfälische Umweltministerin zu diesem Besuch in dieser Weise Stellung nimmt, muss es doch zumindest möglich sein, heute in diesem Parlament darzustellen, wie wir die Dinge gehandhabt haben.
Ich möchte Ihnen sagen, wie sich die Situation aus unserer Sicht darstellt: Die Europäische Union hat uns vorgegeben, dass wir bestimmte Risikogruppen zu untersuchen haben. Uns wurde heute vorgeworfen, dass wir keine Untersuchungen gemacht hätten. Wir haben keine Untersuchungen an gesunden Tieren vorgenommen. Solche Untersuchungen hat noch niemand gemacht.
Diese Risikogruppen sind zum Beispiel Tiere mit zentral nervösen Störungen. Man geht davon aus, dass diese Tiere klinisch BSE-verdächtig sind. Die zweite Risikogruppe sind krank geschlachtete Tiere. Außerdem sollten Tiere getestet werden, die aus Staaten mit erhöhtem BSE-Risiko stammten. Eine weitere Gruppe sind Tiere mit verzögertem Krankheitsverlauf. Außerdem müssen Rinder getestet werden, denen Tiermehl gefüttert wurde. Die letzte Gruppe sind die Nachkommen von BSE-kranken Tieren. In Bayern ist noch kein derartiger Fall aufgetreten.
Die EU hat diese sechs Gruppen definiert und gesagt, dass wir aus diesen sechs Gruppen Stichproben zur Testung nehmen sollen. Uns wurde vorgegeben, dass wir aus diesen sechs Testgruppen 195 Rinder zu testen haben. Die EU hat nicht gesagt, dass wir bei den Tests Schwerpunkte setzen sollen oder aus dieser oder jener Gruppe eine bestimmte Anzahl von Tieren zu testen hätten. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, daraufhin haben wir uns entschlossen, dass wir schwerpunktmäßig Tiere mit zentral nervösen Störungen testen, also Tiere, die klinisch BSE-verdächtig sind. Von diesen Tieren haben wir 190 getestet, was zirka 90% entspricht. Ich glaube, dass es richtig war, dass wir diesen Schwerpunkt gesetzt haben, nachdem uns die EU keine entsprechenden Vorgaben gemacht hat. Die übrigen 10% entfielen auf die krank geschlachteten Tiere. Insgesamt haben wir im Jahre 1999211 Tiere untersucht, obwohl wir nur 195 Tiere hätten untersuchen sollen. Das darf ich heute doch wohl sagen.
Ich weiß nicht, wie man zu einer solchen Meinung kommen kann. Ich möchte dazu sachlich feststellen: Die EU hat zwei Referenzmethoden, nach denen getestet werden soll. Die eine ist die histologische Untersuchung und die andere ist die Untersuchung nach Western-Blot. Die Untersuchung nach Western-Blot wird allerdings nur in Tübingen durchgeführt. Deshalb haben wir bisher eine histologische Untersuchung vorgenommen. Frau Kollegin Biedefeld, dieser Test ist nach wie vor aktuell. Er ist nicht überholt.
Jetzt sollen die Schnelltests eingeführt werden. Der Schnelltest der Firma BioRad ist überhaupt noch nicht zugelassen, sondern er steht in Deutschland erst kurz vor der Zulassung. Im Jahre 1999 bis heute haben wir also Untersuchungen mit einem Test durchgeführt, der
aktuell gewesen ist. Von den Schnelltests, die jetzt eingeführt werden sollen, ist der eine erst vor wenigen Monaten zugelassen worden und der andere steht vor der Zulassung. Somit kann ich das Argument, dass wir nach veralteten Methoden getestet hätten, mit den Tatsachen entkräften. Diese Information habe ich heute dem Parlament gegeben. Ich denke, dass das Parlament einen Anspruch darauf hat.
Sie haben heute massive Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten erhoben. Herr Staatsminister Miller hat bereits darauf hingewiesen. Sie können doch nicht die Bayerische Staatsregierung oder den Ministerpräsidenten kritisieren, wenn er der Bundesregierung vorwirft, dass sie, was die Lockerung des Importverbots anbelangt, leichtfertig gehandelt habe. Die Bundesregierung hat leichtfertig gehandelt. Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN des Deutschen Bundestages hat eine grüne Abgeordnete aus dem Ausschuss zurückgezogen, weil sie mit der Unionsfraktion gestimmt hat, dass das Importverbot nicht gelockert werden sollte. Sie hat die Auffassung vertreten, dass Deutschland zusammen mit Frankreich eine Klage gegen die EU erheben sollte. Die Koalition hat eine Kollegin aus dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages zurückgezogen und durch eine andere Kollegin ersetzt, damit die Mehrheit der Koalition gewahrt blieb. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es tut gut, dass wir heute einen gemeinsamen Antrag haben.
So, wie Sie sich in dieser Debatte verhalten haben, muss es uns möglich sein, dazu Stellung zu nehmen. Ich möchte noch einmal Frau Höhn zitieren. Frau Höhn plädierte in der „Welt am Sonntag“ ebenfalls für Importverbote, notfalls im Alleingang der Bundesregierung. Bei der Aufhebung des Verbots gegenüber Großbritannien sei diese nicht konsequent gewesen, kritisierte die grüne Politikerin. Vor nötigen Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union scheue sie nicht zurück und verstehe in diesem Punkt auch nicht die Bundesregierung. Die Tatsache, dass diese in anderen Bereichen bereit sei, Vertragsverletzungen zu akzeptieren, zeige, dass dem Verbraucherschutz immer noch eine geringere Priorität zugemessen werde als anderen Wirtschaftsbereichen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Ministerpräsident hat nichts anderes gesagt. Er hat in dieser Frage zu dieser Bundesregierung inhaltlich das Gleiche wie die nordrhein-westfälische Umweltministerin gesagt.
Ich möchte am Schluss meiner Rede noch ein Bonbon draufsetzen, damit Sie sehen, wie es mit der Bundesgesundheitsministerin gewesen ist.
Die Bundesgesundheitsministerin hat sich überlegt – das ist interessant –, was sie machen soll, wenn die Bundesländer der Aufhebung des Einfuhrverbotes für britisches Rindfleisch nicht zustimmen. Sie hat gemeint, wenn das passiert, schaden die Länder letztendlich den Verbrauchern. In den Verhandlungen mit Brüssel sei nämlich die Kennzeichnung des britischen Rindfleisches
durchgesetzt worden. Bis zum heutigen Tag haben wir davon noch nichts erlebt und gesehen. Jetzt kommt es: Fischer warnte die Länder auch vor finanziellen Folgen. Bei einem Nein im Bundesrat drohe uns ein Verfahren wegen Vertragsverletzung. Sie lasse zur Zeit prüfen, in welchem Umfang – es sind immerhin bis zu 1,5 Millionen DM pro Tag – die Länder an Strafe zahlen müssten. Meine Damen und Herren, wenn eine Bundesgesundheitsministerin solche Überlegungen anstellt, wie sie mit den Ländern umgehen wird, wenn im Bundesrat keine Mehrheit für die Lockerung des Importverbotes zustande kommt, sollten sie still im Glashaus sitzen bleiben.
Ich lasse jetzt über den interfraktionellen und mitberatenen Dringlichkeitsantrag, betreffend Bekämpfung der Rinderseuche BSE, auf der Drucksache 14/5085 abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Abgeordneter Hartenstein (fraktionslos). Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? – Keine. Einstimmig so beschlossen.