Ich darf um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Wir sind in der zweiten Lesung eines Gesetzentwurfs, einer vornehmlichen Aufgabe eines Parlaments.
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Anhörung und eine Ausschusssitzung weiter nähern wir uns nun der Beschluss fassung zur Novellierung der Landesbauordnung.
In dem Prozess der Meinungsbildung haben wir mit der Wohn raum-Allianz einen bislang einmalig ausführlichen Beratungs
prozess mit verschiedensten Interessenvertretungen geführt. Wir Grünen danken allen Beteiligten, die sich dabei so enga giert eingebracht haben, sehr herzlich für ihren Einsatz, und wir danken auch denjenigen, die uns sonst noch kontaktiert haben, und das waren nicht wenige.
Gleich ein Tipp an die Opposition: Das war auch der kürzes te Zeitraum, den man bisher in diesem Landtag gebraucht hat, um eine LBO zu novellieren.
(Abg. Daniel Born SPD: Wir rechnen noch mal nach! – Gegenruf des Abg. Tobias Wald CDU: Sehr gut! Kann ich empfehlen!)
Unsere politische Aufgabe war und ist nun, unter Würdigung aller gesamtgesellschaftlichen Aspekte die Empfehlungen ab zuwägen und zu gewichten.
So gab es den Rat, beim Neubau zu den schwächeren Rege lungen der Barrierefreiheit von 2010 zurückzukehren. Dies ist aber für uns Grüne bei 200 000 fehlenden barrierefreien Woh nungen und angesichts unserer Verantwortung für Inklusion absolut keine zukunftsfähige Option.
Denn wenn Barrierefreiheit zur Regel wird, dann werden auch Sondermaße Normalmaße, und das Kostenargument wird hin fällig.
Jetzt ahne ich schon die Kritik der Opposition: dass wir bei Aufstockungen und Umnutzungen im Bestand Vorschriften in Bezug auf Barrierefreiheit lockern.
Aber – hören Sie gut zu – haben Sie sich schon einmal über legt, warum alle hier immer von Aufstockungspotenzial spre chen, obwohl die fraglichen Gebäude schon alle stehen? Weil die Hürden offensichtlich so hoch sind, dass sich kaum je mand an den Bestand heranwagt.
Wir beseitigen hier Hemmschwellen. Im Gegenzug wird auf Antrag von uns Grünen und den Kollegen von der CDU auch beim Neubau von gemischt genutzten Gebäuden – also nicht nur bei Wohngebäuden – Barrierefreiheit gefordert. So geben wir eine abgewogene, zielführende und durchaus pragmati sche Antwort auf verschiedene Herausforderungen – im einen Fall für mehr Flächen, im anderen Fall für mehr Barrierefrei heit.
(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Daniel Born SPD: Sie beseitigen nicht Hemmschwellen, Sie bauen Barrieren!)
Wie sehr der Teufel im Detail steckt, haben wir auch in der außerordentlich sachlichen und aufschlussreichen Anhörung
durch den Ausschuss gesehen. Wir haben genau zugehört und daher mit der CDU beantragt, dass die Baugenehmigungsun terlagen nun doch weiterhin bei den Kommunen und nicht di rekt bei der Genehmigungsbehörde einzureichen sind. Hier sollte eigentlich eine Verfahrenserleichterung entstehen. Aber die Kommunen sähen sich dann nicht mehr früh genug betei ligt, und die kommunale Selbstverwaltung ist uns Grünen ein sehr hohes Gut.
Sie sehen, der Ruf nach schlanken Prozessen ist einfach raus gehauen. Im Detail ist es aber eben sehr viel komplizierter.
Wir werden die Frist zur Einführung digitaler Unterlagen ver längern, weil die entsprechenden Programme noch nicht ver fügbar sind. Auch dies ist eine lebensnahe Entscheidung. Sie steht im Gegensatz zum Antrag der AfD,
Das steht in einer Reihe mit einem weiteren sinnfreien Antrag der AfD, der uns gestern noch zugegangen ist.
Insgesamt sprechen wir heute über eine Änderung der LBO, die unserem grünen Motto folgt: „Heute bauen und wohnen und dabei an morgen denken“. Wir verschlanken Prozesse, wir heben innerörtliches Potenzial durch eine Beschränkung des Bestandsschutzes für stillgelegte Flächen landwirtschaft licher Betriebe. Daran hat sich vorher auch noch niemand ge wagt.
Wir beseitigen Hemmnisse beim Holzbau und machen so al le Baustoffe gleichberechtigt nutzbar. Wir sorgen für bedarfs gerechte Fahrradstellplätze und weitere Voraussetzungen für moderne Mobilität, und wir schaffen durch Begrünungsaufla gen ein lebenswertes Stadtklima für die Menschen – um nur nochmals einige Big Points zu nennen.
Wir haben alle Anregungen ernsthaft geprüft und gemeinsam mit unserem Koalitionspartner abgewogen. Danke für die in tensiven und durchaus spannenden Prozesse der Positionie rungsfindung.
Auch wenn wir mit der Änderung der LBO heute eine wich tige Baustelle schließen werden, fallen wir trotz des Sommers nicht in ein Bauloch. Denn die LBO ist einer von vielen Bau steinen, wenn es darum geht, ausreichend bezahlbaren Wohn raum für die Menschen zu schaffen. Wir Grünen bleiben auch an den anderen Baustellen dran.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, mei ne Damen und Herren! Mit der heutigen Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Landesbauordnung für Baden-Württemberg schließen wir eine weitere Etappe auf dem Weg „Mehr Wohnraum, weniger Bürokratie“ ab. Für uns, die CDU-Landtagsfraktion, ist klar: Gesetze und Verordnun gen, die den Wohnungsneubau, die Objektsanierung verteu ern, schaffen keinerlei Anreize für Investitionen in Wohnei gentum und den sozialen Mietwohnungsbau.
Mehr Wohnraum, weniger Bürokratie: Das schafft Wohnun gen und trägt auch zum sozialen Frieden in unserem Land bei. Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum kann nur gedeckt wer den, wenn die Politik nicht einzelne Bausteine setzt, sondern viele wichtige Bausteine zusammenfügt.
Und ein Baustein ist eben die neue Landesbauordnung. Dies haben wir im Koalitionsvertrag den Mitmenschen in BadenWürttemberg versprochen, und das halten wir. Unsere Wirt schaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut hat dem Land tag am 27. Juni, also vor ca. drei Wochen, einen abgestimm ten und guten Gesetzentwurf zur Beratung vorgelegt. Eine Woche später hat der Ausschuss dazu eine öffentliche Anhö rung durchgeführt. Dabei wurden uns von den Verbänden wei tere wertvolle Hinweise und Anregungen mit auf den Weg ge geben, die wir intensiv geprüft haben.
In der Sitzung des Wirtschaftsausschusses in der vergangenen Woche haben wir daraufhin einige Änderungsanträge einge bracht. Ich nenne Beispiele: Die Bauwilligen können weiter hin ihre Bauanträge bei der Gemeindeverwaltung vor Ort ab geben. Wir sind dem fachkundigen Rat der Experten gefolgt und werden die Einführungsfrist für die Digitalisierung um ein Jahr verschieben. Ferner haben wir für den Bereich der Barrierefreiheit einen Antrag zu einer weiteren Flexibilisie rung eingereicht.
Sie sehen, meine Damen und Herren, wir machen in BadenWürttemberg Gesetze gemeinsam mit den Menschen, gemein sam mit den Verbänden. So haben wir eine echte LBO-Novel le, die ihren Namen auch verdient.