Protocol of the Session on July 10, 2019

Jedenfalls: Die Batterie ist es nicht. Es ist sicher sinnvoll, zu sagen: Die Batterie ist ein Teil der Mobilität der Zukunft,

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

und es macht Sinn, dort zu forschen.

Wenn Baden-Württemberg den Zuschlag für die Batteriezel lenforschung erhalten hätte, hätten wir uns gemeinschaftlich darüber gefreut. Aber wir würden doch schon sehr gern für et was mehr Technologieoffenheit plädieren, dafür, etwas mehr über die Brennstoffzelle, über synthetische Kraftstoffe, über die Wasserstoffwirtschaft insgesamt nachzudenken.

Vielleicht tut sich ja die Chance auf, meine Damen und Her ren, den Forschungsstandort Baden-Württemberg, was die Mobilität der Zukunft anlangt, jetzt etwas breiter aufzustellen und deutlich zu machen: Wir brauchen noch viele, viele Jah re auch den Verbrennungsmotor, wir brauchen noch viele Jah re den Diesel.

Die Batterie wird eine Rolle spielen. Aber die Batterie hat auch ihre Probleme, Stichwort Entsorgung und die Frage: Wo her kommt das Lithium?

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Manche sind ja bereit, ganze Teilkontinente zu verelenden, um dort Lithium zu schürfen.

(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los] – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Ge nau!)

Diese Probleme muss man nämlich auch ansprechen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD)

Die Alternativen bei den Kraftstoffen habe ich ja schon ange sprochen.

Es würde sich wirklich lohnen, diese Entwicklung jetzt zum Anlass für einen gemeinsamen Kraftakt für das Land BadenWürttemberg zu nehmen, die Mobilität der Zukunft techno logieoffen neu zu denken, wobei all die Punkte, die ich jetzt aufgezählt habe, eine Rolle spielen, wobei wir uns aber eben nicht einseitig auf die Elektromobilität und auch nicht einsei tig auf die Batterieforschung konzentrieren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung er teile ich Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat am 28. Juni verkündet, dass die Forschungsfertigung Batteriezelle in Münster errichtet wer den soll. Auch uns hat diese Entscheidung überrascht, vor al lem vor dem Hintergrund, dass wenige Tage zuvor das Ergeb nis der Gründungskommission, das eindeutig Ulm favorisiert hat, in den Medien öffentlich verkündet wurde.

Für uns stellt sich natürlich die Frage, wie das Verfahren ge laufen ist.

(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Klüngel, Klüngel, Klün gel! – Abg. Bernd Gögel AfD: Da kann man telefo nieren!)

Es gibt viele Fragen, die unbeantwortet sind. – Telefoniert wurde. Wir haben uns persönlich ausgetauscht, nicht nur ich mit Frau Karliczek. Wir haben immer noch keine Antworten auf die so drängenden Fragen nach dem Verfahren. Deshalb habe ich Frau Karliczek schriftlich um die Offenlegung der Entscheidungsgründe gebeten und auch mündlich die Bitte geäußert, dass sie diese liefert.

Ich möchte mich bei der SPD dafür bedanken, dass sie eine Aktuelle Debatte zu diesem Thema beantragt hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Ich möchte mich auch dafür bedanken, dass die Diskussion weitgehend sachlich stattgefunden hat.

(Beifall der Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Weitgehend! – Zu ruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Ich möchte auch noch ergänzen, lieber Herr Rülke: Wir ha ben eine Ministerin am Kabinettstisch auf Bundesebene, Frau Annette Widmann-Mauz.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was? Staats sekretärin!)

Staatsministerin.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Lieber Herr Rülke, wir diskutieren die Zukunft Baden-Würt tembergs als Automobilstandort, als Standort der Mobilität

der Zukunft – Wirtschaft und Wertschöpfung, Arbeitsplätze, die hier gehalten und ausgebaut werden sollen im Rahmen ei nes ganz neuen Formats, das tief greift und breit wirkt. Mit dem Strategiedialog Automobilwirtschaft haben wir eine Platt form geschaffen, wo alle Akteure mitsprechen, mitdiskutie ren, wo wir handlungsfähig sind, auch schnell in die Umset zung gehen können. Wir hatten letzte Woche in Berlin eine Sitzung, die den Erfolg dieses Strategiedialogs unterstreicht.

Frau Ministerin, lassen Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Klos zu?

Gern, aber erst zum Schluss mei ner Rede.

Ich möchte noch einmal deutlich machen – das wurde auch in der Debatte, die jetzt geführt wurde, ganz klar –: Aus volks wirtschaftlicher und strategischer Sicht habe ich kein Ver ständnis, wenn hier bei solch einer zentral wichtigen Entschei dung nicht nur für Baden-Württemberg als Automobilstand ort, sondern für ganz Deutschland, ja, ich möchte vielleicht auch sagen, für Europa, am Ende Struktur- oder andere Kri terien ausschlaggebend waren. Eine Begründung schuldet der Bund nicht nur uns, den Ländern, als Antragstellern, sondern auch der Öffentlichkeit, wenn Millionen investiert werden.

Frau Wolle, es ist keine Milliarde, es sind 500 Millionen €

(Abg. Carola Wolle AfD: Zweimal 500 Millionen!)

nein, 500 Millionen € –, die für die Forschungsfabrik zur Verfügung stehen. Die Milliarde wird von dem Bundeswirt schaftsministerium zur Verfügung gestellt als Förderpro gramm. Hier muss natürlich ganz klar unterschieden werden.

Aber wenn Hunderte von Millionen Euro an Steuergeldern in Projekte fließen, die für die Zukunft unseres Wirtschaftsstand orts von entscheidender Bedeutung sind, dann hat auch die Öffentlichkeit einen Anspruch auf Offenlegung der Argumen te, damit sie nachvollziehbar werden.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! Das wollen wir auch!)

Bei dem Standortwettbewerb wurden als entscheidende Aus wahlkriterien – ich möchte das nochmals betonen – die fach liche Expertise, die industrielle Anbindung, die Finanzierung und die Schnelligkeit ganz klar vorgegeben. Das BMBF hat auch den letzten Aspekt, die Schnelligkeit, betont und uns, den Antragstellern, ans Herz gelegt.

Jetzt möchte ich ganz kurz und auch mit Stolz über die Be werbung berichten, die gemeinsame Bewerbung von ZSW und KIT, die das Land unterstützt hat. Sie konnte all diese Punkte vollständig erfüllen, und Baden-Württemberg hat in allen Punkten ideale Voraussetzungen. In Ulm stand alles be reit, und wir hätten morgen mit der Forschungsfertigung be ginnen können. Hinsichtlich wissenschaftlicher und industri eller Anbindung sind Ulm und Karlsruhe hervorragend auf gestellt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

2018 wurde das Exzellenzcluster CELEST ins Leben gerufen – KIT, ZSW, Universität Ulm sind hier beteiligt –, die größte deutsche Forschungsplattform für elektrochemische Speicher, wissenschaftliche Exzellenz in Baden-Württemberg. Wir konnten belastbare Abnahmeverpflichtungen von potenziel len Anwendern im Umfang von über 50 Millionen € vorlegen. Mit VARTA und Leclanché verfügt unser Land über einmali ge Kompetenz und Erfahrung in der Produktion von LithiumIonen-Batteriezellen.

Schließlich hat das Land mit der Bereitstellung von Gebäu den und Grundstücken sowie der erforderlichen finanziellen Unterstützung von bis zu 185 Millionen € alle Anforderungen vollständig erfüllen können.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Umso mehr hat es uns überrascht, dass diese Aspekte bei der finalen Standortentscheidung keine entscheidende Rolle mehr gespielt haben. Insbesondere Schnelligkeit und Industriekom petenz vor allem der Zellenhersteller sprachen eindeutig für Baden-Württemberg.

Nach dieser unbefriedigenden und irritierenden Entscheidung ist es umso notwendiger, dass wir uns nicht verunsichern las sen, sondern uns auf unsere Stärken besinnen. Wir müssen jetzt unseren eigenen Weg gehen. Dafür sind wir auch gut ge rüstet und haben exzellente Ausgangsbedingungen. Wir müs sen die Batterietechnologie in Baden-Württemberg weiter vo ranbringen. Denn der Markthochlauf der Elektromobilität wird stattfinden. Die Automobilhersteller planen jetzt schon mit festen Produktionszahlen. Sie gehen davon aus, dass im Jahr 2030 ca. 50 % der Fahrzeuge, die verkauft werden, bat terieelektrisch oder Plug-in-Hybride sind. Darauf müssen wir uns einstellen.

Das sind Realitäten, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen und die natürlich auch entscheidend sind für die Zu kunftsfähigkeit unseres Landes als Industriestandort und Au tomobilstandort Nummer 1. Wir müssen eine eigene Batterie zellen- und Batterieproduktionskapazität aufbauen. Wir brau chen das, um die Systemkompetenz zu sichern. Die restlichen 50 % sind natürlich der Verbrennungsmotor; das ist ja unbe stritten. Da haben wir diese Systemkompetenz.

Wir brauchen sie aber auch in diesen neuen Feldern, und des halb – es ist unsere Stärke, dass wir diese Systemkompetenz in Baden-Württemberg vorhalten können – müssen wir hier weiter vorangehen und unseren Baden-Württemberg-Weg fin den.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Wir haben die Zellenhersteller, wir haben die Material- und Komponentenhersteller, wir haben den Maschinen- und An lagenbau, und wir haben die Abnehmerseite. Man nennt so et was Cluster. Dieses Cluster, dieses exzellente Cluster, das spricht für sich, und darauf können und müssen wir auch auf bauen.

Es kann uns auch gelingen, eine wettbewerbsfähige Batterie zellenproduktion bei uns im Land aufzubauen, eine Muster fabrik, einen Leuchtturm. Die Produktion rechnet sich aber nur, wenn Produkte und Herstellung im internationalen Wett

bewerb nicht nur konkurrenzfähig, sondern überlegen sind. Wir können hier nur durch Innovation und Digitalisierung re üssieren. Dazu müssen wir die Batterieforschung und -ent wicklung stärken.