Diese Frage möchte ich nicht beantworten müssen. Daher las sen Sie uns gemeinsam am 26. Mai die Weichen dafür stellen, dass so etwas wie ein „Dexit“ – der tatsächlich von manchen gefordert wird – nicht eintritt, dass keine Parteien ins Euro päische Parlament gewählt werden, die die EU abschaffen wollen oder dieser kritisch gegenüberstehen. Denn es steht viel auf dem Spiel.
Lassen Sie uns also in vollem Bewusstsein für unsere Zukunft unsere demokratische Verantwortung am 26. Mai wahrneh men.
(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP – Abg. Stefan Räpple AfD: Das haben Sie aber schön abgelesen!)
(Abg. Thomas Blenke CDU: Jetzt war es eben so schön! – Gegenruf des Abg. Emil Sänze AfD: Muss ich jetzt zerstören! – Gegenruf der Abg. Nicole Ra zavi CDU: Ja, leider!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bertelsmann Stiftung legt mitten im EU-Wahl kampf eine Studie vor und preist darin den Europäischen Bin nenmarkt, die vielen Vorteile der Deutschen. Grundlage sind die Einkommensdaten von 1992 bis 2012. Beim genaueren Hinsehen fällt jedoch auf: Die Schweiz – nicht EU-Mitglied, Hüter ihrer eigenen Währung, über bilaterale Verträge mit dem Binnenmarkt verbunden – hat am meisten profitiert. Das Ein kommensplus pro Kopf und Jahr beträgt in der Schweiz 2 914 €.
Es folgen Luxemburg, Irland sowie Belgien, Österreich und die Niederlande. Frankreich steht mit einem Einkommensplus von 1 074 € an siebter Stelle und Deutschland mit einem Ein kommensplus von 1 046 € pro Kopf und pro Jahr auf Platz 8. Man kann sagen: abgeschlagen auf Platz 8. Das ist Ihr viel ge lobtes Erfolgsmodell!
Fakt ist: Der Plan der EU-Umverteilung kommt auf Deutsch land zu. Deutschland wird entreichert. Für Baden-Württem berg haben wir in der letzten Plenarsitzung aufgezeigt: 3,35 Milliarden € fließen netto nach Brüssel, und zwar Jahr für Jahr. Schmallippig hat unser Europaminister diese Zahl letzte Wo che mit 0,84 Cent pro Tag und Einwohner bestätigt. Die Be lastungen werden mit einem eigenen Eurozonenhaushalt und einem aufgeblähten Mehrjährigen Finanzrahmen weiter stei gen. Das wird mit dem Brexit noch verstärkt.
Schauen wir uns die durchschnittlichen jährlichen Zuwachs raten des deutschen BIP von 1972 bis 1992 an. Dieser Zu wachs betrug 2,7 % pro Jahr. Die durchschnittliche Zuwachs rate des deutschen BIP von 1993 bis 2013 betrug 1,4 % pro Jahr. Trotz Binnenmarkt und trotz Euro 48 % weniger Wachs tum als zuvor. Das nennen Sie Erfolgsmodell?
Wir sollten die Handelsbeziehungen mit China, Japan, Korea, den USA und selbst mit Russland verstärken. Im Handel mit diesen Staaten werden deutsche Unternehmen innovativ ge fordert. Hier herrscht internationaler Druck, um im Wettbe werb bestehen zu können.
Das schafft werthaltige Arbeitsplätze, von denen Menschen auch noch leben können. Vor allem bekommen wir von die sen Staaten unsere Waren auch bezahlt. Der EU-Binnenmarkt bremst Innovationen. Zum Teil können sich die Abnehmer un sere Waren und Dienstleistungen nicht mehr leisten. Oder glauben Sie, die TARGET2-Salden in Billionenhöhe entste hen von allein? Was ist denn das für ein Erfolgsmodell?
Lesen Sie die Warnungen der Deutschen Bundesbank, des In stituts der deutschen Wirtschaft und weiterer renommierter Volkswirte. Alle kritisieren die fahrlässige Geldpolitik der EZB. Ihre aberwitzigen EU-Steuern – siehe Bundesratsdruck sache 31/1/19 – bedeuten, Benzin ins Feuer zu gießen. Ihre Parolen sind kein Erfolgsmodell. Sie, die Altparteien, gehen fahrlässig mit deutschen Steuergeldern um.
Bestes Beispiel: die Europawahltournee von Herrn Wolf und der Neubau der Landesvertretung Baden-Württembergs in Brüssel. Ihre Parolen sind kein Erfolgsmodell. Die Bürger sol len nicht wissen, was auf sie zukommt.
So wurde hier im Landtag die Behandlung des Reflexionspa piers der EU-Kommission „Auf dem Weg zu einem nachhal tigen Europa bis 2030“, Drucksache 16/5881, in den nicht öf fentlich tagenden Umweltausschuss verlegt. Typisch! Das ist Ihr Verständnis von Europa.
Ihre Parolen sind kein Erfolgsmodell. Deshalb wollen wir, dass alle Parlamente in der EU ihre Regierungen an nationa le Beschlüsse binden. Regierungen sollen so abstimmen, wie es ihnen jeweils das Parlament vor Ort vorgibt. So wird Sub sidiarität gelebt. Wir wollen, dass die Heimatländer entschei den und nicht die EU und schon gar nicht der EuGH.
Wir wollen, dass die Europäische Union ein Angebot zur Hil fe ist, ein gemeinsames Projekt. Die Rückbesinnung auf die eigene Kultur und auf die eigenen Interessen ist zwingend er forderlich.
Wir wollen, dass Absprachen und EU-Recht eingehalten wer den. Staatspleiten müssen bedauerlicherweise zugelassen wer den – auch mit der Konsequenz eines Austritts.
Wir wollen, dass im Rat nach dem Austritt Großbritanniens die Niederlande, Finnland und Deutschland eine Sperrmino rität erhalten.
Ich bin gleich fertig. – Wenn die Neh merländer die Oberhand bekommen, gibt es nur noch Euro bonds, und die Gelddruckmaschine der EZB wird angewor fen. Es gibt nur eine Alternative, es gibt nur ein Erfolgsmo dell, und das heißt Alternative für Deutschland.
Verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wie immer muss man, wie bei den James-Bond-Filmen, etwas vor weg bringen, etwas, was mit der eigentlichen Geschichte gar nichts zu tun hat. Dies ist jetzt Folgendes: Herr Sänze, alt sieht hier nur eine politische Kraft aus, nämlich Ihre Partei, weil die Leute Ihnen in Ihrer Schleimspur nicht folgen. Das ist das Ergebnis von Umfragen, wie wir wissen. Es verfängt nicht, was Sie hier an Feindlichkeit aufbauen wollen.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Sehr gut! – Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)
Damit komme ich zur eigentlichen Story, denn auch in den James-Bond-Filmen ist der erste Bösewicht ja meist schon vorbei, wenn die erste Filmszene gedreht ist. Deswegen viel leicht noch ein paar Sätze – auch mit Respekt vor der Kolle gin von der CDU – zu den schönen Worten und Einschätzun gen, die mir zeigen, dass wir auch auf ein gemeinsameres Ver ständnis der europäischen Politik in Baden-Württemberg zu laufen.
Wir hatten ja in dieser Woche Vorarlberger Kolleginnen und Kollegen zu Gast, die gestern auch hier im Landtag waren, die vorgestern und gestern mit uns Gespräche geführt haben. Ich muss einfach sagen: Es ist das schöne Gefühl, dass ich nicht den Eindruck habe, dass ich mit den Vorarlbergern frem der wäre, als wenn jemand aus Mecklenburg-Vorpommern bei uns zu Gast wäre – es ist einfach eine ganz normale Geschich te –, vermutlich sogar etwas näher.
Deswegen meine ich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir haben in Europa zunehmend eine Situation, die wir jetzt – vielleicht auch in den paar Tagen vor der Wahl – reflektieren sollten. Wir werden in die Situation kommen, in der es nicht mehr darum geht, jede Europarede mit der Erklärung zu be ginnen, ob man für oder gegen Europa ist. Ich beginne hier im Landtag auch nicht jede Rede damit, dass ich sage, ob ich für oder gegen Berlin bin oder ob ich für oder gegen die Bun despolitik bin.
Wir werden in die Situation kommen, in der wir einfach zu dem, was auf der europäischen Agenda steht, unsere Position formulieren und dann versuchen, sie auch tatsächlich einzu bringen. Ich glaube, dazu haben wir allen Grund, denn wir ha ben auch einiges dafür getan.
Wir haben heute eine Situation im Großen, in der den Englän dern, den Briten beim Austritt aus der EU niemand folgen will, in der all das, was da gesagt worden ist, gar nicht eingetreten ist.
Wir haben eine Situation, in der alle nur lächeln, wenn allein über die Zahlmeisterrolle geredet wird, weil Leute, die nur in einem starren Denken „Was gebe ich, und was nehme ich?“ verhaftet sind, von Europa überhaupt nichts kapiert haben.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)
Europa ist ein dynamischer Prozess, bei dem man auch nicht so schuldbeflissen sagen muss: Förderprogramm. Natürlich holen wir das, was geht, und die Anwendung ist auch sinn voll. Aber die Unternehmen, die in unserem Land ansässig sind, wissen ganz genau, was die offenen Grenzen bedeuten.
Ich sage auch noch einmal: Es gibt Dinge, bei denen man sta tistisch sicher genauer hinschauen darf. Wenn wir mit Schwei zer Kollegen zusammen sind, sagen die uns schon: „Bei euch merkt man im Verhältnis zu uns in der Schweiz, dass ihr hier in Deutschland in den letzten Jahrzehnten einen Niedriglohn sektor gepflegt habt, mit dem wir als Partnerland von Deutsch land eigentlich nicht einverstanden sind.“ Darüber kann man gern reden, denn dann kommen wir auch zu den Einkommen, die hier zitiert worden sind. Aber man kann nicht darüber re den, dass wir geschlossene Grenzen wollen – überhaupt nicht.
(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Grenzkontrollen! Kon trollen! – Abg. Anton Baron AfD: Keiner will die Grenzen schließen! Das wissen Sie selbst!)
Wir sind uns in der globalen Strategie einig. Ich brauche hier nicht Günther Oettinger zu zitieren. Wir brauchen uns ja nicht noch groß über die Strategie zu einigen. Günther Oettinger hat es auf den Punkt gebracht: Die zukünftige Frage wird sein, ob es in der Welt G 2 oder G 3 gibt, ob es G 2 mit China und den Vereinigten Staaten gibt, oder ob es G 3 gibt. Das ist die wirkliche Frage. Wir haben mit G 3 eine gute Ausgangsposi tion, wenn wir Europa stark machen.
Ich habe mich für unsere Autoindustrie gut gefühlt, als JeanClaude Juncker auf die andere Seite des großen Teichs gegan gen ist und gesagt hat: „Lieber Herr Trump, jetzt lasse ich aber auch einmal die Muskeln spielen.