Ich habe mich für unsere Autoindustrie gut gefühlt, als JeanClaude Juncker auf die andere Seite des großen Teichs gegan gen ist und gesagt hat: „Lieber Herr Trump, jetzt lasse ich aber auch einmal die Muskeln spielen.
Ich kann verhindern, dass wir mit Strafzöllen unterwegs sind.“ Deswegen: Eine Politik der europäischen Stärke ist eine gute Politik für Baden-Württemberg, meine Damen und Herren.
Wir haben übrigens das wichtigste Elixier für die Demokra tie: Wir haben zunehmend eine europäische Öffentlichkeit. Die hatten wir, Herr Europaminister der vergangenen Jahre, viele Jahre nicht. Zunehmend haben wir sie.
Ich halte den Artikel von Frau Kramp-Karrenbauer als „An ti-Macron“ in der „Süddeutschen Zeitung“ zwar für falsch,
aber es hat immerhin eine Debatte stattgefunden – KrampKarrenbauer nimmt Stellung zu Vorschlägen Macrons. Auch wenn ich selbst eher den Vorstellungen Macrons zuneige, gibt es eine Debatte. Wir haben Debatten im Fernsehen, Europäer werden in Talkshows eingeladen. Wir haben die Situation, dass Zeitungen in unserem Land ihre Titelseiten auch einmal für ein europäisches Headliner-Oberthema öffnen. Die Sache wird also normaler, auch in der europäischen Öffentlichkeit.
Auch wir sollten dazu beitragen – so, wie wir am vergange nen Montag im Zusammenhang mit dem EU-Projekttag an Schulen Jugendliche aus der Lombardei, aus Katalonien und aus Auvergne-Rhône-Alpes hier zu Gast hatten. Das spreche ich für alle Kollegen an, die sich darüber gefreut haben. Es gibt einen Austausch, und dieser Austausch muss ganz nor mal werden, meine Damen und Herren.
Ich habe mich im Vorfeld der bevorstehenden Wahl heute auf diese Aspekte konzentrieren wollen. Ich spreche jetzt nicht über die großen Herausforderungen des sozialen Europas, das für uns Sozialdemokraten natürlich noch entwicklungsfähiger ist als das, was heute als große Verteidigungspolitik oder gro ße Migrationspolitik benannt wird. Dafür sind wir auch, aber wir wissen ganz genau, dass die entschlossene Gelassenheit im Umgang mit Europa eine wirkliche Stärke ist. Wer, wenn nicht Baden-Württemberg, sollte hier vorangehen?
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele wichtige Themen beschäftigen uns vor dieser Wahl; das hat auch die bisherige Debatte gezeigt. In einem Punkt sind sich alle Parteien im We sentlichen einig: dass wir eine Reform der Europäischen Uni on brauchen.
Jetzt gibt es die einen, die sagen, sie wollten die EU reformie ren, weil sie sie weiterhin gestalten wollen. Dann gibt es die anderen, die eher destruktiv unterwegs sind und mit irgend welchen „Ich zahle mehr ein, als ich herausbekomme“-Dis kussionen einsteigen. Letztere sind die Parteien, die wir ab lehnen. Ich glaube, wir sind uns zumindest auf dieser Seite des Hauses einig, dass wir eine Reform der Europäischen Uni on im positiven und nicht im destruktiven Sinn wollen.
Eine Reform ist aus unserer Sicht dringend notwendig, vor al lem beim Thema Einstimmigkeit, im Hinblick auf eine Rück besinnung auf wirklich zentrale Fragen, die europaweit gelöst werden müssen, also eine Rückbesinnung auf das Subsidiari tätsprinzip, wie es festgeschrieben ist. Notwendig ist vor al lem eine Stärkung des Europäischen Parlaments, z. B. über ein Initiativrecht und echte Kontrollrechte gegenüber der Eu
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat Vorschlä ge gemacht und hat versucht, bei Bundeskanzlerin Merkel zu lancieren, wie die EU aus seiner Sicht aussehen könnte. Das wäre schon einmal ein guter Debattenbeitrag gewesen, eine gute Diskussionsgrundlage, um aus den zwei stärksten Mit gliedsstaaten heraus mit einem klaren Plan anzutreten, wie es mit der Europäischen Union weitergehen könnte. Damit hät te man auf Tour gehen und die anderen Mitgliedsstaaten über zeugen können: So kann es aussehen, so kann es funktionie ren.
Leider ist dieser Versuch von Macron aber an der Kanzlerin abgeprallt, die dies an Frau Kramp-Karrenbauer abgeschoben hat. Europapolitisch bringt es natürlich nicht besonders viel, wenn die Kanzlerin das auf die Ebene einer nationalen Partei vorsitzenden abgibt. Das ist sehr schade. Wir kritisieren das in aller Form und hätten uns hier wirklich mehr Einsatz der Kanzlerin gewünscht. Ihn hätten wir gebraucht, wenn wir in der EU ernsthaft etwas verändern wollen.
Vor allem wenn es darum geht, mit den Franzosen gemeinsa me Sache zu machen, sollten wir das auch tun. Frankreich ist für uns ein sehr wichtiger Handelspartner, Frankreich ist ein kultureller Partner. Uns bewegt eine gemeinsame Geschich te, die sehr, sehr lange zurückreicht. Vor allem sind diese bei den Staaten die Mitte Europas und deshalb auch der Garant für den Frieden in der Europäischen Union. Wir sollten diese Führungsposition auch nicht von uns weisen, sondern sie nut zen und gestalten.
Aus dem vergangenen Berichtszeitraum will ich noch ein The ma ansprechen, das mich persönlich, aber auch viele andere, eher jüngere Leute ziemlich gestört hat. Das Thema Upload filter wurde heiß diskutiert und hat zu einigen Protesten ge führt. Manche können es schon nicht mehr hören, aber ich se he das nicht so. Darüber muss man reden, denn letztendlich ist hier etwas passiert, indem man auf europäischer Ebene in letzter Minute einen Beschluss gefasst hat. Das wäre an sich gar nicht nötig gewesen, denn man hat eigentlich gesehen: „Die Lösung, die wir uns jetzt erdacht haben, ist nicht opti mal.“ Darum hätte man eigentlich noch einmal in die Revisi on gehen müssen, um die Verordnung, die beschlossen wur de, noch einmal zu überarbeiten.
Wir Freien Demokraten sehen nämlich das, was passiert ist und was beschlossen wurde, als einen Angriff auf die Kunst- und Meinungsfreiheit, und sehen es äußerst kritisch, quasi die Rechtsaufsicht darüber, was legale und was illegale Inhalte im Internet sind, an Privatunternehmen zu übertragen.
Das sehen wir sehr, sehr kritisch. Das sollte weiterhin eine staatliche Aufgabe sein. Es darf nicht sein, dass Unternehmen jetzt darüber unterscheiden – und das auch noch automati siert –: Was ist ein guter Inhalt im Internet, und was ist ein schlechter Inhalt im Internet?
Insbesondere sind davon auch kleine Unternehmen betroffen, die das gar nicht mehr stemmen können. Das heißt, wir haben der Internetwirtschaft in der Europäischen Union eigentlich einen Bärendienst erwiesen. Da, muss man auch sagen, hat sich die CDU nicht mit Ruhm bekleckert. Ich würde sagen: Es ist sogar ein Sündenfall der Europapolitik der CDU, dass man bei diesen Beschlüssen in letzter Minute mitgemacht hat.
(Oh-Rufe – Zuruf von den Grünen: Das tut mir leid! – Abg. Andreas Stoch SPD: Weil Sie neu sind, Herr Karrais!)
Denn auf Europaebene haben Sie getönt, Sie fänden die Up loadfilter auch ganz schwierig, aber als die FDP-Fraktion im Bundestag eine entsprechende Initiative eingebracht hat, ha ben Sie leider nur mit Stimmenthaltung votiert, und nur Lin ke und AfD haben dieser Initiative zugestimmt.
Da hätte ich mir von den Grünen einen anderen Einsatz ge wünscht, wenn sie auf europäischer Ebene anders auftreten als auf nationaler Ebene.
In diesem Sinn hoffe ich auf eine gute Wahlentscheidung der Wählerinnen und Wähler. Die Ideen, wie es mit der Europäi schen Union weitergehen kann und muss, stehen zur Dispo sition. Da hoffen wir einfach auf sinnvolle Entscheidungen und werden sehen, was am 26. Mai passiert.
Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, bewegte Zeiten in Europa: Wahlkampfstimmung allenthalben, und dabei sind die Rahmenbedingungen rings um Europa derzeit turbulent genug, um sie auch wirklich als Notwendigkeit für ein ge schlossenes Europa zu begreifen.
Brüssel und die europäischen Staaten bewegt in diesen Tagen die Sorge vor einer Verschärfung des Handelskonflikts zwi schen China und den USA. Ein solcher Handelskrieg – das wissen wir – würde nur Verlierer kennen. In den USA gibt es die Sorge vor einer Rezession. Die Verbraucherpreise für Haushaltsgeräte sind bereits gestiegen, und die Farmer stehen
Aber auch wir sind betroffen. Der Handelsstreit belastet nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft die deut sche Exportwirtschaft schon jetzt mit 2 Milliarden €, und uns in Baden-Württemberg als Exportland trifft das in ganz be sonderer Weise.
In dieser angespannten handelspolitischen Situation zeigt sich der Wert der EU und des Binnenmarkts. Die EU ist als größ ter Binnenmarkt der Welt in diesen unruhigen Zeiten noch ein sicherer Hafen, und wir in Baden-Württemberg sind Haupt profiteure dieses Binnenmarkts. 52 % der Exporte aus BadenWürttemberg gehen in die anderen Länder der Europäischen Union.
Ich würde mir daher schon wünschen, dass man bei mancher Kritik, die man hier gegenüber Europa und der Europäischen Union formuliert, diese nackten Tatsachen nicht ausblendet. Wir sind Profiteur im Herzen Europas.
Herr Sänze, Sie haben darauf verwiesen, dass ich auch in der letzten Debatte auf die Bertelsmann Stiftung hingewiesen hät te und nach Ihrer Einschätzung den Cappuccino-Index schmal lippig vorgetragen hätte. Ich bedaure; ich habe immer solche Lippen.