Protocol of the Session on May 8, 2019

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Anton Baron AfD: Wieso?)

Meine Damen und Herren, wir müssen darauf achten, dass die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger in Europa erkennen, dass diese Zusammenarbeit einen Mehrwert bringt.

Bei der Industriepolitik und bei allem, was Zukunftstechno logien betrifft, stehen wir an der Seite von Präsident Macron. Wir sind nicht mit allem einig, aber wir müssen auf diesem Weg weitergehen. Die deutsch-französische Vereinbarung über die Förderung der künstlichen Intelligenz ist ein erster Schritt dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Noch einmal zurück zur Industriepolitik: Wir müssen hier Chi na stärker als bisher beobachten. Die chinesische Seidenstra ßen-Strategie muss uns Aufgabe und Herausforderung sein. Hier müssen wir stärker tätig werden. Wir müssen dem ein europäisches Modell entgegensetzen.

(Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Aha!)

Wir müssen auch dafür sorgen, dass wir mit unserer Techno logie, mit unserem Wissen und mit ausreichendem Kapital den europäischen Weg gehen. Dieser europäische Weg muss wert haltig sein, er muss die Wettbewerbsbedingungen einhalten, und er muss Strukturen schaffen, die die Länder, die daran teilnehmen – anders als beim Vorgehen Chinas –, nicht abhän gig machen. Daran müssen wir weiterarbeiten.

Ich weiß, ich muss zum Schluss kommen. Ich sehe das Sig nal der Präsidentin. Deshalb will ich am Schluss nur noch ei nes sagen: Wir waren am Montag in Weil am Rhein.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Ja, sehr gut!)

Dort gibt es gelebtes Europa. Dort haben wir gesehen, was man in Europa alles machen kann. Ich danke dem Ausschuss vorsitzenden, dass er uns das gezeigt hat. Es ist ja seine Hei mat. Willi Stächele hat uns klargemacht: Dort lebt Europa – und wir haben es erlebt.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sehr gut!)

Zum Schluss ein Zitat des Spitzenkandidaten Weber von der Europäischen Volkspartei:

Die EU befindet sich in einem historischen Moment. Ent weder Europa wird erwachsen, oder wir werden das eu ropäische Lebensmodell in der globalisierten Welt nicht verteidigen können.

Tun wir alles dafür, dass wir dieses europäische Lebensmo dell erhalten und ausweiten können!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der SPD und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Abg. Frey.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kol leginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat es schon erwähnt: Der Europaausschuss war am Montag an dem Ort, wo täglich 90 000 Menschen wissen, warum wir hier in unserer Region Sicherheit, Frieden und Wohlstand haben. Das sind nämlich die 90 000 Grenzgänger, die als Arbeitnehmerinnen und Ar beitnehmer entweder in die Schweiz oder nach Frankreich oder nach Deutschland einpendeln,

(Abg. Anton Baron AfD: Was ist das denn für ein Ar gument?)

und das in der Art und Weise eines sozialen und gerechten Eu ropas, an dem wir weiterhin arbeiten wollen. Denn das kommt ja bislang nicht allen zugute; ich erinnere hier nur an die LkwFahrer aus osteuropäischen Ländern. Da müssen wir dafür sor gen, dass auch sie einen Ausgleich erhalten, wenn sie sich vor rangig in Deutschland oder in Frankreich aufhalten. Denn nur durch ein soziales und gerechtes Europa werden wir Sicher heit, Frieden und Wohlstand sichern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Mobilität, die Arbeitsmobilität und die Freizügigkeit der Arbeitnehmerschaft sind da ein Kernelement. Das funktioniert aber auf Dauer nur, wenn das sozial gestaltet wird.

Wir haben uns in Weil am Rhein die INFOBEST-Beratungs stelle angeschaut. Von diesen Beratungsstellen gibt es am Oberrhein ja vier. Dort werden Arbeitnehmerinnen und Ar beitnehmer beraten, aber z. B. auch Rentnerinnen und Rent ner, die jeweils in anderen Ländern Renten erhalten. Solche

INFOBEST-Beratungsstellen benötigen wir eigentlich in al len Grenzgebieten in Europa, damit in ganz Europa ein sozi aler Ausgleich, eine soziale Kohäsion für soziale Grundrech te und für soziale Arbeitsverhältnisse erfolgen kann. Dafür be darf es aber natürlich auch einer EU-Arbeitsbehörde, die die se Regeln überwacht.

Man hat 1950 eine Idee von Wirtschaftszusammenarbeit ge habt. Dieser Idee ist 2009 mit dem Lissabon-Vertrag eine Idee der Wertegemeinschaft und der Stärkung der Regionen ge folgt. Diese Wertegemeinschaft können wir jetzt nicht ohne Weiteres den Orbans und Kaczynskis überlassen. Deswegen brauchen wir weiterhin Solidarität in Europa, und es geht auch um den Nutzen von Grenzregionen und die Frage, wie sie sich gegenseitig befruchten können.

Vorhin wurde die Klimapolitik angesprochen. Es gab in der vergangenen Periode der EU z. B. am Oberrhein eine Zusam menarbeit in der Biomasseproduktion, aber auch der -verwer tung – möglichst ortsnah. Da kann man natürlich besser zu sammenarbeiten, wenn man in Kehl am Rhein einen 360-Grad-Blick hat und die Franzosen mit einbezieht, als wenn man nur in einem 180-Grad-Winkel in den Schwarz wald hineinschaut.

Ein anderes konkretes Beispiel, das wir auch immer wieder am Oberrhein besprechen, ist das Projekt TRISAN, mit dem die Gesundheitszusammenarbeit eruiert wird. Dort wird ge schaut, wie gemeinsam Nutzen aus Infrastrukturen in der Me dizin gezogen werden kann, etwa dadurch, entsprechende Krankenhausbetten für die Grenzregionen zur Verfügung zu stellen. Wie kann hier zusammengearbeitet werden? Da bringt eine Grenzregion innerhalb Europas auch einen Mehrwert für die Menschen, die dort leben.

Erinnern Sie sich an den 23. Juni 2016: An diesem Tag haben 51 % der Briten für den Austritt aus der EU gestimmt. Damals wurde ein Dominoeffekt vorausgesagt, dass nun ein Mitglieds staat nach dem anderen umfällt und die EU verlassen will. Aber gerade das ist nicht passiert, weil die Mehrheit der Men schen innerhalb Europas, innerhalb der Mitgliedsstaaten, wis sen, dass Sicherheit, Frieden und Wohlstand durch einen Aus tritt in Gefahr geraten.

Deswegen möchte ich Sie bitten, dass Sie jetzt vor Ort gehen, z. B. auch zusammen mit dem Europabus der Landesregie rung, und sich vor Ort für dieses Europa einsetzen – das ein sozial gerechtes sein muss, weil uns nur ein sozial gerechtes Europa Sicherheit, Wohlstand und Frieden bewahren wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Sänze.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe jetzt genügend Pathos und Erinnerungen an früher gehört. Aber erklären Sie doch einmal der Bevölkerung, dass in Deutschland ein EU-Abgeordneter 800 000 Menschen braucht, die ihn wählen. Warum sind in Malta nur 80 000 und in Luxemburg nur 100 000 Bürger notwendig? Ist das Demo kratie? Das ist keine Demokratie.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Hier werden wirtschaftliche Zusammenhänge hergestellt: Ich kann mich noch gut erinnern, wie die Deutschen entreichert wurden. Verluste werden solidarisiert, und Gewinne werden privatisiert.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Das haben wir gelebt. Die bestehende Bundesrepublik hat al les privatisiert, was gewinnträchtig war und einen Nutzen ge bracht hat. Was haben wir geschaffen? Prekäre Arbeitsplätze. Erklären Sie das einmal.

Dann komme ich zu Herrn Rülke. Wissen Sie, Herr Rülke, wenn Sie über Rentner parlieren, dann sollten Sie sich an Ih re eigene Verpflichtung gegenüber Ihren Angestellten erinnern und vielleicht ihre Beiträge bezahlen. Das wäre vielleicht schöner.

(Abg. Anton Baron AfD: Bundestagsfraktion! Tun Sie nicht so unwissend!)

Eine Kennziffer muss man nennen: Ein griechischer Rentner geht mit 92 % seines letzten Einkommens in Rente, ein deut scher Rentner geht mit 42 % in Rente. Jetzt sagen Sie diesen Rentnern einmal, warum sie sich solidarisch zu Europa erklä ren sollen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Carola Wolle AfD: Altersarmut lässt grüßen!)

Die Altersarmut ist vorprogrammiert. Hier wird gefaselt, dass sogar unsere sozialen Systeme noch über Europa solidarisiert werden sollen. Werden Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst! Wir sind nicht dazu da, die Franzosen in den Himmel zu brin gen, sondern haben dafür zu sorgen, dass es der Bevölkerung in unserem Land gut geht – und sonst niemandem.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Vielen Dank.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Es gibt auch eine geistige Altersarmut! – Gegenruf des Abg. Da niel Rottmann AfD: Kennen Sie sich da aus, Herr Rülke? – Zuruf von der AfD: Da spricht einer aus Er fahrung!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Hofelich.

Werte Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Die CDU hat im Titel ihrer dankenswer terweise beantragten Aktuellen Debatte u. a. die Worte „rich tig machen“ gewählt und spielt damit auf den Artikel „Euro pa jetzt richtig machen“ von Frau Kramp-Karrenbauer in der WELT an. Deswegen freut sich die CDU jetzt bestimmt, dass ich ein bisschen darauf eingehe, was der Artikel von Frau Kramp-Karrenbauer für Baden-Württemberg bedeutet. Das will ich im Folgenden tun.

„Richtig machen“ ist aus meiner Sicht nicht unbedingt, dass es dann, wenn der französische Staatspräsident an der Sor bonne eine grundsätzliche Rede zu Europa hält, keinen Kom mentar von der deutschen Kanzlerin dazu gibt und dass dann, wenn er in einem flammenden Appell zu Beginn dieses Jah

res wiederholt, was ihm wichtig ist, die einzige Antwort dar auf von der frisch gewählten CDU-Parteivorsitzenden stammt. Ich glaube nicht, dass dies in der Form und in der Sache rich tig gemacht ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD)

Im baden-württembergischen Interesse ist das jedenfalls be stimmt nicht – bei unserer speziellen Partnerschaft mit Frank reich. Das kann ich an dieser Stelle jetzt schon sagen.