Zunächst, Herr Dr. Ge deon: Sie haben jetzt hier gebracht, dass Sie von uns erwar ten, dass wir Bücher lesen. Wir hätten erwartet, dass Sie sich wenigstens heute von Antisemitismus distanzieren. Das ha ben Sie erneut nicht getan. Sie halten weiterhin an Ihren Hal tungen fest. Das ist doch das Problem.
Herr Kollege Meuthen, Sie sagen zu Recht – es ist wahr –, auf offener Bühne ist hier ein Schauspiel vollführt worden, das Ihnen sicherlich nicht angenehm ist. Das verstehe ich. Denn, Herr Fraktionschef Merz, es ist auch einmalig in 70 Jahren Landesgeschichte, dass wir einen solchen Vorgang in diesem Parlament überhaupt zu debattieren haben.
Insoweit ist es sehr wohl ernsthaft. Nur: Sie sagen keinen Satz dazu, dass Sie mit den Gruppen, von denen Sie, Herr Meu then, sich gerade distanzieren, im Landesvorstand weiterhin zusammenarbeiten. Sie sagen keinen Satz dazu, dass Sie im Bundesvorstand mit Frau Petry zusammenarbeiten, wenn Sie gleichzeitig jeden Tag dargelegt bekommen, dass hier offizi elle Machtkämpfe stattfinden, die gegen Sie gerichtet sind.
Das heißt, in Wahrheit läuft doch hier auf dem Rücken des ba den-württembergischen Parlaments ein Stellvertreterkrieg zu einem Problem, das die AfD in Berlin betrifft.
(Beifall bei der CDU und den Grünen, Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP sowie des Abg. Stefan Herre [fraktionslos])
Wissen Sie: Die Partei en haben in der Verfassung in der Nachkriegszeit, im Grund gesetz, eine wichtige Bedeutung erhalten: Sie „wirken bei der politischen Willensbildung... mit“. Es sind nur zwei, drei Pro zent der Bevölkerung, die im Spielfeld sind, die Mitglied ei ner Partei sind, die nicht auf der Zuschauertribüne sitzen. Des halb sollten wir alles, aber wirklich alles tun, dass wir der Würde des Parlaments und unserer Verantwortung nicht in Worten gerecht werden, sondern in Taten. Deshalb haben wir diese Debatte beantragt.
von rechten und antisemitischen Äußerungen haben wir von der AfD „alt“ und einem möglichen Zusammenschluss von weiteren Abgeordneten nur innerparteilichen Streit und etwas von einem taktischen Machtkampf um das Sagen in einer Par tei gehört. Die Äußerungen von Herrn Grimmer belegen, dass Sie sich ja gerade nicht davon distanzieren. Ihre Fraktion, Herr Merz, Herr Grimmer, hat geklatscht, als Herr Gedeon hier im Rahmen seiner „Verkaufsveranstaltung“ von seinen Thesen gesprochen hat. Sieht so eine klare Distanzierung von Antise mitismus aus? Ich sage Nein, liebe Kolleginnen und Kolle gen.
Außer Widersprüchen ist doch bei Ihnen nichts zu finden, und auch bei Herrn Meuthen ist außer Widersprüchen nichts zu finden. Herr Meuthen sympathisiert offen mit dem Rasseideo logen Höcke, und Teile Ihrer Partei haben Kontakte zur Iden titären Bewegung. Die Identitäre Bewegung – Herr Innenmi nister, Sie wissen es – wird bekanntlich vom Verfassungs schutz beobachtet. Der betroffene Abgeordnete dreht sich jetzt gerade um. Er möchte ja nachher eine persönliche Erklärung abgeben. Ich erwarte auch von Ihnen, Herr Meuthen, wenn Sie Vorsitzender dieser Partei sind, und von Ihnen, Herr Merz, wenn Sie Vorsitzender dieser Fraktion sind, dass Sie sich klar von diesen rechtsextremen Kontakten distanzieren. Wenn Sie hier für verantwortungsvollen Parlamentarismus einstehen, dann distanzieren Sie sich davon, Herr Meuthen und Herr Merz.
Herr Merz, in Ihren Äußerungen sind Sie zu keinem Zeitpunkt auf das eigentliche Thema der Aktuellen Debatte eingegan gen. Das Einzige, was Sie hier vorgetragen haben,
ist der innerparteiliche Streit in der AfD. Nachdem Sie ja bei de weiterhin in der AfD bleiben wollen, bin ich auch guten Mutes, Frau Präsidentin, dass das Rechtsgutachten klar zum Ergebnis kommen wird, dass es sehr hohe Bedenken gibt, ob dieser neue Zusammenschluss überhaupt eine Fraktion bilden kann.
Ich bleibe dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die AfD hat heute einmal mehr gezeigt: Sie ist demokratieunfähig, sie ist auch politikunfähig.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Was wir von Herrn Merz und Herrn Meu then hier gehört haben, könnte in keinem krasseren Wider spruch zueinander stehen. Widersprüche scheinen das tägli che Brot der AfD, oder wie auch immer sie sich nennen will, zu sein. Herr Merz geriert sich hier in einer Opferrolle, dass
alle anderen mit dieser AfD unanständig umgehen würden. Wenn Sie sich einmal mit wissenschaftlichen Untersuchun gen über rechtspopulistische Bewegungen beschäftigen, dann werden Sie ganz schnell merken, dass ein immerwährendes und immer wiederkehrendes Verhaltensmuster ist, dass sich diese Gruppierungen in die Opferrolle begeben. Herr Merz, wenn das Ihre einzige Rolle sein wird, die Sie hier in den nächsten Monaten für Ihre Fraktion einnehmen werden, dann ist das zu wenig, um in Baden-Württemberg Politik zu ma chen.
Ein krasser Widerspruch besteht doch insbesondere auch dort, wo Herr Merz erklärt: „Warten Sie doch einmal ab, vielleicht zwei Wochen, dann wird das wieder zusammenfinden, was zusammengehört.“ Zu dem Zeitpunkt, als er das gesagt hat, hat sich Herr Meuthen die Haare gerauft.
Aber, Herr Meuthen, wenn Sie hier so tun, als ob es unüber brückbare Gegensätze zwischen diesen Persönlichkeiten hier auf der rechten Seite gäbe, dann möchte ich wissen: Welche inhaltlichen Gegensätze sind es denn?
Denn aus Ihren Reihen, und zwar aus beiden Gruppierungen, kommen doch zahlreiche Bemerkungen, die darauf schließen lassen, dass es hier allein an einer Formalie gescheitert ist, dass es allein an einer Machtfrage gescheitert ist, dass man aber inhaltlich weiterhin an einem Strang ziehen würde.
Ein ganz wichtiger Grund, weshalb Sie unglaubwürdig sind, ist doch insbesondere der von Herrn Kollegen Schwarz be reits angesprochene. Wer sich auf Bundesebene – wohl auch aus machttaktischen Gründen – mit den Herren Gauland und Höcke zusammentut, der muss sich doch auch fragen lassen, wie er es mit dem Thema Rassismus hält.
Sie wollen uns verkaufen, dass es da eine Gruppierung gibt, nämlich eine quasi gereinigte AfD ohne Antisemitismus und ohne Rassismus. Haben Sie sich schon einmal mit den Reden von Herrn Höcke beschäftigt? Haben Sie sich schon einmal mit den Reden von Herrn Höcke über das angeblich andere Paarungsverhalten der Afrikaner beschäftigt? Was anderes als Rassismus ist es denn, was Ihre besten politischen Freunde täglich predigen, Herr Meuthen?
Ich kann Ihnen nur eines sagen: Dieses Parlament, dieser Landtag hat eine offene und anständige demokratische Aus einandersetzung verdient. Dieses Parlament ist aber nicht –
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dieses Parlament und auch die Öffentlichkeit sind mit dem Auftritt von Herrn Gedeon am heutigen Tag wahrscheinlich Zeugen des Unter irdischsten geworden, was es in diesem Parlament in den ver gangenen 70 Jahren gegeben hat:
Ralf Dahrendorf sei ein Antisemit, und all das andere krude Zeug, das Sie da abgesondert haben. Wenn es eines Beweises dafür bedurft hätte, was diese Partei disqualifiziert, dann ist es die Tatsache, dass es diese Partei und niemand anders ist, die jemanden wie Herrn Gedeon in dieses Parlament gebracht hat, meine Damen und Herren.
Herr Meuthen, Sie fragen: „Was kritisieren Sie denn über haupt?“ Ihre Rede war doch so vom Schlage: „Ich habe doch alles richtig gemacht. Was gibt es überhaupt an mir zu kriti sieren?“
Das will ich Ihnen gern aufzählen. Dies betrifft zunächst das Thema Antisemitismus. Sie haben hier behauptet, Antisemi tismus duldeten Sie nicht, Sie gingen mit aller Schärfe und al ler Schnelligkeit dagegen vor. Dann haben Sie es als großen Erfolg verkauft, dass Ihr Landesvorstand angeblich gestern Abend ein Ausschlussverfahren gegen Herrn Gedeon in die Wege geleitet hat.
Sie fügten hinzu, man wisse ja, wie lange das dauere. Wir wis sen, dass Ausschlussverfahren lange dauern, doch einleiten kann man Ausschlussverfahren sofort, Herr Meuthen. Das hät te schon längst passieren können.
Sie kehren unter den Teppich, dass Sie sich wochenlang dazu haben bringen lassen, mit Gutachten und anderer Verzöge rungstaktik Herrn Gedeon in der Fraktion zu halten. Sie ha ben es doch selbst als großen Erfolg verkauft: „Hurra! Wir machen jetzt Gutachten.“ Das ist noch nicht lange her. – Sie schütteln den Kopf. Dann leiden Sie unter Amnesie. Sie ha ben das als großen Erfolg verkauft. Sie seien gestärkt nach dieser Entscheidung, haben Sie behauptet. Oder war das auch wieder die „Lügenpresse“, Herr Meuthen?