Protocol of the Session on April 4, 2019

recherchieren. Der Verbraucher kann dann also auf diese Platt form gehen.

Was hat er davon? Derjenige, der sich für die Kontrollergeb nisse interessiert, erhält über dieses Portal Auskunft.

Wo sind die Schwierigkeiten? Am 14. Januar 2019 wurde es ins Leben gerufen, und wir haben inzwischen eine Flut von 2 500 Anfragen zu Betrieben in Baden-Württemberg, die bei unseren zuständigen Behörden in 35 Landkreisen eingegan gen sind. Bundesweit sind 21 000 Anfragen eingegangen. Das ist der Stand jetzt im April 2019.

Diese Anfragen müssen kontinuierlich abgearbeitet werden; denn nach dem VIG besteht ja auch ein Anspruch des Verbrau chers, innerhalb einer bestimmten Zeit die gewünschten In formationen zu bekommen.

Ich möchte dazu auch Stellung nehmen; denn es ist natürlich klar, dass seitens der Lebensmittelwirtschaft das Ganze nicht nur positiv gesehen wird, dass man das dort sehr kritisch sieht. Dort wird eben vermutet, dass man jetzt durch die Hintertür einen weiteren Hygienepranger schafft, der die vorgeschrie benen Veröffentlichungen nach dem Lebensmittel- und Fut termittelgesetzbuch – § 40 Absatz 1 a – bei Weitem übertrifft. Nach dem VIG wird dann mehr veröffentlicht als nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch.

Wir verfolgen ja – das wissen Sie – seit fast drei Jahren ge meinsam die Strategie, den Verbraucher zu nachhaltigem Kon sum aufzurufen und ihn zu bitten, sich regional zu orientie ren. Das hat für den Verbraucher den Vorteil, die Wertschöp fungskette – vom Acker auf den Teller, vom Stall auf den Tel ler – transparent vor Augen zu haben.

Ich denke, dass das angesprochene Vorgehen ein Misstrauen sät, das die Lebensmittelwirtschaft – unsere Ernährungshand werker – in keiner Weise verdient hat. Deswegen warne ich davor, hier Maß und Mitte zu überschreiten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der AfD sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Es gibt eine Zusatzfrage, und zwar von Herrn Abg. Burger.

Vielen Dank, dass ich eine Zusatz frage stellen darf. – Frau Staatssekretärin, Sie haben ausge führt, dass foodwatch und FragDenStaat auch Anfragen an den Staat, an die Landesregierung stellen, und beziffert, um wie viele Anfragen es sich handelt.

Können Sie noch einmal darauf eingehen, welchen Aufwand die Landesregierung damit hat, und sehen Sie nicht eine ge wisse Diskrepanz darin, dass private Einrichtungen hier die Arbeitskraft des Staates missbrauchen, indem sie kostenneu tral zuarbeiten lassen?

Ich kann für die jenigen, die nicht so sehr mit dem Thema vertraut sind, die Arbeitsweise und das Vorgehen von FragDenStaat und food watch einmal kurz beschreiben.

Die Bürger haben die Möglichkeit, über eine konfigurierte Sei te an die Behörden heranzutreten und Abfragen zu einem Le bensmittelbetrieb zu stellen – beispielsweise, welche Auffäl

ligkeiten bei den beiden letzten Kontrollen, die stattgefunden haben, festgestellt wurden. Dann muss die zuständige Behör de diese Anfrage bearbeiten. Sie bearbeitet sie aber nur, wenn der Anfragende auch zuordenbar ist, wenn er seinen Namen angibt. Ansonsten wird die Anfrage nicht bearbeitet.

Dann muss auch geklärt werden, ob der Dritte, der Betroffe ne, der Lebensmittelunternehmer, mit der Art und Weise, wie man die Auskunft gibt, mit den Inhalten einverstanden ist.

Das alles kostet natürlich Zeit. Ich gehe jetzt Pi mal Daumen einmal davon aus, dass ein solcher Vorgang, wenn er so ein fach abläuft, wie ich es gerade beschrieben habe, vielleicht ei nen Arbeitsaufwand von zwei Stunden verursacht. Wenn der Vorgang durch einen Angehörigen des gehobenes Dienstes be arbeitet wird – also Besoldungsgruppe A 11, A 12 –, dann wer den es 60 € die Stunde sein, und vielleicht sind es dann 120, 150 € mindestens, die ein solcher Fall verursacht – bei 2 500 Fällen. Manche werden vielleicht auch ihren Namen nicht an geben. Dann fällt die Bearbeitung der Anfrage weg. Gehen wir einmal davon aus, dass das, was bis jetzt angefallen ist, um die 300 000 € ausmacht.

Man muss natürlich auch sehen: Die Zeit, die man für die Be antwortung der Fragen aufbringen muss, fehlt dann eben für die tägliche Arbeit, die von den Lebensmittelkontrolleuren vor Ort zu machen ist.

Aber ich muss sagen: Das ist Bürgerrecht. Es ist zwar jetzt, möchte ich sagen, von foodwatch als NGO instrumentalisiert worden, aber letztlich steht immer ein Name dahinter, ein Bür ger, der eventuell, wenn das Ganze veröffentlicht wird, von dem Betroffenen, sprich dem Lebensmittelunternehmer, auch zivilrechtlich angegangen werden kann. Es passiert hier also nichts Unrechtes, aber diese Kampagne kann vielleicht dazu führen, dass andere wichtige Inhalte derzeit nicht so bearbei tet werden können, wie das wünschenswert wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Klaus Burger CDU: Herzlichen Dank!)

Es gibt eine weitere Frage, und zwar von Herrn Abg. Dr. Schweickert. – Bitte, Herr Abg. Dr. Schweickert.

Frau Staatssekretä rin, sehen Sie in diesem Portal eine Prangerwirkung?

Dieses Portal gibt zwar eine ganze Menge Informationen, aber die wesentlichen und wichtigen Informationen erfolgen ja über das Lebensmit tel- und Futtermittelgesetzbuch, weil es da um direkte Verstö ße geht. Das ist dort geregelt. Die, denke ich, haben die Öf fentlichkeit etwas anzugehen. Es gibt schon eine Schwelle, bis man über das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch nach außen geht.

Bei dem anderen kann es heißen, dass ein Lappen mal am fal schen Platz gehangen hat oder sonst irgendetwas aufgefallen ist, was aber die Gesundheit nicht beeinträchtigt.

Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist die Behandlung der Münd lichen Anfrage unter Ziffer 5 beendet. Danke schön.

Damit ist Tagesordnungspunkt 5 insgesamt erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Eu ropa und Internationales

zu dem Entschließungsantrag der Fraktion GRÜNE und

der Fraktion der CDU

zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD

zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der FDP/

DVP

Weißbuch zur Zukunft Europas – Drucksachen 16/5609, 16/5628, 16/5629, 16/5743

Berichterstatterin: Abg. Dorothea Wehinger

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

In der Aussprache erteile ich für die Fraktion GRÜNE das Wort Frau Abg. Bogner-Unden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen Europa, wir wollen Europa, wir gestalten Europa. Wir lassen uns von diesem richtigen und wichtigen Weg auch von ego zentrischen Nationalisten nicht abbringen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Oh-Rufe von der AfD)

Die chaotischen Szenarien um den Brexit zeigen uns die de saströse Wirkung von Nationalisten und Populisten, die nur sich selbst und ihr internes Machtgerangel im Auge haben. Die Verantwortung für ihr Land und für ihre Bevölkerung ha ben sie schon lange an der Garderobe abgegeben. Verantwor tung über die eigenen Grenzen hinaus überfordert sie völlig. Verunsicherung, gesellschaftliche Spaltung und wirtschaftli cher Niedergang sind das Ergebnis.

(Abg. Anton Baron AfD: Grüner Politik!)

Für das Volk tun diese Populisten nichts.

Wir brauchen Europa für die Lösung der Klimafrage, für un sere Mobilität, für weitere weltweite Kommunikation, für un sere Wissenschaft und Bildung, für sozialen Ausgleich und Zusammenhalt und auch für den Kampf gegen Steuerhinter ziehung, kriminelle Banden und Terrorismus.

(Beifall bei den Grünen)

Durch den Europäischen Binnenmarkt haben wir enorme wirt schaftliche Vorteile. Auch nach außen können wir uns zwi schen den großen Wirtschaftsblöcken USA und China behaup ten.

Wir wollen Europa; denn Europa bietet uns seit 70 Jahren Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. Mit unseren Nach barn verbindet uns Freundschaft. Schon allein dafür lohnt sich die EU.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Der europäische Zusammenhalt ist für uns alle von existen zieller Bedeutung. Deshalb gestalten wir Europa, und zwar auch hier in Baden-Württemberg. Auf der Grundlage des Weißbuchs der EU-Kommission hat unsere Landesregierung im letzten Jahr eine breite öffentliche Debatte über die Zu kunft der Europäischen Union geführt. Es gab Veranstaltun gen hier im Landtag. Die Meinung der Bürgerinnen und Bür ger sowie von Experten zur Zukunft Europas wurden in ei nem Dialogprozess gebündelt. Das Ergebnis, das Europaleit bild der Landesregierung, kann sich sehen lassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die heute vorliegende Beschlussempfehlung des Europaaus schusses benennt zu Recht die Bedeutung des angestoßenen Diskussionsprozesses. Mit einer klaren Positionierung zur Zu kunft Europas hat Baden-Württemberg damit eine Vorreiter rolle in und für Europa eingenommen. Darauf können wir stolz sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Beschlussempfehlung macht auch deutlich: Die EU ist längst mehr als eine bloße Wirtschaftsgemeinschaft. Sie ist ei ne Wertegemeinschaft. Sie steht für eine Gesellschaftsord nung, die der Achtung der Menschenwürde, der Wahrung der Menschenrechte, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlich keit verpflichtet ist. Alle europäischen Mitgliedsstaaten müs sen wir zur Einhaltung dieser Werte unmissverständlich auf fordern und diese auch gegenüber autokratischen Herrschafts formen verteidigen.