Protocol of the Session on June 30, 2016

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der SPD)

Jährlich entstehen 500 Millionen t Saharastaub in Afrika. In Deutschland kommen davon 1,8 Millionen t an. Dieser Staub hat übrigens einen sehr hohen Nährstoffgehalt, er enthält Kal zium und Magnesium.

(Vereinzelt Heiterkeit – Unruhe – Glocke des Präsi denten)

Da sollten wir einmal tiefer einsteigen. Das betrifft Saha rastaub wie auch Feinstaub aus der Landwirtschaft und Fein staub aus Baustellen.

(Beifall des Abg. Udo Stein AfD)

Was wir brauchen, sind Sonderlösungen. Wir müssen uns spe ziell beim Neckartor einmal Gedanken machen, welche bau lichen Maßnahmen wir ergreifen können, wie wir den Ver kehrsfluss beschleunigen können, ob wir vielleicht für einige Monate einmal zum Test ein Zelt darübermachen könnten.

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE meldet sich.)

Herr Poreski, mir reicht es zeitlich nicht mehr, danke.

Wir sollten überlegen, ob wir nicht am Neckartor bauliche Maßnahmen vorsehen könnten und ob wir nicht in der Stutt garter Innenstadt den Verkehrsfluss erhöhen und intensivieren könnten. Herr Verkehrsminister, wenn Sie aus dem Ministe riumsgebäude in der Hauptstätter Straße schauen, sehen Sie zwei Fußgängerampeln. Allein diese tragen derart viel zum Feinstaubaufkommen bei, dass man sich überlegen sollte, ob man hier nicht einmal Lösungen aufgreifen kann, um den Ver kehrsfluss an der B 14 zu erhöhen.

(Beifall des Abg. Dr. Rainer Balzer AfD)

Da würde ich mir wünschen, dass man nicht einfach bis 2018 abwartet, sondern wirklich engagiert herangeht und überlegt, was man am Neckartor tun kann.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Herr Verkehrsminister, da gibt es bessere Lösungen, intelli gentere Lösungen als nur zu hoffen, ab 2018 Fahrverbote er teilen zu können.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Wartet doch einmal ab!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Verkehrsminister Hermann das Wort.

Vielen Dank. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank an die SPD-Fraktion, dass sie das Thema aufgesetzt hat. Ich hätte mir allerdings auch gewünscht, dass Sie mit Ihrem De battenbeitrag einen Beitrag zur Lösung des Problems geleis tet hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Sie und auch einige andere haben ein bisschen so geredet, als lautete das Thema: „Gibt es Verbote oder nicht? Gibt es einen Feinstaubalarm oder nicht?“ Aber von Bedeutung ist doch das Problem dahinter.

(Abg. Felix Schreiner CDU: So ist es!)

Das Problem ist doch, dass vor allem in Städten wie Stuttgart die Luftbelastung, die Feinstaubbelastung der Luft wirklich gesundheitsschädlich ist.

(Abg. Felix Schreiner CDU: So ist es!)

Es ist ziemlich schwierig, dieses Problem zu lösen, wenn man einerseits auf keinen Fall Fahrverbote oder sonstige Einschrän kungen will und gleichzeitig schimpft, die freiwilligen Maß nahmen würden auch nichts taugen. Da muss man sich ein mal entscheiden, ob man zulangen will oder auf Überzeugung und Freiwilligkeit setzt.

(Zuruf: Was wollen Sie denn?)

Ich kann auch nicht nachvollziehen, dass jemand hier vor schlägt, man müsste mal dies und mal jenes machen, während wir schon seit ein paar Jahren daran arbeiten. Da haben Sie ein Informationsdefizit. Wenn Sie nämlich nur einmal ordent lich die Zeitung gelesen hätten, hätten Sie festgestellt, dass wir eine ganze Reihe von Maßnahmen mit der Stadt Stuttgart und mit der Region vereinbart bzw. verabredet haben.

Das wesentliche Problem ist, dass hier in Stuttgart seit nun mehr elf Jahren die gültigen Grenzwerte bei Feinstaub nicht eingehalten werden und dass seit 2010 die Grenzwerte bei Stickoxid nicht eingehalten werden. In jedem anderen Bereich würden viele von Ihnen aufschreien und sagen: „Das geht doch nicht, dass Regeln und Gesetze nicht eingehalten wer den. Da muss man einschreiten, und zwar sofort und brachi

al.“ Aber in dem Bereich der Umweltverschmutzung gibt es, wie ich finde, zum Teil eine zu große Toleranz.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Die Europäische Union hat uns jetzt ziemlich deutlich die Gel be Karte gezeigt mit der Ankündigung: „Wir werden ein Kla geverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland am Bei spiel der Stadt Stuttgart und der Stadt Leipzig einleiten, wenn ihr uns nicht belegt, dass ihr ein Konzept entwickelt, das glaubwürdig aufzeigt, dass die Grenzwerte in absehbarer Zeit endlich eingehalten werden.“

Das war die Ausgangssituation. Deswegen mussten wir sei tens der Landesregierung handeln, und deswegen mussten die Stadt Stuttgart und das Regierungspräsidium Stuttgart mitzie hen.

Ich will nur noch einmal, weil nicht alle in diesem Bereich schon lange zu Hause sind, sagen: Ich bin nicht der Oberbür germeister, bin nicht für jede Ampel zuständig, die in Stutt gart geschaltet wird; ich bin aber gegenüber der Europäischen Union verantwortlich. Am Ende wird das Land Baden-Würt temberg die Strafzahlung leisten müssen – nicht die Stadt Stuttgart – und niemand sonst. Das Land Baden-Württemberg gilt nach EU-Recht als untere Verkehrsbehörde, die das Pro blem lösen muss.

Wir haben jetzt zusammen – weil wir glauben, es geht nur zu sammen mit der Stadt Stuttgart und der Region – verschiede ne Konzepte entwickelt. Das Wichtigste ist aber, dass wir ein Gesamtkonzept für einen anderen Verkehr in der Region und vor allem für die Luftreinhaltung entwickelt haben. In diesem Konzept haben wir eine ganze Reihe von Maßnahmen darge legt, mit denen wir erreichen wollen, dass wir in absehbarer Zeit – wir haben gesagt, spätestens 2020/2021 – dauerhaft und verlässlich die Grenzwerte einhalten können.

Das ist schon eine ziemliche Herausforderung. Denn wie man weiß, haben meine Amtsvorgänger ebenfalls Versuche unter nommen und sind auch nicht gleich ans Ziel gekommen.

Trotzdem will ich sagen: Wir haben mit all diesen Anstren gungen, die wir seit der Einführung dieses Grenzwerts unter nommen haben, auch schon Erfolge erzielt. In Baden-Würt temberg, wo noch vor einigen Jahren in verschiedenen Um weltzonen die Feinstaubgrenzwerte nicht eingehalten worden sind, können wir heute sagen: Nur noch in Stuttgart auf der Achse B 14 werden die Grenzwerte bisher jedes Jahr „geris sen“, aber die Zahl der Überschreitungstage – wie es fachlich korrekt heißt – wird allmählich kleiner. Deswegen können wir sagen: Es war nicht erfolglos, was wir bisher gemacht haben. Es sind eine ganze Reihe von Dingen geschehen, die dazu bei tragen, dass es besser wird.

(Beifall bei der AfD sowie der Abg. Hans-Ulrich Sckerl, Martina Braun und Daniel Renkonen GRÜ NE – Abg. Andreas Stoch SPD: Da musst du noch et was drauflegen! – Heiterkeit)

Daniel Renkonen ist offenbar der Einzige, der die Maßnah men genau verfolgt.

(Heiterkeit – Zurufe)

Häufig wird gesagt: „Dieses Problem betrifft ja nur die Mess stelle am Neckartor; wenn man anderswo messen würde, gä be es das Problem nicht.“ Nein, es ist nicht so. Erstens ist die Messstelle damals wissenschaftlich begründet an genau der Stelle eingerichtet worden, und zweitens bauen wir eine Kon trollmessstelle auf der B 14. Wir wissen heute aus verschie denen Berechnungen, dass wir etwa auf 10 km, also etwa auf der B-14-Achse, die Grenzwerte beim Feinstaub überschrei ten und auf etwa 100 km Straßenlänge in Stuttgart die Grenz werte bei Stickoxiden überschreiten, in zahlreichen anderen Städten Baden-Württembergs übrigens ebenso. Das nächste Problem steht also schon vor der Tür.

Wie und wodurch haben wir Verbesserungen erzielt? Ich sag te bereits, die Zahl der Feinstaubtage war vor Jahren noch doppelt und dreifach so hoch wie erlaubt. Inzwischen können wir sagen: Das wird jetzt der erste Sommer sein, in dem wir nicht schon vor der Sommerpause die Grenzwerte überschrit ten haben. Wir sind heute also noch knapp unter den erlaub ten 35 Feinstaubtagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir haben übrigens – was angesprochen worden ist – tatsäch lich auch aufgrund der Tatsache, dass wir viele Baustellen ha ben, Feinstaubprobleme in Stuttgart. Das ist ein Problem, weil auf Baustellen auch Feinstaub entsteht. Deswegen haben wir durch eine Verordnung sichergestellt, dass auf Baustellen in Stuttgart nur noch Fahrzeuge und stehende Motoren zum Ein satz kommen, die einen Partikelfilter haben. Das ist eine ganz wesentliche Maßnahme in Stuttgart. Die haben wir 2015 ein geführt, und das zeitigt auch Wirkung.

Wir haben außerdem natürlich auch einiges im Bereich des öffentlichen Verkehrs gemacht. Herr Kollege Renkonen hat es auch dargelegt. Wir haben den ÖPNV-Pakt geschlossen. Den haben wir im Bewusstsein, dass wir etwas tun müssen, schon vereinbart. Wir haben auch die Förderung etwa bei Elektromobilität in Stuttgart deutlich nach vorn getrieben. Die zahlreichen Ladestationen, die wir hier haben, sind vom Land gefördert; das „Car2go“-Konzept unterstützen wir. Wir sind mit der Stadt Stuttgart in engster Abstimmung, wie wir das Angebot, was Stadtbahnen angeht, verbessern können. Für die S-Bahnen ist die Region zuständig.

Wir wollen also das ÖPNV-Angebot insgesamt verbessern. Wir tun da auch einiges. Aber auch hier muss ich sagen: Da hat das Land nicht allein das Sagen, sondern da braucht man seitens des Landes immer die Partner, die mitziehen, die Ge meinderäte oder auch den Regionalverband.

Es ist gesagt worden, dass die durch den Verkehr verursach ten Abgase nur noch geringe Anteile ausmachten. Ich habe mir die Daten dazu gerade noch einmal geben lassen. Herr Haußmann, am Neckartor ist es nun einmal so, dass etwa 45 % der Feinstäube aus dem Verkehr kommen. Davon ist ein rela tiv hoher Anteil auf Abrieb von Bremsen und Reifen sowie auf Aufwirbelungen zurückzuführen. Etwa 10 % entfallen auf Abgase. Das ist etwa die Summe, die Sie genannt haben. Wir sollten aber nicht so tun, als wäre der Verkehr kein Problem.

Das zweite wichtige Problem sind tatsächlich die Kaminfeu erungen. Wir haben in Stuttgart – man glaubt es kaum – in zwischen 20 000 – ich nenne es immer so – romantische Ka

minfeuerungen, die man eigentlich nicht braucht, weil man eine Zentralheizung hat. Es ist aber irgendwie schick gewor den, dass man sein Feuer anschmeißt und in den Ofen reingu cken kann.

Das ist aber unter Feinstaubgesichtspunkten ein Riesenprob lem. Deswegen haben wir auch gesagt: Während eines Fein staubalarms freiwillig keine romantischen Kamine betreiben.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Bullinger?

Die nehme ich an.