Protocol of the Session on June 30, 2016

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Für die CDU-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Kollegen Schreiner.

Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rivoir, der beste Beitrag zur Reduzierung des Feinstaubs

am heutigen Tag in Stuttgart wäre gewesen, wenn Sie statt viel heißer Luft

(Widerspruch von der SPD)

ein paar konkrete Beiträge gebracht hätten, wie wir z. B. den Feinstaub in dieser Stadt mindern können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Denn den Feinstaub und die Debatte über den Feinstaub in der Landeshauptstadt Stuttgart haben wir ja nicht erst seit weni gen Wochen. Vielmehr ging es darum auch schon in der letz ten Legislaturperiode in sehr vielen Debatten. Ich kann Ihnen versichern: Dieses Thema wird auch in dieser Legislaturperi ode ein treuer Begleiter sein.

Uns allen ist bewusst, dass wir alle einen Beitrag in Bezug auf die Belastung mit Feinstaub und Stickoxiden leisten müssen und dass etwas passieren muss, um zugunsten der Bürgerin nen und Bürger in dieser Stadt etwas zu erreichen – und das übrigens nicht erst seit dem zwischen zwei Bürgern und dem Land Baden-Württemberg vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart geschlossenen Vergleich.

Die Entwicklung der Feinstaubbelastung ist seit vielen Jahren – nicht erst seit 2011 – insgesamt verhalten positiv zu bewer ten; denn die Belastungen sind dann ja doch etwas zurückge gangen. Aber dieser Rückgang reicht bei Weitem nicht aus.

Das Land ist aufgrund europäischer Vorgaben und zur Ver meidung von Strafzahlungen ganz konkret zum Schutz der Bevölkerung in Ballungsgebieten, vor allem in Stuttgart, ver pflichtet. Deshalb müssen wir weiter konsequent an der Re duzierung von Schadstoffbelastungen arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Karl Rombach CDU)

Nun lässt sich kaum verhehlen, dass es zwischen den beiden Regierungsfraktionen in der Vergangenheit mitunter unter schiedliche Auffassungen über den Weg – das Ziel war ein deutig – und die Konzepte zur Luftreinhaltung gegeben hat.

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Aber das Ziel, nämlich die Verbesserung der Luftqualität in Städten und Gemeinden und der Schutz der Gesundheit für Bürgerinnen und Bürger, eint unsere Fraktionen und hat auch sehr eindeutig Einzug in den Koalitionsvertrag gehalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Ich will auch gar nicht verschweigen, dass ich persönlich und meine Fraktion natürlich auch dem Feinstaubalarm kritisch gegenüberstehen und dass man eruieren muss, was nach der Berichterstattung über die Wirkung dann festgestellt wird.

Aber, Herr Rivoir, auf der anderen Seite sehe ich auch, dass es sich beim Feinstaubalarm um eine Maßnahme handelt, die den Bürgern keine Vorschrift macht, sondern nur an freiwil liges Verhalten appelliert. Hätte sich Ihr früherer Fraktions vorsitzender auch hin und wieder einmal daran gehalten, wä re es vielleicht sogar noch besser geworden in dieser Stadt.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Aber solche Maßnahmen sind immer vorzuziehen. Um es klar zu sagen: Wir, die CDU-Fraktion, sind gegen generelle Fahr verbote. Was Sie mit dem Vergleich machen, ist nichts ande res als eine Fehlinterpretation.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Oi!)

Sie schreiben, es kämen jetzt mit der CDU Fahrverbote durch die Hintertür. Wir haben uns dazu klar geäußert. Für uns ist klar: Fahrverbote müssen, wenn es irgendwie geht, vermie den werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Man muss bedenken, was Fahrverbote – sei es auch nur in ei nem kleinen Radius z. B. um die Messstelle am Neckartor he rum – für Auswirkungen hätten. Die Leidtragenden wären die Arbeitnehmer, die Pendler, die Handwerker und viele kleine und mittlere Unternehmen, die auf den Autoverkehr angewie sen sind.

Deshalb brauchen wir klare, konstruktive, konsequente Kon zepte, um die Grenzwerte möglichst schnell einzuhalten. Wir müssen den ÖPNV konsequent weiter ausbauen. Wir brau chen einen bezahlbaren öffentlichen Personennahverkehr, und vor allem brauchen wir größere Kapazitäten auch an den Ta gen, an denen wir mit der Luftreinhaltung in dieser Stadt zu kämpfen haben.

Die Mobilität insgesamt müssen wir so schnell wie möglich auf schadstoffarme und erneuerbare Energien umstellen. Wir wollen den technologischen Fortschritt bei Pkws und Lkws und vor allem auch beim ÖPNV und den Schienenfahrzeugen fördern und vorantreiben. Baden-Württemberg hat eine ech te Chance, hier eine Vorreiterrolle einzunehmen. Dazu steht diese Regierungskoalition.

Mittelfristig sehen wir gemeinsam auch die Einführung einer blauen Umweltplakette. Unter gewissen Voraussetzungen ste hen wir dieser offen gegenüber. Wir haben das in den Koali tionsvertrag aufgenommen, haben aber auch klare Vorausset zungen und Bedingungen dafür hineingeschrieben. Eine Vo raussetzung ist z. B., dass die Einführung sozial verträglich erfolgt, dass sie ausreichende Übergangsfristen und Ausnah meregeln beinhaltet und dass die bereits beschriebenen Nach teile für die Wirtschaft und die Arbeitnehmer vermieden wer den.

Um das auch klar zu sagen: Wir brauchen ein Gesamtkonzept für die Verkehrssituation in Stuttgart. Es kann nicht sein, dass alles durch den Talkessel hindurchgeht. Deshalb werden wir auch Gespräche über den Nordostring und über die Filderauf fahrt führen müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Glocke des Prä sidenten)

Kollege Schreiner, gestat ten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Stein?

Ja, bitte.

Sie reden jetzt über die Einführung ei ner blauen Plakette. Finden Sie nicht, dass diese zu mehr Bü rokratie führt anstatt zu dem, was Sie sich auf die Fahne ge schrieben haben, dem Abbau von Bürokratie?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt reden wir gerade über Umweltschutz!)

Herr Kollege Stein, Sie haben ja gerade gehört, was ich gesagt habe. Wir haben die Einführung unter Bedingungen und unter Voraussetzungen in den Koali tionsvertrag geschrieben, die erfüllt sein müssen. Ich erwarte schon, dass man, nachdem jetzt eine neue Regierung gebildet wurde, die sich jetzt auf den Weg macht und über diese The men spricht – übrigens auch im Verkehrsausschuss sprechen wird –, ein wenig abwartet, bevor man jetzt wieder Vorverur teilungen vornimmt und das Vorhaben generell ablehnt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Gögel.

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion zum Thema „Feinstaubalarm in Stuttgart“ wirft berechtigte Fragen auf. Konkrete oder differenzierte Antworten habe ich jetzt in der Debatte noch nicht vernommen.

Die EU-Kommission hat das Recht, Luftreinhaltepläne bzw. Aktionspläne zu fordern und bei einem Verstoß auf Bußgel der zu verklagen, sodass angesichts der geltenden Rechtslage die Stadt Stuttgart zweifellos zum Handeln gezwungen ist.

Der Vergleich mit Anwohnern des Neckartors vor dem Ver waltungsgericht hat ein Ergebnis gebracht, und die Stadt hat sich verpflichtet, ab dem Jahr 2018 den Individualverkehr am Neckartor um 20 % zu reduzieren.

Meine Damen und Herren, Aktionsplan bedeutet freilich nicht Aktionismus, und die bekannte Palette an bunten Plaketten hat das Feinstaubproblem der Innenstädte bislang nicht zu ent schärfen vermocht. Dies ist auch nicht verwunderlich, wenn man weiß, dass der Feinstaub nur zu einem geringen Teil aus Verbrennungsrückständen des Fahrzeugabgassystems stammt. Feinstaub entwickelt sich durch Reifenabrieb, den Abrieb auf Fahrbahndecken und Bremsstaub.

Insgesamt trägt der Individualverkehr in Deutschland in der Fläche bis zu 20 % des gesamten Feinstaubvolumens bei. In Innenstädten wie in Stuttgart ist die Situation dramatischer. Hier beträgt der Anteil bis zu 45 %.

Zudem hat man in Stuttgart mit der Großbaustelle Stuttgart 21 einen Feinstaubriesen implementiert. Die Partikelfilter an den Baustellenfahrzeugen können nicht darüber hinwegtäu schen, dass die Hauptursachen der Feinstaubentwicklung wie Reifenabrieb, Fahrbahndeckenabrieb, Bremsstaub und zusätz lich die immense Staubentwicklung beim Schüttgutumschlag zu erheblich höheren Belastungen und einer deutlich höheren Anzahl von Feinstaubalarmen führen und in Zukunft führen werden.

Eine Sonderregelung für die Stadt Stuttgart während der Bau zeit bei der EU-Kommission zu erreichen wurde leider ver

säumt, sodass wir nach wie vor in der Situation sind, bis zu 50 Feinstaubalarme ohne Konsequenzen erdulden oder ertra gen zu müssen. Wenn es darüber hinausgeht, kommt es zu Zwangsmaßnahmen.

Somit wird auf die einfachste restriktive Maßnahme, die Ein schränkung des Individualverkehrs, zurückgegriffen. Wir bit ten, hierbei unter allen Umständen zu vermeiden, dass Verbo te einseitig nach einem – wie wir spätestens seit dem Ab gasskandal wissen – nicht zuverlässigen Plakettensystem um gesetzt werden. Wir fordern die Landesregierung und die Stadt Stuttgart daher auf, nach intelligenten Eingriffsmöglichkeiten zu suchen,

(Beifall bei der AfD)

die sämtliche Verursacher von Feinstaub gleichmäßig belas ten.

Meine Damen und Herren, es darf also auch nicht davor zu rückgeschreckt werden, bei entsprechenden Witterungslagen den Baustellenbetrieb Stuttgart 21 einzuschränken.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Na ja, dann wären wir noch langsamer!)