Protocol of the Session on October 10, 2018

seine Pflicht sträflich vernachlässigt. Er hat die Kommunen und die Länder hängen lassen. Jetzt hat er endlich etwas ge macht; jetzt bietet er eine 80-%-Förderung an. Es ist nicht ge klärt, wie das abgewickelt werden soll. Wir sind aber gern be hilflich, wenn es darum geht, dass es schnell gehen muss.

Ich will aber darauf hinweisen: Der Bund ist hier in der Ver antwortung. Er hat ein Programm. Er muss das Programm stri cken und muss die Abwicklung klären. Die Länder werden si cherlich, wenn notwendig, behilflich sein. Wir werden da aber nicht einfach mal so die Aufgaben des Bundes übernehmen.

Herr Abg. Rivoir, Sie haben das Wort.

Herr Minister, die Einigung in Ber lin war das eine, was aus Berlin gekommen ist. Das andere war das gestrige Gerichtsurteil, wonach es mehrere belastete Straßen in Berlin gibt. Es soll dort ja auch ein flächendecken des Fahrverbot ausgesprochen werden. Das Gericht hat aber weiter gesagt, das sei nicht verhältnismäßig; nur bestimmte Straßen, die hoch belastet sind, sollen gesperrt werden.

Jetzt frage ich mich: Warum möchten Sie denn in Stuttgart ein flächendeckendes Fahrverbot, obwohl hier auch nur wenige Straßen wirklich betroffen sind?

Herzlichen Dank für die Frage. – Das war für uns wirklich eine spannende Fra ge: Wie entscheidet das Gericht dort? Das Gericht hat tatsäch lich abgewogen zwischen Zonen und Strecken und hat sich am Ende für Strecken entschieden – allerdings nicht für Fahr zeuge der Klasse Euro 4, sondern für Euro 5 – und 4 und 3 und 2 und 1. Das heißt, es ist in der Sache schärfer, als wir he rangehen – deutlich schärfer –, weil das Gericht ja sagt, das muss jetzt sofort umgesetzt werden. Damit sind nur zwei bis drei Monate Zeit, um es zu realisieren. In spätestens einem halben Jahr gibt es also Fahrverbote auf bestimmten Achsen in Berlin, z. B. auf der Friedrichstraße oder in Alt-Moabit. Das betrifft eine ganze Reihe von Straßen.

Was ist der Unterschied zwischen Berlin und Stuttgart?

(Abg. Martin Rivoir SPD: Wir kennen viele! – Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP: Die Regierung! – Heiterkeit)

Ich wohne gern in Stuttgart, aber man muss es doch ab und zu sagen: Stuttgart ist größenordnungsmäßig ein Stadtteil von Berlin.

(Oh-Rufe – Abg. Dr. Albrecht Schütte CDU: Endlich sagt es mal einer!)

Ja, aber es ist doch ein sehr bedeutender Unterschied. Na türlich ist Stuttgart kein Stadtteil von Berlin, aber größenord nungsmäßig muss man einfach sagen, Berlin ist sehr viel grö ßer, der Innenstadtbereich ist sehr viel größer als der ver gleichbare Bereich in Stuttgart. Vor allem – das wissen Sie al le, die Sie schon einmal in Berlin waren – gibt es in Berlin sehr viel breitere Straßen als bei uns, zweitens sehr viele pa rallele Achsen. Bei uns gibt es eine konzentrierte Achse; da neben gibt es nichts, da sind dann Wohngebiete. Das ist ein großer Unterschied. Übrigens haben die Berliner Glück, dass im Vergleich zu uns dort mehr Wind weht.

Aber klar ist: In Berlin kann man mit Achsen arbeiten, weil es dort Ausweichmöglichkeiten gibt, ohne dass es zu solch ei ner Verschlechterung führt, dass die Grenzwerte gerissen wer den. Bei uns würde der Ausweichverkehr in Wohngebiete ge führt; dadurch würden dort die Grenzwerte gerissen. Deswe gen haben wir uns für die Zonenregelung entschieden. Übri gens: Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und in Berlin ha ben diese Zonenregelung bestätigt.

Vielen Dank. – Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Haußmann.

Sehr geehrter Herr Mi nister, Sie haben gerade noch einmal bestätigt, dass Sie pla nen, zum 1. Januar 2019 die Fahrverbote für Fahrzeuge der Klasse Euro 4 umzusetzen. Gleichzeitig haben Sie aber auch auf die Änderung der Immissionsschutzregelungen hingewie sen. Das heißt möglicherweise – darin liegt ein Widerspruch –, dass man bestimmte Euro-4-Fahrzeuge nach relativ kurzer Zeit wieder zulassen sollte. Nicht umsonst hat ja der Handels verband gesagt, es mache gar keinen Sinn, das jetzt schon so umzusetzen, wenn man nach kurzer Zeit Fahrzeuge eigentlich wieder zulassen muss und die Verwirrung noch größer wird.

Sie hatten aber auch – das ist meine Frage – auf Ihrer Regie rungspressekonferenz am 2. Oktober davon gesprochen, dass es bestimmte Verwaltungsvorgänge gibt, die es Ihnen unmög lich machen, die Fahrverbote zum 1. Januar 2020 wieder auf zuheben. Mich würde interessieren: Welche Verwaltungsvor gänge, Verwaltungsrichtlinien sind das denn, dass es angeb lich unmöglich ist, das jetzt zu verschieben, so, wie es der Handelsverband fordert?

Nehmen wir ein fach das Beispiel mit diesen 270 mg pro Kilometer. Wenn das ein Grenzwert ist, setzt das erstens voraus, dass rechtlich ge klärt ist, wie gemessen wird. Das war bisher unklar. Das müss te geklärt werden. Zweitens müsste das in eine Vorschrift, in eine Verordnung des Bundes hineingeschrieben werden. Denn nur auf dieser Grundlage können wir weiter handeln.

Wir haben immer gesagt: Das Bundesimmissionsschutzrecht muss geändert werden; wir brauchen eine blaue Plakette. In dieser Änderung steht dann, wie das alles mit den Plaketten geregelt ist. Macht das einfach, dann ist alles rechtskonform! Der Bund hat das ausdrücklich nicht gemacht, aber hat jetzt angekündigt, dass er das Bundesimmissionsschutzrecht än dert. Dabei müssten solche Dinge aufgenommen werden. Sie wissen alle, wie lange solche Prozesse dauern und welche Vo raussetzungen es dabei gibt – es geht durch den Bundestag und muss auch noch durch den Bundesrat gehen –, aber am Ende muss es eine rechtlich saubere Regelung geben. Auf die ser Basis kann dann z. B. ein Luftreinhalteplan noch umfor muliert werden.

Jetzt ist es so: Wir können ja nicht erst an Silvester überlegen, ob wir den Luftreinhalteplan zum 1. Januar in Kraft treten las sen oder nicht, sondern dafür müssen alle Vorbereitungen ge troffen werden. Wir – genauer gesagt: die Stadt Stuttgart – be stellen jetzt gerade im Wege einer europäischen Ausschrei bung die Schilder. Die Verwaltung bereitet sich vor. Wir wer den den Luftreinhalteplan im November/Dezember förmlich in Kraft setzen; ab Januar wird er dann gelten. Ich sehe nicht, wie das alles in diesen paar Wochen passieren soll. Das sind die rechtlichen und verwaltungsmäßigen Hürden, die es gibt.

Damit es kein Missverständnis gibt: Diese 270 mg sind ein durchaus anspruchsvoller Wert. Wir haben uns einmal bei Ver tretern der Automobilindustrie erkundigt, ob sie denn wüss ten, welche Fahrzeuge dafür infrage kommen. Der VDA konn te diese Frage nicht beantworten. Wir sind gespannt, ob über haupt Euro-4-Fahrzeuge gefunden werden, die ohne Nachrüs tung diesen Wert erfüllen. Es wird wahrscheinlich einige ge ben, aber nur wenige. Jedenfalls wird es die Masse dieser Fahrzeuge nicht treffen. Insofern wird es eher um Ausnahmen gehen. Wenn es ein Grenzwert wäre, bei dem massenhaft Euro-4-Fahrzeuge befreit würden, wäre in der Tat ein Nach denken notwendig.

Herr Abg. Hentschel, Sie ha ben das Wort, um die nächste Frage zu stellen.

Herr Minister, gibt es denn im Moment noch Städte in Baden-Württemberg, in denen die Grenzwerte überschritten werden, die aber nach der bisheri gen Beschlusslage noch nicht als belastet identifiziert worden sind? Und welche Maßnahmen werden diese Städte denn er halten, um zu einer Einhaltung der Grenzwerte zu kommen?

Die berühmtes te Stadt ist Freiburg. Sie kennen ja die Liste. Dort sind Back nang, Reutlingen, Ludwigsburg, Stuttgart und – – Was habe ich jetzt vergessen? Fünf Städte sind es ja.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Heilbronn!)

Heilbronn habe ich vergessen. – Das sind die Städte, die schon mal in dem Paket drin sind und für die an Lösungen ge arbeitet wird. Für Reutlingen und Tübingen gibt es ja schon einen neuen Luftreinhalteplan mit Maßnahmen. Sukzessive werden dann – je nachdem, ob die Luftreinhaltepläne abge laufen sind – neue erarbeitet.

In Freiburg wird gerade ein neuer Luftreinhalteplan erarbei tet. Freiburg überschreitet die Grenzwerte, ist jetzt aber auch nicht auf der Liste. Da wird man sich sicherlich auch Gedan ken machen, wie man von den hohen Werten herunterkommt. Allerdings gibt es in Freiburg die Besonderheit, dass das Pro blem aufgrund hohen Verkehrsaufkommens nur auf einer Ach se besteht – das ist die B 31 – und auch nicht in der Stadt, son dern nur entlang dieser Achse.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Schon in der Stadt!)

Teilweise in der Stadt. – Die Region Freiburg hat nach mei nem Kenntnisstand keine solch moderne Busflotte wie Stutt gart. Das wird u. a. eine Stellschraube sein.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Da fahren auch keine Busse!)

Auf dieser Achse.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Nein!)

Aber es fahren insgesamt welche.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Da fährt die Straßenbahn, elektrisch!)

Gut, das sind dann solche Maßnahmen.

Auch wenn dadurch, dass wir hier im Landtag das alles dis kutieren, der Anschein erweckt wird, als würden wir alle Luft reinhaltepläne machen, ist es ja so, dass normalerweise die Regierungspräsidien die Luftreinhaltepläne machen. Norma lerweise landet das auch nicht hier im Landtag. Nur jetzt, in diesem umstrittenen Fall der Fahrverbote, ist es sozusagen ein Politikum der Koalition, des Parlaments und der Öffentlich keit geworden. Deswegen diskutieren wir das so ausführlich. Aber ich habe eigentlich nicht vor, dass wir jeden Luftrein halteplan hier im Landtag diskutieren. Es wäre falsch, den Landtag damit zu belasten. Das ist normales Verwaltungs- und Regierungshandeln auf der Grundlage von Recht und Gesetz.

(Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)

Herr Abg. Dr. Schütte, Sie ha ben das Wort, um die nächste Frage zu stellen.

Noch eine kurze Nachfra ge, die sich im Wesentlichen an die Frage von Herrn Hent schel anschließt: Haben Sie für die anderen Gemeinden, die in dem Plan des Bundes drin sind – das sind ja all die Gemein den mit einem Wert von mehr als 50 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft – eine Abschätzung, welcher Anteil der Fahrzeuge der Euro-Normen 4 und 5 im Wege der Umtausch prämie ausgetauscht werden müsste, damit sie die Grenzwer te erfüllen, oder könnten Sie so etwas erstellen?

Das haben wir tatsächlich nicht. Das müsste man erarbeiten, wobei ich Ihnen spontan noch nicht einmal sagen kann, ob wir die nötigen Da ten haben, um es zu erarbeiten, ob wir es in absehbarer Zeit mit nicht zu großem Aufwand herstellen könnten.

Ich will aber an dieser Stelle an eines erinnern: Wir haben bei unserem Maßnahmenpaket zur Stärkung des öffentlichen Ver kehrs ganz gezielt auch an das Land gedacht und nicht nur an Stuttgart. Wir verbessern den Busverkehr im ganzen Land, wir sorgen für günstige Tarife im ganzen Land, wir starten die Metropolexpresszüge usw. Da sind schon viele dieser Städte, die jetzt betroffen sind, auch berücksichtigt. Denn es sind meist Städte, die in vergleichsweise engem Zusammenhang mit dem Ballungsraum Stuttgart stehen.

Die nächste Frage kommt von Herrn Fraktionsvorsitzenden Stoch.

Herr Minister, Sie haben vorhin ausgeführt, dass ein Teil des Deals zum Thema Diesel u. a. Umtauschprämien sind. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass Um tauschprämien aus dem Grund, dass viele Menschen sich eben kein neues Fahrzeug leisten können, keine adäquate und wirk same Maßnahme sein können. Auch das Thema Rabatte ha ben Sie angesprochen.

Ich denke, der Schlüssel liegt in der Hardwarenachrüstung. Hier sehen wir die Automobilindustrie in der Pflicht, weil Menschen, die sich vor einigen Jahren ein Euro-4-Fahrzeug gekauft oder die vor Kurzem noch ein Euro-5-Fahrzeug neu zugelassen haben, sich an vielen Stellen in ihrem Vertrauen in die Technik und auch in die Zusagen der Automobilindustrie getäuscht sehen.

Jetzt haben wir in der Bundesregierung die Situation, dass vonseiten der SPD schon lange versucht wird, die Hard

warenachrüstung durchzusetzen; ich zitiere unsere Umwelt ministerin. Ganz hartleibig ist in diesem Zusammenhang die CSU. Bisher auch nicht sonderlich willig, etwas zu tun, war und ist die CDU. Frau Merkel hat dieses Thema lange an sich abprallen lassen.

Jetzt haben Sie hier in Baden-Württemberg die CDU mit in Ihrer Regierung. Sie haben einen der stellvertretenden Bun desvorsitzenden der CDU am Kabinettstisch sitzen. Was tun Sie konkret, damit wenigstens die CDU in Baden-Württem berg kapiert, dass für die Menschen in Baden-Württemberg das Thema Hardwarenachrüstung ein ganz zentrales Element dafür sein wird, ob sie zukünftig mobil sein können, und zwar auch dann, wenn sie sich kein Neufahrzeug leisten können?

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender – sehr geehrtes Geburtstagskind. Eine schöne Frage. Herzlichen Glückwunsch!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD – Abg. Andreas Stoch SPD: Danke!)

Wir haben uns schon seit Beginn der Debatte immer bemüht, haben uns auseinandergesetzt und uns auch mit der CDU und mit dem CDU-Landesvorsitzenden und stellvertretenden Bun desvorsitzenden Strobl verständigt, dass er auf die Bundesre gierung und auch auf die Kanzlerin einwirkt, dass es zu Hard warenachrüstungen kommt.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Hat aber nichts geholfen!)

Da ist es ihm vielleicht so gegangen wie Ihnen als Frakti onsvorsitzendem, bezogen auf die Bundesregierung; das hat auch nichts geholfen. Denn Sie haben ja diesen Kompromiss gemacht.

(Minister Thomas Strobl: Na ja! Ein bisschen hat es schon geholfen! – Zuruf des Abg. Dr. Erik Schwei ckert FDP/DVP)