Protocol of the Session on October 10, 2018

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zu rufe)

FDP/DVP. – Ich bin auf einige Erläuterungen von Ihnen da zu gespannt. Denn nach dem Änderungsantrag soll z. B. jähr lich ein Geschäftsbericht erstellt werden. Mediatoren, Rechts anwälte müssen das nicht, Notare – andernfalls müsste ich mich schwer täuschen – auch nicht. Insofern bedeutet eine sol che Vorgabe einen zusätzlichen Bürokratieaufbau. Sie stört auch die Kleinstverfahren, die ja gerade in die Güteverhand lung hineinsollen. Da bin ich schon jetzt auf Ihre Ausführung, Ihre Begründung gespannt.

Wir – Oppositionsführer AfD – haben den Gesetzentwurf na türlich kritisch geprüft und festgestellt: Er genügt den grund sätzlichen Anforderungen unseres Parteiprogramms.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Wir wollen, dass Subsidiarität gelebt wird. Der Gesetzentwurf führt zu mehr Subsidiarität – Subsidiarität deshalb, weil sich der Staat wieder auf seine Kernaufgaben besinnen soll, weil der Staat zurückgeführt werden soll. Das ist effizient und ge nügt einem weiteren Grundsatz der AfD, der Basisdemokra tie.

(Beifall bei der AfD)

Wir wollen, dass für die Bürger alle Entscheidungen und Kompetenzen so weit wie möglich an den Ort der Auswirkung der Entscheidung verlagert werden – daher unser Entwurf für ein Demokratiestärkungsgesetz, den Sie leider abgelehnt ha ben, daher die von uns begehrte Erweiterung zum Informati onsfreiheitsgesetz, die Sie leider auch abgelehnt haben. Da nur das Land Baden-Württemberg berechtigt ist, ein Ausfüh rungsgesetz zu § 794 ZPO zu erlassen und somit aus verfas sungsrechtlichen Gründen eine weitere Delegation nicht mög lich ist, ist die Subsidiarität gewährleistet.

Zur Frage der Zusatzqualifikation wurde schon einiges vor getragen. Verlangt wird die Befähigung zum Richteramt. Das bedeutet: Zweites Staatsexamen erfolgreich abgeschlossen. Wenn die Kollegen hier keine Bedenken haben – ich hätte jetzt den Rechtsanwälten das Ganze auch ohne Zusatzqualifikati on zugetraut; ja natürlich, Frau Kollegin Gentges, das hätte ich Ihnen schon zugetraut –, werden wir dem auch zustim men. Dass dem Gremium, nämlich dem Landgericht, ein Er messensspielraum eingeräumt wird, erachten wir auch als sinnvoll.

Die vorgesehene Reduzierung der Zuständigkeit für die An erkennung und die Aufsicht von 17 auf drei Landgerichte könnte man – angesichts von vier Regierungsbezirken – et was kritisch sehen. Wenn sich aber andererseits die Kosten einsparungspotenziale, die Sie angedeutet haben, verwirkli chen lassen, können wir dem auch zustimmen. Wir haben zu mindest keinen Grund für eine Ablehnung.

In § 22 a Absatz 2 heben Sie auf die theoretischen Kenntnis se und die praktischen Erfahrungen ab. Das ist natürlich sinn voll; Theorie und Praxis ergänzen sich.

Der Gesetzgeber hat mit der Sollvorschrift gesagt, wie grund sätzlich zu entscheiden ist. Für Ausnahmefälle gilt die rich terliche Unabhängigkeit. Auch dem stimmen wir natürlich zu.

Sinnvoll ist auch, dass die Verfahrensordnung von jeder Schiedsstelle festgelegt werden kann, denn hier wird Subsi diarität gelebt. Den Bestandsschutz aller Schiedsstellen haben Sie auch berücksichtigt, und insofern, meine Damen und Her ren, da Sie die Erforderlichkeit von Volljuristen auch bejaht haben – zum einen im Hinblick auf die Haftpflichtversiche rung, zum anderen im Hinblick darauf, dass aus den Entschei dungen Rechtskraft erwächst –, stimmen wir Ihrem Gesetz entwurf zu.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD spricht der Kollege Sascha Binder.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Das Gesetz, das uns vorliegt, ist ganz nach dem Motto „Schlichten statt richten“. Wir erhoffen uns, dass von diesen Veränderungen, die wir begrüßen und unterstüt zen, mehr Gebrauch gemacht wird als von dem Schlichtungs gesetz – Herr Kollege von Eyb hat es angesprochen –, das wir aufgehoben haben, weil es eben nicht verwendet und in der Praxis nicht genutzt worden ist, um genau diesem Ziel „Schlichten statt richten“ näherzukommen.

Wir stehen diesem Gesetzentwurf positiv gegenüber und wer den ihm auch zustimmen, wobei ich mich schon wundere, wa rum die Koalitionsfraktionen dem berechtigten, vernünftigen Änderungsantrag der FDP/DVP nicht nähertreten wollen. Wir sind ja auch, wenn es um Schlichtungsverfahren und Güte stellen geht, nicht im luftleeren Raum. Ich hatte den Eindruck, Herr Kollege Filius, es dürfe dann alles gemacht werden.

Ich glaube aber aus der Praxis heraus, dass die Fristen, die die FDP/DVP einfordert, durchaus wichtig sind, um das Gütever fahren auch zu einem Ende zu bringen. Denn eines ist auch klar: Würde das Güteverfahren nicht zu einem positiven Er gebnis gelangen, käme erst dann das Gerichtsverfahren. Das heißt, wir hätten insgesamt eine deutliche Verlängerung. Des halb ist es schon sinnvoll, zeitnah zu einem Ergebnis zu kom men, und deshalb unterstützen wir an dieser Stelle den Ände rungsantrag der FDP/DVP. Denn er führt, wenn ihm entspro chen wird, insgesamt zu einer Beschleunigung und verhindert zumindest, dass das Güteverfahren unendlich in die Länge ge zogen wird.

Alle weiteren Punkte, die die FDP/DVP in ihrem Änderungs antrag eingebracht hat, stammen ursprünglich aus der Anhö rung, und zwar von denen, die schließlich die Güteverfahren

durchführen sollen, nämlich den Anwältinnen und Anwälten hier im Land. Diese haben in ihrer Stellungnahme deutlich da rauf hingewiesen, dass wir für diese Güteverfahren schon ein paar Leitplanken mehr brauchen, als es die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen vorsehen.

Insofern: Denken Sie noch einmal nach. Wir sind ja heute Abend bei den Anwältinnen und Anwälten. Ein besseres Gast geschenk, als einmal auf sie zu hören, gibt es nicht. Nachdem das beim Polizeigesetz nur schwer funktioniert hat, bestünde jetzt bei diesem Güteverfahren die Möglichkeit, auch denen zu entsprechen, die es nachher umsetzen müssen. Auch das wäre eine Politik des Gehörtwerdens.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Nico Weinmann FDP/DVP)

Für die FDP/DVP spricht Herr Abg. Nico Weinmann.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Ge setz dient der Neuregelung der landesrechtlichen Anerken nung von Gütestellen. Vor diesen Gütestellen kann bei Ein verständnis beider Parteien ein freiwilliges Güteverfahren durchgeführt und ein außergerichtlicher, aber vollstreckbarer Vergleich – mit all seinen Konsequenzen – geschlossen wer den.

Der Gedanke von Gütestellen – Kollege Binder hat es erwähnt – ist ja durchaus positiv: Entlastung der Justiz auf der einen Seite, Förderung des Rechtsfriedens durch eine gütliche Eini gung auf der anderen Seite. All das sind Aspekte, die wir un terstreichen und ausdrücklich begrüßen.

Aber beim Thema Gütestellen stellen sich auch ein paar grundsätzliche Fragen. Es sind auch Fragen, die im Rahmen der Anhörung seitens des Anwaltsverbands durchaus aufge bracht wurden: Muss der Staat dafür sorgen, dass in diesen Güteverfahren deutsche Verfahrensgrundsätze gelten? Sind unsere Verfahrensgrundsätze Ergebnisse eines jahrhunderte langen Kampfes für Gerechtigkeit und somit zwingend, oder sind sie ersetzbar, gegebenenfalls auch durch eine andere Ver fahrensart anderer Rechtskulturen? Denken Sie an das Stich wort „Islamische Friedensrichter“. Zum anderen: Reicht hier eine Kontrolle durch den Präsidenten des Landgerichts als zu ständige Behörde?

Je nachdem, wie Sie die vorgenannten Fragen beantworten, bedarf es entweder mehr oder weniger Vorgaben, einer mehr oder weniger starken staatlichen Aufsicht.

Der Kollege Filius hat es ausgedrückt: Wenn wir keine klaren Regelungen einführen, ermöglichen wir dadurch Vielfalt, wer den wir Freiheiten erhalten. Ich denke, wenn es auch um ei nen vollstreckbaren Titel geht, der 30 Jahre vollstreckt wer den kann, bedarf es klarer Regeln. Trotz allem – wenn man auf die Fristenregelung hinweist, auf die mögliche Hinzuzie hung eines Rechtsanwalts, darauf, welche Beweismittel mög lich sind – gibt es immer noch genügend Spielräume, hier tat sächlich ein Verfahren sinnvoll und im Sinne der Beteiligten zu einem Ende zu führen. Denn es ist nicht erkennbar, welche relevanten Vorteile, die zu einem Mehr an Gerechtigkeit füh

ren, durch den weitgehenden Verzicht auf die Normierung rechtsstaatlich eigentlich gebotener Verfahrensregeln gewon nen werden.

Der zweite Punkt ist tatsächlich, dass wir fordern, einen ent sprechenden Geschäftsbericht vorzulegen. Das ist kein büro kratischer Aufwand, sondern im Grunde wird dadurch nur dar gestellt: Welche Entscheidung, welche Parteien, welche ma teriell-rechtliche Grundlage liegen diesem Verfahren zugrun de? Ist das – ich sage es einmal salopp – schwäbisches Land recht, oder haben wir tatsächlich eine materiell-rechtliche Grundlage? Und natürlich stellt sich auch die Frage nach den Kosten. Insofern: Etwas, was am Ende sowieso auf jeden Fall in jedem Handbogen eingetragen werden muss, findet sich wieder.

Insofern denke ich, dass auch eine solche Berichterstattung allein vor dem Hintergrund dessen, zu bewerten, ob hier eine theoretisch mögliche missbräuchliche Verwendung stattfindet oder eben nicht, hier klar zum Ausdruck gebracht wird. Denn allein der Hinweis auf den Volljuristen, ohne die kurz gehal tenen Eignungsausschlüsse – – Diese Eignung allein schützt leider nicht.

Insofern denke ich, dass es sinnvolle Änderungsbegehren sind. Wir bitten um Ihre Unterstützung – nicht nur des Geschenks wegen,

(Heiterkeit des Abg. Sascha Binder SPD)

um heute Abend beim Anwaltsverband zu signalisieren: „Eu re Vorschläge wurden gehört“, sondern in der Tat im Sinne ei ner vernünftigen Ausübung des Güteverfahrens, im Sinne ei ner vernünftigen Streitschlichtung und der entsprechenden Regelungen, im Sinne einer klaren, verlässlichen Regelung für alle Beteiligten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Sascha Bin der SPD)

Für die Regierung spricht Herr Minister Guido Wolf.

Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wurde gerade dringend gebeten, nicht noch einmal alles gutzuheißen,

(Heiterkeit)

was über alle Fraktionsgrenzen hinweg – ich sage bewusst „alle“ und bin dafür auch dankbar – gutgeheißen wurde.

Es geht um eine Neubewertung, um eine Hebung dessen, was „Gütestelle“ im Sinne der Zivilprozessordnung bedeutet, auf ein anderes, besseres Niveau, was die Qualität und die Vor aussetzungen für die beteiligten Parteien betrifft. Ich denke, die Diskussion hat gezeigt, dass es ein sinnvolles Vorhaben ist, und ich muss seitens der Regierung nicht noch einmal al les begründen, nachdem Sie dem Gesetzentwurf im Wesent lichen folgen.

Ich möchte aber auf den Änderungsantrag der FDP/DVP ein gehen. Lieber Kollege Weinmann, ich schlage vor, wir tragen heute Abend beim Anwaltsverein konsensual vor, dass wir um

all diese Fragen heftig gerungen, uns aber am Ende auf einen plausiblen Weg verständigt haben, wobei übrigens auch im Fortgang der Dinge das eine oder andere noch verändert wer den kann, falls sich die Notwendigkeit von Korrekturen erge ben sollte.

(Abg. Nico Weinmann FDP/DVP: Ja!)

Für uns liegt nahe, dass wir vielleicht von einem unterschied lichen Grundverständnis dessen ausgehen, was ein Gütever fahren ist. Am Ende eines Güteverfahrens steht eben nicht die klassische gerichtliche Entscheidung, sondern der Vergleich. Deshalb ist manche Anforderung, über die hier diskutiert wur de, aus unserer Sicht nicht notwendig. Man kann andererseits die Auffassung vertreten, es wäre nicht völlig verfehlt, etwa Fristen in das Gesetz aufzunehmen und andere Vorgaben zu setzen. Aber wir wollen schon bei der strengen Deutung des sen bleiben, was wir unter Güteverfahren mit maximaler Fle xibilität verstehen.

Übrigens: Eine Frist nicht in das Gesetz aufzunehmen heißt nicht, dass Gütestellen nicht entlang von Fristen arbeiten. Sie können das in ihrer Verfahrensordnung regeln. Jede Gütestel le kann das individuell in ihrer Verfahrensordnung regeln, das heißt, die Parteien können sich gegebenenfalls die Gütestelle aussuchen, die in ihrer Verfahrensordnung den Prozess be schreibt, den sie sich für ihren Streitfall wünschen und als den richtigen erachten.

Nach unserem Verständnis ist es deshalb der bessere Weg, wenn wir diesen Freiraum bewusst lassen und den Gütestel len hierbei einen Ermessensspielraum einräumen. Aber ich denke, das ist am Ende kein Streit um essenzielle Vorausset zungen für die Gütestellen, sondern es sind Diskussionen im Detail, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir den jetzt auf gezeigten Weg gemeinsam im Konsens gehen könnten.

Alle drei wesentlichen Neuerungen – die vielfach angespro chene bessere Qualifikation, die Bündelung der Zuständigkei ten und die Haftpflicht – verfolgen ein Ziel: den rechtsuchen den Bürgerinnen und Bürgern mehr Qualität und Schutz zu bieten. Darum geht es, und dieses Ziel verdient Ihre und un sere Unterstützung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der AfD und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.