M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. J ü r g e n K e c k F D P / D V P – A u s w i r k u n g e n v o n m u l t i r e s i s t e n t e n K e i m e n i n O b e r f l ä c h e n w a s s e r a u f d i e L a n d w i r t s c h a f t
Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Resultierend aus der Ant wort auf die Kleine Anfrage Drucksache 16/3500 frage ich die Landesregierung:
nis der Landesregierung aus der Nutzung von Oberflächen wasser, in welchem multiresistente Keime enthalten sind, im Hinblick auf die Landwirtschaft, insbesondere auf die Qualität von Obst und Gemüse?
im Hinblick auf die Nutzung von Oberflächenwasser, um negative Auswirkungen beispielsweise auf die Qualität von Obst und Gemüse zu verhindern?
Vielen Dank, Herr Abge ordneter. – Für die Landesregierung darf ich Frau Staatssekre tärin Gurr-Hirsch ans Redepult bitten.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Im Namen der Landesregierung beantworte ich die Anfrage des Kolle gen Keck wie folgt, möchte aber vorausschicken, dass das Vorkommen von multiresistenten Keimen derzeit gesellschaft lich stark diskutiert wird. Sie sind ja auch tief in dieses The ma eingedrungen, Herr Abgeordneter, und haben sich bereits zu Badegewässern informiert.
Die Bevölkerung wirkungsvoll zu schützen stellt für die Wis senschaft nach wie vor eine große Herausforderung dar. An tibiotikaresistente Bakterien treten zunehmend in Kranken häusern auf und gelangen dann über verschiedene Wege in die Umwelt, wo Menschen damit in Kontakt kommen können.
Auch die mediale Berichterstattung zu diesem Thema nimmt zu. Hier gilt es also zu beachten, dass oft Fakten ausgetauscht werden. Es ist wichtig, dass wir uns an Fakten halten und nicht nur an Meinungen, an Behauptungen, die die Menschen dann verunsichern.
Herr Abg. Keck, Sie haben die Frage gestellt, wie sich die Nutzung von Oberflächenwasser, in welchem multiresistente Keime enthalten sind, insbesondere auf die Qualität von Obst und Gemüse auswirkt, also auf Lebensmittel, die roh verzehrt werden.
Es ist völlig unstrittig, dass eine Kontamination von Obst und Gemüse mit den gefährlichen und krank machenden Erregern vermieden werden muss. Das ist ein Grundsatz für unsere Ar
beit. Das ist auch Ihr Anliegen. Ich möchte feststellen, dass es beim Einsatz von Oberflächenwasser zur Bewässerung seit vielen Jahren DIN-Normen gibt. Diese sind einzuhalten und sollen vor allem verhindern, dass Menschen, aber auch Tiere geschädigt werden.
Zur Beurteilung der Wasserqualität werden als Parameter Ko loniezahlen von Fäkalienkeimen, von Escherichia-Coli-Bak terien und Salmonellen herangezogen. Das ist das, was man seither im Blick hatte. Bislang waren es noch nicht die mul tiresistenten Keime. Diese Parameter sind seither auch als In dikatoren für potenzielle Gefährdungen gesehen worden.
Bei der Bewässerung von landwirtschaftlichen Kulturen, die für den menschlichen Rohverzehr bestimmt sind, müssen na türlich entsprechend niedrige Grenzwerte eingehalten werden. Die geltenden grundsätzlichen Hygieneanforderungen bieten einen sehr hohen Schutz für die Allgemeinheit.
Aus fachlicher Sicht besteht bislang keine Notwendigkeit, Oberflächenwasser routinemäßig auf multiresistente Keime zu überprüfen. Multiresistente Keime sind keine einheitliche Bakterienart; das macht die Sache nicht einfach. Daher müss te außerdem zunächst geklärt werden, welche multiresisten ten Keime beim Bewässerungswasser zu untersuchen sind, und die Kontrollen müssten diese dann ganz konkret in den Blick nehmen und berücksichtigen.
Sehr geehrte, liebe Kollegen, die Landesregierung hat derzeit kein aussagekräftiges Datenmaterial, aus dem sich ableiten ließe, ob und, wenn ja, in welcher Konzentration Oberflächen wasser multiresistente Keime enthält. Wir sind hier auf die Er gebnisse von wissenschaftlichen Studien angewiesen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert derzeit in einem Projekt die Zusammenarbeit mit Wissen schaftlern verschiedener Fachrichtungen, auch unter Einbe ziehung von kommunalen Wirtschaftsbetrieben, der Industrie und von Behörden. Das Ziel ist, die Einträge von antibiotika resistenten Bakterien in der Umwelt zu identifizieren. Ein wei teres Ziel ist, Übertragungswirkungen aus dem Umweltbe reich und der Landwirtschaft zurück zum Menschen im Kon takt mit kontaminiertem Wasser oder kontaminierten Lebens mitteln abzuschätzen. Das alles wissen wir noch nicht. Ent wickelt werden sollen auch innovative technische Verfahren der Wasseraufbereitung an Kläranlagen zur Unterbrechung der Verbreitungspfade, sollten solche Keime drin sein. Schließ lich soll dieses Projekt auch zutage bringen, welche Handlungs empfehlungen an den Gesetzgeber gerichtet werden sollten. Wir können ja ein Gesetz nicht nur auf gut Glück machen.
Herr Abgeordneter, Sie haben weiter gefragt – das war der zweite Teil Ihrer Frage –, welche Empfehlungen die Landes regierung den Landwirten und Gärtnern gibt, um bei der Nut zung von Oberflächenwasser negative Auswirkungen auf die Qualität von Obst und Gemüse zu verhindern.
Die Betriebe müssen bei der Bewässerung ihrer Kulturpflan zen dafür Sorge tragen, dass eine Kontamination von Lebens mitteln vermieden wird. Das ist ein Grundsatz, den die EU mit ihrer Richtlinie zur Hygieneverordnung bereits Anfang der 2000er-Jahre aufgestellt hat. Das Ministerium für Ländli
chen Raum und Verbraucherschutz hat bereits vor über zehn Jahren aufgrund dieser Richtlinie Hinweise an die Erzeuger landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Kulturen herausge geben, was beim Einsatz von Oberflächenwasser zu beachten ist, welche gesetzlichen Anforderungen bestehen und wie die Nutzer Proben zu entnehmen haben. Diese Hinweise werden aber derzeit entlang neuerer Gesetze, die gegriffen haben, überarbeitet und dann auch umgesetzt; über die Landratsäm ter geschieht dann auch die Beratung.
Die Landesregierung unternimmt auf Landesebene zudem ver schiedenste Anstrengungen, um grundsätzlich die Entstehung und die Ausbreitung von multiplen Resistenzen überhaupt zu vermeiden. Es gibt einen Plan des Bundes zur Reduktion von Antibiotika in der Medizin, vor allem auch in der Tiermedi zin. Wir werden uns auch weiterhin für die Ergreifung sinn voller Maßnahmen und die Durchführung zielführender Un tersuchungen zur Risikominimierung einsetzen. Dessen kön nen Sie gewiss sein.
Frau Staatssekretärin, im Grunde genommen ist die Anfrage sehr zufriedenstellend beantwortet. Ich habe nur zum Stich wort „routinemäßig“ den Hinweis: Vielleicht sollte tatsäch lich in gewissen Zeitabständen kontrolliert werden.
Die Zusatzfrage: Warum gibt es kein verlässliches Datenmaterial? Was gedenken Sie zu tun, um zuverlässiges wiederkehrendes Datenmaterial zu erlan gen?
Lieber Kollege Keck, routinemäßig heißt eigentlich, dass eine gewisse Rou tine vorliegt und Untersuchungen in gewissen Abständen vor genommen werden. Ob diese nun jährlich, vierteljährlich oder in einem anderen Rhythmus stattfinden, ist eine Frage, die ich Ihnen im Moment nicht beantworten kann – so ehrlich bin ich. Routinemäßig heißt aber nicht zufällig.
Sie wollen vor allem auch wissen, was wir untersuchen. Das wüssten wir auch gern. Deswegen habe ich Ihnen gerade dar gelegt, dass der Bund, das Bundesministerium für Bildung und Forschung, dieses Projekt durchführt. Danach werden wir wissen, worauf es letztlich ankommt und worauf wir schauen müssen.
Im Moment wissen wir gar nicht, ob solche Keime zu finden sind und woran man sie erkennt. Das ist gar nicht so einfach, denn sie verändern sich ja auch. Auch hängt es davon ab, wie der Nutzer, der das Rohgemüse isst, selbst aufgestellt ist.
Die Kaskade der Gefährlichkeit bei multiresistenten Keimen sieht ja so aus, dass sie dann am gefährlichsten sind, wenn der Mensch sehr schwach ist, etwa im Krankenhaus. Die nächste Gefährdung, die Sie in Ihrer Anfrage abgefragt haben, besteht im Zusammenhang mit Badegewässern, wenn Menschen viel leicht Verletzungen haben oder Keime über Körperöffnungen in den Körper eindringen können. Man weiß, Herr Kollege Keck, dass die Magen-Darm-Barriere dem Menschen eine ge wisse Schutzfunktion bietet.
Im Moment richten wir uns nach den DIN-Normen, die seit 2006 gelten, die aber, wie gesagt, nur Fäkalienkeime, E-ColiBakterien und Salmonellen abbilden. Welche multiresistenten Keime in Oberflächengewässern vorkommen und in welcher Menge ist uns bis jetzt, solange das Projekt nicht beendet ist, nicht bekannt.
Entscheidend ist der Hygienestatus der Lebensmittel. Wir kön nen Ihnen versichern, dass bei unseren Untersuchungen bis jetzt überhaupt keine Auffälligkeiten aufgetreten sind.
Wir haben nach wie vor – das halte ich für wichtig – eine ge sundheitspolitische Zielrichtung, die das Sozialministerium betrifft: Wir sensibilisieren die behandelnden Ärzte dafür, dass man nicht immer mit Kanonen auf Spatzen schießen muss und nicht immer gleich Antibiotika zur Behandlung einer Indika tion einsetzt.
Für die Tiermedizin gibt es eine Reduktionsstrategie, damit über die Abwässer nicht zu viele Keime in Gewässer gelan gen.
Eines sollten Sie vielleicht noch wissen: Wenn bewässert wird, dann ist für Produkte – ob es nun Früchte sind oder Gemüse –, die kurz vor dem Verzehr stehen, ohnehin nur Trinkwasser zugelassen. Dies vielleicht noch zur Information.
Frau Staatssekretärin, vielen Dank für die umfangreiche Beantwortung dieser Frage. Das ist ein ganz wichtiges Thema.
Meine Frage: Wissen wir denn schon, welche Quellen bei den Oberflächengewässern momentan maßgeblich sind? Kommen die Keime aus der Landwirtschaft oder vielleicht sogar aus dem Hausabfall bzw. aus Hauskläranlagen? Weiß man eigent lich schon, woher die Keime stammen, oder sind noch weite re Erkenntnisse einzuholen?
In der Tat kön nen wir nicht einmal nachweisen, ob es solche Keime im Ge wässer gibt. Man kann sie nicht identifizieren. Angesichts der Antibiotikafreundlichkeit unserer Gesellschaft ist anzuneh men, dass solche Keime im Gewässer durchaus enthalten sind.