(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Alles in der Pipe line! Machen Sie sich keine Sorgen! – Glocke des Präsidenten)
Die Grünen sind mittlerweile beim Thema Datenschutz nur noch gelassen: nichts tun, einfach nur gelassen sein.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Am 25. Mai gilt die europäische Datenschutzverordnung unmittelbar! Wo ist Ihr Problem? – Glocke des Präsidenten)
Kollege Sckerl, wer vor dem Hintergrund des Skandals um Facebook und weiterer Datenskandale hier sagt: „Wir sind ge lassen“, der hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden.
Wir werden auch einem Änderungsantrag der FDP/DVP zu Artikel 2 Nummer 2 zustimmen, der dankenswerterweise auf grund der Beratungen im Ständigen Ausschuss noch mal an geglichen worden ist. Sofern dieser Änderungsantrag nicht angenommen wird, werden wir uns bei Artikel 2 des Gesetzes enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die in wenigen Wochen bevorstehende unmittelbare Übernahme der Datenschutz-Grund verordnung der Europäischen Union beschäftigt uns – mehr oder weniger – in vielen Regelungsbereichen. Datenschutz und Datensicherheit sind hohe Güter – ganz besonders vor dem Hintergrund von Facebook & Co. – in der digitalen Zeit.
Wir Freien Demokraten bekennen uns ausdrücklich zu den Grundsätzen des Datenschutzes und der Datensicherheit. Sie schützen den einzelnen Bürger und ermöglichen ihm dadurch oft erst die Wahrnehmung seiner Freiheitsrechte. Deswegen unterstützen wir unseren Landesdatenschutzbeauftragten bei seiner bedeutsamen und herausfordernden Aufgabe nach Kräf ten.
Gleichwohl gilt es, auch bei der Übertragung der DatenschutzGrundverordnung in unser Recht jeweils mit Sorgfalt und Au genmaß vorzugehen. Schließlich sollen diese Datenschutzbe stimmungen uns ein Zusammenleben in einer freiheitlichen Gesellschaft ermöglichen und dies eben nicht verhindern. Es ist daher unsere Aufgabe, vorwiegend zwischen den Interes sen des Datenschutzes einerseits und denen der Pressefreiheit andererseits abzuwägen und beide in eine tragfähige Balance zu bringen.
Die privaten Rundfunkanbieter und Medienunternehmer bzw. ihre Verbände haben den Gesetzentwurf zur Übernahme in das baden-württembergische Medienrecht einer Prüfung im Sinne einer solchen tragfähigen Balance unterzogen. Dabei haben sie einige Mängel identifiziert und Alternativen aufgezeigt, und wir haben diejenigen Alternativen, die wir für sinnvoll und nachvollziehbar erachtet haben, in Änderungsanträgen formuliert. Leider fanden diese im Ständigen Ausschuss kein Gehör. Gleichwohl möchte ich in der gebotenen Kürze noch mal darauf eingehen.
Das ist bedauerlich. Denn das eine hätte zwangsläufig dazu geführt, Herr Kollege Dr. Lasotta, auch das Abstimmungsver halten zu überdenken.
Erstens: Um angesichts der unmittelbaren Geltung von Kapi tel VIII der Datenschutz-Grundverordnung unklaren Zustän digkeiten und einer möglichen Einführung einer staatlichen Medienaufsicht durch die Hintertür zu begegnen, haben wir eine Klarstellung gefordert, dass für die Aufsicht bei der Da tenverarbeitung zu journalistischen Zwecken – und da gibt es sie doch – der Vorstandsvorsitzende der Landesanstalt für Kommunikation zuständig ist, wie es eben auch an anderer Stelle im Landesmedien- und im Landespressegesetz geregelt wird.
Zweitens: Um ihnen unnötigen Verwaltungsaufwand zu er sparen, beantragen wir die Streichung der geplanten Verpflich tung der Medienunternehmen zur Speicherung und auf Anfra ge zur Herausgabe von Verpflichtungserklärungen, Gegendar stellungen, Beschlüssen zur Unterlassung usw. Der Einwand, dass die Medienunternehmen diese Informationen im Rahmen ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht ohnehin speichern wür den, geht indes fehl. Denn einerseits führt die Verpflichtung zu einem erhöhten bürokratischen Aufwand, und andererseits ist es Sache und liegt im Interesse der mit einem Medienun ternehmen in Rechtsstreitigkeit befindlichen Partei, diese für sie relevanten Dokumente aufzubewahren.
Drittens: Wir beantragen ferner, den Berichtigungsanspruch für unrichtige personenbezogene Daten nicht auch noch – das ist der Punkt, Herr Kollege Haser – durch ein Recht auf Hin zufügung einer eigenen Darstellung von angemessenem Um fang auszuweiten. Ein solches Recht kann zu einem erheb lichen Eingriff in die redaktionelle Freiheit führen, zumal auch gar nicht geklärt ist, worauf sich diese eigene Darstellung be ziehen soll.
Schließlich beantragen wir die Klarstellung, dass die Pflicht der Rundfunkanbieter zum Führen eines Verzeichnisses über die Datenverarbeitung zu nicht journalistischen Zwecken nicht für Einrichtungen gilt, die weniger als 250 Mitarbeiter be schäftigen.
Dass die privaten Medienunternehmen im freien Wettbewerb ins Hintertreffen geraten können – auch das ist angesprochen –, ist der Grund dafür, dass die FDP/DVP-Fraktion die soge nannte Betrauungsnorm äußerst kritisch betrachtet. Wenn bei spielsweise effiziente Maßnahmen bei der Anschaffung von Großgeräten vorgenommen werden, dann begrüßen wir dies, weil es einen effizienteren Mitteleinsatz darstellt – aber, Herr Kollege Haser, nur soweit nicht im gleichen Atemzug zusätz lich Bürokratie hinzukommt und damit die Einsparungen über kompensiert werden.
Konkret lehnen wir Kooperationen beispielsweise zum Er werb und zur Verbreitung von Programmrechten ab. Die öf fentlich-rechtlichen Sender finanzieren sich schließlich aus Pflichtbeiträgen. So kann es nicht angehen, dass ARD und ZDF mit diesem Privileg ausgestattet privaten Betreibern Konkurrenz machen, und dies – das ist von Bedeutung –, ob wohl die Betrauungsnorm nach Ansicht des Bundeskartell amts und des Bundeswirtschaftsministeriums gar nicht nötig ist. Die Kooperationen können auch nach den Regeln des gel tenden Wettbewerbsrechts vorgenommen werden.
Vielfalt und Wettbewerb auf dem Rundfunk- und Fernseh markt sind für uns Freie Demokraten ein hohes Gut. Den Vor
wurf, im KiKA-Kanal würde Pädophilie gefördert, halte ich – mit Verlaub – für absurd. Dieser muss zurückgewiesen wer den.
Änderungen im Staatsvertrag an sich sind gerade in Bezug auf die Betrauungsnorm nicht möglich. Insofern werden wir dem Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag insge samt nicht zustimmen können.
Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie auch bei der wiederholten De batte zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsver trag so engagiert und grundsätzlich eingestiegen sind.
Ich will mich darauf beschränken, auf die konkreten hier zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zu den Änderungen im Landesmediengesetz und im Landespressegesetz angespro chenen Punkte seitens der Landesregierung Stellung zu neh men.
Aber lassen Sie mich noch eines vorweg senden: Das Bun desverfassungsgericht hat in seinem 4. Urteil über die Rolle der privaten Rundfunkanstalten im Verhältnis zu den öffent lich-rechtlichen eindeutig ausgesagt, dass private Rundfunk sender überhaupt nur als Ergänzung zu öffentlich-rechtlichen zulässig sind.
Da das Bundesverfassungsgericht definiert, welche medien rechtliche Grundsatzlage wir haben, kann man also eine Al ternativdiskussion „Öffentlich-Rechtliche versus Private“ gar nicht führen, weil damit nach dem Motto „Roma locuta, cau sa finita“ entschieden ist, dass es eine Diskussion bezogen auf privaten Rundfunk überhaupt nur geben kann, wenn es vor her einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, auf die sie sich bezieht.
Das wollte ich einmal grundsätzlich – das hat bisher in der Debatte nie eine Rolle gespielt – gesagt haben und möchte auch darauf hinweisen, dass der Ländergrundsatz, der für die rundfunkrechtlichen Debatten gilt, Ausfluss unmittelbarer Er fahrung der deutschen Vergangenheit ist. Er soll eben verhin dern, dass es einen gleichgeschalteten Rundfunk in Deutsch land gibt – deswegen diese Ländervielfalt, deswegen diese Vielfalt von Fernseh- und Radiosendern.
Meine Damen und Herren, ich will mich nicht zu Inhalten äu ßern, weil auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfas sungsgerichts klar ist, dass wir uns in dem Zusammenhang, über den wir reden, nur über die rechtlichen Rahmenbedin
gungen unterhalten dürfen. Programminhaltliche Debatten sind in den dafür zuständigen Gremien zu führen und unter liegen dem Primat der journalistischen Freiheit.
Wir haben am 8. März den Entwurf des Gesetzes zum Ein undzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur An passung des Landesmediengesetzes und des Landespressege setzes eingebracht. Insofern verweise ich darauf. Wesentliche Kerninhalte sind Datenschutz und Betrauungsnorm.
Ich will zum Datenschutz nur noch einmal sagen: Sicher kann man Kritik daran üben, dass ein europäisches Gesetzeswerk derart umfänglich gestaltet worden ist und derart stark in die nationalen gesetzgeberischen Kompetenzen eingreift. Das ist aber eine ganz andere Diskussionsebene. Wir haben es mit dieser gegebenen Rechtslage zu tun, und diese ist nun so auf den Bereich des Rundfunks, der Medien und der Presse um zusetzen, dass die journalistische Arbeit nach wie vor durch Quellenschutz gewährleistet ist. Das ist eigentlich der einzige Punkt, der hier von Interesse ist. Mit unserer Vorlage wird si chergestellt, dass diese Freiheit der journalistischen Arbeit ge währleistet bleibt, auch in Abgrenzung zur individuellen Ho heit über die eigenen Daten.
Die Betrauungsnorm – auch das hatten wir schon erörtert, und das will ich hier noch einmal betonen – hat nicht die Absicht, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen Wettbewerbsvor teil gegenüber den privaten Rundfunkeinrichtungen zu ver schaffen, sondern ist darauf konzentriert – das ist bewusst so formuliert, und darauf werden die Rundfunkkommission der Länder und die KEF auch sehr stark achten –, dass es nur da rum geht, wirtschaftliche Potenziale in den Rundfunksendern selbst durch Kooperationen, durch das Heben von Synergie effekten in der Gebäudebewirtschaftung, in der IT-Bewirt schaftung, in der Personalbewirtschaftung zu ermöglichen, ohne in wettbewerbsrechtliche Probleme zu kommen. Das heißt, es geht darum, klarzustellen, dass solche Kooperationen Inhouse-Kooperationen und keine marktrelevanten Koopera tionen sind. Wenn diese Grenze überschritten würde, darf ich Ihnen versichern, sind die Rundfunkkommission der Länder und die Landesregierung die Ersten, die dagegen vorgehen werden. Wir wollen nicht, dass unlauterer Wettbewerb zwi schen den Beteiligten stattfindet.
Meine Damen und Herren, für die Wirtschaftlichkeit des öf fentlich-rechtlichen Rundfunks ist diese Betrauungsnorm von entscheidender Bedeutung.
Verehrter Abg. Binder, Sie haben gefragt: Wo ist Baden-Würt temberg, wo ist die Landesregierung? Ich will einmal mit einem gewissen Stolz sagen: Ganz vorn dabei. Wir hatten nämlich die Federführung, Herr Abgeordneter.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)
Baden-Württemberg und Bayern hatten für die Änderungen, die wir jetzt hier diskutieren, bei dem Ihnen so wichtigen Da tenschutz und bei der Betrauungsnorm, bei diesem Einund zwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag die Federfüh rung. Insofern freue ich mich, Ihnen sagen zu können: Wir waren voll dabei, und wir bleiben dran.