(Das Mikrofon des Redners wird abgeschaltet. – Abg. Stefan Räpple AfD: Ich kann nur appellieren: Küm mern wir uns jetzt endlich um die realen Probleme hier in unserem Land! – Gegenrufe, u. a. Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist keine persönliche Er klärung! – Lebhafte Unruhe)
(Abg. Stefan Räpple AfD: Kümmern wir uns um un ser desolates Bildungssystem, die eklatante Wissen schaftspolitik! – Glocke der Präsidentin)
(Abg. Stefan Räpple AfD: Kümmern wir uns um die Armut der Menschen hier in unserem Land! – Glo cke der Präsidentin – Abg. Stefan Räpple AfD: Das sind die wahren Probleme, und kein primärer, sekun därer oder tertiärer Antisemitismus! – Gegenruf: Halt die Klappe da vorn, Mensch! – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Das ist Missachtung der Präsidentin! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Herausführen lassen! Auch ein Mitglied der AfD-Fraktion! Wunderbar! – Unruhe)
Herr Abg. Räpple, hören Sie jetzt bitte einmal kurz zu. Trotz Abschaltung des Mikros war es hier nicht möglich, Sie dar auf hinzuweisen, dass Sie zur Sache reden sollen, in einer per sönlichen Erklärung nämlich zur Zurückweisung eines An griffs. Trotz Abschaltung des Mikros war dies nicht möglich. Es gibt schon bestimmte Regeln, an die man sich halten muss. Wenn ich mit der Glocke dreimal oder zehnmal läute, dann hat das im Parlament normalerweise schon eine Wirkung. Wenn Sie das nicht hören, dann sollten Sie – entschuldigen Sie bitte – vielleicht zu einem Arzt gehen, zum HNO.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Vereinzelt Lachen bei der AfD, u. a. des Abg. Stefan Räpple – Abg. Sabine Wölfle SPD: Ausschließen! – Zuruf von der SPD: Wann, wenn nicht jetzt? Unmöglich! – Unruhe)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir fahren jetzt fort. Mir lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 16/3622. Es ist eine namentliche Abstim mung beantragt. Laut § 99 der Geschäftsordnung ist dazu die Unterstützung von fünf Abgeordneten erforderlich. Die ist si cher gegeben, wenn vier Fraktionen dies beantragen.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Antrag zu stimmt, den bitte ich, mit Ja zu antworten. Wer den Antrag ab lehnt, der antworte mit Nein. Wer sich der Stimme enthält, antworte mit „Enthaltung“.
Nun bitte ich Frau Schriftführerin Hartmann-Müller, den Na mensaufruf vorzunehmen. Der Namensaufruf beginnt mit dem Buchstaben E.
Ist noch jemand im Saal, der noch nicht abgestimmt hat? – Das ist nicht der Fall. Da mit ist die Abstimmung geschlossen. Ich bitte die Schriftfüh rer, das Abstimmungsergebnis festzustellen, und wir fahren so lange in der Tagesordnung fort.
Aktuelle Debatte – Rote Karte für Grün-Schwarz beim Thema Fahrverbote – nächster Akt im Trauerspiel „Koa lition der Konflikte“ – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf die Mitglieder der Landes regierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten.
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer sehr lan gen Diskussion zu einem sehr wichtigen Thema wollen wir mit der ersten Aktuellen Debatte des heutigen Plenartags ein weiteres wichtiges Thema ansprechen.
Die Reaktionen der Landesregierung auf das Urteil des Bun desverwaltungsgerichts in der letzten Woche waren sehr in homogen, sehr unterschiedlich – ein Schlingerkurs, der zu ei ner weiteren erheblichen Verunsicherung der Autofahrerinnen und Autofahrer beigetragen hat.
Am Dienstag hat Ministerpräsident Kretschmann gegenüber dem SWR noch erläutert: Wenn ein Euro-5-Diesel eine Soft warenachrüstung erfährt, kann man schon damit rechnen, dass es Ausnahmen gibt, wenn ein Fahrverbot kommt. Das Ganze hat er Ende der Woche wieder eingesammelt und gesagt: Wir brauchen die blaue Plakette.
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion hat am 27. Feb ruar der dpa gemeldet: „Wir stehen für eine Innovations- und keine Verbotskultur, um die Luftqualität deutlich zu verbes sern.“ Einen Tag später sagte Herr Dr. Reinhart – Zitat –:
Wir werden... die Umweltzonen auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen, generelle Fahrverbote weiterhin ablehnen, denn sie sind unsozial und treffen all jene, die täglich auf dem Weg zur Arbeit auf das Automobil angewiesen sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die blaue Plakette heißt, dass wir sämtliche Dieselfahrzeuge inklusive Euro-5-Fahr zeuge komplett aus den Umweltzonen herausnehmen – flä chendeckend. Das sind bundesweit über zwölf Millionen Fahrzeuge, deren Wert Sie dann mit der blauen Plakette deut lich vermindern. Mit der Entscheidung von CDU und Grünen, hier jetzt die blaue Plakette einzuführen, kann man konstatie ren: Die Landesregierung lässt die Fahrer von Euro-5-Dieseln im Regen stehen, sie lässt sie fallen.
Das ist ein grün-schwarzer Beitrag zur Politikverdrossenheit, die wir in Baden-Württemberg auch zunehmend spüren.
Wir müssen schon feststellen, dass sich andere Städte, die sich auch mit dieser Frage beschäftigen, wesentlich detaillierter damit auseinandersetzen. Ich will als Beispiel einmal Ham burg nennen. Dort sagt man jetzt nicht: „Wir gehen in die ge samte Umweltzone“, wie wir es dann in der gesamten Regi on Stuttgart sehen. Vielmehr sagt man: „Wir gehen gezielt vor und überlegen ganz konkret, das Gebot der Verhältnismäßig keit anzuwenden.“
Deswegen machen Sie es sich zu einfach, wenn Sie pauschal die blaue Plakette fordern und gleichzeitig Nachrüstungen wollen. Aber mit der blauen Plakette belassen Sie eben die Fahrer von Euro-5-Dieseln – auch mit einer Nachrüstung – vor den Toren Stuttgarts. So können Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, keine Verkehrspolitik in Baden-Württem berg machen.
Ich wende mich hiermit direkt an Sie, um meinem Ärger Ausdruck zu verleihen und Sie aufzufordern, eine Total enteignung meines zwei Jahre alten, neu gekauften Wa gens zu verhindern. Im Vertrauen auf den umwelttechni schen Sachverstand sowie das integre und verantwor tungsbewusste Verhalten von Politik und Autoindustrie haben wir uns vor zwei Jahren einen nagelneuen VW-Bus gekauft.
Mit der Entscheidung, flächendeckend eine blaue Plakette ein zuführen, sorgt Grün-Schwarz nicht nur dafür, dass die Ver unsicherung in der Bevölkerung zunimmt, sondern generiert auch einen Wertverlust in Milliardenhöhe und gibt viele Fahr zeuge im Grunde der Verschrottung preis.
Um es, lieber Herr Kollege Katzenstein, ganz konkret zu ma chen: Es gibt zum Stand 31. Januar 2018 in Stuttgart – nur in der Stadt – über 12 000 Fahrzeuge mit Euro-4-Norm. Wenn Sie dann ab Oktober, wie angekündigt, die Sperrung vollzie hen, können zumindest diese 12 200 Fahrzeuge verschrottet werden, denn die können generell nirgends mehr fahren. Sie müssen es dann schon verantworten, dass Sie dies mit der Ver hältnismäßigkeit, die das Gericht vorgegeben hat, in Einklang bringen. Wir sagen: Es muss intelligentere Lösungen geben als diesen massiven Wertverlust und die Verunsicherung der Bevölkerung in Baden-Württemberg.
Wir haben deswegen auch sehr deutlich gesagt und fühlen uns darin bestätigt, dass es ein Fehler war, in die Sprungrevision zu gehen und nicht die Berufung zu nutzen, um auch inhalt liche Argumente austauschen zu können. Es war ja nicht Be standteil des Gerichtsverfahrens, auch die Verhältnismäßig keit zwischen Gesundheitsschutz und Verboten in den Blick zu nehmen. Und zur Verhältnismäßigkeit gehört eben auch die Bewertung, dass wir bereits in den letzten Jahren hervorra gende Fortschritte erzielt haben.