Wir haben seit 1990 im Bereich der Stickoxide trotz deutlich mehr Verkehr eine Verbesserung um über 70 % erreicht. Der Diesel hat einen Anteil von 60 % im Straßenverkehr. Rechnet man dann die Gesamtmenge der Stickoxide ein, ergibt sich ein Anteil von 43,5 %.
Die Grenzwertdiskussion war kein Bestandteil des Gerichts verfahrens. Aber es ist schon so, dass Wissenschaftler inzwi schen auch erhebliche Zweifel an den Grenzwerten haben. Diese Diskussion muss auch geführt werden, auch wenn sie bei der Gerichtsentscheidung nicht maßgeblich war.
Trotz E-Mobilität und vieler anderer Technologien brauchen wir den modernen Diesel. Denn wir wissen: Der Diesel trägt zum Klimaschutz und zur Einsparung von CO2 bei – ein grünes Dilemma, indem Sie die Stickoxide eben höher bewer ten als CO2.
Ich finde es schon bemerkenswert, wenn dann grüne Bundes tagsabgeordnete wie Herr Krischer in einer unverschämten Art und Weise auch baden-württembergische Wissenschaftler diffamieren, die dazu beitragen, eine sachliche Diskussion ein zuführen. Das weise ich hier in aller Form zurück. So können wir nicht miteinander umgehen.
Wir brauchen einen attraktiven ÖPNV, und wir brauchen auch Mobilitätsalternativen. Da sind wir einer Meinung.
Jetzt brauchen wir eine konzertierte Aktion von Bund, Län dern und Kommunen zur Luftreinhaltung. Dazu gehört auch, dass wir die Automobilindustrie in die Pflicht nehmen. Auch das steht außer Frage. Zur Verlässlichkeit der Politik gehören die Vermeidung einer Enteignung der Autofahrer sowie intel ligentere Lösungen als flächendeckende Verbote, wie sie durch die blaue Plakette erreicht werden.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hauß mann, ich hatte eigentlich gedacht, dass Sie zumindest die Mooswand als Maßnahme vorschlagen. Aber wir haben nicht gehört, wie die Fraktion der FDP/DVP das Urteil des Bundes verwaltungsgerichts in der Praxis umsetzen will.
In dem Urteil geht es doch um eines: Die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in den Städten muss verbessert wer den.
Das ist der politische Auftrag, den wir, die Parteien, vom Ge richt unmissverständlich bekommen haben. Das Gericht hat – das war erstaunlich – auch gesagt, dass die Lebensqualität der Menschen, der Anwohner, vor den wirtschaftlichen Inte ressen steht. Und das aus gutem Grund; denn wenn man sich einmal in eine Wohnung am Stuttgarter Neckartor begibt, be kommt man einen Eindruck von der dortigen Situation. Die Menschen dort sind tagtäglich einer Abgas- und einer Lärm fahne von 70 000 Fahrzeugen ausgesetzt. Wenn ein Lastwa gen vorbeifährt, klirren die Kaffeetassen. Das hat nichts mehr mit Lebensqualität zu tun, meine Damen und Herren.
Deshalb brauchen wir Lösungen, die sich nicht nur um das Thema Fahrbeschränkungen drehen. Das ist ein absolutes Worst-Case-Szenario. Wir haben immer gesagt: Fahrbeschrän kungen gibt es erst dann, wenn alle anderen Maßnahmen nicht greifen. Herr Haußmann, es ist aber nun einmal wissenschaft lich erwiesen, dass die blaue Plakette die wirksamste Maß nahme ist, um die Werte teilweise zu halbieren. Man muss mir einmal erklären, wie wir von den 72 Mikrogramm Stickoxi den am Stuttgarter Neckartor auf 40 Mikrogramm herunter kommen wollen. Wie soll das ohne Maßnahmen wie die blaue Plakette in eineinhalb Jahren gehen? Deshalb werden wir uns beim Bund dafür einsetzen, dass die blaue Plakette eingeführt wird.
(Beifall bei den Grünen und des Abg. Thomas Dörf linger CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut!)
Es ist völlig unverständlich, dass auch der neue CSU-Ver kehrsminister – kaum im Amt – selbst einer Expertise des Um weltbundesamts widerspricht und sich beharrlich weigert, die blaue Plakette in Deutschland einzuführen. Das ist aus unse rer Sicht ein politischer Skandal, meine Damen und Herren.
Wenn Sie, Herr Haußmann, von Trauerspiel reden, muss man natürlich einen anderen Punkt ansprechen, der wirklich ein Trauerspiel ist, nämlich das Verhalten der Automobilindustrie in unserem Land. Das muss ich hier so offen sagen, auch wenn Baden-Württemberg natürlich teilweise von der Automobil industrie, was die Arbeitsplätze anbelangt, sehr stark abhän gig ist. Aber dass man für seine Produkte, die man dem Bür ger als „green“ und „blue“ verkauft hat, jetzt nicht die Verant wortung übernehmen will, das geht politisch gar nicht.
Es gibt – das sind neue Zahlen von der Kfz-Innung – 260 000 bis 300 000 betroffene Pkw-Halter im Land, deren Dieselfahr zeuge nur die Euronorm 5 oder abwärts erfüllen, die von den jetzt ins Auge gefassten Maßnahmen natürlich betroffen wä ren. Es ist eine Selbstverständlichkeit und wird von uns auch politisch gefordert, dass die Automobilindustrie sich nicht län ger um eine technische Nachrüstung drückt und nicht mehr mit dem Märchen in Bezug auf das Softwareupdate kommt. Die Industrie muss die Verantwortung übernehmen und diese Fahrzeuge technisch nachrüsten.
Das ist eine Selbstverständlichkeit. Wir erwarten auch von der neuen Bundesregierung, dass sie hier entsprechend Druck macht.
Aber es geht ja nicht nur um das Thema „Technische Nach rüstungen“, sondern es geht auch um das Thema „Struktur wandel in der Automobilindustrie“. Wenn ich mit Busunter nehmern rede, sagen die zu mir: „Wir würden ja gern Elekt robusse kaufen, damit die Luft sauberer wird, aber es gibt mo mentan keinen Hersteller in Deutschland, der Elektrobusse verkauft.“ Erst jetzt am Ende des Jahres EvoBus. Es gibt bis lang nur einen polnischen Hersteller, der Elektrobusse ver kauft, nämlich die Firma Solaris, und das bereits tausendfach europaweit. Das heißt – das muss ich wirklich sagen –, es ist doch in den Konzernzentralen etwas schiefgelaufen.
Wir brauchen also dringend den Strukturwandel hin zur Elek tromobilität. Diese Landesregierung wird alles daransetzen, dass sich die Elektromobilität etabliert. Wir haben die dritte Landesinitiative Elektromobilität gestartet mit einem Förder programm für 2 000 neue Ladesäulen als Beitrag, um die Luft belastung zu senken, auch im ländlichen Raum. Ich finde, die se Zahl kann sich bereits sehen lassen.
Dann haben wir das Thema Carsharing. Über alternative Mo bilitätsformen wird gar nicht geredet, sondern es wird immer nur über technische Nachrüstung und über Fahrverbote gere det. Aber dass es auch Möglichkeiten gibt, mithilfe von Car sharing Fahrten in die Städte zu vermeiden,
Deshalb wollen wir Grünen das Carsharing ausbauen. – Herr Kollege Rivoir, hören Sie zu! – Ein Carsharing-Auto ersetzt 15 Privatautos.
Das ist ein Beitrag zur Luftreinhaltung, und der wird von der Landesregierung gefördert. Beim Kauf eines neuen vollelek trischen Carshering-Fahrzeugs gibt es vom Land Baden-Würt temberg einen Festbetrag von 6 000 €. Wenn das kein Wort ist! Das ist eine Maßnahme von uns, auf alternative Mobili tätsformen umzusteigen.
Dann zum Thema Binnenverkehr. Beim Güterverkehr in den Stadtzentren kann man beispielsweise die eine oder andere Fahrt ersetzen. Ich denke da jetzt an die Kurierdienste oder an die Post. Die Post ist da schon sehr fortschrittlich gewesen. Aber wir haben das sogenannte E-Lastenfahrrad, das wir jetzt mit 4 000 € fördern. Wir erleben gerade einen unheimlichen Boom an Anträgen zu diesem Förderprogramm. Das heißt, die Bevölkerung ist auch bereit, über alternative Mobilitätsfor
Wie gesagt, Fahrbeschränkungen sind für uns das letzte Mit tel. Wir sagen ganz eindeutig, wir müssen den Luftreinhalte plan verschärfen und ausbauen. Wir müssen den ÖPNV stär ken, so wie es auch der Verband der Verkehrsunternehmen ge fordert hat. Er hat ein Sofortprogramm für den ÖPNV gefor dert. Wir brauchen mehr Expressbusse. Wir haben einen Mo bilitätsfonds in Höhe von 20 Millionen € aufgelegt. Davon wollen wir 10 Millionen € für den Ausbau von Expressbus sen zur Verfügung stellen, um die Luft in den Städten zu ver bessern, meine Damen und Herren.
Ich finde, hier müssen wir weitermachen. Wir müssen auch überlegen, ob wir, das Land Baden-Württemberg, nicht noch mehr Geld in den Ausbau des ÖPNV stecken.
Beim Schienenverkehr haben wir jetzt höhere Regionalisie rungsmittel und können dadurch auch mehr Schienenleistun gen bestellen.
Wir haben das Metropolexpresskonzept, das eine Kapazitäts ausweitung – vollkommen richtig – um 20 % nach sich zieht,
Wir haben also viel vor, und trotzdem sind wir, die Grünen, der Auffassung, dass die Zukunft im Elektromobil liegt und nicht im Diesel.
Dazu möchte ich mit einem bemerkenswerten Zitat von Herrn Krzysztof Olszewski schließen. Der Name sagt den meisten wahrscheinlich nichts; er ist der Gründer und Geschäftsfüh rer der Solaris GmbH in Polen – ich will jetzt keine Schleich werbung betreiben. Dieser Mann hat bereits im Jahr 2006 – 2006! – folgenden Satz gesagt: „Der Diesel ist am Ende. Dem Elektroantrieb gehört die Zukunft.“