Protocol of the Session on January 31, 2018

Frau Staatssekretärin, ich stelle an Sie jetzt die konkrete Frage, die Staatssekretär Bau mann nicht so beantwortet hat. Das ist alles eine Goodwillak tion. Ich sehe auch, dieser gute Wille ist da. Wären Sie bereit, vergleichbar zum Erneuerbare-Wärme-Gesetz – dort wird ein Anteil von 10 %, 15 % regenerativer Energien vorgeschrie ben –, einen gewissen Anteil an RC-Beton auch in den Aus schreibungen festzulegen, dass Sie als Bauherr – wenn z. B. bei der JVA der Beton hält, macht es ein anderer auch – ein fach den Prozentanteil vorgeben und nicht sagen: „Denkt bit te auch daran“? Ich bringe Ihnen Ausschreibungen, die das Land und die Kommunen machen. Da wird RC-Beton sogar ausdrücklich ausgeschlossen, und das muss verhindert wer den.

Herr Abgeordneter, ich habe ja ausgeführt, dass wir verhindern wollen, dass RC-Be ton ausgeschlossen wird. Ich glaube, das haben wir jetzt auch im Landesbau so weit veranlasst, dass es solche Ausschluss ausschreibungen in Zukunft nicht mehr geben wird.

Was die Frage einer Prozentvorgabe angeht, denke ich, dass dafür die Zeit vielleicht noch nicht ganz reif ist. Denn es hängt davon ab, wo dieser Recyclingbeton tatsächlich verfügbar ist. Wenn die Transportwege – der Herr Kollege hat es auch schon angesprochen – zu weit sind, dann stellt sich die Frage, ob es dann wirklich ökologisch immer die sinnvollere Lösung ist.

Insoweit setze ich einfach darauf, dass wir über mehr Projek te dazu kommen, dass sich der Markt entsprechend entwickelt und dann auch mehr Angebote eingehen, die wir dann würdi gen können. Ich glaube, dass wir, wenn wir diesen Weg kon sequent weitergehen und die Hürden und Hemmnisse abbau en, auf einem guten Weg sind, sodass wir in ein paar Jahren sicher einen anderen Stand erreicht haben werden als heute.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Einverstanden!)

Vielen Dank. – Es gibt noch eine Frage von Herrn Abg. Dr. Murschel.

Vielen Dank für die sehr interessanten Äußerungen. – Es steht ja eine Zahl im Raum, gerade was Ökobilanzen von RC-Beton angeht, wonach eine Transportentfernung von 30 km die Grenze ist, ab der die Ver wendung von natürlichen Baustoffen und nicht von Recyc lingbaustoffen besser ist. Denken Sie, Frau Staatssekretärin, dass man ein Programm starten könnte, um regelmäßig zu überprüfen, wie weit der Stand der Dinge bei der Bereitstel lung des RC-Betons ist, um dann vielleicht auch, wie der Kol lege Zimmermann angeregt hat, regional heranzugehen und einen gewissen Anteil der Verwendung von RC-Beton vorzu schreiben?

Ich freue mich zunächst einmal über das große Interesse des Landtags an diesem The ma. Ich glaube, auch Sie als Abgeordnete – –

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wir sind ja keine Be tonköpfe!)

Ich bin mir sicher, dass Sie und auch das Umweltministerium weiterhin mit Nachdruck an diesem Thema dranbleiben und verfolgen werden, wie sich das weiterentwickelt. Der Landes betrieb Vermögen und Bau ist natürlich auch gern bereit, auf entsprechende Entwicklungen zu reagieren und die Regelset zung entsprechend anzupassen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut! Genau!)

Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Danke schön.

Ich rufe das zweite Thema auf, gemeldet von der SPD-Frak tion:

S t o p p d e r A u s w e i s u n g v o n B a n n w ä l d e r n

Ich erteile Frau Abg. Rolland das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – In Baden-Württemberg hat man sich auch dazu verpflichtet, nach dem Ziel der Bundesregierung 10 % der Wälder im Land aus der Nutzung herauszunehmen, entweder als Naturschutz gebiet oder als Bannwald. Von diesem Ziel ist Baden-Würt temberg noch ziemlich weit entfernt. Dennoch hat Herr Ag rarminister Hauk nach einem Bericht in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 22. Januar – also vor gut einer Woche – einen Stopp der Ausweisung weiterer Bannwälder angekündigt.

Ich frage deswegen die Landesregierung:

Erstens: Warum wurde die Ausweisung der Bannwälder ge stoppt, obwohl das bundesweit verpflichtende Ziel im Land noch nicht erreicht wird?

Zweitens: Wie viele Bannwälder in der Anzahl, aber auch in der Gesamtfläche wurden in den vergangenen zwei Jahren – 2016 und 2017 – durch das Land Baden-Württemberg ausge wiesen?

Vielen Dank.

Danke schön. – Für die Lan desregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Hauk.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung und die sie tragende Koa lition haben sich dazu bekannt, dass wir das 10-%-Ziel – das eine freiwillige Zielsetzung ist – erreichen wollen. So steht es auch im Koalitionsvertrag. Wir versuchen, dieses Ziel zu er reichen, aber es gibt keine Verpflichtung dazu. Es gibt übri gens auch keine Selbstverpflichtung, dass wir 10 % erreichen.

Vor allem gibt es keine Festlegung, das 10-%-Ziel durch Still legung zu erreichen. Da verwechseln Sie nämlich Äpfel mit Birnen. Naturnähe ist nicht nur eine Frage der Stilllegung von Flächen. Stilllegung ist eine Möglichkeit, eine Methode, aber nicht die einzige.

Man kann die Stilllegung vergleichen mit der Tauschwirt schaft vor Einführung des Geldes. Sie ist nämlich eine Maß

nahme, die aus dem letzten Jahrhundert stammt. Wir müssen als modern wirtschaftende Menschen intelligentere Systeme finden, um das Thema Totholz – darum geht es nämlich – nach vorn zu bringen.

Was ist beim Wald in der Biodiversität besonders wichtig? Beim Wald ist es wichtig, dass die Phase des Zerfalls, die durch die menschliche Nutzung des Holzes in den Wirtschafts wäldern nicht besonders stark ausgeprägt ist, abgebildet wird, damit auch die Destruenten, also Bakterien, Pilze etc., aber auch Vögel dort Lebensräume finden, also all die Lebewesen, die vorzugsweise absterbende und tote Bäume besiedeln.

Die spannende Frage ist: Muss man, um diese Zerfallsphase abzubilden, Flächen komplett stilllegen, oder geht es nicht auch auf eine intelligentere Art und Weise?

Die Landesregierung hat deshalb vor über zehn Jahren das Alt- und Totholzkonzept eingeführt, bei dem man, der biolo gischen Dynamik folgend, in den alten Beständen jeweils ei ne ausreichende Zahl von Bäumen ausweist, die als Alt- und Totholzinsel stehen bleiben, die auch nicht genutzt werden und damit die Zerfallsphase abbilden. Irgendwann sind diese alten Bestände aber nicht mehr da;

(Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)

denn es ist halt ein Entstehen und Vergehen. Dann werden in den neuen Altbeständen genau dieselben Inseln wieder einge richtet. Das heißt, das Alt- und Totholz wandert so, wie die al ten Bestände sich entwickeln. Das ist auch richtig. Es ist also keine statische Stilllegung. Wenn ein alter Bestand in einer Stilllegungsfläche zerfallen ist, muss man erst einmal 100 bis 200 Jahre warten, bis die Bestände wieder alt sind.

Ich glaube, wir kommen mit diesem intelligenten Konzept, das genügend Raum gibt für die Zerfallsphase – die wir frü her alle wirtschaftlich genutzt haben, etwa zur Brennholzge winnung und dergleichen mehr –, am Ende deutlich weiter. Dieses Konzept setzen wir derzeit um.

Ich habe deshalb Anfang dieses Jahres bei einem Kolloquium der Universität Freiburg öffentlich gesagt, dass wir, bis geklärt ist, ob die stillgelegten Wälder wirklich mehr Biodiversität bringen als die bewirtschafteten Wälder, die solche flexiblen Totholzkonzepte haben, keine neuen Stilllegungen machen.

Gleichzeitig weiten wir aber das Alt- und Totholzkonzept aus. Das kann ich nur für den Staatswald anordnen; dort ist es an geordnet. Für die Kommunen und die Privatwaldeigentümer gilt eine entsprechende Empfehlung. Diese sind – das ist voll kommen klar – als Eigentümer Herr im eigenen Haus und ha ben das letztlich selbst zu bestimmen.

Das muss man jetzt einfach einmal abwarten. Es gibt nämlich ernst zu nehmende Wissenschaftler, die bezweifeln, dass Still legungen das geeignete Konzept für Naturschutz und Biodi versität sind. Hohe Biodiversität in Wäldern erreicht man im Zweifel durch Bewirtschaftung, wenn es auch für die Zerfalls phase ausreichend Inseln gibt. So kann man versuchen, Wirt schaft einerseits und Naturschutz andererseits intelligent mit einander zu verbinden.

Die zweite Frage, die Sie, Frau Rolland, gestellt haben, betraf das Thema „Ausweisung von Bannwaldflächen“. 1 % der Lan

desfläche soll als Bannwald ausgewiesen werden. Zum Stand der Ausweisung im Jahr 2016 – da haben wir die letzten Flä chen ausgewiesen – waren es im Bereich der Landeswaldflä che etwa 0,5 % Bannwälder, also stillgelegte Wälder, und im Bereich der Staatswaldfläche 1,5 %.

Die genannten fachlichen Ziele werden mit den Ende 2016 landesweit bestehenden 115 Bannwäldern mit einer Gesamt fläche von 7 439 ha bereits erreicht. So sind Ergebnisse aus der Bannwaldforschung maßgeblich in die 2014 überarbeite te Waldentwicklungstypenrichtlinie eingeflossen. Diese Wald entwicklungstypenrichtlinie sieht eben auch die Ausweisung von Alt- und Totholzkonzepten in den Wirtschaftswäldern im Staatswald vor.

Vielen Dank. – Gibt es weite re Wortmeldungen, Fragen? – Bitte, Herr Abg. Nelius.

Vielen Dank, Herr Hauk. – Ich ha be noch eine Frage. Sie halten dieses 10-%-Ziel im Prinzip aber nach wie vor für sinnvoll, Sie wollen es, sage ich einmal, lediglich durch eine intelligentere Maßnahme als nur Bann wälder oder nur Naturschutzgebiete erreichen? Denkbar wä ren beispielsweise intelligente Totholzkonzepte.

Zweite Frage: Könnten Sie beziffern, wie viel von den ange strebten 10 % Ihrer Meinung nach in Baden-Württemberg un gefähr erreicht ist, grob gesagt?

Zunächst einmal halte ich die Zielsetzung für richtig, den Anteil der Zerfalls- und Altholzteile in den Wäl dern zu erhöhen. Das ist zweifelsohne richtig, denn die letz ten 100, 150 oder 200 Jahre waren geprägt durch Wirtschafts wald. Da hat man die Bäume vor der Zerfallsphase genutzt. Was nicht gerade gewachsen war und was man nicht für Mö bel, Tische etc. nutzen konnte, hat man als Brennholz genutzt.

Das halte ich für sinnvoll. Ich halte es aber auch für sinnvoll, dass wir uns dazu bekennen, dass Wald genutzt werden muss, denn wir haben nicht nur die Biodiversität zu berücksichtigen. Umweltpolitik besteht aus mehr. Wir haben auch den Klima wandel zu berücksichtigen.

Angesichts des Klimawandels ist es effizient und notwendig, dass wir einen Beitrag zur CO2-Speicherung leisten. Verbau tes Holz, genutztes Holz ist d e r Beitrag zur CO2-Speiche rung. Hier im Landtag haben wir Buchenmöbel; in jedem Haus ist es der Dachaufbau. Vorhin haben wir über Beton, über Recyclingbeton gesprochen. Hätten wir lieber einmal ei ne Debatte über die Holzleichtbauweise des 21. Jahrhunderts geführt. Das wäre eine recyclingfähige Möglichkeit, unprob lematisch auch für die Umwelt. Da braucht man gar nicht groß zu schreddern etc. Es trägt aktiv zum Klimaschutz bei, wenn CO2 dauerhaft gespeichert wird.

Das beste Beispiel sind die Häuser im Schwarzwald, die zum Teil mehrere Hundert Jahre alt sind. Das CO2 ist dort bereits mehrere Hundert Jahre lang gespeichert und wird nicht an die Atmosphäre abgegeben.

Gerade in den nächsten 50 Jahren, bis die Maßnahmen des Klimaschutzes greifen – und zwar so, bis die Beiträge von

CO2 und weiteren klimaverändernden Stoffen sinken –, gera de in dieser Phase ist es besonders wichtig, dass wir speichern. Gerade in dieser Phase sollten wir nicht so sehr an die Nicht nutzung, sondern mehr an die Nutzung und die Speicherung denken.

Das ist ein anderer umweltpolitischer Ansatz. Der eine sieht nur die Biodiversität, der andere sieht die Themen Klimaver änderung und Klimaschutz. Beides schließt sich aber nicht aus, das lässt sich intelligent miteinander verknüpfen.

Herr Kollege Nelius, zu Ihrer Frage, wo wir stehen: Unter Ein beziehung der Alt- und Totholzkonzepte stehen wir heute un gefähr bei knapp 7 %. Eigentlich bin ich ganz zuversichtlich, nachdem wir dies zumindest im Staatswald ausweiten – ich bin auch davon überzeugt, dass das auch für manche Kom munalwälder gilt, wo vorbildlich agiert wird; gerade die gro ßen Städte sind prädestiniert dafür; die Stadt Stuttgart besitzt auf ihrer Gemarkung ebenfalls 2 000 ha eigenen Wald und ist sicherlich auch daran interessiert, ein Stück weit dazu beizu tragen –, dass wir bis zum Jahr 2020 an die 10 % – die Selbst verpflichtung der Bundesregierung – herankommen.

Herr Abg. Dr. Murschel, Ihre Frage, bitte.

Herr Minister Hauk, ich habe bloß noch eine Verständnisfrage. Manchmal denke ich, wir sind bei alledem vielleicht gar nicht so weit auseinander.

Nein.