Protocol of the Session on January 24, 2018

Beispielsweise ist seit Dezember 2017 die Fahrzeugflotte von 16 fabrikneuen Talent-2-Elektrotriebwagen im Netz der GäuMurr-Bahn zwischen Crailsheim, Stuttgart und Konstanz/ Freudenstadt im Einsatz. Dies ist das erste Netz, in dem Fahr zeuge im neuen und, wie ich meine, sehr gelungenen Design in den Landesfarben unterwegs sind.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Aber zu wenig Plätze!)

Die alten Silberlinge sind jetzt museumsreif und werden aus gemustert. Unser Verkehrsminister Hermann darf Monat für Monat neue Schienenfahrzeuge auf den Weg schicken – das freut uns auch.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Anton Baron AfD: Aus Steuergeld bezahlt!)

Bereits in acht Vergabeverfahren hat sich dieses Modell be währt. In allen Ausschreibungen hat sich auch der bisherige Marktführer, die DB Regio, beteiligt und sich ebenfalls für das BW-Modell entschieden. Also auch ihre Fahrzeuge wer den in das Eigentum der SFBW übergehen. Der Schienenfahr zeugpark wächst damit stetig.

Bei den Vergabeverfahren gab es jedoch eine große Überra schung. Die DB Regio wird das nachfragestarke Stuttgarter Netz ab 2019 nicht mehr betreiben. Im Bieterwettbewerb un terlag sie aufgrund eines Formfehlers der Konkurrenz aus Großbritannien und den Niederlanden, obwohl sie das wirt schaftlichste Angebot gemacht hat. Im kommenden Jahr fahren deshalb auf diesen Strecken das niederländische Unterneh men Abellio Rail, eine Auslandstochter der niederländischen Eisenbahn, sowie das britische Unternehmen Go-Ahead. Bei de wollen und werden auch den Mitarbeitern der DB, die in Baden-Württemberg tätig sind und dort weiterhin aktiv blei ben wollen, eine Übernahme anbieten.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bin sofort fertig, Herr Präsident.

Das Land hat mit der SFBW den strukturellen Wandel im Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg einge läutet und seine Ziele erreicht. Wurden in der Vergangenheit die Bahnnetze und die Eisenbahnverkehrsleistungen von staat lichen Unternehmen als Quasimonopol betrieben, stehen beim Betrieb des Bahnverkehrs jetzt auch in Baden-Württemberg zahlreiche Unternehmen in einem Wettbewerb untereinander.

Wie erfolgreich das Verfahren und die SFBW aber tatsächlich sind, wird sich aus unserer Sicht erst dann zeigen, wenn nach Ablauf der mehr als zehn Jahre laufenden Verkehrsverträge die Anschlussverwertung ansteht. Wir sehen aber das Poten zial, dass die SFBW ihren Beitrag zum Erfolg und zur Attrak tivität des Schienenpersonennahverkehrs leisten kann.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Stauch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordneten! Der von der Lan desregierung hier vorgelegte Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg beein druckt uns, die AfD-Fraktion, in keiner Weise. Es grenzt schon an offene Nichtachtung des Parlaments, wenn die Landesre gierung die Tätigkeit der Landesanstalt seit dem am 5. März 2013 zur Einrichtung des sogenannten Baden-WürttembergFinanzierungsmodells gefassten Ministerratsbeschluss auf nicht einmal drei Druckseiten zusammenfasst.

Aus diesem Bericht erfahren wir kaum mehr, als dass diese Anstalt existiert und nach Darstellung der Landesregierung eine tolle Erfolgsgeschichte ist und wie viele Schienenfahr zeuge – nämlich 253 Elektrotriebwagenzüge und zehn Die seltriebwagen – seit dem 12. März 2015 angeschafft wurden. Wir erfahren gerade noch, dass diese Fahrzeuge auf 25 Jahre finanziert werden und an die Betreiber der Netze auf zwölf bis 13 Jahre verpachtet werden, und, ziemlich verklausuliert, dass das Land als Bürge für die Finanzierung samt Verwertung der Fahrzeuge nach 25 Jahren Laufzeit geradesteht.

Aus dem Beteiligungsbericht der Landesregierung und aus der Internetrecherche zu öffentlichen Ausschreibungen der vergangenen beiden Jahre erfährt man deutlich mehr als aus ihrem eigenen Bericht für dieses Parlament, so etwa, dass die Kredite u. a. von der Europäischen Investitionsbank oder der Bayerischen Landesbank oder der Allianz kommen. In ihrem Bericht an das Parlament wird nicht einmal erwähnt, in wel cher Höhe hier Verpflichtungen eingegangen werden.

(Abg. Udo Stein AfD: Hört, hört!)

Je nachdem, ob wir Herrn Geschäftsführer Heepen, zugleich Geschäftsführer der Nahverkehrsgesellschaft BW, bei einer Abellio-Veranstaltung in Möckmühl hören oder ob wir uns im Ausschuss vom Herrn Ministerialdirektor belehren lassen, dürfen wir mit einer nicht im Verkehrshaushalt verzeichneten Kreditgesamtsumme zwischen 1,5 Milliarden und 2 Milliar den € für die neuen Züge rechnen, für die das Land bürgt. Al lein schon die Unschärfe dieser Angaben spricht hier Bände. Meine Damen und Herren, man nennt so etwas einen Schat tenhaushalt.

Die Landesregierung gründet hier am eigentlichen Verkehrs haushalt vorbei eine eigene Gesellschaft zur Finanzierung und Verpachtung von Bahnmaterial, fährt dazu noch die massive Werbekampagne für die neuen Züge, und die Rückflüsse aus den Pachten sollen die neue Gesellschaft finanziell tragen.

Interessant ist allerdings, dass auch die DB, wo sie Netzaus schreibungen gewinnt, die Finanzierung durch die Landesan stalt nutzt und dabei die Kosten und Risiken für ihre eigenen Neufahrzeuge auf das Land abwälzt.

Meine Damen und Herren, ich glaube, Sie reden sich dieses Modell gewaltig schön. Aber haben Sie bei Ihrer Entschei dung bedacht, dass die Schienen und Bahnen nach wie vor der DB Netz gehören? Haben Sie irgendwelche Garantien dafür, dass die Gewinner der Ausschreibung sowohl für die Kosten der Schienennutzung aufkommen als auch einen ausreichen den Ertrag erwirtschaften können? Haben Sie die Rechnung, der zufolge Sie durch die Privatisierung 1 Milliarde € bei den Zugkilometerpreisen eingespart haben wollen, am Ende wo möglich ohne den Wirt – den Eigentümer der Infrastruktur – gemacht?

In Ihrem Bericht lesen wir hierzu merkwürdigerweise nichts. Hätten Sie hier Erfolge und Garantien zu melden, dann hät ten Sie uns das gewiss nicht verschwiegen.

Was Sie hier exerzieren, ist doch ein Wettbewerb nach dem Motto „Egal, was es uns kostet“. Die DB Regio verliert in Ba den-Württemberg Kontrakte und kann für die entgangenen Einnahmen auch nicht neu investieren – dort, wo die DB noch fährt. Das Land geht in Vorleistung, indem es den herzlich willkommenen Privatunternehmen schöne neue Züge zur Ver fügung stellt, für die der Steuerzahler bürgt. Wenn wir diese Züge jetzt noch selbst betreiben würden, könnten wir sie „Württembergische Staatsbahn“ nennen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ob angesichts von vorgeschriebenen Konditionen in den neu eren Verträgen die Rentabilität der privaten Anbieter nicht mit schlechteren Konditionen für das Personal erkauft wird, muss sich entgegen den Beteuerungen der Unternehmen erst noch erweisen. Auch die DB Regio, ein Bundesbetrieb, nutzt auf verbliebenen Netzen das Finanzierungsangebot des Landes, das damit einen Bundesbetrieb finanziell unterstützt. Wenn Sie mich fragen, so ist es eigentlich unerheblich, aus welcher Tasche der Bürger und Steuerzahler den Schienenregionalver kehr sponsern muss. Man sollte ihm aber reinen Wein ein schenken. Hier trifft es ganz konkret den baden-württember gischen Steuerzahler, der ein Bundesunternehmen entlastet.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Daniel An dreas Lede Abal GRÜNE: Raten Sie mal, warum es DB Regio heißt!)

Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der AfD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Kennen Sie den Unterschied zwischen DB Regio und DB Netz?)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Kleinböck.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren! Ich hatte schon im Ausschuss darauf hingewiesen, dass wir, die SPDFraktion, uns quasi als Elternteil dieses Kindes SFBW sehen und diese Vaterrolle zu Beginn auch ganz gut ausgefüllt hat ten. Der damalige Finanzminister Nils Schmid hat ja die ent sprechenden Finanzmittel bereitgestellt.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen von der CDU, ihr seid ja jetzt in der Stiefvaterrolle. Ich bitte euch einfach, mit unse rem Kind sorgsam umzugehen,

(Abg. Nicole Razavi CDU: Väter und Mütter!)

so lange, bis wir wieder selbst darüber bestimmen, was da pas sieren kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Genau!)

Ich weiß noch, dass die CDU-Fraktion damals nicht gerade euphorisch war, als es um Zustimmung für dieses Projekt ging.

Meine Damen und Herren, ich will hier nicht das wiederho len, was zu den bisherigen Ausschreibungsverfahren sowie zum Restwertrisiko usw. gesagt wurde. Ich denke schon, dass bei dieser Ausschreibungsdauer von zwölf Jahren und der Ab schreibungsdauer von 25 Jahren auch bei der nächsten Run de sicherlich keine Probleme bestehen dürften. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen gehe ich davon aus, dass die neuen Interessenten diese Fahrzeuge weiter betreiben. Was dann nach 24 Jahren sein wird, sei heute dahingestellt. Allerdings werden wir nach der ersten bzw. zweiten Abschreibungsrun de schon darüber reden müssen.

Insgesamt kann ich feststellen, dass aufgrund dieser Konst ruktion eine Abrechnung nicht erst am Ende der Laufzeit, nach 25 Jahren, sinnvoll erscheint, sondern dass wir, der Landtag hier schon Zwischenberichte der SFBW erwarten. Es geht da rum, die finanziellen Lasten im Zeitablauf deutlich zu machen und über den Zustand der Fahrzeuge zu berichten. Wir wis sen nicht, wie die verschiedenen Betreiber dann mit diesen Fahrzeugen umgehen, ob sie diese Fahrzeuge alle gleicher maßen sorgsam behandeln werden.

Wir fordern daher die Landesregierung auf, zeitnah zur Inbe triebnahme der ersten Netze dem Landtag eine konkrete fi nanzielle Übersicht über die bislang geleisteten Beschaffun gen vorzulegen. Wir fragen uns auch, mit welchen weiteren finanziellen Belastungen zu rechnen ist, sollte sich angesichts gestiegener Kapazitätsanforderungen – wir diskutieren Fahr verbote in Stuttgart und anderswo – die Beschaffung weiterer Fahrzeuge als notwendig erweisen. Im Ausschuss haben wir gehört, dass zusätzliche Kapazitäten beschafft werden müs sen. Was dort gesagt wurde, war wenig erhellend.

Insgesamt kann ich feststellen, dass es doch noch eine ganze Reihe von Fragen gibt, die zu beantworten sind, z. B., ob auf allen Strecken die notwendigen Kapazitäten nochmals untersucht wurden, auch angesichts der Tatsache, dass wir den ÖPNV mehr in den Fokus nehmen müssen, und ob und in welchem Um fang Fahrzeuge zum gleichen Preis nachbestellt werden kön nen.

Wie groß sind dann noch die vom Verkehrsminister genann ten Abschreibungsgewinne? Vorhin haben wir die Zahl 1 Mil liarde € gehört. Wir wissen, dass drohende Fehlplanungen be züglich der Takte und des Platzangebots im Raum stehen und damit verbundene Nachsteuerungen notwendig sind. Dabei stellt sich natürlich schon die Frage, ob die prognostizierten Gewinne durch diese Entwicklungen nicht langsam aufgefres sen werden.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Fragen über Fragen; Fragen, die zeigen, dass wir es mit dem Wohl unseres Kindes ernst meinen, Fragen, bei denen wir Antworten vom anderen Elternteil und vom Stiefelternteil einfordern – eben zum Woh le des Kindes und des Landes Baden-Württemberg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich dem Kollegen Haußmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute den Bericht über die Tätigkeit der Landesanstalt Schienenfahrzeu ge oder – wie sie damals bei der ersten Lesung der Kollege Mack bezeichnet hat – der „Waggonanstalt“ des Landes Ba den-Württemberg.

Man muss schon sagen, dass der Bericht insgesamt sehr we nig aussagefähig ist. Er ist nur unwesentlich länger als die Twitter-Botschaften von Donald Trump,

(Heiterkeit des Abg. Anton Baron AfD)

und man muss feststellen, dass er nur sehr wenige Aussagen über die finanziellen Zusammenhänge enthält, insbesondere über die Chancen und Risiken, die mit der Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg verbunden sind.

In der Gesetzesbeschlussfassung 2015 haben die Regierungs fraktionen der letzten Legislaturperiode gegen die Stimmen der CDU und der FDP/DVP einen Umfang von 3,5 Milliar den € beschlossen. Derzeit beträgt das Volumen etwa 1,5 Mil liarden €. Das läuft alles am normalen Haushalt vorbei. Der damalige Hinweis der CDU, dass man doch zumindest den damaligen Finanz- und Wirtschaftsausschuss – den heutigen Finanzausschuss – einbeziehen sollte, ist nach wie vor sinn voll. Damit hätten Sie die Möglichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, dies Ihrem Koalitionspartner nochmals nahezubringen; denn das läuft völlig am Haushalt des Landes Baden-Württemberg vorbei. 3,5 Milliarden € sind kein Pap penstiel, wenn man sonst im Landtag oft über Kleinigkeiten berät. Hier gehört mehr Transparenz hinein, und dazu könn ten Sie einen wichtigen Beitrag leisten.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Bernd Gögel AfD)