Protocol of the Session on January 24, 2018

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Bernd Gögel AfD)

Ich hatte in der ersten Lesung im Februar 2015 einige Fragen gestellt, die nichts an Aktualität verloren haben. Es wurde da mals von Anlaufverlusten berichtet. Das ist klar, wenn man zunächst einmal Verwaltungsaufwand hat, bis dann die Fahr zeuge laufen. In der Gesetzesbegründung steht, von 2015 bis 2018 seien es ca. 500 000 €.

Schauen wir einmal in den Beteiligungsbericht 2017, der die Folgejahre überhaupt noch nicht beinhaltet, so haben wir jetzt bereits über 1 Million € Anlaufdefizit zu konstatieren. Dies ist auch deshalb bemerkenswert, weil in der Gesetzesbegründung ausgeführt wurde, dass etwa ein bis drei Geschäftsführer be nötigt würden. Aktuell haben Sie einen Nebenerwerbsge schäftsführer, der im Hauptamt bei der NVBW ist. Er hat hier für im Jahr 2017 12 000 € Jahresgehalt bezogen.

Ich bin schon überrascht, dass eine Landesanstalt mit einem Milliardenvolumen von einem Nebenerwerbsgeschäftsführer geführt wird. Angesichts der Aufgabe der Landesanstalt, des Volumens und der vorhandenen Risiken mache ich mir schon Sorgen, wenn wir weiter in die Fahrzeugbestellung gehen und die Landesanstalt von einem Nebenerwerbsgeschäftsführer geführt wird. Ich habe große Sorgen, ob diese Risiken in Ba den-Württemberg überhaupt transparent werden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Anton Baron AfD: Ich mache das! – Zuruf des Abg. Hermann Katzen stein GRÜNE)

Zweitens haben wir damals gefordert – das kam heute auch zum Ausdruck und wäre durchaus sinnvoll –, einen Wirt schaftsplan zu erstellen, aus dem sich ergibt: Wie geht es denn weiter?

(Abg. Anton Baron AfD: Genau!)

Wir haben schon jetzt mehrere Hundert Fahrzeuge; es kom men noch mehr dazu. Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen muss ja verrückt sein, wenn es dieses BW-Modell nicht in An spruch nimmt. Es ist ja logisch, dass das auch die Deutsche Bahn macht.

(Zuruf des Abg. Daniel Renkonen GRÜNE)

Deswegen ist es wichtig, dass wir in dem Bericht – das wer den wir auch noch in einem Antrag fordern – einmal einen Wirtschaftsplan bekommen, aus dem sich ergibt: Wie geht es in den nächsten Jahren weiter? Woher kommt denn die Milli arde, Herr Kollege Renkonen? Die bekommen Sie auch des wegen, weil Sie weniger Kapazitäten bestellt haben, weil Sie die Laufzeit reduziert haben,

(Abg. Anton Baron AfD: Genau! – Zuruf des Abg. Daniel Renkonen GRÜNE)

weil Sie zunächst einmal die guten Netze eingerechnet haben.

(Abg. Anton Baron AfD: Auf der Murrbahn fängt es schon an!)

Wir müssen das Ganze transparent aufbauen. Dies war auch einer der Gründe, warum wir gesagt haben: Wir Freien De mokraten sind nicht grundsätzlich gegen dieses Modell. Aber im Hinblick auf diese Milliardeninvestitionen hatten wir vor geschlagen, da zunächst einmal mit einigen wenigen Netzen hineinzugehen.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Wettbewerb!)

Denn wir rechnen erst Ende 2040 – Mitte des Jahrhunderts – zusammen, wenn wir wissen, wie es weitergeht. Wir sind im Grunde ja die Eigentümer dieser Fahrzeuge. Sie haben Brut toverträge gemacht. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen sind

im Prinzip nur noch Transportunternehmen. Sie haben kein Interesse mehr, selbst mehr Fahrgäste zu gewinnen, weil Sie die Verträge entsprechend ausgestaltet haben.

Das Qualitätsrisiko liegt voll beim Land Baden-Württemberg. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir uns intensiv um die Fahrzeuge kümmern. Mit Blick auf das Personal gibt es bei mir viele, viele Fragezeichen. Bei diesen vielen Hundert Fahr zeugen, die wir haben – über 300 Fahrzeuge –, ist schon jetzt ein viel größerer Einsatz erforderlich. Deswegen bleiben bei diesem Bericht viele Fragen offen, deren Beantwortung wir dann aber über einen eigenen Antrag in den nächsten Wochen fordern werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Bernd Gögel AfD)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Hermann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, be sorgte Stiefeltern! Wir haben hier im Landtag vor ungefähr drei Jahren über die neue Finanzierung von Fahrzeugen im Schienenpersonennahverkehr diskutiert, am Ende dann – im März 2015 – ein Errichtungsgesetz für die Schienenfahrzeu ge BW beschlossen und schließlich die Anstalt eingerichtet.

Damals gab es ausführliche Debatten, und wenn Sie von der AfD noch nicht alles verstehen,

(Abg. Anton Baron AfD: Ja, ja!)

müssen Sie alte Debatten nachlesen und sich einarbeiten.

(Abg. Anton Baron AfD: Auf den drei Seiten!)

Sie dürfen nicht immer nur sagen: „Ich verstehe es nicht, ich möchte es besser erklärt haben.“ Sie müssen sozusagen auch etwas bringen.

Jedenfalls gab es schon damals eine große Diskussion. Es gab auch viele Fragen, und es gab natürlich auch viele Bedenken. Ich glaube, die heutige Debatte zeigt, dass es sinnvoll ist, da rüber zu diskutieren, auch den einen oder anderen Punkt auf zuklären.

Ich habe aus den zum Teil kritischen Beiträgen entnommen, dass manches vielleicht noch nicht ganz klar war oder nicht ganz verstanden worden ist, wie das Ganze funktioniert.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Ich will zu dem mehrfach vorgetragenen Vorwurf, das Ganze sei nicht transparent und würde einen Schattenhaushalt dar stellen, ganz grundsätzlich und vorab sagen: Vor meiner Zeit als Minister sind die Regionalisierungsmittel – vollkommen und vollständig am Parlament vorbei – von der Nahverkehrs gesellschaft in einem Monopolvertrag mit der Deutschen Bahn weitergereicht worden. Da hat gar keine Transparenz stattge funden – über keinen Cent.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: So ist es! – Abg. Jochen Hauß mann FDP/DVP: War aber im Haushalt!)

Wir haben da wirklich Licht ins Dunkel gebracht und vieles öffentlich gemacht. Aber man muss auch sagen: Wenn man wettbewerblich ausschreibt – das müssen gerade die Freunde der Marktwirtschaft verstehen –, kann man schon im Interes se des Schutzes der Wettbewerber nicht alle Daten offenlegen,

(Zuruf des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

sonst wird das nicht funktionieren. Das heißt, man muss be stimmte Sachen offenlegen, muss bestimmte Sachen erklären. Für uns jedenfalls kann ich ganz klar sagen: Das, was wir of fenlegen können, legen wir alles offen – auch gegenüber dem Finanzministerium. Es gibt übrigens auch einen Verwaltungs rat – darin sitzen Vertreter des Finanzministeriums und des Verkehrsministeriums –, um diese Gesellschaft zu kontrollie ren.

(Zuruf des Abg. Bernd Gögel AfD)

Ich möchte noch etwas grundsätzlich sagen: Manche denken – es ist mir gerade bei der letzten Rede von Herrn Haußmann so vorgekommen –, da würde ein Geschäftsführer überlegen, wie er die Milliarden ausgibt. Das ist aber ein ganz anderes Modell. Indem wir Verträge nach Ausschreibungen machen, wird in den Verträgen geregelt, wie das Geld fließt. Da gibt es keine Geschäftsführer, die überlegen, wie das Geld ausgege ben werden soll. Das sind die Verträge, die das bündeln und regeln. Dazu jetzt im Einzelnen mehr.

Ich möchte jetzt aber an die Gründungsüberlegungen und die Debatte von damals erinnern: Warum haben wir das überhaupt gemacht? Warum haben wir überhaupt eine Schienenfahrzeug gesellschaft gegründet und uns Gedanken über die Finanzie rung gemacht? Man könnte ja sagen: „Was interessiert es den Staat? Wir bestellen, und dann wird man sehen.“

Damals ist zum ersten Mal richtig deutlich geworden: Wenn wir uns bei der Fahrzeugfinanzierung nicht einmischen, dann bekommen wir entweder keinen Wettbewerb, weil nur einer gut anbieten kann, nämlich der „rote Riese“, da er die besten Konditionen am Kreditmarkt und bei der Fahrzeugindustrie bekommt, oder wir wollen einen Wettbewerb, dann müssen wir sozusagen ins Obligo gehen und für alle die gleichen Be dingungen herstellen.

Das haben wir uns nicht aus den Fingern gesogen, sondern wir haben gesehen, dass dies damals in Nordrhein-Westfalen begonnen wurde und dass Niedersachsen ein Fahrzeugpool modell hat. Wir haben auch kompetente Experten zu uns ge holt und uns beraten lassen. Erst nach langen Beratungen ha ben wir das Vorhaben in den Landtag eingebracht, und am En de wurde darüber abgestimmt.

Die Mehrheit des Hauses hat gesagt: Wir wollen diese Art von Finanzierungskonstruktion. Sie hilft uns, überhaupt Wettbe werb zu schaffen, und hilft uns, im Wettbewerb relativ güns tige Konditionen zu bekommen, weil das Land die besten Fahrzeugfinanzierungskonditionen bekommt. Das gilt dann für alle. Dadurch herrscht sozusagen eine Startgleichheit für große und kleine Unternehmen. Das hat dazu geführt, dass wir bei jedem Netz konkurrierende Bewerber hatten – nur des halb. Das hat übrigens auch dazu geführt, dass sich die Deut sche Bahn, die eigentlich selbst gute Finanzierungskonditio nen hat, auf unser Modell eingelassen hat,

(Abg. Emil Sänze AfD: Und nicht selbst ins Risiko gehen muss!)

weil sie gesehen hat, dass es für alle, die dort betreiben wol len, sehr gut ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Manche haben gesagt: „Jetzt leistet sich der Verkehrsminister einen Fahrzeugpark. Der versteht doch gar nichts davon. Man muss es dann noch selbst warten und schmieren.“

(Abg. Anton Baron AfD: Ja!)

Das ist ja nicht unser Modell. Das haben viele noch nicht rich tig verstanden. Wir machen es sehr geschickt. Wir sagen: Ein Anbieter von Verkehrsleistungen kann überlegen, welche Fahr zeuge er nehmen will. Da ist er frei. Er bekommt von uns das Geld, um die Fahrzeuge zu kaufen; die Fahrzeuge bleiben im Eigentum des Landes, und die Kredite und die Finanzierungs kosten werden vom Betreiber über eine Pacht zurückbezahlt.

(Zuruf von der AfD)

Da besteht überhaupt kein Risiko, weil nämlich die Fahrzeu ge im Eigentum des Landes bleiben. Die Kredite und Finan zierungskosten gehen auf den Betreiber über, der somit Päch ter wird.

(Abg. Emil Sänze AfD: Da sollte man einmal den Un terschied zwischen Pacht und Leihe erklären!)

Nach dem Ende der Vertragslaufzeit gehen die Fahrzeuge di rekt wieder an das Land und die Schienenfahrzeuggesellschaft zurück. Damit haben wir auch kein Risiko, weil wir dann bei der nächsten Ausschreibung sagen können: „Mit diesen Fahr zeugen müsst ihr fahren.“