Protocol of the Session on May 10, 2017

Ich rufe das nächste Thema der Regierungsbefragung auf – gemeldet von der CDU-Fraktion –:

N o v e l l i e r u n g d e s P r i v a t s c h u l g e s e t z e s

Ich darf Frau Abg. Felder das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Die Privatschulen spielen in un serem Land eine bedeutende Rolle. Immer mehr Eltern sowie Schülerinnen und Schüler entscheiden sich für den Besuch ei ner Privatschule. Dafür spielen sicherlich viele Faktoren eine Rolle. Das mag die Vielfalt sein, das mag die Kreativität der Schulen sein, das mögen vielleicht auch neue Formen oder auch besondere Betreuungsformen sein, die die Privatschulen bieten können.

Die Privatschulfinanzierung stand in den letzten Jahren im mer wieder im Fokus der Diskussion. Immer wieder neue For derungen – Thema 80-%-Förderung – wurden diskutiert und eigentlich von vielen gewollt. Aber die Frage der Finanzie rung stand immer im Mittelpunkt.

Die Rechtsprechung hat uns nun verpflichtet, die Neuregelung der Privatschulen grundsätzlich anzugehen. Bis zum Sommer müssen wir dies geschafft haben. Wir haben aus vielen Pres severöffentlichungen und Diskussionen mitbekommen, dass Sie, Frau Ministerin, sich hier auf einen guten Weg gemacht haben. Sie haben auch bei der Demonstration der Privatschu len hier in Stuttgart Zusagen gegeben, die bei den Privatschu len auf große Resonanz und ein positives Echo gestoßen sind.

Deswegen möchte ich heute die Landesregierung fragen, ob sie uns die Eckpunkte dieser Novelle zum Privatschulgesetz ein wenig näher erläutern kann.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ausführlich erläu tern!)

Ausführlich erläutern. – Was bedeutet z. B. die gesetzliche Verankerung des Kostendeckungsgrads von 80 % ganz kon kret, und wie ist der Ausgleichsanspruch zukünftig geregelt?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Danke schön. – Für die Lan desregierung erteile ich Frau Ministerin Dr. Eisenmann das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Felder, selbstverständlich beantworte ich Ihre Fra ge sehr gern.

Tatsächlich haben wir aufgrund von verschiedenen Einlassun gen und ausgehend von einem Gerichtsurteil den Auftrag, bis zum Sommer dieses Jahres das Gesetz für Schulen in freier Trägerschaft, das Privatschulgesetz, neu zu regeln. Wir wer den dafür in den nächsten Wochen auch eine entsprechende Kabinettsvorlage einbringen, weil wir uns – darüber freue ich mich sehr – mit den Privatschulen in großem Einvernehmen auf das weitere Vorgehen geeinigt haben. Den Privatschulen ist auch deutlich geworden, von welcher Wertschätzung die ses Verhandlungsergebnis, das selbstverständlich die gericht lichen Auflagen vollständig umsetzt, getragen ist.

Zu Ihrer Frage: Zum einen glaube ich, dass wir ein ganz zen trales Signal ausgesendet haben – dafür bin ich der grünschwarzen Koalitionsregierung auch dankbar –, indem wir für alle Schulen in freier Trägerschaft den Kostendeckungsgrad von bisher 78,1 % auf 80 % erhöhen. Das hat mit den gericht lichen Grundlagen gar nichts zu tun. Vielmehr ist das die Um setzung einer politischen Forderung, die seit vielen Jahren hier in Baden-Württemberg vorgebracht wird, nämlich die Grund förderung für die Privatschulen auf eine breitere Basis zu stel len. Ich freue mich sehr, dass dies gelungen ist und dass wir uns gemeinsam darauf verständigt haben, durch dieses Ange bot den Schulen in freier Trägerschaft ein Zeichen der Wert schätzung und Stärke auszusenden. Abhängig von der Schul art sind es immerhin Kosten in einer Größenordnung von rund 15 Millionen €, die diese grundsätzliche Förderung mit sich bringt.

Dass die 80 % – das war ein großer Wunsch der Privatschu len – gesetzlich verankert werden sollen – das werden wir tun –, gibt Planungssicherheit. Es ist ein Signal an die Privatschu len, dass wir uns, auch für die nächsten Jahre, dazu bekennen – so, wie ich mir natürlich von den Privatschulen auch wün sche, dass diese Grundlage, die wir jetzt erarbeitet haben, für die nächsten Jahre stabil ist. Denn ich glaube, dass sie auch das widerspiegelt, was Privatschulen zu ihrer Förderung brau chen. Deshalb bin ich dem Wunsch der Privatschulen, die ge setzliche Verankerung vorzuschlagen, gern nachgekommen, um ihnen damit diese Grundförderung in Höhe von 80 % auch als langfristige Perspektive zu ermöglichen.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sehr gut!)

Der zweite Teil des Gerichtsurteils basiert darauf, dass den Schulen in freier Trägerschaft zugemutet wird bzw. dass nicht

ausgeschlossen wird, Schülerinnen und Schüler unabhängig von der sozialen Schichtung aufzunehmen. Das ist auch rich tig so. Das sogenannte Sonderungsverbot ist Teil des Grund gesetzes und muss von den Schulen in freier Trägerschaft auch eingehalten werden. Ich gehe davon aus, dass sie dies tun. Das Gerichtsurteil hat aber uns, das Land Baden-Württemberg, da zu verpflichtet, einen gewissen Ausgleich zu zahlen, wenn das Schulgeld abgesenkt wird oder wenn auf das Schulgeld ver zichtet werden soll. Das war das, worüber wir grundsätzlich verhandeln mussten.

Wir haben für dieses sogenannte Sonderungsverbot und den daran gekoppelten Ausgleichsanspruch eine Lösung gefun den. Der Ausgleich wird selbstverständlich vom Land bis zu einer gewissen Höhe, wie gerichtlich fixiert, bezahlt. Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Die Schulen in freier Trä gerschaft müssen uns gegenüber natürlich nachweisen, dass sie dieses Sonderungsverbot in den Gesprächen mit den El tern auch eingehalten haben.

Ich glaube, dies ist insgesamt für die Schulen in freier Träger schaft für die Zukunft eine gute Grundlage bzw. Basis. Wir setzen selbstverständlich das Gerichtsurteil um, so, wie es sich gehört und wie es auch richtig ist. Deshalb ist es ein grund sätzlich erfreuliches Verhandlungsergebnis. Man muss sehen: Die Erhöhung der Grundförderung auf 80 % plus der Aus gleichsanspruch, den wir für das abgesenkte Schulgeld bei so zialer Notwendigkeit umsetzen, ergibt eine Förderung der Schulen in freier Trägerschaft von 90 %. 10 % Eigenleistung sind durch die Schulen zu erbringen. Das halte ich auch für absolut gerechtfertigt. Auch die Schulen in freier Trägerschaft bekennen sich dazu. Eine Förderung von 100 % oder gar über 100 % stand nie im Raum und ist auch keine Basis, die juris tisch eingefordert würde oder die uns von den Gerichten vor gegeben worden wäre.

Insgesamt ist es eine runde Sache. Wir werden jetzt in der Fol ge natürlich aufgrund des Ausgleichsanspruchs in Sachen Schulgeld ein Berichtswesen etablieren mit regelmäßigen Be richtsabständen, damit auch transparent ist, wie die Schulen in freier Trägerschaft die Mittel einsetzen. Das heißt, die Ver fahren werden ein Stück weit verändert. Es ist aber ein klares Signal der Wertschätzung an die Schulen in freier Träger schaft. Alles zusammen, die Erhöhung der Grundförderung plus die Ausgleichzahlungen, ergibt eine jährliche strukturel le Belastung im Haushalt des Landes von rund 65 Millionen €. Damit bewegen wir uns in der Förderung der Schulen in frei er Trägerschaft im Landeshaushalt bei jährlich knapp 1 Mil liarde €.

Ich glaube, mit diesem Signal können die Schulen in freier Trägerschaft im Land Baden-Württemberg sehr gut leben, und sie empfinden das auch so. Deshalb freue ich mich, dass wir uns in diesem Sinn geeinigt haben.

Vielen Dank. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abg. Beck.

(Zurufe)

Es gibt eine Reihenfolge nach der Fraktionsstärke. Nun Herr Abg. Beck – dann geht es weiter; ich habe alle Wortmeldun gen.

Frau Ministerin, Sie haben ja ge sagt, dass im Mittelpunkt das Sonderungsverbot stand. Des halb die Detailfrage, ob denn eigentlich Beiträge für Sonder- und Profilleistungen auch dem Sonderungsverbot unterliegen.

Zum anderen haben Sie dargestellt, dass die Privatschulen knapp 90 % Zuschüsse bekommen. Da muss man sich zumin dest rhetorisch die Frage stellen, ob die Privatschulen dann überhaupt noch ein Schulgeld verlangen dürfen.

Ja. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern, die juristisch andere Grundlagen haben, dürfen die Privatschulen auch künftig Schulgeld erheben. Das hat das Gericht klar fest gelegt, und wir wollen die Privatschulen auch nicht davon ab halten. Schulgeld ist relativ klar definiert.

Beiträge für Sonder- und Profilleistungen, die die Schulen an bieten, die die Eltern freiwillig wahrnehmen können oder die besondere Grundlagen der Schule sind, dürfen unabhängig vom Sonderungsverbot auch zukünftig erhoben werden. Die se sind unabhängig vom Schulgeld.

Das Sonderungsverbot bezieht sich auf das Schulgeld und die daran angeschlossenen Ausgleichszahlungen, die das Land gegebenenfalls zu leisten hat.

(Abg. Norbert Beck CDU: Danke schön!)

Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Dr. Balzer.

Sehr geehrte Frau Ministerin, mir wurde von Privatschulen zugetragen, dass Inklusionskin der an Privatschulen mit dem sogenannten Inklusionssatz be rechnet werden und der normale Kopfsatz entfällt. Anschei nend ist der Inklusionssatz niedriger. Das erschien mir unlo gisch, und ich habe in der Sache Klärungsbedarf und bitte um eine Antwort.

Auch um solche Dinge insgesamt auszugleichen, erhöhen wir die Grundförderung auf 80 %.

(Abg. Dr. Rainer Balzer AfD: Spielt der Kopfsatz da keine Rolle?)

Die Frage ist beantwortet. – Als Nächstes erteile ich Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei das Wort.

Frau Ministerin, können Sie ausschließen, dass nach der Gesetzesnovelle definitiv keine Schule im Land schlechter gestellt wird, als das heute der Fall ist, gerade im Hinblick darauf, dass Eigenleistungen zu er bringen sind, die bei den Privatschulen ja nicht ganz unkri tisch diskutiert werden? Können Sie ausschließen, dass tat sächlich keine Schule wirtschaftlich schlechter gestellt sein wird als zum jetzigen Zeitpunkt?

Das kann ich definitiv ausschließen. Wir erhöhen die Grundförderung und leisten zusätzlich, ausgehend vom Gerichtsurteil, die Ausgleichszahlungen – Stichwort Schul geld. Das kann definitiv zu keiner Schlechterstellung führen, sondern es ist ein deutliches Signal einer Besserstellung. 10 %

Eigenleistung ist etwas, was die Schulen in freier Trägerschaft leisten können und im Übrigen auch wollen, wie ich der Fair ness halber sagen möchte.

Nun hat Herr Abg. Dr. Kern das Wort.

Frau Ministerin, dass die Privatschulfinanzierung von 80 % zukünftig gesetzlich ver ankert werden soll, unterstützt die FDP ausdrücklich. Aller dings stellt sich für uns die Frage, welche Aufwendungen in die 80 % tatsächlich eingerechnet werden und welche nicht. Es sollen eigentlich 80 % der Bruttokosten, also der tatsäch lich anfallenden Kosten für einen Schüler in einer staatlichen Schule sein. Bisher wird beispielsweise die Ganztagsbetreu ung, aber auch die Schulsozialarbeit nicht mit einberechnet. Die Bezuschussung der Schulbauten der Schulen in freier Trä gerschaft läuft ebenso gesondert und wird allgemein als un zureichend angesehen.

Deshalb frage ich die Landesregierung, ob sie plant, noch in dieser Legislaturperiode die Kosten für Ganztagsbetreuung, Schulsozialarbeit sowie Schulbau und Schulsanierung mit in die Bruttokostenrechnung und Zuschussberechnung aufzu nehmen, und ob sie beabsichtigt, hierüber mit den Privatschul verbänden zu sprechen, und, wenn ja, in welcher Form und bis wann.

Vielen Dank. – Nein. Ich habe in den letzten drei Monaten sehr konstruktiv, aber auch sehr intensiv mit den Pri vatschulen verhandelt, und dabei stand natürlich das Brutto kostenmodell, das Sie eben angesprochen haben, im Mittel punkt. Es ist relativ klar definiert, und es ist akzeptiert, was darin verankert ist. Alles, was im öffentlichen Schulbereich gesetzlich verpflichtend ist, ist auch Teil dessen, was im BKM-Modell abgedeckt ist.

Wenn beispielsweise das neue Realschulkonzept, das im Herbst 2017 in Kraft tritt, an privaten Realschulen umgesetzt werden muss, ist dies Teil der Grundlagen, die wir dann na türlich im BKM auch abbilden.

Aber Ganztagsbetreuung ist beispielsweise keine Verpflich tung, sondern eine freiwillige Leistung. Es ist nicht Aufgabe – – Es bieten auch nicht alle öffentlichen Schulen Ganztags betreuung an. Dinge, die nicht gesetzlich fixiert und vorge schrieben sind, bilden sich im BKM-Modell auch nicht ab. Deshalb werden wir in diesem Punkt auch nicht nachverhan deln. Wir haben dies ausdiskutiert.

Ich habe durchaus Verständnis – Stichwort Bau- und Investi tionskosten oder Ähnliches – – Der Wunsch nach noch mehr Förderung ist legitim und nachvollziehbar. Diesen Wunsch hat jeder; zumindest hat fast jeder diesen Wunsch, der mit mir spricht. Aber in diesem Fall glaube ich, dass das Signal, die Grundförderung deutlich zu erhöhen – dies ist seit Jahrzehn ten versprochen worden, wurde aber nie umgesetzt; es wurde von keiner einzigen Landesregierung umgesetzt –, ein klares Signal ist. Diese Grundförderung wird ergänzt um die Aus gleichszahlungen. Darüber hinaus jedoch sehe ich keinen wei teren Bedarf für Verhandlungen mit den Schulen in freier Trä gerschaft. Wir haben uns darauf verständigt, dass eben nicht alles möglich ist. Dass nicht jeder Wunsch erfüllt werden

kann, ist klar; aber eine Förderung von in toto 90 % ist eine starke Leistung, die auch erst einmal haushalterisch umgesetzt werden muss.

Vielen Dank. – Jetzt habe ich noch eine Wortmeldung von Frau Abg. Boser, und dann ist die Zeit für die Regierungsbefragung auch abgelaufen.

Frau Ministerin, um das Ver handlungsergebnis einordnen zu können: Können Sie etwas dazu sagen, wie die Reaktion der Privatschulverbände, der Schulen in freier Trägerschaft auf das Ergebnis war und wie diese das Ergebnis einordnen? Denn dies sollte ja auch für uns, für die Politik Richtschnur bei der Beurteilung sein, ob dieses Ergebnis am Ende positiv zu bewerten ist oder nicht.

Ich habe auf die abgeschlossenen Verhandlungen hin von den Privatschulen die klare Rückmeldung bekommen, dass man mit dem Verhandlungsergebnis sehr, sehr zufrieden ist. Die Privatschulen sind wirklich zufrieden; sie waren über rascht – Sie konnten es ja auch wahrnehmen –, dass wir tat sächlich die Grundförderung auf 80 % erhöhen. Daran haben die Schulen in freier Trägerschaft selbst fast schon nicht mehr geglaubt.