Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Ein Argument, das immer wieder gebracht wird, lautet: mehr Präsenz in der Fläche. Richtig, das war ei nes der Ziele der Polizeireform. Die Polizeireform war in der Umsetzung auf fünf Jahre angelegt – Sie erinnern sich –, und nach diesen fünf Jahren kann man unter dem Strich sehen, was dabei herauskommt.
Wenn aber diese Evaluierung bereits nach drei Jahren durch geführt wird, ist es doch klar, dass zu diesem Zeitpunkt nicht alle Ziele dieser Reform tatsächlich umgesetzt sein werden.
Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass noch nicht al le, die wir ausgebildet haben – wir haben die Zahl der Poli zeianwärterinnen und Polizeianwärter erhöht –, am Ende be reits in den Revieren ankommen. Lieber Kollege Blenke, das wissen Sie so gut wie ich.
Lieber Herr Innenminister Strobl, ich glaube, dass ich mich mit der EvaPol sehr konstruktiv auseinandergesetzt habe. Sie müssen mir aber schon zugestehen, dass ich manche Punkte dieser Evaluierung mit Fragezeichen versehe. Dazu gehört für mich die Frage nach der Anzahl der Präsidien. Wenn Sie – was Sie ja immer tun – mir aufmerksam zugehört haben, wissen Sie, dass ich nichts zu den Zuschnitten gesagt habe. Es gibt sicherlich Diskussionen darüber, ob man Zuschnitte auch bei der Anzahl zwölf verändern kann. Aber zu der Frage der 14 hätte ich mir in dieser Evaluierung etwas mehr Parameter ge wünscht, die ich dann an diese neuen Vorschläge anlegen kann, damit ich abschätzen kann, welche Vor- und Nachteile bei der Gegenüberstellung vorhanden sind.
Das war das, was ich zu dieser Evaluierung sagen wollte. Ich habe sie an der Stelle gelobt, an der ich sie als lobenswert empfunden habe, und habe sie dort mit Fragezeichen verse hen, wo für mich Fragezeichen bestehen.
Deshalb können Sie davon ausgehen, dass wir uns weitaus konstruktiver, weitaus sachlicher und weitaus leiser an dieser Debatte beteiligen, als es Ihre eigene Landtagsfraktion in den letzten fünf Jahren getan hat.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, werte AfD ler! Wenn Sie Ihr Auto in die Werkstatt bringen, um das Öl wechseln zu lassen, und Ihnen der Werkstattleiter mitteilt, dass Ihr Auspufftopf verrostet ist – wie reagieren Sie? Wenn es nach den Grünen geht, müsste die Antwort lauten: „Das inte ressiert mich nicht. Das war nicht Ihr Arbeitsauftrag.“ Wie sonst ist es zu erklären, dass, wenn beauftragte Experten fest stellen, dass wir nach wie vor dringend mehr Polizisten benö tigen, die Grünen lediglich sagen, das Thema Polizeidichte sei kein Arbeitsauftrag gewesen? Wenn mir jemand einen wert vollen Tipp gibt, dann versuche ich, diesen umzusetzen, und tue ihn nicht lapidar ab.
Es ist ein großer Unterschied, ob wir über nach wie vor 1 500 oder eventuell über 2 000 Polizisten sprechen. Innere Sicher heit darf niemals zum Experiment werden. Hört man den Be troffenen, also den Polizisten, zu, wird man schnell feststel len, dass der Besetzungsschlüssel der Dienststellen immer wieder ein wichtiges Thema ist.
Der Sicherheitsplan II, der die Bewertung festlegt, ist längst veraltet. Die Gefährdungslagen haben sich geändert. Dement sprechend müssen wir nicht nur Präsidien aufstocken und Re viere verstärken, sondern diese auch neu bewerten. Dann wer den wir schnell zu dem Ergebnis kommen, dass wir mehr als nur 1 500 weitere Polizisten brauchen.
Da wir nun schon darüber sprechen, mehr Polizisten einzu stellen, sollten wir hier, im Vorzeigeland Baden-Württemberg, versuchen, auch Menschen mit Migrationshintergrund für den Polizeidienst zu gewinnen. Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: In Konfliktsituationen wirkt sich der glei che Kulturhintergrund oft deeskalierend aus, bei Präventions maßnahmen ist er förderlich. So schaffen wir Paradebeispie le für gelungene Integration.
Zunächst, Herr Dr. Goll, möchte ich mich für den sachlichen und substanziellen Beitrag bedanken. Es steht mir nicht zu, Beiträge von Abgeordneten zu bewerten,
aber ich fand es bemerkenswert, aus den Reihen der Opposi tion zu hören, dass es ein mutiger Schritt sei, dass jetzt eine fachliche Grundlage vorliege, die erstklassig erarbeitet wor den sei, und man die Debatte jetzt mit einer anderen substan ziellen Grundlage führen könne. Dafür möchte ich mich be danken; denn ich denke, das ist die richtige Grundlage, auf der wir in den nächsten Wochen und Monaten miteinander sprechen sollten.
Ich lade Sie noch einmal ein, sich daran zu beteiligen. Wir ha ben innerhalb der Landesregierung sowie mit den Koalitions fraktionen einen Weg verabredet, wie wir es verfahrensmäßig gestalten, und ich sage ausdrücklich: Sie sind dazu eingela den, sich ebenfalls einzubringen.
Ob Sie, lieber Herr Dr. Goll und lieber Herr Dr. Rülke, jetzt gleich oder erst später folgen, ist mir eigentlich egal; die Hauptsache ist, Sie folgen.
Im Übrigen habe ich auch nicht vergessen, dass Sie – was möglicherweise für die Fraktion der FDP/DVP nicht so ein fach war –, als es um eine wichtige Ausstattung für unsere Po lizeibeamtinnen und Polizeibeamten gegangen ist,
nicht in einer Oppositionsverweigerungshaltung waren. Denn obwohl wir die Bodycams der baden-württembergischen Po lizei mit einer hochmodernen Technik ausstatten, die schon bei dem einen oder anderen Datenschützer zu kritischem Hin terfragen führt – was ganz in Ordnung ist –, war es die Oppo sitionsfraktion der FDP/DVP, die diesen für unsere Polizeibe amtinnen und Polizeibeamten so wichtigen Schutz, diese so wichtige Ausstattung in einem Landtagsbeschluss mitgetra gen hat.
Im Übrigen werden wir morgen hier in Stuttgart einen prak tischen Pilotversuch mit der Bodycam durchführen – dank des Beschlusses, den der Landtag von Baden-Württemberg mit großer Mehrheit, inklusive der FDP/DVP-Fraktion, gefällt hat.
Herr Kollege Binder, ich halte es auch für einen sachlichen Beitrag, dass Sie einfach einmal konstatieren: Dieses wich tigste Ziel der Polizeistrukturreform ist nicht erreicht, jeden falls jetzt nicht. Das ist schon einmal festzustellen. Das hat doch auch immer wieder anders geklungen.
Sie sagen, nach drei Jahren eine Evaluation durchzuführen sei zu früh. Darüber kann man immer streiten. Ich finde, nach dem jetzt seit über 1 000 Tagen diese Polizeistrukturreform im Wirkbetrieb ist, darf man
schon einmal einen Blick darauf werfen und schauen, wo wir das noch besser machen können. Das Ergebnis von EvaPol ist ja nicht, dass alles schlecht ist, was gemacht worden ist, son dern das Ergebnis ist, dass wir jetzt in bestimmten Punkten nachjustieren. Da, finde ich, ist jetzt nach über 1 000 Tagen bzw. über drei Jahren Wirkbetrieb der Polizeistrukturreform kein ganz verkehrter Zeitpunkt.
Deswegen finde ich es richtig, dass in der Koalition verein bart worden ist, eine Evaluation zeitnah und gründlich zu ma chen. Der Evaluierungsbericht liegt uns jetzt, wie der Kolle ge Blenke gesagt hat, vor. Das ist der erste Schritt. Der zwei te Schritt wird zeitnah folgen.
Herr Kollege Binder, weil Sie gesagt haben, manches sei für Sie nicht nachvollziehbar, möchte ich Ihnen etwas anbieten. Man kann in einen 70-seitigen Bericht mit 37 Empfehlungen nicht alle Gedankengänge hineinpressen. Die Evaluierungs gruppe besteht weiter. Sie besteht auch genau deswegen wei ter, damit manche Schlüsse, die in diesem Bericht zum Aus druck kommen, hinterfragt werden können und damit Fragen durch diejenigen, die sich diese Gedanken gemacht haben, er hellend beantwortet werden können. Ich möchte Ihnen das Angebot machen, dass Sie sich einfach nachvollziehbar erläu tern lassen, warum das eine oder das andere so im Bericht steht. Diese Fragen können gern beantwortet werden.
Frau Abg. Martin, ja, wir brauchen mehr Polizistinnen und Polizisten, wir müssen die Polizeidichte in Baden-Württem berg erhöhen. Das ist im Übrigen auch eine klare Aussage im dritten Teil des Berichts von EvaPol. Ob es mir oder jemand anderem Freude macht oder nicht: Auch die 1 500 zusätzli chen Stellen, auf die sich die grün-schwarze Koalition für die se Legislaturperiode verständigt hat – wir reden ja nicht nur, wir handeln auch; 381 zusätzliche Stellen hat der Landtag von Baden-Württemberg mit großer Mehrheit für das Jahr 2017 bereits beschlossen –, ändern nichts daran, dass Baden-Würt temberg bei der sogenannten Polizeidichte auf dem letzten Platz bleibt und wir weit hinter der Polizeidichte in unserem Nachbarland Bayern liegen und auch weit von der Polizei dichte von anderen Bundesländern entfernt sind. Die badenwürttembergische Polizei vollbringt eine Höchstleistung. Mit dem schlanksten Personalkörper in der gesamten Republik die besten Ergebnisse zu erzielen, was die Anzahl der aufgeklär ten Straftaten angeht, ist eine super Leistung.
Unabhängig von dieser Frage trifft EvaPol klar und deutlich die Aussage, dass innerhalb des haushaltsrechtlich Möglichen Baden-Württemberg eine Verstärkung der Polizei über das 1 500-Stellen-Programm hinaus gut vertragen kann. Das wird uns nicht nur in den nächsten Wochen bei der Debatte über den Evaluierungsbericht von EvaPol beschäftigen, sondern auch im Rahmen der Haushaltsberatungen für den Doppel haushalt 2018/2019. Der Innenminister kann Ihnen nur sagen: Über jede, wirklich über jede Unterstützung für unsere badenwürttembergische Polizei im Rahmen dieser Haushaltsbera tungen freut sich niemand mehr als der vor Ihnen stehende In nenminister, ebenso wie die 30 000 Beschäftigten bei der ba
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Ak tuelle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erle digt.
Sie können sich gern austauschen, aber, wenn es wichtig ist, dann außerhalb des Plenarsaals oder so leise, dass es hier nicht stört. – Danke schön.