Protocol of the Session on April 6, 2017

Ich möchte auch noch aufgreifen, was der Kollege Sckerl und der Kollege Blenke zu Recht gesagt haben: Dieser Evaluierungs bericht ist ein Bericht, der nicht an einem grünen Schreibtisch entstanden ist –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Hoffentlich nicht! – Zurufe: An einem schwarzen? – Heiterkeit)

ob im Innenministerium oder anderswo. – Er ist auch nicht an einem schwarzen Schreibtisch entstanden. – Meine Bitte an EvaPol war vielmehr gewesen: Legt euer Ohr an die Basis! Es gab eine breit organisierte Mitarbeiterbeteiligung. Ich möch te dabei nur zwei Dinge herausgreifen: die Projekte „Sag’s Eva“ und „Eva fragt“. In diesen Beteiligungsprozess haben sich über 12 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingebracht – über 12 000!

(Abg. Anton Baron AfD: Und wie war die Bewer tung?)

Sie haben zum Teil seitenlange E-Mails geschrieben, sie ha ben sich Gedanken gemacht und stundenlang gearbeitet. Das zeigt: Polizistinnen und Polizisten identifizieren sich mit ih rem Arbeitgeber, sie sind daran interessiert, wie es mit der ba den-württembergischen Polizei weitergeht, sie haben in die sen Prozess ihre Expertise eingebracht. Das hat es in der Ge schichte des Landes Baden-Württemberg noch nie gegeben. Diese Evaluierung kommt von der Basis. Sie erfolgt von un ten nach oben.

Das ist mitnichten das Verdienst des Innenministers; es ist auch nicht das Verdienst von EvaPol. Wir haben nur Angebo te gemacht. Dass sich aber 12 000 Polizistinnen und Polizis ten und damit annähernd 40 % derer, die bei der Polizei in Ba den-Württemberg beschäftigt sind, an diesem Prozess betei ligt haben, das ist sensationell und stilbildend für die Arbeit dieser Landesregierung. Vielen Dank all denen, die sich hier eingebracht haben.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Emil Sänze AfD: Das ist normal, Entschuldigung! Ich lo be Sie für Ihr normales Verhalten! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bei der AfD gibt es das nicht! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Fragen Sie Frau Petry!)

Wissen Sie, ich kann es nur noch einmal sagen: Das hat es in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg noch nie gegeben. Wenn Sie das loben, dann ist das ganz in Ordnung. Sie sollten allerdings – da komme ich auf die Aussagen des Kollegen Berg zurück – schon akzeptieren, dass dies von 12 000 Polizistinnen und Polizisten erarbeitet worden ist und damit auch eine hohe Akzeptanz bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern findet. Diese hohe Akzeptanz, die in diesen Pro zess durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeflossen ist, gilt aber auch dann, wenn es einmal um eine konkrete Wahl kreisgeschichte geht.

(Abg. Emil Sänze AfD: Sage ich doch!)

Sie muss auch dann gelten, wenn es sich im Einzelfall nicht so gestaltet, wie man es sich vielleicht wünschen würde.

Wir sollten die 37 Empfehlungen, die die Evaluierungsgrup pe erarbeitet hat, jetzt miteinander diskutieren. Ich finde es im Übrigen ehrlich und richtig, dass auch gesagt worden ist, dass Organisationsveränderungen im Zweifel mit Veränderungen bei Personal und Finanzen verbunden sind. Ich möchte es noch einmal klar sagen: Es liegt auch in der Hand des Land tags von Baden-Württemberg, damit umzugehen, dass wir, wenn wir solche Organisationsveränderungen vornehmen, auch das entsprechende Personal brauchen und die entspre chenden Investitionskosten haben werden. Wir sollten – das will ich dem Kollegen Binder im Übrigen für künftige Debat ten sagen – nun nicht anfangen, gegeneinander aufzurechnen, was mögliche kleine Korrekturen kosten und was an Investi tionen und Personalkosten in diese große Polizeistrukturre form geflossen ist, ohne dass unten, an der Basis, irgendetwas von dem, was versprochen worden war, angekommen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Ich rate dazu, diese Debatte besser nicht – –

(Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Herr Kollege Stoch, das ist Ihr Problem gewesen: Sie haben sehr, sehr hohe Erwartungen geweckt,

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)

die Basis in der Polizeiorganisation zu stärken. Und nichts, aber auch gar nichts davon ist in Erfüllung gegangen.

(Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Hätten Sie nicht diese Erwartungen geweckt, wäre die Ent täuschung über Ihre Polizeistrukturreform nicht so groß ge wesen, wie sie am Ende des Tages dann gewesen ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist doch völli ger Unfug!)

Ich rate Ihnen ab, diese Debatte zu führen.

Wir wollen unsere Polizei jeden Tag noch ein bisschen besser machen. Dazu liefert der Bericht von EvaPol, wie ich finde, eine gute Grundlage. Das werden wir jetzt innerhalb der Lan desregierung und sehr gern auch mit dem Parlament diskutie ren. Ich äußere noch einmal die Bitte, dass wir dies genauso sicherheits- und polizeiorientiert tun, wie dies die Experten getan haben, und dass wir die Diskussion in einem überschau baren Zeitraum führen. Solche Diskussionen bringen immer Unruhe in eine so große Organisation wie die Polizei. Deswe gen werden Sie Verständnis dafür haben, dass ich darauf drän ge, dass wir die Diskussion mit der notwendigen Gründlich keit, aber auch mit der möglichen Disziplin miteinander füh ren.

„Quo vadis Polizeireform?“ fragt die FDP/DVP im Titel der von ihr beantragten Aktuellen Debatte. Das ist ja ein lateini scher Ausspruch, lieber Herr Dr. Rülke, der aus der Bibel stammt, genau genommen aus dem Johannesevangelium, wo Simon Petrus fragt: „Domine, quo vadis?“ – Herr, wohin gehst du? Darauf gibt es ja eine Antwort.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Deswegen bekommen Sie auch aus dem Johannesevangelium eine Antwort von mir.

(Abg. Winfried Mack CDU: Aber auf Lateinisch!)

Die Antwort von Jesus auf Ihre Frage lautet:

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Achtung, Jesus spricht! – Heiterkeit)

„Dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen. Du wirst mir aber später folgen.“ In diesem Sinn, lieber Herr Dr. Rülke, hoffe ich auf Ihre späte Einsicht.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU sowie Abgeordne ten der Grünen und der AfD)

In der zweiten Runde erteile ich Herrn Abg. Dr. Goll für die Fraktion der FDP/DVP das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der Mann ist bi belfest! – Heiterkeit – Abg. Thomas Blenke CDU: Er geht wenigstens nicht mit der Bibel nach vorn!)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Der Bericht des Lenkungsausschus ses schafft eine völlig neue Situation. Früher war es in etwa so: Goll behauptet dieses – das war übrigens nicht alles falsch, lieber Herr Sckerl –, und Gall ruft: „Stimmt nicht.“ Das war die Situation, und jeder konnte sich überlegen: Was stimmt jetzt eigentlich? Diese Zeiten sind vorbei.

Jetzt haben wir infolge eines durchaus mutigen Schrittes der gegenwärtigen Landesregierung eine polizeifachliche Begut achtung von höchster Qualität – das wird niemand bestreiten –,

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

eine Begutachtung, die auch ganz deutliche Aussagen zu der Frage macht: Was ist gut, was ist nicht ganz so gut, und was ist schon schlecht? Herr Innenminister, das ist natürlich auch für die gegenwärtige Landesregierung nicht ganz ungefähr lich. Denn bisher konnte man ja sagen: „Das war eine Reform der früheren Regierung.“ Jetzt hat die aktuelle Regierung ei nen Bericht von hoher Qualität in der Hand. Ich sage einmal ganz einfach: Wenn sie den jetzt nicht umsetzt, gibt sie der ba den-württembergischen Polizei nicht das, was sie eigentlich braucht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Jetzt sieht jeder, was sie braucht. Jetzt kann man es umsetzen. Und wenn Sie den Empfehlungen folgen, folgen wir Ihnen na türlich auch. Keine Frage.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt oder später?)

Jetzt oder später.

(Heiterkeit)

Wer jetzt aber z. B. sagt: „Wir haben für eine optimale Struk tur, was die Standorte anbelangt, keine 30 Millionen € übrig“, der erreicht, meine Damen und Herren, weder das Maximale noch das Optimale – um den Ministerpräsidenten zu zitieren, der, lieber Uli Rülke, heute auch ein verdeckter Ministerprä sident ist.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Eindeutig entschuldigt, mit Begründung, Herr Kollege!)

Aber er hat sich geäußert. Er hat gesagt, polizeifachliche Ge sichtspunkte sollen gelten. Dem können wir uns nur anschlie ßen. Ich bin gespannt, wir sind gespannt, ob dieses Wort des Ministerpräsidenten gilt.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Es gilt immer! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Na, na! „Ich mauschle schon immer“! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Auch das gilt!)

Ich darf als Polizeisprecher meiner Fraktion sagen: Man kann sich als Polizeisprecher, wenn man an die Belange der Poli zei denkt, wirklich nur freuen, dass wir jetzt einen offenen Diskussionsprozess bekommen, in dem wir über Verbesserun gen diskutieren können, und dass wir die Empfehlungen um setzen. Vielleicht gibt es auch die Gelegenheit – damit will

ich abschließen –, die eine oder andere Idee einzubringen, die schon älter ist – z. B. aus dem Hesse-Gutachten –, die aber auch im Sinne des Lenkungsausschusses ist. Denn die Revier leiter – das hören wir überall – fühlen sich abgehängt.

Ich möchte – wenn wir jetzt noch mal an die Sache herange hen – anregen, zu prüfen, ob man wirklich z. B. eine Direkti on Reviere braucht. Eine Direktion für die Verkehrspolizei, eine Direktion für die Kriminaldelikte – das ist sinnvoll, aber bei den Revieren geht es eigentlich um die normale, alltägli che Polizeiarbeit; da sollte der Präsident möglichst nah dran sein. Im Kommissionsbericht heißt es, man wolle die Kom munikation zwischen den Revierleitern und den Polizeipräsi dien verbessern. Man muss einmal ernsthaft überlegen, ob ei ne Direktion Reviere der flachen Hierarchie und der Kommu nikation nicht eher im Weg steht.

Wir freuen uns darauf, über die Vorschläge des Lenkungsaus schusses und weitere gute Ideen, die der Polizei in der nächs ten Zeit helfen, konstruktiv mitzudiskutieren.

Vielen Dank.