Wir haben die Anzahl und die Struktur der Polizeipräsidien, den Zuschnitt der Polizeipräsidien kritisch hinterfragt. Eva hat gefragt: „Passt der Zuschnitt meines Polizeipräsidiums“ – al so an den Bediensteten gerichtet – „für die Wahrnehmung mei ner Aufgaben?“ Geantwortet werden konnte mit „1“ bis „5“ – „1“ entspricht sehr gut, „5“ entspricht sehr schlecht. Bei der Reform kam ein Durchschnittswert von 3,56 heraus. Das ist nicht gerade berauschend. In Aalen 3,86, in Karlsruhe 3,87, in Konstanz 3,92, in Tuttlingen 3,7, und in Stuttgart war es gut – das einzige „Gut“, das herauskam – mit 2,28. Das zeigt: Auch hier besteht Handlungsbedarf.
EvaPol hat einen Vorschlag und auch alternative Vorschläge vorgelegt. Die Experten präferieren das sogenannte 14er-Mo dell, das die Schaffung von zwei neuen Präsidien vorsieht, um so einen besseren Zuschnitt hinzubekommen. Im Abschluss bericht von EvaPol heißt es, dieses 14er-Modell werde emp fohlen, denn es erkläre sich aus sich selbst heraus. Ich persön lich teile diese fachliche Einschätzung. Deswegen werden wir jetzt zügig über diese Vorschläge beraten. Damit werden wir alle zeitnah wissen – das wurde heute übrigens auch in einem Kommentar in den „Stuttgarter Nachrichten“ erwähnt –, wo hin der Zug geht. Aber wir nehmen uns die Zeit für diese Be ratungen.
Meine Damen und Herren, diese Vorschläge wurden mit enorm viel Expertise erstellt. Da nehmen wir uns jetzt die nötige Zeit, auch in der Koalition, um sie zu beraten, zu bewerten und dann zügig zu entscheiden. Wir machen nicht den Fehler, jetzt, wenn wir das bekommen, zu sagen: „Hoppla, das ist toll, das machen wir, das wird so übernommen!“, sondern wir beraten erst politisch darüber.
Strukturreformen – ich habe es bereits erwähnt – dienen da zu, Arbeitsabläufe zu verbessern. Sie dienen dazu, Strukturen
so zu ordnen, dass wir wieder Bürgernähe haben. Strukturre formen dienen nicht primär dazu, mehr Polizei auf die Straße zu bringen. Dass das nicht funktioniert hat, haben wir ja ge sehen.
Deshalb, meine Damen und Herren, lautet meine vorläufige Bewertung zu dem EvaPol-Bericht: Da werden keine Maxi malforderungen gestellt, sondern innerhalb dieses Systems, das wir durch die Polizeireform vorgefunden haben, werden Optimierungsvorschläge gemacht, die nach meiner Bewer tung sehr behutsam sind.
Wir fangen nicht bei null an. Würden wir heute bei null be ginnen, dann würden vielleicht die Grünen und mit Sicherheit auch wir andere, vielleicht weiter gehende Vorschläge ma chen. Aber wir fangen nicht bei null an. Wir finden eine vor handene Struktur vor und bauen auf dieser Struktur auf. Wir wollen sie optimieren, und zwar behutsam und nicht maximal, meine Damen und Herren.
„Quo vadis Polizeireform – wird die Landesregierung die Empfehlungen des Lenkungsausschusses umsetzen?“
Zunächst einmal sage ich als stolzer Parlamentarier: Wenn, werden wir dies umsetzen; es geht nämlich um Gesetze. Aber: Wird die Landesregierung das umsetzen? Lieber Kollege Rül ke, ich habe versucht, es darzulegen; ich weiß nicht, ob Sie es aufnehmen können. Wir werden das jetzt beraten – zügig, aber in der gebotenen Tiefe.
Sie drehen es um. Sie kehren die Reihenfolge um: Erst han deln, dann denken. Das passt nicht. Wir denken zuerst nach, wir beraten, und dann handeln wir.
Sie sind ganz herzlich eingeladen, lieber Herr Kollege Rülke. Sie sind ernsthaft und herzlich eingeladen, sich dabei konst ruktiv mit einzubringen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Unsere Polizei beschützt bekanntlich die Bürger. Wer aber beschützt unsere Polizei? Diese Frage haben sich sicherlich viele Poli zeibeamte schon vor der Polizeireform 2012 gestellt, und sie stellen sie zu Recht nun wieder. Denn einige Empfehlungen im Abschlussbericht des von der Landesregierung eingesetz ten Lenkungsausschusses zur Evaluation der Polizeireform sind verbesserungswürdig.
Bei dieser Arbeit haben sich, wie bereits erwähnt, fast 12 000 Beamte eingebracht. Das ist sehr, sehr lobenswert.
Ich möchte die Kritikwürdigkeit an einem Beispiel aus mei nem eigenen Wahlkreis und Umgebung festmachen, dem Wahl kreis Tuttlingen-Donaueschingen. Hier soll, wenn es nach den Vorschlägen des Berichts geht, zur Region SchwarzwaldBaar-Heuberg der Landkreis Konstanz hinzukommen. Das al lein ist nicht weiter problematisch, zumal im Landkreis Kon stanz, bedingt durch die bekannte trennende Wirkung des Bo densees, viele polizeiliche Aufgaben nur mit erheblichem Mehraufwand erfüllt werden können, der Reformbedarf also klar auf der Hand liegt. Aber – damit kommen wir langsam zum Kern der Sache – es ergibt doch keinen Sinn, ein richti gerweise erkanntes Problemfeld anzupacken, wenn man da bei gleichzeitig sehenden Auges ein neues schafft.
Ganz konkret spreche ich hier von einem Vorhaben im Rah men des neuen Zuschnitts, nämlich dem, das Polizeipräsidi um aus Tuttlingen – wo es sich über viele Jahre bewährt hat – abzuziehen und es stattdessen nach Konstanz zu verlegen.
Dieser Idee widersprechen auch der Landkreis und die Stadt Tuttlingen, die Ihnen, verehrter Herr Minister Strobl, erst vor Kurzem in einem Brief Folgendes geschrieben haben – ich zi tiere, wenn Sie, Frau Präsidentin, erlauben –:
Am wichtigsten scheint uns, dass mit den Landkreisen Tuttlingen, Rottweil und Schwarzwald-Baar ein kriminal geografischer Raum besteht, der über Jahrzehnte gewach sene, gut funktionierende Strukturen und Netzwerke ver fügt und bereits vor der Polizeireform eine Einheit dar stellte. Dass der Landkreis Konstanz zu diesem Raum hin zukommen soll, ist aus mehreren Gründen nachvollzieh bar. Aus fachlicher Sicht macht dies allerdings nur dann Sinn, wenn der Landkreis Konstanz in die gewachsenen Strukturen der drei anderen Landkreise integriert wird.
Eigentlich, meine Damen und Herren, ist das ja auch nur lo gisch. Wenn Sie eine gut funktionierende Fußballmannschaft haben und einen neuen Spieler verpflichten, machen Sie die sen ja auch nicht gleich zum Kapitän der Mannschaft, sondern Sie führen ihn langsam an die Mannschaft heran, ohne dort alles Bewährte auf einen Schlag komplett umzustellen.
Sollte das Polizeipräsidium innerhalb des neuen Zuschnitts von Tuttlingen nach Konstanz verlegt werden, fürchten Stadt- und Landkreise – und das nicht zu Unrecht –, dass es starke personelle Umbrüche geben würde, deren Leidtragende eben wiederum die Polizeibeamten wären – und damit letztlich na türlich auch die Bürger.
Denn der geplante Standort in der Innenstadt von Konstanz entspricht nicht gerade dem, was man gemeinhin unter einer praktischen Verkehrsanbindung versteht, wohingegen eben der Standort Tuttlingen über eine sehr günstige Verkehrslage und kurze Wege ins künftige Präsidiumsgebiet verfügt.
Ich möchte auch auf die Situation der Belegschaft zu sprechen kommen. Über die Hälfte der derzeit am Polizeipräsidium Konstanz Beschäftigten haben ihren Wohnort jenseits des Bo densees. Damit dürften sie sich bei der Realisierung der neu
en Zuschnitte rein aufgrund der geografischen Lage stark in Richtung des neu zu schaffenden Polizeipräsidiums Ravens burg orientieren, weil die Wege dorthin für sie oftmals kürzer sind als nach Konstanz. Sie würden im Rahmen der Umstruk turierung also nach Osten abwandern und am Standort Kon stanz eine personelle Lücke hinterlassen, die wiederum mit Kräften aus dem bisherigen Zuschnitt Schwarzwald-BaarHeuberg unter Inkaufnahme deutlich längerer Anfahrtswege gefüllt werden müsste. Meine Damen und Herren, das ist schlichtweg widersinnig; das liegt doch einfach auf der Hand.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Von den aktuell verblei benden 40 % der Belegschaft des Polizeipräsidiums Konstanz kommt wiederum die Hälfte aus der Region Hegau. Wenn Sie sich jetzt einmal die Landkarte von Baden-Württemberg an schauen, vor Ihr geistiges Auge führen, dann erkennen Sie, dass die Anfahrtswege für diesen Teil des Personals sogar noch kürzer werden würden, wenn der Standort in Tuttlingen erhalten bliebe.
Mit anderen Worten: Ein Polizeipräsidium für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg-Konstanz direkt an der Grenze zur Schweiz kennt fast nur Verlierer. Ein Polizeipräsidium für dieselbe Region, das aber relativ zentral inmitten des geogra fischen Zuschnitts liegt, wäre dagegen eine Win-win-Situati on für alle.
In diesem Sinn, meine Damen und Herren, gibt es in der vor liegenden Evaluation viel Gutes und Richtiges, beispielswei se dass jetzt auch verstärkt auf die staatsanwaltschaftlichen Zuschnitte und die Zuschnitte der Regierungspräsidien Rück sicht genommen wurde. Das umzusetzen wird sich auch po sitiv auf die Bürger im Land auswirken.
Somit sprechen wir von der AfD-Fraktion uns ganz klar für das Modell von 14 statt wie bisher zwölf Präsidien aus und befürworten eine angedachte Stärkung von Aus- und Fortbil dungsstandorten wie etwa der Hochschule für Polizei in Vil lingen-Schwenningen – natürlich auch weiterer Fortbildungs standorte – sowie das geplante Polizeipräsidium in Pforzheim für den Einzugsbereich Nordschwarzwald.
Dass im Nachgang betrachtet die Reduzierung der Aus- und Fortbildungsstandorte ein katastrophaler Fehler der grün-ro ten Vorgängerregierung war, möchte ich hier nur der Vollstän digkeit halber einmal am Rande erwähnen.
(Beifall bei der AfD – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist doch völliger Quatsch! Lesen bildet, Herr Kollege!)
Meine Damen und Herren, der Teufel steckt aber, wie das vor genannte Beispiel zeigt, oftmals im Detail. Für die AfD-Frak tion kann ich daher nur an die Landesregierung appellieren, vor einer Umsetzung der Empfehlungen alle davon betroffe nen Seiten anzuhören, insbesondere natürlich die Vertreter un serer Polizei. Freunde und Helfer sollte man nämlich nicht über Gebühr strapazieren und nicht wiederholt vor den Kopf stoßen. Deshalb ist es äußerst wichtig, dass die Politik jetzt das geforderte zusätzliche Personal und die finanziellen Mit tel zur Verfügung stellt.
Erwägenswert wäre auch, eine Zusammenfassung der Präsi dialverwaltungen durchzuführen, um mehr Mittel für den Voll
zug zur Verfügung zu stellen und mehr Personal auf die Stra ße zu bringen. Deshalb, lieber Herr Schwarz: Es ist nicht an gesagt, hier nur anzuschauen, sondern die 120 zusätzlich be nötigten Stellen müssen wirklich dort ankommen, wo sie tat sächlich auch benötigt werden.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir haben vor einer Woche die Ergebnis se der EvaPol erhalten und konnten diese über 70 Seiten be reits sichten, wie alle hier im Raum. Zunächst darf ich sagen, dass die Ergebnisse in Summe deutlich machen – ich zitiere gern noch einmal Seite 3 –:
Die Polizeistrukturreform hat zu entscheidenden Verbes serungen beigetragen und sich als grundsätzlich richtig und wichtig für eine zukunftsfähige Polizeiarbeit erwiesen.