Protocol of the Session on April 6, 2017

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der AfD – Abg. Andreas Stoch SPD: Weiß das die CDU?)

Diese Koalition wird sich ausschließlich von polizeifachli chen Erwägungen leiten lassen. Das tun wir.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das war aber das Gutachten!)

Die Vorschläge sind entweder polizeifachlich begründet. Dann müssen sie ernsthaft geprüft, gewogen und – mit hoher Wahr scheinlichkeit – auch umgesetzt werden. Aber politisch ge wollte, wahlkreisbezogene oder -gestützte Vorschläge gehö ren in die Mottenkiste der Geschichte, jedoch nicht in den Landtag von Baden-Württemberg.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Sckerl, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Schweickert zu?

Bitte.

Herr Kollege Sckerl, vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Sie haben gerade von „polizeifachlichen Erwägungen“ gesprochen. Stim men Sie mir zu, dass genau das in dem von Ihnen zitierten EvaPol-Bericht steht, dass nämlich gerade im Nordschwarz wald Handlungsbedarf aus polizeifachlicher Sicht besteht und nicht aus Wahlkreissicht eines Abgeordneten?

Ich habe das Agieren Ih res Fraktionsvorsitzenden bewertet, Herr Kollege, und habe unabhängig davon gesagt, dass wir uns selbstverständlich sehr gründlich mit den Empfehlungen auseinandersetzen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Zufällig stimmt beides überein! – Heiterkeit)

Das wird sich noch herausstellen, Herr Rülke.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Verstehen Sie: Die Rolle – ich wiederhole es –, die Sie bei die ser Polizeireform gespielt haben, auch mit der Folge einer tie fen Verunsicherung vieler Polizistinnen und Polizisten durch Ihre ständigen Mäkeleien,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Also sind wir schuld!)

berechtigt Sie nicht zu dieser Rolle, die Sie sich jetzt anma ßen. Das ist ganz eindeutig. Es gibt klare Kriterien für die Ent scheidung. Das werden wir machen, und die Zeit genehmigen wir uns. Die Geduld müssen Sie leider aufbringen. Aber dann sind wir sicher, dass die Entscheidungen auch Hand und Fuß haben.

Selbstverständlich ist festzustellen – aber das war schon im Verlauf der Umsetzung der Reform absehbar –, dass es leider nicht gelingen wird, die 650 Vollzugsstellen und die 250 Nicht vollzugsstellen tatsächlich wie vorgesehen in die Polizeire viere zu bringen. Das ist natürlich ein Manko. Das räumen wir auch ein. Da muss nachgearbeitet werden. Das hat aber ver schiedene Ursachen. Das sind keine verdeckten Ermittler; das wissen Sie auch. Wir mussten einen Kriminaldauerdienst aus statten. Es mussten Lagezentren ausgestattet werden. Und wir haben nun einmal eine neue Sicherheitslage in diesem Land

ich nenne als Stichwort nur „Antiterrorpakete 1 bis 3“ –, bei der es notwendig war, Polizisten auch für Sonderaufgaben ab zuziehen. Das ist nun einmal so.

Unser Bestreben wird es sein, nicht nur die Altersabgänge zu kompensieren, sondern mit dem 1 500er-Programm selbstver ständlich bis zum Jahr 2021 in jedem Doppelhaushalt mit ei ner ordentlichen Zahl die Polizeibasis zu stärken. Da werden wir hinkommen. Das haben wir fest vereinbart. Das hat auch eine finanzielle Basis. Sie können also ganz beruhigt sein, dass Grün-Schwarz zur Stärkung der Polizei und damit zur blei benden Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land beitragen wird.

Baden-Württemberg ist – siehe die Polizeiliche Kriminalsta tistik 2016 – das sicherste Bundesland. Wir tun alles dafür, dass es so bleibt.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Blenke.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Vor einer Woche ist der erwartete Ab schlussbericht der Projektgruppe und des Lenkungsausschus ses zur Evaluation der Polizeireform vorgelegt worden, und diese Woche erwartet die FDP/DVP von uns sofort klare Aus sagen hinsichtlich der Umsetzung. Da kann man überlegen, was damit gemeint ist und was dahintersteht. Aber, meine Da men und Herren, schauen wir uns das doch einfach einmal et was vertieft an.

Ausgangspunkt ist die Koalitionsvereinbarung zwischen Grün und Schwarz aus dem vergangenen Jahr. Ich darf Ihnen dar aus mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren:

Die Organisationsstrukturen der Polizei müssen vom Bür ger aus gedacht werden. Die Bürgerinnen und Bürger ha ben Anspruch auf eine orts- und bürgernahe Polizei. Wir werden mit diesem Ansatz die Polizeistrukturreform um fassend und zeitnah... evaluieren. Zu sinnvollen Weiter entwicklungen sind wir bereit und werden diese umset zen. Dabei werden wir Instrumente entwickeln, um die polizeiliche Basis... ernsthaft einzubinden.

So weit der Passus aus der Koalitionsvereinbarung.

Meine Damen und Herren, auf dieser Basis liegt uns jetzt seit einer Woche der Abschlussbericht der Lenkungsgruppe zur Evaluation der Polizeireform, kurz EvaPol – mit Abkürzun gen sind die immer sehr kreativ –, vor. Ich möchte der Pro jektgruppe und dem Lenkungsausschuss sowie den genann ten Personen auch von unserer Seite aus ein ganz herzliches Dankeschön sagen. Das ist eine hervorragende Arbeit, die da geleistet wurde.

(Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP/DVP)

Teil 1 unser Koalitionsvereinbarung ist damit erfüllt. Wir ha ben die Evaluation in Auftrag gegeben und das Ergebnis be kommen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Genau! Sehr gut!)

Jetzt geht es an Teil 2, nämlich an die politische Bewertung, und dann an die Entscheidung über die Umsetzung. Diese Rei henfolge muss sein, lieber Kollege Rülke, auch wenn Sie es jetzt gern ein bisschen flotter hätten.

Warum? Was bewerten wir? Was wurde bewertet? Bewertet wurde die Polizeireform der Vorgängerregierung. Der Evalu ationsbericht ist sehr ausgewogen und erläutert eindeutig – das werden Sie, Kollege Binder, nachher vermutlich noch zi tieren –,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Dass Sie viel zu lange nichts gemacht haben!)

dass die Polizeireform durchaus auch positive Wirkung hatte.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sie war richtig!)

Das haben wir im Übrigen auch nie bestritten. Sie hat aber auch eines gesagt – was Sie nachher vielleicht nicht zitieren werden; deswegen tue ich es jetzt –: Das eigentliche Ziel, das vom damaligen SPD-Minister seinerzeit aufgestellt wurde, ei ne Verstärkung der Streifendienste in der Fläche, wurde nicht erreicht.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Und an was liegt das? Ha ben Sie das auch gelesen? Es liegt an zu wenigen Ein stellungen in Ihrer Regierungszeit!)

Ja, die Reform hatte positive Wirkungen. Das Hauptziel ist aber nicht erreicht.

Deshalb, meine Damen und Herren, gehen wir jetzt an die Evaluation heran und schauen uns die Ziele einer solchen Strukturreform an: Sie dient dazu, die Arbeitsabläufe zu ver bessern. Sie dient dazu, die Polizei bürgernäher zu machen. Sie ist kein Instrument, um zusätzliche Präsenz auf die Stra ßen zu bekommen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen haben wir diese Evaluation in Auftrag gegeben. Sie wurde gemacht.

Ich möchte noch einmal erwähnen – es wurde auch vom Kol legen Sckerl schon dargestellt –: Die Form der Mitarbeiterbe teiligung, die vereinbart worden war, war beispielgebend. Bei dem Projekt EvaPol hat Eva gefragt, hat Eva gehört und hat Eva berichtet und informiert.

(Abg. Sascha Binder SPD: Tolle Frau, die Eva!)

Herr Minister, das war vorbildlich. Diese Form der Mitarbei terbeteiligung, und zwar im laufenden Prozess und nicht erst hinterher, als schon alles feststand, war vorbildlich. Dafür möchte ich Ihnen ausdrücklich danken.

(Beifall bei der CDU)

Ja, wir haben es immer gesagt: Die Reform wird nicht rück abgewickelt, sie wird aber weiterentwickelt. Das ist auch in Ordnung. Wenn eine solche Reform auf den Weg kommt, dann ist es völlig in Ordnung, wenn man sie sich nach einer gewis sen Zeit – nach drei Jahren – anschaut und Folgerungen dar aus zieht.

Nun bekommen wir über 30 Handlungsempfehlungen dazu, wo im System Verbesserungen möglich sind. Ein Teil dieser Handlungsempfehlungen sind eher etwas für polizeiliche Fein schmecker. Über diese brauchen wir hier nicht im Detail zu reden. Es sind aber schon auch ein paar – auf Neudeutsch ge sagt – Big Points dabei. So wird z. B. ausdrücklich gesagt: Wir müssen bei den Ausbildungskapazitäten etwas machen, um den steigenden Nachwuchsbedarf decken zu können. Das muss angegangen werden.

(Abg. Sascha Binder SPD: Das hat aber mit der Re form nichts zu tun!)

Beispielsweise wird das, was wir immer kritisch angespro chen haben, hinterfragt: Passen denn die Strukturen, die man einheitlich über das ganze Land gestülpt hat, auch für alle Tei le des Landes? Und siehe da: Eva fragt: „Hat sich denn die zentrale Verkehrsunfallaufnahme bewährt?“ Antwort in den Großstädten: 62 % sagen Ja. Antwort im ländlichen Raum: 8 % sagen Ja. Ergebnis: Auf dem Land, im ländlichen Raum, hat sich diese neue Struktur nicht bewährt. Deswegen muss man bereit sein, da heranzugehen und die Verkehrsunfallauf nahme sowie insgesamt die verkehrspolizeilichen Aufgaben neu zu regeln.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der AfD)