Protocol of the Session on February 22, 2017

(Beifall bei der SPD und des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich kurz auf ei nen Komplex eingehen, der uns als Parlament insgesamt am Herzen liegen sollte. Bund und Länder stehen vor großen He rausforderungen, auch das Land Baden-Württemberg. Es ist schon angeklungen – dem kann ich mich nur anschließen –: Wir verfügen Gott sei Dank über eine hoch qualifizierte Ver waltung mit guten Fachkräften, Beamten und Angestellten, die jeden Tag ihren Dienst versehen. Dafür spreche ich ihnen meinen herzlichen Dank und ein großes Lob aus.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU so wie des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Dass dies in Zukunft so bleibt, muss unser gemeinsames Ziel sein. Deshalb müssen wir uns verstärkt darum kümmern, wie wir Nachwuchskräfte gewinnen, wie wir im Wettbewerb mit anderen Anbietern am Markt mit unseren Besoldungsvor schriften, unseren Angeboten an Arbeitnehmer, Beamte und Angestellte bestehen. Ich glaube, da lohnt es sich, gemeinsam im Interesse des Landes zu handeln. Das betrifft vor allem die Entlohnung der Beamtinnen und Beamten, aber auch die Fra ge: Wie halten wir es mit der Eingangsbesoldung? Es ist schon angeklungen – und eines ist auch klar: alle vier Fraktionen, die früher schon im Landtag vertreten waren, haben daran ja mitgewirkt –: Es gab unter einer von der CDU und unter ei ner von den Grünen geführten Regierung eine Absenkung.

(Abg. Tobias Wald CDU: In der Wirtschaftskrise, ja! Aber nicht in der Hochphase der Steuerzahlungen!)

Das war damals aufgrund der Haushaltslage auch richtig. Ich kann mich gut erinnern – der eine oder andere Kollege wird sich auch erinnern –: Wir haben über Orientierungspläne mit massiven Einschnitten, Vorgaben, insbesondere auch Einspa rungen im Personalbereich gesprochen. Ich glaube, deshalb ist es angebracht, dass wir unsere Wertschätzung für die Ar beit junger Menschen, die in den öffentlichen Dienst kommen, auch zum Ausdruck bringen, indem wir neben der Perspekti ve für mehr Teilzeitarbeit, einer familienfreundlichen Arbeits zeitgestaltung, der Entfristung von Arbeitsverträgen, mehr Te learbeitsplätzen auch an der Eingangsbesoldung Änderungen vornehmen.

(Beifall bei der SPD)

Im Koalitionsvertrag steht dies als Zielsetzung, und in den Ab sprachen dazu, die nicht unter Vorbehalt stehen, ist das eben so der Fall. Der Finanzausschuss hätte sich schon gewünscht,

dass die Finanzministerin hier im Zuge der Haushaltsberatun gen einen Aufschlag macht, ein Signal setzt. Im jetzigen Haus halt ist kein Anreiz für junge Nachwuchskräfte enthalten, in die Verwaltung zu kommen.

(Abg. Tobias Wald CDU: Das haben Sie doch in Ih rer Regierungszeit beschlossen! Sie haben die Ein gangsbesoldung abgesenkt, die Beihilfe gestrichen! Entschuldigung! Jetzt wollen Sie das Rad zurückdre hen! Das passt doch nicht! – Weitere Zurufe)

Das haben Sie mit den Grünen vereinbart, Herr Kollege Wald. Das steht doch in Ihrem Koalitionsvertrag.

(Abg. Tobias Wald CDU: Wir haben vereinbart, dass wir es zurücknehmen! Sie haben es durchgeführt, und wir nehmen es zurück!)

Ich meine, dieses Anliegen sollte ein gemeinsames Anliegen des Parlaments sein.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Zurufe – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Warum sprechen Sie da eigentlich immer uns an, Frau Präsidentin? Entschul digung!)

Ich spreche alle Kolleginnen und Kollegen an. Im Übrigen sollte das in Ihrem Interesse sein. Es redet immerhin Ihr Kol lege.

(Abg. Anton Baron AfD: Da haben Sie recht, Frau Präsidentin!)

Ich habe insgesamt um Ruhe gebeten.

(Heiterkeit bei der AfD)

Fahren Sie bitte fort.

Sie haben den Tarifab schluss des öffentlichen Dienstes vernommen, und ich glau be, jetzt sind wir, das Land, gefordert, entsprechend tätig zu werden. Herr Dr. Rösler, gestatten Sie mir, dazu Folgendes zu sagen: Die SPD stellt sich eine zeit- und inhaltsgleiche Um setzung vor, wie es andere Bundesländer schon beschlossen haben – SPD-geführte Bundesländer unter Beteiligung der Grünen an der Regierungsverantwortung. Zur Beruhigung der CDU: Das gilt auch für den Freistaat Bayern.

Da sind wir im Interesse einer leistungsfähigen Verwaltung, die vor immer größeren Herausforderungen steht, die zu meis tern sind, gemeinsam gefordert. Ich glaube, es ist nicht gut, wenn sich im Zuge der Finanzberatungen bei solch wichtigen Themen die Finanzministerin oder die Landesregierung weg ducken; das darf nicht sein.

(Abg. Daniel Rottmann AfD: Alles eine Frage der Prioritäten!)

Wir wollen schon wissen, wohin die Reise geht, und erwar ten jetzt grundsätzliche Aussagen. Drücken gilt nicht! Weg

ducken gilt nicht! Wir wollen hier klare Kante sehen. Dass dies unbequem ist, haben wir auch bei anderen Themen. Wir wissen z. B. nicht – auch das ist ein finanzpolitisches Thema –, was nun eigentlich bei CETA oder was bei Abschiebungen nach Afghanistan gilt, ob sich der Innenminister durchsetzt oder jeweils erst die Genehmigung des Parteivorstands der Grünen eingeholt werden muss. Und in der Bildungspolitik haben wir die Chaostage erlebt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Wir haben es hier mit einer Komplementärkoalition zu tun, bei der man den Eindruck hat, dass zwei Regierungen neben einander agieren,

(Heiterkeit bei der AfD)

denen aber die gemeinsame Idee, wie dieses Land in der Zu kunft gestaltet wird, fehlt. Das hat unser Land nicht verdient.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD – Vereinzelt Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Aden das Wort.

Sehr geehrte Frau Land tagspräsidentin, vielen Dank. – Sehr geehrte Damen und Her ren! Dritte Lesung, Abschluss der Beratungen des Haushalts plans für das Jahr 2017. Ich habe das nachfolgende kleine Ge dicht schon einmal im Finanzausschuss vorgetragen. Aber ich denke, es passt auch hier im Plenum ganz gut. Es handelt sich um einen kleinen Vierzeiler – vielleicht erinnern sich die Mit glieder des Finanzausschusses daran –:

Der Minister des Innern kann sich nicht erinnern. Der Minister des Äußern kann sich nicht äußern. Der Minister des Krieges ist nicht des Sieges. Nach dem Minister für Finanzen muss alles tanzen.

Was will ich damit sagen, sehr geehrte Damen und Herren?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Helau! – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Gesunde Finanzen sind für unseren Staat wichtig. Dies aber war schon das Nette, das Humorvolle an meiner Rede, Frau Ministerin.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der Grünen und der AfD)

Ich denke, wir müssen uns jetzt tatsächlich auch einmal mit der Lage beschäftigen.

Fangen wir einmal ganz einfach allgemein an. Die gegenwär tig gute wirtschaftliche Lage in Deutschland darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in einer sehr volatilen Welt wirtschaftsordnung agieren. Entwicklungen vollziehen sich sehr schnell. Sie erinnern sich vielleicht daran, wie schnell in den Sechzigerjahren gewisse Industrien zusammengebrochen sind: Dual, Nixdorf, Unterhaltungsindustrie, Agfa usw. So et was kann schnell und unverhofft wiederkommen.

Es ist nicht in Stein gemeißelt, dass die Autoindustrie, von der deutschlandweit 20 % der gewerblichen Arbeitsplätze direkt oder indirekt abhängen, besonders in Baden-Württemberg weiterhin Bestand hat oder ihren enormen Beitrag zur Wert schöpfung in Deutschland und speziell in Baden-Württem berg in der jetzigen Höhe weiterhin erbringt.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Anton Baron AfD)

Bis vor Kurzem sehr starke Handelspartner – ich denke da an Großbritannien und die USA – sind, wenn ich einmal so sa gen darf, auf der Flucht vor Europa. Wer hätte das vor einem Jahr gedacht?

Was will ich damit sagen? Es zeigt sich, dass wir finanzpoli tisch in einer sehr guten Lage agieren und jetzt viele Möglich keiten hätten, unserer Verantwortung nachzukommen.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Dies kann sich jederzeit ändern. Darum wäre jetzt aktives Handeln geboten.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Die Regierung macht dies mit ihrem Haushalt aber nicht. Die Bürger verspüren sehr wohl, dass nicht alles Gold ist, was glänzt – null Zinsen, steigende Inflation, explodierende Mie ten und Immobilienpreise. Die Euro-Geldmenge steigt in un geahnte Höhen. Die EZB kauft Staats- und Unternehmensan leihen in Billionenhöhe. Man spricht schon von Helikopter geld, das sie unter das Volk streuen will, damit es endlich Geld ausgibt. Europäische Verträge werden nicht eingehalten.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Renzi hat in die sem Zusammenhang gesagt: „Dann müssen wir eben die Ver träge an die geänderten Umstände anpassen.“