Protocol of the Session on May 6, 2020

(Beifall)

Dass das gelungen ist, liegt natürlich an der Politik, aber es liegt vor allem auch an den Beschäftigten im medizinischen Bereich. Deshalb möchte ich nicht versäumen, all denen, die sich in den vergangenen Wochen intensiv gekümmert haben, ein herzliches Dankeschön zu sagen. Sie sind die essenzielle Stütze des Landes, wenn es um die Bewältigung der Pande mie geht.

(Beifall)

Herr Podeswa hat zur wirtschaftlichen Situation ein sehr düs teres Bild gezeichnet. Ja, die Arbeitslosenzahlen sind nach oben gegangen.

(Zuruf)

Ja, die Zahl der Kurzarbeiter ist deutlich angestiegen. Deshalb ist es gut, dass auf Bundesebene das Kurzarbeitergeld entspre chend reformiert wurde und jetzt wohl aufgestockt wird. Das hat es ermöglicht, schnell und unbürokratisch zu helfen. Auch das Land hat im Bereich der Soforthilfen sehr, sehr schnell re agiert.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Wir haben, wie ich finde, Frau Ministerin Hoffmeister-Kraut, die Bundesförderung mit der Landesförderung klug ergänzt und verzahnt, sodass wir weiterreichen können, was im Bun desprogramm vorgesehen ist. Wir haben es ergänzt um den Faktor Lebensunterhalt für Selbstständige mit der Pfändungs obergrenze von 1 180 €. Das ist ein sehr wichtiger Baustein.

Wir kämpfen noch immer darum, dass der Bund das auch so sieht und nicht bei Selbstständigen sofort auf die Grundsiche rung verweist, sondern auch den Lebensunterhalt mit aner kennt.

Der zweite relevante Punkt ist, dass in Baden-Württemberg auch Unternehmen von der Soforthilfe profitieren können, die mehr als zehn und bis zu 49 Beschäftigte haben. Damit konn ten wir sehr schnell und sehr unbürokratisch sehr vielen Un ternehmen und Selbstständigen im Land helfen. Bei den ver schiedenen Bausteinen haben wir die Soforthilfe des Bundes um die baden-württembergischen Faktoren ergänzt. Wir ha ben das Kurzarbeitergeld, und wir haben sehr viele Angebo te, was Liquiditätshilfen über die KfW betrifft,

(Abg. Anton Baron AfD: Sie waren doch die Brem se bei dem Rettungsschirm, Frau Ministerin!)

aber auch über die L-Bank. Wir haben den Bürgschaftsrah men deutlich erhöht. Sie sehen: Das ist ein ganzer Strauß von Maßnahmen, mit dem wir Unternehmen unter die Arme grei fen, um eine Perspektive für die Zukunft zu bieten.

Wir haben für den Bereich der Wirtschaftshilfen bislang Bun desmittel in Höhe von 1,1 Milliarden € erhalten und zusätz lich – also on top – Landesmittel von knapp unter 1 Milliar de € für die bereits genannten Ergänzungen ausgegeben. Das ist ein gutes, ein richtiges und wichtiges Signal.

Im Rahmen der Regierungserklärung der letzten Woche und der Aussprache darüber wurde ja auch über einige Personen gruppen, Branchen diskutiert, die in einer besonderen Situa tion sind, bei denen eine wirtschaftliche Perspektive vielleicht auch in der nahen Zukunft noch nicht gegeben ist, die beson dere Finanzierungsformen haben. Über all das wird noch zu sprechen sein.

Entscheidend ist meines Erachtens, dass wir zielgenau, effek tiv und wirksam agieren und dass wir natürlich auch immer die Belastungen, die eine staatliche Unterstützung für die Zu kunft bedeutet, mit bedenken.

Weil wir natürlich auch wissen, dass die Kommunen in einer schwierigen Situation sind, haben wir in zwei Tranchen ins gesamt bereits 200 Millionen € als Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Ich glaube, es gibt kein anderes Bundesland, Herr Kollege Hofelich, wo dies so schnell und so umfassend pas siert ist. Uns war in diesem Bereich insbesondere die Entlas tung der Eltern von den Gebühren der Kinderbetreuung, die ja nur für Notfälle stattfinden konnte, ein wichtiges Anliegen, aber auch, dass Volkshochschulen, Musikschulen und andere kommunale Einrichtungen auch in Zukunft existieren werden. Auch das ist uns wichtig.

(Beifall)

Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Schweickert zu?

Ja, bitte.

Frau Ministerin, vie len Dank. – Sie hatten erwähnt, es gebe Branchen, die keine Perspektive hätten, bei denen die Finanzierungssituation ganz besonders sei. Das war mir etwas zu kryptisch. An welche Branchen haben Sie denn da gedacht?

Es sind ja hier auch schon in der letzten Woche verschiedene Branchen ge nannt worden. Denken wir z. B. mal an Messen und all dieje nigen, die mit der Veranstaltung oder der Ausstattung von Messen zu tun haben. Es ist ja jetzt noch unklar, wie dort die zeitlichen Perspektiven sein können.

Oder wenn es um Großveranstaltungen geht, wenn das Okto berfest, wenn der Cannstatter Wasen abgesagt werden, dann werden sicherlich die Schausteller ein besonderes Problem haben. Ich will hier jetzt nicht über einzelne Branchen speku lieren. Aber das ist letzte Woche auch hier genannt worden.

Denken wir z. B. auch an den Bereich der Kultur. Gerade für diejenigen, die einen hohen Eigenanteil erwirtschaften durch internationale Tourneen, bestehen besondere Probleme, wenn diese Veranstaltungen jetzt alle über einen längeren Zeitraum abgesagt werden.

Denken wir an den Bereich der Gastronomie und Hotellerie. Da werden demnächst Entscheidungen über schrittweise Öff nungen kommen. Da muss man dann sehen, wie dann die Ent wicklung ist.

(Abg. Anton Baron AfD: Was heißt denn „demnächst“?)

Ich war bei den Kommunen. Es ist mir wichtig, dass wir da sehr schnell gehandelt haben und die Liquidität vorerst sichern konnten. Dass wir mit den Kommunen weiter sprechen und verhandeln müssen, ist vollkommen klar. Ich kann Ihnen üb rigens sagen, Herr Kollege Hofelich, dass in Baden-Württem berg jede Woche eine Lenkungsgruppensitzung mit den Ver treterinnen und Vertretern der Kommunen stattfindet. Ich ha be mir von den kommunalen Vertretern berichten lassen, dass das bei Weitem nicht üblich ist.

(Abg. Anton Baron AfD: Was ist mit den Kindergar tenbeiträgen?)

Dass es in Baden-Württemberg so ist, liegt an einer besonders intensiven Zusammenarbeit, die uns auch wichtig ist. Selbst verständlich werden wir nach der Mai-Steuerschätzung wei terverhandeln.

Damit komme ich auch noch mal zur Frage: Wann müssen wir denn über den Haushalt des Landes Baden-Württemberg in tensiv sprechen? Heute eine Haushaltssperre zu verhängen wäre meines Erachtens tatsächlich viel zu früh. Wir müssen die Mai-Steuerschätzung auf jeden Fall abwarten. Sie alle ha ben in der Zeitung gelesen, dass z. B. die Prognosen der Wirt schaftsforschungsinstitute unterschiedlich sind. Wir hatten in der letzten Woche eine Frühjahrsprognose vonseiten der Bun desregierung. In dieser Frühjahrsprognose hat sie vorausge sagt, dass das BIP, das Bruttoinlandsprodukt, in diesem Jahr voraussichtlich minus 6,3 % betragen werde. Diese Prognose ist sicherlich ein Baustein, den jetzt auch die Steuerschätzer mit einbeziehen werden.

Wir haben ganz aktuelle Zahlen vom Statistischen Landes amt. Laut einer Pressemitteilung von heute beträgt das Auf tragsminus 9,2 %, das Produktionsminus 12,6 %, das Umsatz minus real 11,9 % im Vergleich zum Februar des Vorjahres.

Meine Damen und Herren, daran sehen Sie: Soweit wir das heute abschätzen können, haben wir deutlich rückläufige Ent

wicklungen. Aber wir wissen eben noch nicht, wie sich die Entwicklung in Zukunft gestalten wird.

Im Gegensatz zur Finanzkrise vor über zehn Jahren ist es aber wohl so, dass die Rückgänge mehr oder weniger gleich über die Bundesländer verteilt sind. Bei der Finanzmarktkrise war Baden-Württemberg deutlich stärker betroffen. Das scheint nach Einschätzung von Experten diesmal nicht so zu sein. Die Verteilung über die Bundesländer ist einigermaßen gleich.

Dass die Ursachen der wirtschaftlich schwierigen Lage, in der derzeit viele Unternehmen sind, ganz andere sind als vor zehn Jahren, dürfte ja allen bekannt sein.

Frau Ministerin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Klos zu?

Bitte schön.

Frau Ministerin, danke für das Zu lassen einer Zwischenfrage. – Sie haben eben eine interessan te Formulierung gewählt. Sie sagten, im Moment sei nicht der Zeitpunkt, eine Haushaltssperre zu verhängen. Heißt das, Sie können sich sehr wohl vorstellen, in dieser Legislaturperiode diese notwendige Maßnahme zu ergreifen?

Na ja, wann die se Maßnahme notwendig ist, darüber lässt sich jetzt wunder bar diskutieren. Sie sind offensichtlich der Ansicht, dass sie jetzt notwendig ist. Wir sind nicht der Ansicht, dass sie jetzt notwendig ist.

Ob sie jemals notwendig wird, das hängt davon ab, wie sich die Konjunktur, wie sich die Steuereinnahmen und die not wendigen Ausgaben, die wir tätigen müssen, entwickeln. Aber von Vorrednern ist ja auch schon darauf hingewiesen worden: Es ist eine sehr harte Maßnahme, und die kann durchaus auch kontraproduktiv sein, wenn sie nicht ausgewogen ist. Wir ha ben in Baden-Württemberg auch einen sehr hohen Anteil an fixen Kosten.

All denen, die meinen, man könnte jetzt relevante Summen einsparen, wenn man in den Ministerien ein paar Stellen strei chen würde, denen kann und muss ich diese Hoffnung neh men. Ich kann sagen, dass in dieser krisenhaften Situation al le Ministerien deutlich mehr belastet sind als normalerweise. Es sind nicht nur Tausende von Bürgeranfragen, die die Mi nisterien zu bewältigen haben, sondern es gibt auch ständig Sitzungen. Das Sozialministerium ist von früh bis spät mit al len Beschäftigten im Einsatz. Dort sind eher zu wenige als zu viele im Einsatz. Für das Wirtschaftsministerium und das Ver kehrsministerium trifft das genauso zu.

Also zum jetzigen Zeitpunkt zu sagen, wir begnügen uns mit weniger Stellen in den Ministerien, würde die Leistung, die wir erbringen, nämlich schnell und pragmatisch nach Lösun gen zu suchen, konterkarieren.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir haben von Ihnen, dem Haus haltsgesetzgeber, 5 Milliarden € an Kreditermächtigungen er halten. Wir werden diese selbstverständlich soweit notwendig peu à peu abrufen. Sie müssen sich über die Liquidität des Landes keine Sorgen machen. Die finanzielle Situation, die Mittel, die wir benötigen werden, haben wir gut im Griff.

Ich kann allen nur dringend dazu raten, die Mai-Steuerschät zung abzuwarten und sich dann auch die Zeit zu nehmen, da rüber intensiv zu diskutieren. Trotzdem gibt es, wenn die MaiSteuerschätzung da ist, keine Garantie, dass es im Verlauf des Jahres 2020 und vor allem auch im Verlauf des Jahres 2021 exakt so kommen wird.

Erfreulicherweise gibt es viele Prognosen, die davon ausge hen, dass wir zwar einen tiefen Einschnitt in diesem Jahr ha ben werden, dass wir aber – ich hoffe sehr, dass das der Fall ist – im nächsten Jahr wieder eine Aufwärtsentwicklung ha ben werden. Auch das ist sicherlich wichtig, um die weiteren Maßnahmen für den Haushalt von Baden-Württemberg gut abzuwägen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines richtigstellen. In der Begründung Ihres Landtagsantrags haben Sie von der AfD Befürchtungen in Bezug auf das Rating von Baden-Württem berg ausgesprochen. Richtigerweise hat Baden-Württemberg das Rating AAA.

(Zuruf: Noch!)

Das zeigt, dass die Haushaltspolitik in den letzten Jahren so lide war. Es gibt derzeit keine Anzeichen, dass die Pandemie und die Maßnahmen, die wir ergreifen, zu einer Verschlech terung des Ratings führen werden. Was auf jeden Fall nicht korrekt ist – –

(Unruhe)

Vielleicht hören Sie einfach einmal zu. Es ist nämlich Ihre Debatte. Wenn Sie keine Aussprache wollen, dann sagen Sie das. Dann kann ich meine Rede sofort beenden. Ich erwarte schon, dass Sie zuhören.

(Beifall)