Protocol of the Session on March 19, 2020

(Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

die diese Unterstützung nötig brauchen, wegen der AfD auf dem Trockenen sitzen. Das ist die Realität.

(Beifall – Zuruf: Bravo! – Weitere Zurufe, u. a. der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Deshalb dürfen Sie in diesem Land niemals Verantwortung tragen. Das ist ein ganz wichtiges Ziel der Politik in BadenWürttemberg.

(Beifall – Zurufe, u. a. der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Für die FDP/DVP-Fraktion ist völlig klar, dass wir uns in die se Phalanx der Gutwilligen einreihen

(Abg. Carola Wolle AfD: Uns hat man nicht einmal gefragt!)

und dass wir am heutigen Tag diese Entscheidung treffen, so dass möglichst schon ab morgen die Gelder fließen können, die unsere Wirtschaft so notwendig braucht, um diese Krise zu überstehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Jetzt erteile ich das Wort für die Fraktion der AfD Herrn Fraktionsvorsitzenden – – Sorry! Herr Abg. Dr. Podeswa, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Heute Mor gen um 9 Uhr kam der Finanzausschuss des Landtags von Ba den-Württemberg zu einer Sondersitzung – Präsenzsitzung – zusammen.

Auf dieser Sitzung wurde der nachfolgende Änderungsantrag der AfD-Fraktion zum Staatshaushaltsplan abgelehnt, der fol gende Punkte beinhaltet: Mehrausgaben für die notwendigen staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie, So forthilfen für Freiberufler und Selbstständige sowie kleine und mittlere Unternehmen, die infolge der Coronapandemie in Li quiditätsprobleme kamen – mit konkreter Nennung der Un ternehmensgrößen und der dazugehörigen Liquiditätshilfe, z. B. bei Unternehmen bis fünf Mitarbeiter 5 000 € Soforthil fe ohne Nachweis –, Mittel für staatliche Beteiligung an sys temrelevanten mittelständischen Betrieben – ich denke hier z. B. an mittelständische Unternehmen im Bereich der Medi zintechnik – und für Mehrausgaben zur Erstattung von Kin dergartenbetreuungen. Sie können nämlich den Menschen nicht auf der einen Seite die Erwerbsbasis durch Kurzarbei tergeld oder einfach dadurch, dass sie ihr Gewerbe nicht aus üben können, beschneiden, während diese gleichzeitig – Stand heute – für die nicht mehr stattfindende Kinderbetreuung in den Kitas den vollen Beitrag leisten müssen.

(Beifall – Zurufe)

Die Finanzierung sollte durch die Nutzung der Reserven und durch eine Kreditermächtigung von in Summe insgesamt 7 Mil liarden € erfolgen. Die Tilgung ab 2024 sollte in Höhe von ei nem Zwanzigstel der aufzuwendenden Summe jährlich erfol gen.

All dies wird Ihnen sehr bekannt vorkommen. Es ist nämlich genau der Inhalt des Änderungsantrags, der jetzt aus der Mit te des Parlaments vorliegt – nur dass ein anderer Name drauf steht.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Die AfD freut sich vor diesem Hintergrund sehr, dass die Re gierungsfraktionen und die beiden anderen Oppositionsfrak tionen wach geworden sind – insbesondere aber die Regie rung –, weil heute Morgen um 9 Uhr noch keinerlei Pläne da für vorlagen.

(Beifall – Zurufe)

Vor diesem Hintergrund muss ich wirklich betonen, dass dies heute keine Sternstunde des Parlaments ist; vielmehr wollen die – zu Recht so bezeichneten, was sich nun wieder beweist – „Kartellparteien“ die Bürger draußen im Land für dumm verkaufen.

(Beifall)

Herr Abg. Dr. Podeswa, las sen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich glaube, das ist nicht sinn voll, Frau Präsidentin. Nein, lasse ich nicht.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Heute Morgen um 9 Uhr hatte die Regierung noch keinen Plan. Zu einem Zeitpunkt, als in Brandenburg schon ein Hilfs fonds verabschiedet war und Gelder ausgezahlt wurden, zu einem Zeitpunkt, als in Bayern ein Hilfsfonds verabschiedet war und ausgezahlt wird, zu einem Zeitpunkt, als Österreich einen Hilfsfonds aufgelegt hat, wollte die Regierung 850 Mil lionen € – 850 Millionen €! – aus der Reserve zur Bewälti gung der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkun gen der Coronakrise zur Verfügung stellen. Das ist absurd.

Ich freue mich daher ausdrücklich, dass die Regierung und die Kartellparteien zwischenzeitlich auch begriffen haben, dass man ein brennendes Haus – die Naturkatastrophe nach § 18 der Landeshaushaltsordnung werden wir ja feststellen; das Haus brennt tatsächlich – nicht mit einem Glas Wasser lö schen kann, sondern die Feuerwehr rufen muss.

(Beifall)

Selbstverständlich wird die AfD-Fraktion den Änderungen und dem Gesetz zur Erklärung zur Naturkatastrophe nach § 18 der Landeshaushaltsordnung zustimmen.

(Beifall – Zuruf: Erst kopieren, und dann – –! – Wei tere Zurufe, u. a. des Abg. Klaus Dürr AfD – Gegen ruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Träumt weiter, da drüben! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: „Die beantragenden Fraktionen“! Heute Mor gen mit leerer Hand dagestanden! Beschämend ist das! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Ja, ja! – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Die Bür ger werden die Wahrheit erfahren! – Vereinzelt La chen – Zuruf von der AfD: Wer hat denn das Ende der Sitzung beantragt? Wer war es denn? – Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung erteile ich das Wort Frau Finanzministe rin Sitzmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ungewöhnliche Zeiten brau chen ungewöhnliche Maßnahmen und auch ungewöhnliche Verfahren.

Wenn wir uns erinnern: Am 25. Februar dieses Jahres – es ist keinen Monat her – haben wir in Baden-Württemberg den ers ten Fall einer Person gehabt, die mit dem Coronavirus infi ziert war. Was seither alles passiert ist, ist am heutigen Tag in

vielen Reden schon ausführlich dargestellt worden. Das be trifft natürlich die Landesregierung und die Fraktionen; das betrifft die Bundesebene, die europäische Ebene bis hin zu den Zentralbanken – alle haben bereits unglaublich viel auf den Weg gebracht.

Die Landesregierung hat am 5. März einen Entwurf zum Nachtrag an den Landtag geschickt. Das ist jetzt gerade ein mal zwei Wochen her. Wenn Sie sich überlegen, was in die sen zwei Wochen alles passiert ist, dann zeigt sich die große Dynamik, die in dieser ganzen Entwicklung steckt.

Wichtig ist, dass wir handlungsfähig sind. Das war die ur sprüngliche Intention vor zwei Wochen. Wir mussten dann aber feststellen, dass für die Beschaffungsmaßnahmen gera de im medizinischen Bereich, für den Gesundheitsschutz und für die Prävention, dieser Zeitplan viel zu knapp war. Der Fi nanzausschuss hat dann in einem Umlaufbeschluss binnen we niger Stunden die entsprechenden Mittel von fast 50 Millio nen € freigegeben, sodass diese Beschaffungen getätigt wer den konnten.

Geplant waren ursprünglich zwei Verfahrensschritte, um auch in Zeiten der Schuldenbremse weitere Kredite aufnehmen zu können. Heute haben wir diese zwei Verfahrensschritte ver bunden: einen Nachtrag einerseits und die Feststellung einer Naturkatastrophe mit einer Beschlusslage über die Höhe der Kredite, die aufgenommen werden sollen, mit einem Tilgungs plan, mit der Einbringung in die jetzige Änderung des Nach trags andererseits. Das wird heute in einem Schritt beschlos sen werden. Das ist tatsächlich, wie es von Ihnen auch gesagt wurde, ein ungewöhnlicher Vorgang in ungewöhnlichen Di mensionen. Aber ich halte diese Beschleunigung für richtig; denn die Entwicklung ist sehr dynamisch, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Ich bin dem Landtag von Baden-Württemberg, den Fraktio nen von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP dankbar

(Zuruf)

für die Debatte, die heute geführt worden ist – ebenso wie für die Art und Weise, wie sie geführt worden ist. Ich halte es auch wirklich für ein ermutigendes Signal, dass sowohl der Gesetz entwurf interfraktionell unter diesen Fraktionen abgestimmt ist als auch der entsprechende Änderungsantrag für den Nach trag. Ich denke, das ist eine gute Grundlage dafür, dass wir auch in der weiteren Entwicklung gemeinsam handeln, dass wir schnell handeln und trotzdem besonnen bleiben und das Richtige tun.

(Beifall)

Ich will hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass das, was die AfD heute Morgen im Finanzausschuss als Antrag vorgelegt hat, rechtswidrig ist. Nicht umsonst gibt es jetzt einen Gesetz entwurf einerseits und einen Änderungsantrag andererseits. Das schreibt das Verfahren, wenn man die Schuldenbremse aussetzen will – ebendas findet heute statt –, ganz eindeutig vor. An dieses Verfahren haben Sie sich mit Ihrem Antrag nicht gehalten.

(Zurufe)

Deshalb ist er rechtswidrig, meine Damen und Herren, und deshalb ist all das, was Sie hier behauptet haben, Herr Podes wa, einfach falsch.

(Beifall)

Ja, meine Damen und Herren, die Lage ist ernst und hat eine unglaubliche Dynamik. Ich kann heute sagen: Ich bin froh, dass wir in den guten Jahren vorgesorgt haben, dass wir seit 2015 keine neuen Schulden aufgenommen haben, dass wir 6 Milliarden € an impliziten und expliziten Schulden getilgt haben, dass wir eine Rücklage gebildet haben, die Stand En de letzten Jahres 1,5 Milliarden € betrug. Jetzt sind davon wohl noch 1,2 Milliarden € verfügbar – die allerdings nicht nur für die Bekämpfung der Coronakrise in Sachen Gesund heitsschutz und wirtschaftliche Unterstützung vorgesehen wa ren, sondern auch für viele andere Bereiche. Ich nenne bei spielhaft das Unterhaltsvorschussgesetz, Maßregelvollzug oder anderes. Die Rücklage war auch für Zeiten vorgesehen, in denen es konjunkturell schwierig wird.

Damals hatten, glaube ich, viele den Eindruck, dass es ein solides Polster ist. Das ist es auch. Aber wir merken jetzt in dieser schwierigen Lage, dass das Geld natürlich bei Wei tem nicht ausreichen wird. Deswegen ist es richtig, dass wir jetzt weitere 5 Milliarden € zur Verfügung stellen, und es ist natürlich richtig, weiter den Gesundheitsschutz und die Prä vention voranzubringen, aber auch den vielen kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Land, den sogenannten Soloselbstständigen und den besonders Betroffenen zu hel fen.

Frau Ministerin, lassen Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Klos zu?

Nein. – Ich bin Ihnen auch dankbar, dass in vielen Reden nicht nur über das Heute gesprochen worden ist, sondern dass viele von Ihnen den Blick auch schon auf morgen und übermorgen gerichtet haben. Denn es ist klar geworden, dass diese Pandemie und die damit einhergehenden konjunkturellen Einbrüche natür lich massive Auswirkungen auf die Steuereinnahmen in Ba den-Württemberg haben werden. Wir müssen alles tun, damit wir, obwohl wir viele finanzielle Mittel für die Bekämpfung der Pandemie und die Unterstützung der Wirtschaft aufwen den werden, auch in Zukunft die wichtigen Bereiche, für die wir, das Land, zuständig sind, auskömmlich finanzieren kön nen. Ja, wir hoffen, dass sich die Wirtschaft in Baden-Würt temberg – ebenso wie nach der Finanzmarktkrise – schnell wieder erholt.

Meine Damen und Herren, ich glaube, die Verfahren muss ich hier an dieser Stelle nicht mehr erklären. Wir haben mit der Änderung von § 18 der Landeshaushaltsordnung im Zusam menhang mit dem Staatshaushaltsgesetz und dem Doppel haushalt 2020/2021 Vorsorge getroffen, um überhaupt Kredi te aufnehmen zu können. Würde allein die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse gelten, dann könnten wir uns weder an konjunkturelle Entwicklungen anpassen, was Tilgungsverpflichtungen, aber auch Kredite betrifft, noch könn ten wir bei Naturkatastrophen oder in Notsituationen Kredite aufnehmen. Deshalb war es sehr richtig, dass wir das so ge macht haben. Genau das macht uns handlungsfähig.

Lassen Sie mich zu guter Letzt noch einen weiteren Punkt an sprechen. Es gibt jetzt viele Bundesländer, die Programme be schließen, in deren Überschriften bereits verschiedene Sum men genannt werden. Heute Morgen ist es auch schon gesagt worden: Ein Wettlauf um die größere Zahl macht keinen Sinn. Ich empfehle Ihnen: Lesen Sie immer auch das Kleingedruck te. Denn es ist nicht immer die Summe, die in der Überschrift steht, die dann automatisch z. B. für Wirtschaftshilfen ausge geben wird. Manche rechnen den Bürgschaftsrahmen hinzu, usw. Es ist also wichtig, nicht nur die Zahl in der Überschrift anzuschauen, sondern auch das Kleingedruckte, und genau das zu tun, was für Baden-Württemberg notwendig ist, unab hängig davon, was die anderen Länder für sich tun.