Protocol of the Session on November 14, 2019

Wenn Sie mir vorwerfen, ich würde Winnenden verharmlo sen, nenne ich das genauso schäbig und wahrheitswidrig, wie es bei den Aussagen der Kollegen hier der Fall ist.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Die Kunst pausen können Sie weglassen! – Gegenruf des Abg. Sascha Binder SPD: Die stehen aber im Konzept!)

Ich möchte eines betonen: Wenn Sie jetzt den Verfassungs schutz so instrumentalisieren, dann bin ich doch einmal ge spannt, wie es der Verfassungsschutz aufnimmt, wenn Sie der Opposition Auskünfte verweigern.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Wow! Wir sind beeindruckt! – Abg. Sascha Binder SPD: Jetzt sind die aber zusam mengezuckt! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Hätte nur noch gefehlt, dass er an die Decke schießt! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Können wir da eine Stellungnahme vom Verfassungs schutz kriegen?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir die Aktuelle Debatte unter Punkt 2 der Tagesordnung abschließen.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Ausführung des Pflegeberufegesetzes (AG- PflBG) – Drucksache 16/6985

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für So ziales und Integration – Drucksache 16/7144

Berichterstatterin: Abg. Sabine Wölfle

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat hierfür eine Re dezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Zuerst hat Frau Abg. Krebs für die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die Bundesregierung hat durch das Pfle geberufereformgesetz die Grundlagen dafür gelegt, die bishe rige dreigliedrige Ausbildung für die Bereiche Gesundheit und Krankenpflege, Gesundheit und Kinderkrankenpflege sowie die Altenpflege zu reformieren, um die generalistische Pfle geausbildung einzuführen.

Wir Grünen im Bund wie im Land befürworten eine solche generalistische Ausbildung in der Pflege. Auch wenn einzel ne Aspekte dieser Reform kritisch beäugt werden können, so überwiegen doch die Verbesserungen, die die Reform für die Pflegeausbildung mit sich bringt.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Andreas Ken ner SPD)

Gerade in Zeiten des demografischen Wandels brauchen wir ambitionierte Ideen für die Pflege. Eine alternde Gesellschaft, Multimorbidität, die Digitalisierung, der medizinische Fort schritt und immer komplexer werdende Behandlungs- und Therapieverfahren bedürfen in der Gesundheitsversorgung neuer Rahmenbedingungen. Dies gilt auch für die Pflege.

Die Reformierung der Pflegeausbildung ist dabei ein sehr wichtiger Schritt und bedeutet eine qualitative Weiterentwick lung, um diesem Trend gerecht zu werden.

Die Länder haben bei der Reform zahlreiche Regelungsauf träge zu berücksichtigen. Mit dem Ausführungsgesetz setzen wir das Pflegeberufegesetz in Landesrecht um. Hier sind die großen Themenfelder „Vereinheitlichung der bisher unter schiedlichen Finanzierungen“, „Gründung einer Schiedsstel le“, diverse Verordnungsermächtigungen und „Verstetigung der Studienplätze für die Pflege“.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Die Umstellung stellt natürlich große Herausforderungen dar, denen zeitnah Rechnung getragen werden muss. Zum 1. Ja nuar 2020 soll das Gesetz schon in Kraft treten. Die Kurse starten in der Regel im Mai und im September. So haben wir hier zwar noch ein bisschen Zeit, aber die Schulen brauchen schon jetzt Zeit für die Vorbereitungen.

Wir müssen also auf Landesebene die passenden Instrumen te schaffen, damit die beteiligten Akteure – die Träger, die Pflegeschulen und die Krankenhäuser – dieses Ausführungs gesetz umsetzen und auch die vorgesehenen praktischen Pflichteinsätze koordinieren können.

Mit diesem Ausführungsgesetz wird vor allem eines deutlich herausgearbeitet: Die Pflege hat nicht nur einen gesellschaft lichen Wert, indem sie auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Pflegebedürftigen eingeht sowie Teilhabe und Inklusion ermöglicht, nein, die Pflege hat auch einen enormen medizinischen Stellenwert. Diese Tatsache wird durch die Pflegeberufereform unterstrichen, indem eine qualitative Stei gerung der Ausbildung erfolgt, eine Verstetigung des Pflege studiums vorgenommen wird und es zu einer qualitativen Wei terentwicklung des Berufsbilds kommt. Mehr berufliche Ei

genständigkeit sowie eine Absteckung der Aufgabenzustän digkeit künden von einer notwendig gewordenen neuen Auf gabenverteilung innerhalb der Heilberufe, insbesondere zwi schen der Ärzteschaft und der Pflege.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Andreas Ken ner SPD)

Dass die Erhebung des individuellen Pflegebedarfs, die Fest stellung der Pflegebedürftigkeit, die Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses sowie die Evaluierung, Sicherung und Entwicklung der Pflegequalität nun in den alleinigen Aufga benbereich der Pflegefachkräfte fallen, ist richtig. – Jetzt dür fen Sie klatschen.

(Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Andreas Ken ner und Sabine Wölfle SPD – Abg. Andreas Kenner SPD: Jetzt!)

Diese erstmalige Regelung vorbehaltener Tätigkeiten wertet nämlich den Pflegeberuf immens auf und stärkt das berufli che Selbstbewusstsein der Pflegefachkräfte.

Lassen Sie mich zum Schluss kurz zusammenfassen: Eine qualitativ hochwertige Ausbildung, sinnvolle Aufstiegsmög lichkeiten durch ein Pflegestudium und mehr medizinische Verantwortung für die Pflegefachkräfte sind die richtigen An sätze, um die Pflege zu stärken und mehr Menschen für die sen Beruf zu gewinnen. Das bringen wir jetzt für Baden-Würt temberg mit diesem Ausführungsgesetz auf den Weg.

An dieser Stelle ist es mir wirklich wichtig, Herrn Minister Lucha für dieses konkrete und gute Ausführungsgesetz zum Pflegeberufegesetz zu danken und auch zu gratulieren. Ich weiß, dass diese Leistung aufgrund der späten Vorgabe aus Berlin nicht als selbstverständlich anzusehen ist.

Also: Ich sehe die pflegerische Versorgung in Baden-Würt temberg mit diesem Ausführungsgesetz auf einem guten und zukunftweisenden Weg. Wir Grünen unterstützen diesen Weg.

Und wie immer: Bleiben Sie gesund!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Andreas Kenner SPD – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: „Im Übrigen bin ich der Mei nung, dass Karthago zerstört werden muss“!)

Nun hat Frau Kollegin Hartmann-Müller für die CDU das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Menschen in Baden-Württemberg werden im Durchschnitt immer älter. Gleichermaßen steigt damit die Herausforderung für eine zu kunftsfähige Pflegeversorgung.

Mit dem im Entwurf vorliegenden Gesetz schaffen wir ein tragfähiges Fundament, um die Pflege in Baden-Württemberg zukunftweisend zu gestalten – zum Wohle der Pflegebedürf tigen, ihrer Angehörigen und der Pflegekräfte.

Drei Punkte machen deutlich, warum dieser Schritt notwen dig ist.

Erstens: Der Bund hat 2017 das Pflegeberufegesetz beschlos sen. Es hat die Einführung einer generalistischen Pflegeaus

bildung zum Gegenstand. Die Reform der Ausbildung tritt 2020 in Kraft. Die Landesregierung arbeitete in den letzten drei Jahren mit Nachdruck daran, die Voraussetzungen für ei nen erfolgreichen Start des neuen Systems zu schaffen.

Zweitens: Studien zeigen, dass bis 2030 die Zahl pflegebe dürftiger Menschen in Baden-Württemberg um 100 000 an steigen wird. Das entspricht einer Zunahme um gut 25 %. Das heißt, die stationären Pflegeeinrichtungen und die ambulan ten Pflegedienste im Land müssen entsprechend wachsen. Wir Menschen werden im Durchschnitt immer älter. Das Risiko nimmt zu, an mehreren chronischen Leiden gleichzeitig zu er kranken. Von dieser Entwicklung sind Ärzte, Patienten und Pflegekräfte gleichermaßen betroffen. Gerade der Pflegeberuf bedeutet physische und psychische Schwerstarbeit und kann nur von Menschen ausgeübt werden, die diese Arbeit mit Herzblut, Leidenschaft und einer guten Ausbildung tun. Das vorliegende generalistische Bildungskonzept wird diesem An spruch gerecht.

Drittens: Indem wir die Ausbildungsbedingungen nachhaltig verbessern, erfährt der Pflegeberuf insgesamt eine deutliche Aufwertung. Bisher regelten unterschiedliche Gesetze diese Ausbildung. Das ändert sich durch das neue Pflegeberufege setz, das diese sinnvoll zusammenführt und dadurch neue Sy nergien schafft.

Was ist jetzt das Neue, das andere, das Bessere dieses Geset zes? Jeder, der sich für den Pflegeberuf entscheidet, erhält zwei Jahre lang die gleiche Grundausbildung. Nach dem zwei ten Jahr hat jeder die Wahlfreiheit. Entweder man fügt ein wei teres generelles Jahr an, um dann als Pflegefachfrau oder Pfle gefachmann tätig zu sein, oder man entscheidet sich für eine Spezialausbildung, um dann in der Altenpflege, der Gesund heits- und Kinderkrankenpflege tätig zu sein.

Wir schaffen damit die Möglichkeit, in mehreren Bereichen der Pflege zu arbeiten und zwischen ihnen zu wechseln; denn eine bessere Ausbildung schafft zusätzliche Kompetenzen und damit auch mehr Möglichkeiten, die persönliche und berufli che Entwicklung voranzutreiben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Das bedeutet auch: Ich bin nicht mehr gezwungen, ein Leben lang in einem einmal gewählten Pflegeberuf tätig zu sein. Jetzt besteht die Möglichkeit, in andere Pflegeberufe zu wechseln.

Mit diesem Gesetz schaffen wir auch endlich die Vorausset zung für eine angemessene Bezahlung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit wir die Zielvorgaben der Pflegeberufereform des Bundes auf Landesebene erfolg reich mit Leben füllen können, bedarf es zahlreicher verbind licher Anpassungen der bisherigen Strukturen. Dazu gehören die Einführung eines gemeinsamen Ausbildungsfonds, die Neu ausrichtung der Pflegeschulen in unserem Land und auch die Schaffung einer hochschulischen Pflegeausbildung. Zu treffen sind die notwendigen Zuständigkeitsentscheidungen und Ver ordnungsermächtigungen für das Sozial- und das Kultusminis terium zur Ausführung des neuen Pflegeberufegesetzes.

Die CDU-Fraktion unterstützt dieses Ausführungsgesetz.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Jetzt spricht Frau Abg. Dr. Baum für die AfD.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Inhaltlich ist an dem Ausführungsgesetz zu nächst nicht viel zu beanstanden. Die Ausführungsregelungen und Änderungen sind sachgerecht, und letztlich wird sich in der Zukunft zeigen, inwieweit die Reform der Pflegeberufe Früchte trägt bzw. inwieweit sie sich positiv auf den Arbeits markt auswirkt und ob dadurch der Beruf in der Pflege tat sächlich wieder an Attraktivität gewinnen kann.

Vor allem auch in der Entlohnung erhoffen wir uns einen spür baren Anstieg; denn diese bedeutet schließlich auch Anerken nung und Wertschätzung der Arbeit, die tagtäglich an hilfsbe dürftigen Menschen erbracht wird, in Zeiten, in denen es lei der fast nicht mehr möglich ist, sich um seine kranken und al ten Angehörigen selbst zu kümmern. Durch aus finanziellen Gründen notwendig gewordene Berufstätigkeit oder aufgrund von Alltagsstress und damit einhergehender Überlastung ist es schlicht und einfach nicht mehr möglich, sich in unserem reichen Deutschland um die eigene Mutter oder den eigenen Vater zu kümmern.