Protocol of the Session on July 20, 2016

Kollege Paal, zu den Äußerungen der Landfrauen – sie sind keine sozialdemokratische Vorfeldorganisation; das dürfte Ih nen bekannt sein –: Die Mails, die mich in den letzten Tagen erreicht haben – sie sind nicht bestellt –, sprechen schon Bän de. So hat beispielsweise Frau Sonja Leyghdt, die stellvertre tende Vorsitzende, wörtlich geschrieben – ich darf es zitie ren –:

Die Arbeitsgemeinschaft der Landfrauen ist sehr bestürzt über diese Entwicklung.

Geschäftsführerin Beate Krieg hat mir hierzu geschrieben:

Unsere ehrenamtlichen Aktiven können es nicht fassen. Wir gehen davon aus, dass nach der Evaluation entschie den wird. Wenn Ehrenamt im Land gestärkt werden soll, dann kann Baden-Württemberg mit den Qualifizierungen für das Ehrenamt über das Bildungszeitgesetz Zeichen setzen.

Ihre Nebenabrede bedeutet genau das Gegenteil. Sie reden hier in Sachen Ehrenamtsförderung von Einschränkung, von Rückbau. Ich halte das für völlig kontraproduktiv und die Landfrauen in Baden-Württemberg offensichtlich auch.

(Beifall bei der SPD)

Ich wiederhole meine Aussage aus der ersten Lesung: Ihr Vor schlag – ob es jetzt Ihre Nebenabrede ist; wie gesagt, beim Entwurf der FDP/DVP habe ich nichts anderes erwarten kön nen – ist ein Hohn, ein Nackenschlag für die Landfrauen, für die Feuerwehren, für die Volkshochschulen als Anbieter, für die Sportvereine als Nachfragende in Sachen Ehrenamtsqua lifikation, für die Gewerkschaften und viele, viele mehr.

Merken Sie eigentlich nicht, dass Sie hier potenziell drauf und dran sind, mit voller Wucht in ein Wespennest hineinzusto ßen? Ich verstehe es nicht. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Finger weg vom Bildungszeitgesetz! Sie werden an dieser Stelle harten Widerstand nicht nur der SPD-Fraktion hier im Landtag erwarten können.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Schweickert.

Frau Präsidentin, mei ne Damen und Herren! Verehrte Zuhörer, Sie befinden sich hier im dritten Akt des Regierungstheaters zum Bildungszeit gesetz.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie reden zu uns, Herr Kollege!)

Wenn Sie die ersten Akte nicht mitverfolgen konnten: Da gibt es eine Ministerin, die etwas öffentlich macht und abweichend von der Regieanweisung im Koalitionsvertrag das Thema Bil dungszeitgesetz aufruft; die erste Ankündigung kommt kurz nach dem Amtsantritt. Sie sagt die bis dato geheimen Neben abreden exakt voraus. Das heißt, entweder handelt es sich um eine hoch talentierte Hellseherin – wir müssen einmal über die Lottozahlen sprechen; ich komme mal zu Ihnen –,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Da komme ich auch mit!)

oder vielleicht hat auch die zweite Geige, die selbst unter zeichnet hat, die geheime Nebenabsprache eingeflüstert, mei ne Damen und Herren.

Frau Kollegin Lindlohr, wir, die Opposition, haben einen Vor schlag vorgelegt, der nicht unserem Wahlprogramm ent spricht; das ist richtig. Aber ich finde es schon ein starkes Stück, dass Sie als Abgeordnete einer Regierungsfraktion uns das Wahlprogramm vorhalten; das können wir in den nächs ten fünf Jahren gern umgekehrt machen.

(Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Ich habe Ihnen auch die Beratung hier im Haus vorgehalten!)

Wir haben einen Kompromiss vorgelegt, der zustimmungsfä hig ist; aber diesen möchten Sie ja nicht.

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Ende Juni wird im zweiten Akt, in der ersten Lesung wieder behauptet, es handle sich um einen taktischen Gesetzentwurf. Meine Damen und Herren, was gibt es denn Taktischeres, als eine Evaluierung in den Koalitionsvertrag hineinzuschreiben und in der Nebenabrede schon vorwegzunehmen, was nach her passieren wird?

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Dr. Christi na Baum AfD)

Wenn Sie vor der Evaluierung – da gebe ich dem Kollegen Fulst-Blei recht – schon die Handlungsoption vorwegnehmen, werden Sie es nicht mehr schaffen, eine offene Evaluierung durchzuführen. Dass das Ganze in Ihren Nebenabsprachen steht, zeigt doch, wohin die Reise gehen soll.

Dann ist es aber meines Erachtens auch nicht in Ordnung, dass man die Ehrenamtlichen – das wird ihnen nicht gerecht – zwei Jahre lang in eine Situation hineinrennen lässt und man es dann, nachdem zwei Jahre geplant wurde, wie man sich fort bildet, doch so macht, wie es in den Nebenabreden steht. Mei ne Damen und Herren, das ist für die Ehrenamtlichen schlim mer, als jetzt zu sagen, wie der Weg in Zukunft sein wird.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn Ihnen der Gesetzentwurf der FDP/DVP nicht gefällt, kann ich Ihnen sagen, dass wir zwei Änderungen aufgenom men haben, die in den schriftlichen Rückmeldungen, die wir erbeten hatten, enthalten waren. Die Frau Ministerin hat selbst darauf hingewiesen, dass etwas unklar formuliert war; man hätte dies auch anders interpretieren können. Wir haben kein Ministerium im Rücken, das uns das Ganze auf alle Möglich keiten durchprüft. Wir haben die Anregung übernommen. Stimmen Sie dem Änderungsantrag zu!

Wenn Sie eine Klarstellung wollen, wie sich Ehrenamtliche in Zukunft fortbilden – man kann das über einen gewissen Zeitraum tun –, haben Sie eine Möglichkeit, diese zu erhal ten.

Herr Abg. Dr. Schweickert, lassen Sie eine Zwischenfrage der Abg. Lindlohr zu?

Wenn sie kurz ist, ja. Ich habe nur noch zwei Minuten Redezeit.

Das wird nicht auf Ihre Rede zeit angerechnet.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Aber die Antwort schon!)

Die Antwort schon; das ist das Problem.

(Abg. Claus Paal CDU: Die Antwort wird ja kurz sein! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Dann antwor ten Sie nicht! – Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Kollege, vielen Dank. – Möchte die FDP/DVP-Fraktion die Bildungszeit abschaf fen, ja oder nein?

(Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP: Ja!)

Danke, Kollege Goll hat die Frage beantwortet.

Dann brauche ich nicht mehr zu antworten. – Die FDP/DVP steht klar dafür, dass das Bildungszeitgesetz, das Sie von den Grünen zusam men mit der SPD eingeführt haben, für die Betriebe in BadenWürttemberg nicht notwendig ist.

(Zuruf: Also abschaffen!)

Sie bilden ihre Mitarbeiter fort.

Wir haben Ihnen hier einen zustimmungsfähigen Kompromiss vorgelegt, den wir eingegangen sind, um Klarheit zu schaffen für die Ehrenamtlichen; aber selbst dazu sind Sie nicht bereit.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Im dritten Akt, meine Damen und Herren, wird das Einstel len auf die Bildungszeit zu genau diesen Problemen führen.

Wenn der Schlussvorhang von diesem Regierungstheater fällt, dann werden Sie feststellen, dass Sie, die Regierungskoaliti on, am Ende nicht von allen Seiten, wie Sie es sich erhoffen, Applaus bekommen. Dafür wird es keinen Oscar geben, mei ne Damen und Herren. Sie werden nämlich von allen Seiten Buhrufe erhalten, und Ihnen wird maximal eine Goldene Him beere verliehen, Frau Wirtschaftsministerin, weil Sie mit die sem Vorhaben weder den Unternehmen, die zwei Jahre um sonst dafür bezahlen mussten, noch den Ehrenamtlichen, die Sie damit einer unsicheren Situation ausliefern, gerecht wer den.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Was ist umsonst? Es ist gar nichts umsonst!)

Aus diesem Grund haben Sie heute in der zweiten Lesung noch einmal die Chance, diesem Kompromissvorschlag der Opposition, der von der FDP/DVP eingebracht wird, zuzu stimmen. Wenn nicht, dann werden wir sehen, was in zwei Jahren bei Ihrer Evaluierung herauskommt und was Ihre ge heimen Nebenabreden wert sind, meine Damen und Herren. Ich sage Ihnen nur: Wenn dann der Vorhang fällt, ist das schlechter Stil, und Sie werden nichts gewinnen, sondern viel verlieren.

Vielen Dank für Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und fraktionslosen Abgeordneten)

Für die Fraktion der AfD er teile ich Herrn Abg. Klos das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, wer te Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir ha ben uns bereits einmal mit dem Bildungszeitgesetz beschäf tigt. Kollegin Carola Wolle hat den Standpunkt der AfD dazu klargemacht. Der Standpunkt ist weiterhin: Wir werden dem Gesetzentwurf der FDP/DVP zustimmen.

Ich will allerdings nicht verhehlen, dass wir mit dem Bil dungszeitgesetz prinzipiell unsere Schwierigkeiten haben, denn Sie greifen in das Verhältnis von Arbeitgeber und Ar beitnehmer ein und sind der Meinung, dass diese beiden Par teien nicht in der Lage seien, das allein zu klären. Das ist vom Prinzip her eigentlich kein guter Ansatz. Ich finde, wir sollten erst dann Regelungen ergreifen, wenn wir der absoluten Über zeugung sind: Es ist notwendig; es muss Rechtssicherheit ge schaffen werden.

Aufgrund der Unterlagen, die mir vorliegen, konnte ich nicht erkennen, dass der Gesetzesbeschluss, der aus der 15. Wahl periode datiert, absolut notwendig gewesen ist. Was mir ins

besondere Schwierigkeiten macht – mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, darf ich zitieren –, ist § 1 Absatz 4 des Bildungs zeitgesetzes: