Herr Staatssekretär, ist Ih nen bekannt, ob seitens Ihres Hauses die Namen der Verkäu fer an das Justizministerium oder die Staatsanwaltschaft wei tergegeben werden?
Da wir nicht angekauft haben, kann ich mir nicht vorstellen, dass das Finanzministerium Ba den-Württemberg dem Justizministerium Baden-Württemberg die Daten der Verkäufer weitergegeben hat. Ich kann es nicht sagen; ich müsste es recherchieren. Ich weiß nicht einmal, ob unsere Steuerbehörden überhaupt die Namen der Verkäufer kennen, da wir mit diesen überhaupt nicht verhandelt haben. In den meisten Fällen war es, glaube ich, Nordrhein-Westfa len, in einem Fall der Bund und in einem Fall Rheinland-Pfalz.
Die Steuerbehörden in Baden-Württemberg haben von den neun „Steuer-CDs“, die ich erwähnt habe, keine angekauft. Daher kann ich Ihnen, ehrlich gesagt, nicht sagen, ob wir die Namen der Verkäufer kennen oder ob nur die Steuerbehörden in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder des Bundes sie kennen.
Ich habe noch eine Frage zu den „Steuer-CDs“. Können Sie sagen – ich habe es jetzt nicht gehört –, welche Bundesländer bisher „Steuer-CDs“ erwor ben und welche Koalitionen dort regiert haben?
Ich habe gesagt: Wir haben neun „Steuer-CDs“. Wenn ich „Steuer-CD“ sage, bitte ich Sie, das immer untechnisch zu verstehen; es kann sich auch um einen USB-Stick handeln.
Wir, die Bundesländer und der Bund, haben – übrigens jeweils gemeinsam – neun Datenträger erworben. Im Jahr 2008 war es der Bund zusammen mit NRW, im Jahr 2010 erneut Nord rhein-Westfalen, im Jahr 2010 eine „Steuer-CD“ in Nieder sachsen, im Jahr 2010 noch eine „Steuer-CD“ in NordrheinWestfalen, im Jahr 2011 Nordrhein-Westfalen, im Jahr 2012 – insgesamt drei Datenträger – Nordrhein-Westfalen und im Jahr 2013 Rheinland-Pfalz.
Von 2008 bis 2010 haben in Nordrhein-Westfalen CDU und FDP regiert. In Niedersachsen haben 2010 ebenfalls CDU und FDP regiert. In Rheinland-Pfalz hat 2013 mit Sicherheit RotGrün regiert. NRW müsste seit 2010 ebenfalls eine rot-grüne Regierung haben.
Diesbezüglich möchte ich noch die Frage anschließen, welche weiteren Maßnahmen die Landesregierung bzw. Bund und EU planen, um die Bekämp fung von Steuerhinterziehung weiter zu verbessern. Wie be urteilt die Landesregierung in diesem Kontext insbesondere auch die personelle und materielle Ausstattung der Steuerver waltung in Baden-Württemberg? Und daran anknüpfend: Wel che Möglichkeiten sieht die Landesregierung, Steuerstrafta ten im Bankenbereich zu bekämpfen?
Das sind eine ganze Fülle von Fra gen. Ich würde hinsichtlich der personellen Ausstattung, die Sie angesprochen haben, sagen, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Die Vorgängerregierungen haben in der Steuerverwaltung über 2 000 Stellen abgebaut. Wir haben 500 Stellen aufgebaut – davon zwei Drittel im Bereich der Be triebsprüfer und der Steuerfahndung, also bei den Außenprü fern, die sich tatsächlich damit beschäftigen.
Daher haben wir, das Land, mit diesen Maßnahmen die rich tigen Schritte eingeleitet, den Personalabbau gestoppt, umge dreht, Personal wieder aufgebaut und auf die Bereiche kon zentriert, die für uns besonders relevant sind.
Der Bund wird gemeinsam mit der EU versuchen – ich halte das für sehr richtig –, mit der Schweiz darüber zu reden, ob es nicht doch zu einem automatisierten Datenaustausch kom men kann – ich halte das für notwendig –, so wie wir das in nerhalb der EU mit den allermeisten Mitgliedsländern haben. Dieser automatisierte Datenaustausch erleichtert den Steuer behörden die tatsächliche Arbeit und macht Steuerbetrug viel leicht nicht unmöglich, aber schwierig.
Ich glaube, wir haben eine gute Verhandlungsposition, um mit der Schweiz über solche Themen zu reden. Die meisten Län der in der EU sind sich einig, dass dieser Steuerbetrug so nicht weitergehen darf.
Ich habe auch schon gehört, dass dies auch in der Schweiz und bei den Schweizer Banken angekommen ist. Ob das schon überall so praktiziert wird, weiß ich nicht. Aber es ist ange kommen, dass wir, vor allem wir in Deutschland, eine hohe Sensibilität haben, was den Steuerbetrug bzw. die Nichtver steuerung von Geld in der Schweiz angeht.
Was könnten wir ansonsten noch tun, was dazu beiträgt, Steu erbetrug unattraktiver zu machen? Wie gesagt: Wir können die einzelnen Kautelen bei den Selbstanzeigen noch etwas ver schärfen. Ich wäre durchaus bereit, weiter daran zu arbeiten.
Wir, das Land, können unsere Steuerverwaltung weiter stär ken. Das tun wir. Wir haben – dankenswerterweise auf Antrag der Regierungskoalition – ein Steuerpaket für die Steuerver waltung verabschiedet, das die technische Ausstattung der Steuerverwaltung weiter stärkt. Auch das trägt dazu bei, dass wir besser arbeiten können, dass die Steuerverwaltung effizi enter arbeiten kann.
Wir werden weiter daran arbeiten, eine schlagkräftige, eine gut einsatzfähige, eine kompetente Steuerverwaltung zur Steu erbetrugsbekämpfung zu haben.
Der Stellenaufbau in der Steuerverwaltung ermöglicht uns au ßerdem erstmalig die Einrichtung einer zentralen Sonderein heit zur Steuerbetrugsbekämpfung.
Damit wird nicht nur die Steuerfahndung bei ihren Aufgaben im Rahmen der Strafverfolgung gestärkt, sondern auch der präventive Bereich – eine wichtige Einrichtung, die in Zu kunft wertvolle Dienste leisten wird.
Herr Staatssekretär, vielleicht steht die Antwort auf meine Frage auch in Ihrem Vermerk. Es ist unstreitig, dass zwischen der Schweiz und Deutschland Ei nigkeit bestanden hätte, wie man für die Zukunft verfährt. Kei ne Einigkeit bestand nur bei der Frage hinsichtlich der Ver gangenheit. Meine Frage lautet: Können Sie beziffern, wie viele Verjährungen am 31. Dezember letzten Jahres dadurch in Kraft getreten sind, dass das Steuerabkommen nicht zustan de kam? Wie viel hat die baden-württembergische Landeskas se an Steuern verloren, weil man das Steuerabkommen nicht ratifiziert hat?
In diesem Zusammenhang habe ich noch die Frage – Sie ha ben vorhin von Prominenten gesprochen, die sich geoutet hät ten –: Stimmen Presseberichte, dass Herr Hoeneß, wenn das Steuerabkommen verabschiedet worden wäre, mehr hätte zah len müssen, als er jetzt durch das Strafverfahren bezahlen muss?
Ihre erste Frage kann man wohl überhaupt nicht beantworten. Denn dazu müsste man wissen, wie viel Geld insgesamt hinterzogen worden wäre. Hätten wir das vor dem 31. Dezember gewusst, wäre es uns bekannt ge wesen, wir hätten es verfolgen können, und es wäre nicht ver fallen. Dann wäre keine Verjährung eingetreten. Vielleicht ha be ich die Frage auch falsch verstanden. So, wie ich sie ver standen habe, ist sie nicht zu beantworten.
Zum Zweiten kenne ich den Fall Hoeneß nicht. Selbst wenn ich ihn kennen würde, würde es mir das Steuergeheimnis ver bieten, Ihnen dazu Informationen zukommen zu lassen. Ich könnte also Ihre Frage nicht beantworten, selbst wenn ich es wüsste. Soviel ich weiß, wird er aber in einem anderen Bun desland veranlagt.
Herr Staatssekretär, die CDU scheint dem gescheiterten deutsch-schweizerischen Steuerab kommen noch nachzutrauern. Vielleicht hat die CDU es im mer noch nicht kapiert. Deshalb zwei Fragen an Sie, damit Sie mit Ihren Antworten die CDU-Kollegen unter Umständen überzeugen können.
Welche Einmalzahlungen wären durch das deutsch-schweize rische Steuerabkommen in die Landeskasse gekommen, und was haben wir durch Selbstanzeigen – damit man die zwei Beträge einmal kennt – hereinbekommen? Welche Nachteile hätte das deutsch-schweizerische Steuerabkommen – Anony mität –, und welche Aufgabenverlagerung vom Fiskus auf die Schweizer Banken hätte stattgefunden? Wir haben ja gesehen, wie die Schweizer Banken mit unseren Angelegenheiten um gehen.
Wir haben hier schon sehr aus führlich über das deutsch-schweizerische Steuerabkommen diskutiert. Es gab in der Tat unterschiedliche Auffassungen zwischen Regierungsfraktionen und Opposition, auch zwi schen der Landesregierung und der Opposition. Es gab auch unterschiedliche Auffassungen Richtung Berlin. Das Bundes finanzministerium, der Bundesfinanzminister, hatte dazu eine dezidiert andere Haltung.
Ich bin sehr froh – das möchte ich im Nachgang noch einmal sagen –, dass die meisten Bundesländer standhaft geblieben sind. Denn all die Einnahmen, die wir jetzt durch jede Selbst anzeige haben, hätten wir aller Voraussicht nach nicht gehabt. Man kann darüber spekulieren, was hereingekommen wäre, wenn wir das deutsch-schweizerische Steuerabkommen ge habt hätten. Es gab einen Mindestsockelbetrag, der von den Schweizer Banken garantiert wurde. Es hätte theoretisch mehr sein können; das ist ziemlich spekulativ. Das, was wir jetzt haben, ist klar. Ich bin mir ziemlich sicher: Es wird weitere Selbstanzeigen geben, die andernfalls alle unter die Anony mität gefallen wären.
Das heißt, neben dem rein fiskalischen Aspekt – ich habe die 461 Millionen € genannt, die wir bisher eingenommen haben, eine Zahl, die sich sehen lassen kann – möchte ich einfach fra gen: Was ist das für ein Signal, denen, die über Jahre und Jahr zehnte Steuern hinterzogen haben, die die Gemeinschaft, die Gesellschaft um das Geld, das ihr zusteht, betrogen haben – das muss man einmal so deutlich sagen –, Amnestie und An onymität zuzugestehen, während bei den kleinen Steuerbür gern in unseren Finanzämtern ordentlich geprüft wird?
Ich glaube, rein von der Steuermoral und von der Akzeptanz unseres Steuersystems her hätte ich persönlich – da spreche ich aber auch für die Landesregierung – es nicht vertreten kön nen, ein Steuerabkommen aus rein monetären Gründen abzu schließen, während die Steuermoral auf der Strecke bleibt.
Deshalb gilt unser klares Signal: Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein. Ich bin mir sicher: Die vielen ehrlichen Steuer zahler in Baden-Württemberg, die Handwerker, die Mittel ständler, die Familien, die ehrlich ihre Steuererklärung abge ben und bereit sind, die Gesellschaft mitzufinanzieren, unter stützen uns in der Haltung, nicht die großen Fische, die ihre Millionen in die Schweiz verschoben haben, laufen zu lassen,
Welche Beträge liegen in der Schweiz? Ich habe die Steuer mehreinnahmen in Höhe von 461 Millionen € erwähnt. 1,6 Milliarden € sind die Kapitalerträge. Wenn Sie einmal bei ei nem durchschnittlichen Zinssatz das Kapital ausrechnen, das dort liegt, wissen Sie: Es ist nicht der baden-württembergi sche Mittelständler, der dort sein Geld hat, sondern es sind die großen Fische. Wenn wir die von der Angel lassen, werden das die Bürger und die ehrlichen Steuerzahler in Baden-Würt temberg nicht akzeptieren.
Herr Staatssekretär, unstreitig ist, dass durch die Nichtverabschiedung des Steuerabkom mens mit der Schweiz jedes Jahr für zahlreiche Steuerflücht linge die Verjährung eintritt. Ist es nicht so, dass sie dadurch nicht nur straffrei ausgehen, sondern überhaupt nichts bezah len müssen? Wie erklären Sie dem ehrlichen Steuerzahler in Baden-Württemberg, dass man durch das Abkommen einige Millionen in die Kassen des Landes hätte bekommen können, was durch die Verhinderung des Steuerabkommens nicht er folgt ist? Ist das eine ehrliche Politik gegenüber den badenwürttembergischen Steuerzahlern?
Das ist eine absolut ehrliche Po litik, Herr Herrmann, weil sie auch beim Steuerabkommen straffrei geblieben wären.
Das heißt, Sie müssen dem ehrlichen Steuerzahler erklären, warum Sie die laufen lassen. Durch unsere Politik, durch die Ablehnung des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens, haben wir die Chance, diejenigen, die sich entweder selbst an zeigen oder von der Steuerfahndung über die Daten, die wir angekauft haben, oder über andere Anzeigen ermittelt werden, tatsächlich zu bekommen. Das lässt sich empirisch nicht nach weisen, weil sich die Anzahl an Steuerflüchtigen, die sich nicht melden werden und an die wir nie herankommen, nicht ermitteln lässt. Aber ich bin mir sicher, dass wir auf diese Art und Weise mehr Steuergerechtigkeit schaffen.
Herr Herrmann, denken Sie vor allem an die Symbolwirkung nach außen. Die Symbolwirkung wäre: Wir lassen sie alle lau fen; wir geben eine pauschale Amnestie für all diejenigen, die Millionen in die Schweiz verschoben haben, bloß weil wir einmalig eine Einnahme für den Haushalt bekommen. Das hielte ich für falsch. Wir verstärken unsere Bemühungen, über die Steuerfahndung, über die Betriebsprüfungen, über unsere gut ausgestattete Steuerverwaltung an diejenigen, die die Ge meinschaft, die ehrlichen Steuerzahler betrügen, heranzukom men. Ich glaube, das ist das richtige Signal an die Bürgerin nen und Bürger: Bei unserer Steuerverwaltung können sie sich sicher sein, dass wir alles dafür tun, diejenigen zu erwischen, die die Gemeinschaft betrügen.
Deshalb bin ich froh und stolz darauf, dass wir das Steuerab kommen mit der Schweiz abgelehnt haben. Ich bin froh und stolz darauf, dass wir Ihren Stellenabbau in der Steuerverwal
tung gestoppt und das Personal wieder aufgestockt haben. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Finanzämtern sehen das genauso.
Herr Staatssekretär, sehen Sie ers tens einen Zusammenhang zwischen der Ablehnung des Steu erabkommens mit der Schweiz und den 460 Millionen € an zusätzlichen Einnahmen für die Staatskasse?