Protocol of the Session on November 7, 2013

Ich gebe zu: Wir haben Konsens, was die Entfristung von Stel len mit W-Besoldung betrifft. Das habe ich auch angekündigt. Wir haben auch Konsens, was die Vorschläge der Arbeitsgrup pe zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den wissen schaftlichen Mittelbau betrifft. Auch das habe ich gesagt.

Ich habe mir jetzt aber einmal erlaubt, so vorzugehen, wie man es früher in der Schule gemacht hat, wenn es einem ein biss chen langweilig war und der Lehrer sich oft wiederholt hat, nämlich mit Kreuzchen. Sie haben allein fünfmal gesagt: „werden wir“, Sie haben dreimal gesagt: „werden wir ange hen“, und so lautete mehr oder weniger alles, was Sie hier ge sagt haben. Sobald es konkret wird, lief es immer nach dem Motto „wir kündigen an“, „wir werden machen“ oder so. Ich stelle fest: Sie haben außer einem Vorschlag hier nichts ein gebracht, und Sie sind Schlusslicht hinter elf von 16 Bundes ländern, was die Novelle und die Anpassung der W-Besoldung betrifft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE)

Meine Damen und Herren, die Forderung der Arbeitsgruppe, den Hochschulverwaltungen u. a. neue Aufgaben nur gegen Wegfall gleichgewichtiger anderer Aufgaben zu übertragen, findet die volle Zustimmung der CDU-Fraktion. Aber wenn man sich dann einmal die Novelle des Landeshochschulge setzes anschaut, sieht man: Sie gehen den exakt entgegenge setzten Weg. Die Hochschulen werden mit neuen Aufgaben belastet, die sich insbesondere auf ihr Personal auswirken, was damit gerade nicht zur Verbesserung der Situation im Mittel bau führen wird.

Die Hochschulen sollen die Schaffung von Chancengleich heitsbeauftragten, Behindertenbeauftragten, Qualitätsmanage ment etc. laut Gesetzentwurf haushalts- und kapazitätsneutral bewerkstelligen. Da fragen wir uns schon: Wie soll das kapa zitätsneutral funktionieren, wenn Sie an der einen Stelle neue Aufgaben schaffen, ohne dass das an anderer Stelle kompen siert wird? Wenn die Hochschulen derart alleingelassen wer den, dann fehlen ihnen die nötigen Ressourcen, um konkrete Verbesserungen für den Mittelbau tatsächlich zu verwirkli chen.

Ich nenne als Stichwort etwas, was wir in den nächsten Mo naten hier im Haus sicherlich noch behandeln werden: das Landespersonalvertretungsgesetz. Prüfen Sie das Landesper sonalvertretungsgesetz kritisch im Hinblick auf die Auswir kungen auf die Hochschulen. Die Erhöhung der Anzahl der Personalratsmitglieder und die erweiterten Freistellungsleis tungen sind mit einem weiteren personellen Aufwand verbun den. Wenn Sie hier sagen, Sie könnten das kosten- und kapa zitätsneutral bewerkstelligen, glauben wir Ihnen das schlicht weg nicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Es reicht nicht, plakative Ankündigungen zu machen und eine Arbeits

gruppe Vorschläge erarbeiten zu lassen. Wir brauchen für die Betroffenen klare Perspektiven, und die Hochschulen brau chen den nötigen Spielraum, um neue Wege zu gehen. Da rei chen keine Ankündigungen; da brauchen wir Taten. Machen Sie endlich etwas!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die SPD-Fraktion spricht Kolle ge Rivoir.

Ich möchte zu zwei Punkten noch einmal etwas sagen. Zum einen – vielleicht wird das durch die Wiederholung besser verstanden – zum Thema W-Besoldung: Wir haben jetzt ein bundesweit vorbildliches und einmaliges System

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Vorgesehen! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

vorgesehen.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Aber Sie haben es nicht umgesetzt!)

Die W-1-Professuren werden mit berücksichtigt. Das Thema ist jetzt im Verfahren.

(Abg. Andreas Deuschle CDU: Sie haben es nicht umgesetzt! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Auf die Reihe bringen!)

Ganz ruhig bleiben; ich erkläre es Ihnen.

Alles wird ab dem 1. Januar 2013 rückwirkend bezahlt. Wir haben ein leistungsorientiertes Modell gefunden. Wir haben nicht in Bayern abgeschaut, wo die Zuschläge altersabhängig gezahlt werden, sondern wir haben ganz bewusst ein vernünf tiges, an Leistungskriterien orientiertes Verfahren gefunden. Das dauerte seine Zeit. Es kostet 10 Millionen € pro Jahr, be ginnend ab dem Jahr 2013. Es wird rückwirkend ausbezahlt. Ich finde, das sollte auch die Opposition einmal als sinnvoll bewerten, positiv begleiten und einfach auch einmal loben, dass wir hier ein vernünftiges, bundesweit einmaliges und vor bildliches System entwickelt haben. Das war der erste Punkt, den ich ansprechen wollte.

Der zweite Punkt – ein Punkt, der hier noch gar keine Rolle gespielt hat, aber den man hier vielleicht auch noch einmal einbringen sollte – ist schlichtweg das Thema „Sanierungs stau an unseren Hochschulen“. Denn es geht ja nicht nur da rum, wie viel Geld Wissenschaftlern gezahlt wird, sondern auch darum, in welchen Gebäuden sie tätig sind. Da haben wir eine schwere Last von Ihnen übernommen:

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

4 Milliarden € Sanierungsstau an den Hochschulen in BadenWürttemberg, allein 500 Millionen € an der Universität Tü bingen. Das sind die nackten Tatsachen, die Sie uns vor zwei einhalb Jahren überlassen haben. Wir arbeiten jetzt mit einem Masterplan. Wir haben alles erhoben. Wir arbeiten Punkt für Punkt ab, und wir werden dafür sorgen, dass im Rahmen der Solidarpaktverhandlungen auch das Thema „Sanierungsplan 2020“ eine große Rolle spielt, dass wir diesen Sanierungsstau bis zum Jahr 2020 systematisch und zielgerichtet abbauen.

Auch das gehört zu guten Arbeitsbedingungen für junge und auch ältere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den baden-württembergischen Hochschulen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Bullinger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte in meiner Rede vorhin die Grundsätze, auf die es ankommt, klar und deutlich ge nannt, und ich habe, Frau Ministerin, die Ankündigungen und Vorschläge, die Sie bisher gemacht haben, auch mit den Be troffenen an den verschiedenen Hochschulen und Universitä ten – ob Hochschulen für angewandte Wissenschaften oder Duale Hochschule – diskutiert und diese Ansätze durchaus positiv bewertet.

Ich möchte auf eines hinweisen – das ist das, was wir, glaube ich, alle hier kritisieren müssen; wenn Sie ehrlich sind, müs sen auch Sie es einräumen –: Seit dem betreffenden Urteil sind zweieinhalb Jahre verstrichen. Jetzt heißt es: Nicht schwät zen, sondern machen!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte unter Tagesord nungspunkt 1 abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

a) Aktuelle Debatte – Freundliche Spione – Welche Stra

tegie verfolgt die Landesregierung zum Schutz von Mit telstand und Industrie in Baden-Württemberg? – be antragt von der Fraktion der FDP/DVP

b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Innenministeriums – Auswirkungen der Datenspiona ge von amerikanischen und britischen Geheimdiensten auf Bürgerinnen, Bürger, Institutionen und Unterneh men in Baden-Württemberg – Drucksache 15/3727

Die Gesamtredezeit beträgt 40 Minuten in den üblichen Run den.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass es sinnvoll ist, die Ak tuelle Debatte in freier Rede zu führen, wie wir uns das in § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung vorgenommen haben.

Ich erteile für die Fraktion der FDP/DVP Herrn Abg. Grimm das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Wenn ein baden-württembergischer Unternehmer von ei ner Messe aus China zurückkommt und dort festgestellt hat, dass seine hoch entwickelten Produkte, die er hier in Deutsch land selbst entwickelt hat und auf den Markt bringt, auch von chinesischen oder asiatischen Herstellern angeboten werden, dann wird er von den Kollegen nach dem Motto „Ist ja klar, so macht man das in China“ belächelt. Wenn aber der gleiche Unternehmer von einer Messe aus Amerika zurückkommt und

feststellt, dass auch dort seine Produkte von amerikanischen Unternehmen hergestellt werden, dann wird getitelt: „Das kann nicht sein; das sind unsere Freunde; das ist nicht wahr.“

Aber Fazit ist, meine Damen und Herren: Staaten haben kei ne Freunde, sondern Interessen. Hier geht es – dass möchte ich ausdrücklich sagen – nicht um das Handy von Frau Mer kel, und hier geht es auch nicht um eine sicherheitspolitische Debatte. Produkte aus Deutschland sind begehrt, und da muss es uns auch nicht verwundern, wenn auch das Know-how un serer Wirtschaft gefragt ist. Die Wirtschaft selbst aber will wissen, wer sich für sie mehr interessiert, als ihr guttun kann. In der Wirtschaft gibt es Konkurrenten und Wettbewerber – im eigenen Land, aber auch global. Gemeinsames Interesse unserer Wirtschaft ist aber der Schutz vor Ausspähung. Be triebe sind sehr wohl in der Lage, sich im Markt zu schützen. Geht es aber um Wirtschaftsspionage, brauchen die Unterneh men in Mittelstand und Industrie auch den Schutz des Lan des.

Ist der Kampf gegen Wirtschaftsspionage aus anderen Län dern wirklich so aussichtslos, wie es der Präsident des Bun desamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, jüngst beklagt hat? Im Zentrum des Interesses stehen nicht nur Po litik und Militär, sondern steht vor allem auch deutsche Spit zentechnologie.

Aus liberaler Sicht ist es die vornehmliche Aufgabe des Staa tes, sich um die innere und äußere Sicherheit zu kümmern. Dazu gehört aus der Sicht der FDP/DVP die Spionageabwehr als Grundsubstanz staatlicher Aufgaben.

In diesem Bereich muss der Staat mit seinen Diensten und auch in Kooperation mit der Selbstverwaltung der Wirtschaft tätig werden. Bei der Wirtschaftsspionage haben wir es leider nicht mit dem berühmten Spion von Aalen zu tun – die meis ten von Ihnen kennen ihn wahrscheinlich –, der sich als sol cher seinerzeit gleich zu erkennen gegeben hat.

Meine Damen und Herren, Wirtschaftsspionage richtet allein in Baden-Württemberg einen Schaden an, der in die Milliar den geht. Während für die Abwehr der Konkurrenzausspä hung im Land die Polizei zuständig ist, wird Wirtschaftsspi onage von den Verfassungsschutzbehörden bekämpft.

Wie dem Bericht des Bundeskriminalamts aus dem Jahr 2012 zur Wirtschaftskriminalität zu entnehmen ist, sind in den ver gangenen fünf Jahren in Deutschland fünf Fälle von Wirt schaftsspionage bekannt geworden. Zwei davon betrafen Ba den-Württemberg.

Nach einer Studie von Ernst & Young sollen 21 % der befrag ten Unternehmen durch Spionage geschädigt worden sein. Da von hätten 82 % einen finanziellen Schaden von insgesamt rund 4,4 Milliarden € erlitten. Nur 26 % der Fälle fanden im Inland statt, ebenso viele in Europa, aber 27 % in den GUSStaaten und 25 % in Nordamerika.

Aus der Studie des Sicherheitsforums Baden-Württemberg „SiFo-Studie 2009/10“ geht hervor, dass 38 % der Unterneh men, die wenig intensiv Forschung betrieben, und 24 % der forschungsintensiven Unternehmen mindestens einen Ver dachtsfall des Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sen angegeben haben. Von den forschungsintensiven Unter nehmen wurden Schäden in Höhe von durchschnittlich über 260 000 € angegeben.

Eine Studie des Instituts für Betriebswirtschaftslehre der Uni versität Lüneburg aus dem Jahr 2004, die vom Sicherheitsfo rum Baden-Württemberg vergeben wurde, hat das Gefähr dungspotenzial für die baden-württembergische Wirtschaft auf 7 Milliarden € hochgerechnet. Der durch Spionage verursach te Schaden belief sich bei den befragten Unternehmen auf hochgerechnet 52 Millionen €. Der auf dieser Basis hochge rechnete Schaden für Baden-Württemberg wurde mit rund 1 Milliarde € angegeben. Ich gebe zu bedenken, dass das fast zehn Jahre her ist.

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat mir auf Anfrage mitgeteilt, dass es zurzeit 73 Firmen und Verbände betreut. 275 Unternehmen befinden sich in amtlichen Geheimschutz verfahren. Weitere 300 Unternehmen befinden sich in der so genannten offenen Betreuung des Landesamts für Verfas sungsschutz und stehen dabei in einem losen Kontaktverhält nis zum Landesamt für Verfassungsschutz.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also: Spionage ist ein großes Problem auch für die Wirtschaft unseres Landes.