Protocol of the Session on July 13, 2011

Wir haben uns auseinandergesetzt, aber persönliche Diffamie rungen weggelassen. Sonst hätten wir damals von einem „Fall Drautz“ sprechen können. Der ist von null auf B 9 gekommen. Politische Besetzung!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Wir können nicht darüber diskutieren, ob wir eine solche Stel le brauchen. Das können wir nicht. Sie werden nicht in Abre de stellen, dass der Kollege Zeller die Erfahrung aus dem ak tiven Schuldienst und auch aus der schulpolitischen Diskus sion mitbringt, um eine solche Stelle erfolgreich zu leiten. Sie wollen diskreditieren, dass wir überhaupt Schulreformen ma chen. Darauf lassen wir uns nicht ein.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dazu braucht man aber nicht B 3! Da reicht A 13!)

Sie sagten, es sei kein Klamauk gewesen, was Sie gerade ver anstaltet haben. Bei Ihnen und übrigens auch bei Herrn Rül ke gab es durchaus klamaukhafte Passagen.

(Unruhe)

Sie sagten, der Finanz- und Wirtschaftsminister gehe ange sichts der neuen Stellen, die wir in der Finanzverwaltung schaffen, in seiner Rolle als Wirtschaftsminister in die Unter nehmen, um hinterher als Finanzminister dann die Finanzprü fer zu schicken.

(Abg. Guido Wolf CDU: Es hat Sie getroffen!)

Damit sind Sie nahe an dem, was Herr Kollege Rülke sinnge mäß gesagt hat: Solange es einen Länderfinanzausgleich gibt, so lange müssen es die Unternehmen nicht so ernst mit den Steuern nehmen; dann ist es doch besser, sie halten ihr Geld im Betrieb, anstatt ihre Steuerpflicht zu erfüllen. Ich finde das ungeheuerlich: Sie ermutigen zur Steuerhinterziehung! Das ist unglaublich.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Unruhe – Glo cke des Präsidenten)

Wenn Sie einen Strich unter das gesamte Personaltableau ma chen, erkennen Sie, dass damit die ehrlichen Steuerzahler spa

ren und die Gewinner sind. Die Verlierer sind dann diejeni gen, die Steuern hinterziehen. Die jetzige Situation werden wir beenden.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Es gibt eine weitere Wortmeldung des Herrn Abg. Dr. Rülke. Sie haben noch Redezeit. Bitte schön.

(Zuruf von der CDU: Jetzt wird es interessant!)

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte war ein nachhal tiger Beleg dafür, wie die neue Koalition funktioniert: Frau Sitzmann hat dazu aufgefordert, sachlich zu reden; Herr Schmiedel hat dies eingehalten.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU)

Herr Minister Schmid, Sie haben gefordert, man solle einer neuen Landesregierung die Möglichkeit zugestehen, entspre chendes Personal für die politische Leitungsebene vorzuhal ten. Das tun wir durchaus. Aber ich weiß nicht so recht, ob man im Verkehrsministerium 59 Stellen für die politische Lei tungsebene braucht.

(Lachen des Abg. Guido Wolf CDU)

Das ist schon etwas heftig ausgefallen. Aus meiner Sicht soll ten Sie die Hinweise des Rechnungshofs ernster nehmen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Bauzäune stabilisieren!)

Es stellt sich auch die Frage, warum der Ausgleich bis 2017 erfolgen soll. Diese Frage habe ich bereits in der vorangegan genen Runde aufgeworfen. Sie haben darauf keine Antwort gehabt.

Offensichtlich ist es so – Sie haben es im Grunde angedeutet –: Sie als neue Landesregierung müssen sich jetzt einarbeiten. Damit dies funktioniert, brauchen Sie neue Stellen. Offenbar dauert diese Einarbeitungszeit aber sechs Jahre. Dann können Sie beginnen, diese Stellen wieder abzubauen.

(Minister Dr. Nils Schmid: Bis dahin haben wir sie abgebaut!)

Gut, wir werden sehen, ob Sie sie bis dahin abgebaut haben. Es freut mich, dass Sie noch immer so viel parlamentarisches Blut haben, dass Sie Zwischenrufe von der Regierungsbank tätigen.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)

Auch freut mich, dass Sie angekündigt haben, die Hinweise des Rechnungshofs ernst zu nehmen. Bisher haben Sie zumin dest im Personalbereich noch nicht damit angefangen. Wir werden Sie daran messen. Wir wären froh, wenn konkret et was kommt.

Frau Kollegin Sitzmann hat angedeutet, man nehme den Rech nungshof ernst, indem man beispielsweise dessen Hinweise bezüglich der Bekämpfung des Sanierungsstaus umsetze. Aber, Frau Kollegin Sitzmann, ich bin mir nicht ganz sicher,

ob der Rechnungshof es so gemeint hat, wie Sie es vorhaben. Der Rechnungshof meint wohl kaum, man müsse neue Schul den machen, um gegen den Sanierungsstau vorzugehen. Wahr scheinlich hat er es, bezogen auf den Haushalt, etwas anders gemeint.

Zusammenfassend kann man bei all dem, was Sie, Herr Kol lege Schmid, über Ihren Nachtragshaushalt in Pressekonfe renzen und Landtagsdebatten bisher haben verlauten lassen, an eine Äußerung anknüpfen, die Sie getätigt haben. Sie ha ben Shakespeare zum Thema Heuchelei zitiert. Shakespeare hat noch mehr gesagt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! – Abg. Al fred Winkler SPD: „Viel Lärm um nichts“!)

In Bezug auf das, was Sie bisher zur Finanzpolitik zu bieten haben, kann man es eher mit Hamlet halten: Das Ganze ist „von des Gedankens Blässe angekränkelt“.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Sie sind sehr belesen, Herr Kolle ge!)

Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 1 vor. Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

Bevor wir zu Tagesordnungspunkt 2 übergehen, gestatten Sie mir noch einmal folgende Bitte. Wie Sie wissen, liebe ich die leidenschaftliche Debatte sehr. Aber aus den einzelnen Zwi schenrufen darf kein Chor werden. Denn ein solcher Chor hat einen Nachteil: Auf den Zuschauerrängen und für die Zuhö rer sind die Ausführungen der Redner sehr schwer zu verste hen. Also: Ja zur Leidenschaftlichkeit, zum klugen punktuel len Zwischenruf. Dieser geht ins Protokoll und in die Ge schichte ein.

(Heiterkeit bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Aber ermöglichen Sie es, dem Redner oder der Rednerin zu zuhören. – Danke schön.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Chancen des Ökolandbaus in BadenWürttemberg nutzen – beantragt von der Fraktion GRÜ NE

Wem von der Fraktion GRÜNE darf ich dazu das Wort ertei len? – Bitte schön, Herr Kollege Hahn.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen, sehr verehrte Gäste des Hauses! Wir als Agrarpolitiker sind ja für eine große Familie zuständig, wor unter sich einiges subsummieren lässt. Ein großer Teil ist na türlich unsere bäuerliche konventionelle Landwirtschaft. Sie ist eine oder d i e tragende Säule der Agrarstruktur in Ba den-Württemberg; das bleibt unbenommen. Aber sie befindet sich, um beim Bild zu bleiben, in einer Midlife-Crisis, die sie noch nicht ganz überwunden hat. Die Preise stimmen zu we nig. Die Entwicklung ist nicht so, wie wir es uns wünschen.

Das Nächste, was sich derzeit im Agrarbereich prosperierend entwickelt, ist der Biogasbereich. Aber ich als Agrarpolitiker und, wie ich meine, auch viele in der Union betrachten das,

was da wächst, als pubertäre Fehlentwicklung. In diesem Be reich muss einiges passieren, um die Entwicklung in neue und andere Bahnen zu lenken. Hierfür gibt es bereits gemeinsame Ansätze.

Aber wir haben auch einen „Jüngling“ – so nenne ich es po litisch einmal; wir können auch von einer jungen Braut spre chen oder wie auch immer Sie es bezeichnen wollen –, der al les hat, was man sich wünscht: Der ökologische Landbau ist zurzeit mit den besten Genen ausgestattet, ist ökologisch kor rekt im Auftreten, bietet gesunde und wohlschmeckende Pro dukte, ist reich an Erfahrung, blickt auf eine jahrhundertealte Tradition zurück. Geboren ist er eher als Mägerling und wird von manchem Politiker durchaus als Kuckucksei bewertet. Aber er entwickelt sich.

Unser Jüngling hat die Krise im Jahr 2009 erstaunlich gut ge meistert. Durch die Wirtschaftskrise 2009 ist der ökologische Landbau ohne Umsatzverluste gegangen, auch ohne Verluste im normellen Bereich. Das Wachstum wurde gehalten – zwar auf niedrigem Niveau, aber es ist dennoch voll präsent. Im Jahr 2009 lag das Betriebsergebnis je Vollarbeitskraft im öko logischen Landbau um 5 000 € höher als im konventionellen Bereich. Ich glaube, das sind Zahlen, die für diese Sache spre chen und die für uns auch maßgebend sein sollten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Vor allem – das ist mir ganz wichtig – ist der ökologische Landbau mit dem ausgestattet, was in dieser Branche am wichtigsten ist, nämlich mit jeder Menge Markt: Markt für die Zukunft, Märkte, die wir gemeinsam mit den Verbrauchern im Land entwickeln, die die Firmen in Baden-Württemberg entwickeln. Über 6 % der landwirtschaftlichen Flächen Ba den-Württembergs werden ökologisch bewirtschaftet: 1 Mil liarde bis 1,3 Milliarden € beträgt der Gesamtumsatz, wovon leider noch viel zu wenig in Baden-Württemberg generiert wird. Dabei geht es leider nicht nur um Bananen und Oran gen, also um Produkte, bei denen es seit jeher schwierig ist, diese bei uns zu produzieren. Vielmehr liegt das vor allem auch daran, dass Produkte aus dem europäischen Ausland ein geführt werden, die auch bei uns hätten angebaut werden kön nen. Wir sind jedoch in unserem Land etwas verhalten, fast ein wenig schamhaft mit dem ökologischen Landbau umge gangen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Was wir haben – das ist das, was uns stärkt –, sind Verbrau cher, die nach diesen Produkten suchen. Wir haben Anbieter – von großen Lebensmittelketten bis hin zum Bioladen –, die sich mit regionalen agrarwirtschaftlichen Produkten profilie ren und für die Zukunft auch ihr Werden und ihr Sein damit verbinden. Sie sagen: Die Regionalisierung der Agrarwirt schaft kommt. Sie wird auch im konventionellen Bereich kommen. Darauf setzen wir. Denn das wird die Zukunftschan ce für baden-württembergische Agrarbetriebe sein, um sich neu zu positionieren und zu profilieren.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

1 500 verarbeitende Betriebe im Land Baden-Württemberg mit mehreren Tausend Arbeitsplätzen im nachgelagerten Be