1 500 verarbeitende Betriebe im Land Baden-Württemberg mit mehreren Tausend Arbeitsplätzen im nachgelagerten Be
reich – ich denke, das sind wichtige Signale, die in Zeiten des Strukturwandels in der gesamten Landwirtschaft helfen, die Strukturen im ländlichen Bereich aufrechtzuerhalten und zu ergänzen. Ich glaube, der ökologische Landbau ist ein zentra les Element unseres ländlichen Raums in Baden-Württem berg, und es ist wichtig, ihn zu unterstützen.
Solche dynamischen Entwicklungen lassen die Augen von Volkswirtschaftlern und Ökonomen natürlich gewissermaßen glänzen. Wir können sozusagen auf einen Wachstumsmarkt schauen und einen Wachstumsmarkt entwickeln, der seines gleichen sucht. In absoluten Zahlen, was Größe und Dimen sion betrifft, sind wir noch nicht so weit, wie wir uns dies wünschen würden. Aber die Entwicklungsdynamik – darum geht es im ökonomischen und im volkswirtschaftlichen Be reich – sucht ihresgleichen. Wir als Politiker sollten diesen Prozess für uns vereinnahmen und entsprechend mitgestalten.
Ich denke, ökologische Landwirtschaft kann und wird im ländlichen Raum zukünftig wichtige Funktionen übernehmen; das tut sie schon heute. Darum war es richtig, dass das Minis terium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz zugesagt hat – das war einer seiner ersten „Aufschläge“ –, die Umstel lungsförderung im Bereich MEKA aufrechtzuerhalten. Es hat der Branche signalisiert: „Wir wollen diese Förderung weiter hin. Diese Märkte sind Zukunftsmärkte für Baden-Württem berg, und wir wollen sie sichern.“
Genauso wichtig wird es aber sein, dass wir – damit meine ich Sie und mich, uns gemeinsam – dafür werben, dass mehr Bäuerinnen und Bauern umstellen. Damit sorgen wir dafür, dass die Zukunftsmärkte für Baden-Württemberg besetzt wer den, dass die Einkommen unserer bäuerlichen Betriebe gesi chert und ausgebaut werden können. Damit können Sie und ich als Verbraucher und als Politiker über den Einkauf und das Essen eine positive Zukunft unseres Landes und unserer Hei mat gestalten.
Im Rahmen der Aktuellen Debat te erhält nun Herr Abg. Traub für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion möchte zu dieser Aktuellen Debatte sehr gern einen Beitrag leisten und eine Stellungnahme abgeben.
Über den Ökolandbau in den vergangenen Jahren gibt es in der Tat sehr viel Positives zu berichten. Zunächst ist eine kurze Bestandsaufnahme angesagt. Mein Vorredner, Kollege Hahn, hat über den Stand des ökologischen Landbaus gerade sehr viel Positives gesagt. Wir wollen sehen, was Sie, Herr Minister Bonde, und ihre Kollegen in der Zukunft bei diesem Thema sagen, was Sie im einen oder anderen Fall vielleicht anders einschätzen als wir und wie Sie vorgehen wollen.
Einige von Ihnen stehen auf dem Standpunkt, in der Vergan genheit sei für den ökologischen Landbau nicht genug getan
worden. Die Fakten sprechen aber eine andere Sprache. In den letzten Monaten wurde jedoch sehr vieles heruntergeredet und anders kommuniziert als bisher.
Deshalb darf ich festhalten: Nach den aktuellen Zahlen des zuständigen Bundesministeriums liegt Baden-Württemberg in der Relation mit 6 368 ökologisch wirtschaftenden land wirtschaftlichen Betrieben bei einer Gesamtzahl von rund 45 000 landwirtschaftlichen Betrieben nach Bayern auf einem hervorragenden zweiten Platz. Der Anteil der Ökobetriebe an allen landwirtschaftlichen Betrieben beträgt in Baden-Würt temberg somit über 14 %. Nur in Mecklenburg-Vorpommern ist dieser Anteil größer. Beinahe jeder dritte Ökobetrieb in Deutschland – 29 % – hat seinen Sitz in Baden-Württemberg.
So schlecht kann die bisherige Politik im Land zu diesem The ma also nicht gewesen sein. Wir sind schon immer für ein gleichberechtigtes und von gegenseitigem Respekt getrage nes Miteinander der verschiedenen Bewirtschaftungsarten im ländlichen Raum eingetreten.
Wahlfreiheit für den Verbraucher korrespondiert dabei mit der freien Entscheidung der Bäuerinnen und Bauern, wie sie pro duzieren möchten. Dabei haben konventioneller und ökologi scher Landbau auch vieles gemeinsam. Beide müssen ihre Stellung auf dem deutschen, auf dem europäischen und neu erdings auch auf dem globalen Markt behaupten. Beide sor gen dafür, dass unser Land flächendeckend bewirtschaftet wird und so die Kulturlandschaft erhalten bleibt.
Wir in Baden-Württemberg sind bei der Erzeugung von Bio produkten, wie dargelegt, in einer guten Position. Wir sehen aber auch, dass der Bedarf an Biolebensmitteln – auch das muss besonders betont werden – nicht vollständig mit Pro dukten aus heimischer Herstellung gedeckt werden kann.
Auch angesichts dieser Nachfrage mag es für viele Betriebs inhaber wirtschaftlich interessant sein, auf ökologische Pro duktion umzusteigen. Dabei ist jedoch nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit auch zu bedenken, dass für eine Be triebsumstellung immer eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Jah ren erforderlich ist. Die aktuelle Zahl der ökologisch wirt schaftenden Betriebe beruht demnach auf den unternehmeri schen Entscheidungen von vor zwei oder drei Jahren.
Auch für die Zukunft gilt, dass ein Landwirt, der sich für den ökologischen Landbau entscheidet, mittelfristig immer Um stellungsrisiken einkalkulieren und darauf achten muss, dass der Betrieb wirtschaftlich auf gesunden Füßen steht und ste hen bleibt.
Spezielle Marketingmaßnahmen des Lebensmitteleinzelhan dels und die breite Aufnahme von Bioprodukten in die Sorti mente, auch in die der Discounter, machen die gesteigerte Nachfrage sehr deutlich.
Unsere Fraktion sieht daher im ökologischen Landbau weiter gutes Potenzial für die Zukunft. Entsprechend sollten die sehr erfolgreichen Förderverfahren in unserem Land auch unter den neuen Rahmenbedingungen fortgesetzt werden. Über die Verfahren zum Marktentlastungs- und Kulturlandschaftsaus gleich, kurz MEKA, wurden in den letzten Jahren erhebliche Summen an die ökologisch wirtschaftenden Betriebe ausge zahlt. Noch im letzten Dezember haben wir dafür die Mittel im MEKA entsprechend verstärkt. Ca. 6 Millionen € wurden
zusätzlich kurzfristig eingestellt. Dies war trotz der damali gen Haushaltssituation, die erheblich schwieriger war als die heutige, möglich. Somit können Landwirte, die es möchten, in diesem Jahr auf ökologische Bewirtschaftung umsteigen.
Ich nenne nur noch ein paar wenige Schlagworte: Es gab be reits in der Vergangenheit zahlreiche Marketingaktivitäten, z. B. Werbung auf der Grünen Woche und auf anderen Mes sen. Hier leistet die MBW hervorragende Arbeit, auch nach dem Motto „Schmeck den Süden“. Das Land hat also viele Fördermöglichkeiten. Beratungsdienste, die auf ökologischen Landbau spezialisiert sind, kommen hinzu. Gefördert wurden die Kennzeichnung von Bioprodukten und andere Vermark tungsaktivitäten wie der ÖKO-SOMMER mit erfolgreichen Präsentationen in der Öffentlichkeit. Viele landwirtschaftli che Betriebe und Verarbeitungsbereiche stellen sich unter ein gemeinsames Dach und werben für diese Produkte. Sicher heit und Vertrauenswürdigkeit sind entscheidend, wenn das Vertrauen der Verbraucher gewonnen oder erhalten werden soll.
Baden-Württemberg führt als einziges Bundesland ein spezi elles Untersuchungsprogramm für Ökolebensmittel durch, das Ökomonitoring. Denn es kommt schon darauf an, dass da, wo „öko“ draufsteht, auch öko drin ist. Beim Ökomonitoring fin det eine systematische Rückstandsuntersuchung z. B. auch auf Pflanzenschutzmittel und Schadstoffe mit dem Ziel statt, mög liche Verbrauchertäuschungen besser und schneller zu erken nen. Die bisherigen Ergebnisse stellen unseren Bioerzeugern gute Noten aus. Auch ausländische Produkte – das darf man betonen – werden gezielt kontrolliert. Bei der Präsentation der aktuellen Ergebnisse vor wenigen Tagen hat sich gezeigt: Hei mische Produkte stehen hervorragend da.
Schließlich nenne ich die zahlreichen Forschungsprojekte an unseren Universitäten und in den Landesanstalten im Ge schäftsbereich des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Entscheidend kommt es aber auch darauf an, vorhandene Mittel, Möglichkeiten und Beratungsaktivitä ten an den richtigen Stellen gezielt einzusetzen. Das Land för dert über den MEKA den Ökolandbau hinreichend und be rücksichtigt auch viele Umweltmaßnahmen der über 85 % konventionellen Betriebe.
Auch künftig gilt es, die nach wie vor ganz überwiegende Zahl der konventionell wirtschaftenden Unternehmen im Blick zu behalten. In keinem Fall dürfen diese Betriebe auf ein Abstell gleis geschoben werden. Denn auch hier geht es um viele Be triebe und viele Familien.
Letztendlich wird die Frage des richtigen Verhältnisses zwi schen konventioneller und ökologischer Produktion auch durch die Konsumenten, am Kaufregal, entschieden. Durch das Kaufverhalten erweist sich, ob die höheren Standards un serer heimischen Betriebe tatsächlich honoriert werden. Dar an sollten wir auch in Zukunft gemeinsam arbeiten; darauf kann man gespannt sein. Wir werden die weitere Entwicklung abwarten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte über die Chancen des Ökoland baus soll dazu dienen, darüber nachzudenken, wie die Ent wicklungen in diesem landwirtschaftlichen Bereich zukünf tig gefördert oder eben verhindert werden können. In welche Richtung entwickelt sich die Landwirtschaft tendenziell?
In der Landwirtschaft gibt es immerhin drei Wachstumsmärk te, die eigentlich überhaupt erst in den letzten zehn Jahren ent standen sind. Ein wichtiger Wachstumsmarkt ist der Export, ein weiterer sind die Bioenergien. Der dritte wesentliche Wachs tumsmarkt ist die ökologische Landwirtschaft. Das wissen wir schon seit Längerem, und daher stellt sich die Frage: Wie kön nen wir dies unterstützen?
Der Ökolandbau benötigt ebenso viel Unterstützung wie die konventionelle Landwirtschaft oder auch etwas mehr. Am wichtigsten ist die Unterstützung der ökologischen Landwirt schaft in der Phase der Umstellung von der konventionellen hin zur ökologischen Ausrichtung.
Hier gehen jeweils einige Jahre ins Land, bis die Umstellung abgeschlossen ist und man wieder Erträge verbuchen kann.
Die Ökolebensmittel sind heute Werbeschlager beim Discoun ter. Aldi legt Sonderprospekte über ökologische Lebensmittel auf.
Die Steigerungsraten bei den ökologisch produzierten Lebens mitteln und deren Wachstumspotenziale ergeben sich haupt sächlich aus deren Verkauf durch Discounter und Vollsorti menter wie etwa Rewe. Der Anbieter Plus war der allererste Discounter, der in seinen Regalen Ökoprodukte geführt hat. Der Chef von Plus, Herr Hürter, hat einmal gesagt, der Bio markt sei ein Käufermarkt und kein Verkäufermarkt.
In Deutschland ist der entsprechende Umsatz inzwischen auf 4 Milliarden € gestiegen; europaweit beträgt er 15 Milliar den €. Dabei wird der Zuwachs bei den Ökoprodukten haupt sächlich aus dem Ausland bestritten. Die Fläche für den Öko landbau ist in Deutschland in den letzten sechs bis acht Jah ren um ca. 10 bis 18 % angewachsen. Davon hat Baden-Würt temberg jedoch am geringsten profitiert.
Eine Zeit lang gab es bei uns Stillstand, weil beispielsweise die Förderung der Umstellung durch das MEKA-Programm ausgefallen ist.
Das haben andere besser gemacht. Der Marktstand mit Bio produkten, der lange Zeit im hinteren Abschnitt des Wochen markts als Geheimtipp für Müslifreaks zu finden war, ist längst im Zentrum der großen Lebensmittelgeschäfte und im Zentrum des Verbraucherinteresses angekommen.
Warum ist das so? Biolebensmittel weisen weniger Rückstän de auf, sie sind gesünder, sie sind natürlich, und sie haben mehr Geschmack. Es ist also nicht nötig, wie es zurzeit
krampfhaft versucht wird, über den Weg gentechnischer Ver änderungen Tomaten wieder ihren Tomatengeschmack zu rückzugeben.
Aber wir wissen, dass Bioproduzenten keine höheren Erträge als konventionelle Erzeuger erwirtschaften. Sie haben höhe re Aufwendungen, und der Ertrag, der sich in der Summe er gibt, weist keine wesentlichen Unterschiede zu konventionel len Erzeugern auf.
Die Fläche für den Ökolandbau liegt in Baden-Württemberg mit 6,7 % etwas über dem Bundesdurchschnitt. Damit ist Ba den-Württemberg aber leider dennoch unter den Chancen und Möglichkeiten geblieben, die bestanden hätten. Daran schuld waren in den vergangenen Jahren die MEKA-Programme und deren Auszahlungspraxis. Sobald die Programmmittel abge schöpft waren, gab es für diejenigen, die ebenfalls noch um stellungswillig waren, kein Geld mehr. Sie mussten dann erst einmal wieder warten. Dies haben wir mehrfach erlebt, und es hat sich als kolossale Bremse für die Weiterentwicklung und die Ausweitung der Ökobetriebe erwiesen. Das war scha de. Wir hätten das vermeiden können.
Es geht darum, weder Druck noch Zwang ausüben zu wollen. Ökolandbau erfolgt freiwillig. Ökolandbau ist eine emotiona le Angelegenheit für Landwirte. Ökolandbau ist mit Überzeu gung verbunden. Das soll auch so bleiben. Ökologischer Landbau soll für die Landwirte eine Alternative, eine Option sein. Jeder, der diesen Weg beschreiten will, soll diesen Weg beschreiten können. Dazu soll er von uns die dafür notwendi ge und gerechtfertigte ökonomische Unterstützung erhalten.