Insgesamt ist aber zu begrüßen, dass das LEADER-Programm fortgesetzt und von der Landesregierung weiter unterstützt wird. Dass sich das Programm in seiner Form und Ausrich tung in Baden-Württemberg bewährt hat, zeigt vor allem das breite Spektrum der geförderten Objekte.
Der Landesregierung sei noch mit auf den Weg gegeben, dass es ihre Aufgabe ist, darauf zu achten, dass die Strukturförde rung für den ländlichen Raum bei der Zuweisung der Mittel nicht gegen die Landwirtschaftsförderung ausgespielt wird. Hier sollte man etwas aufpassen. Unser ländlicher Raum be nötigt beides: eine ausgewogene Förderung der Strukturen, aber auch der Landwirtschaft.
Die Landesregierung muss die zur Verfügung stehenden Mit tel nun auch im Haushalt einplanen, also abbilden, damit LEADER-Projekte auch weiterhin vernünftig gefördert und umgesetzt werden können.
Baden-Württemberg braucht einen attraktiven und leistungs starken ländlichen Raum. Die CDU-Fraktion erwartet von der Landesregierung, dass sie die LEADER-Mittel verantwor tungsvoll verteilt und dabei Pragmatismus vor Ideologie stellt. Dass sie sich dieser Verantwortung bewusst ist, setze ich vo raus, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Beim Thema „Neuausrichtung des EU-Förderprogramms LEADER“ wird sicherlich der Land wirtschaftsminister gleich darüber berichten, in welchen Sek toren und wie erfolgreich diese Programmmittel in den letz ten Jahren eingesetzt wurden und in der nächsten Förderperi ode eingesetzt werden.
Ich möchte mich jedoch auf andere Zusammenhänge be schränken. Zuerst einmal ist der Begriff LEADER in unserer Gesellschaft nahezu unbekannt. Das heißt, kaum jemand kann sich etwas darunter vorstellen, außer den Fachleuten, die da mit arbeiten. Schon der Begriff, der sich als Abkürzung der französischen Wörter „Liaison entre actions de développe ment de l’économie rurale“ zu dem Kunstwort LEADER zu sammensetzt, so, wie viele Programme mit einem abgekürz ten Kunstwort benannt werden,
ist holprig, und ich habe ihn genauso holprig vorgelesen, wie er ist. Aber nicht weniger holprig ist er auf Deutsch:
„Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländli chen Wirtschaft“. „Wirtschaft“ heißt das Stichwort. Deswe gen gehe ich von dieser Seite etwas darauf ein.
Das Förderprogramm – ursprünglich 1991 aufgelegt, seit 1999 von der EU mittels einer EU-Verordnung festgelegt – ist ein modellhaftes Programm zur Stärkung der Innovations- und Wirtschaftskraft der ländlichen Räume.
Im Rahmen des Strukturfonds für die regionale Entwicklung – EFRE; diese Abkürzung wiederum stammt aus dem Deut schen, nämlich „Europäischer Fonds für regionale Entwick lung“; es gibt auch einen europäischen Sozialfonds – geht es um sieben Merkmale, die hier klassifiziert sind:
Zweitens: Bei diesen Projekten werden lokale öffentliche und lokale private Partnerschaften eingegangen. Nicht umsonst wird in der Stellungnahme des Ministeriums erwähnt, dass ei ne Verschiebung in Richtung privater und wirtschaftlicher Zie le stattfinden muss.
Drittens: multisektorale Aktionen; verschiedene Branchen sol len sich finden. Innovationen sollen erzeugt und Kooperatio nen sollen initiiert werden. Netzwerkbildungen sollen folgen.
Ganz wichtig – auch das ist strukturell bisher so nicht einge halten –: Es geht nicht um die Gebietsabgrenzung der Gebiets körperschaften, wie wir sie kennen, sondern es geht um terri toriale, lokale Abwicklungen, die über Gemeindegrenzen, über Kreisgrenzen hinausgehen und bei denen andere wirt schaftliche Zusammenhänge gegeben sind.
Die Förderperioden liefen von 2000 bis 2006 bzw. von 2007 bis 2013. Die neue Förderperiode hat eine Laufzeit von 2014 bis 2020. Die Finanzierung erfolgt, wie gesagt, über das ELER-Programm.
Meine Damen und Herren, das, was wir über die Zielsetzung des LEADER-Programms lesen – es ist von den Inhalten her unbekannt; nur, wenn man nachliest, welche 570 Projekte ge macht werden, kann man die Inhalte sozusagen etwas in die Praxis umsetzen –, entspricht höchsten literarischen Ansprü chen. Das ist schon Prosa, denn verbunden wird Erdachtes mit Gedachtem, und zwar immer in Refrainform: Strategie auf un terschiedliche Herausforderungen, Mitwirkung bei der Ge staltung der eigenen Zukunft, auf endogenen Potenzialen ba sierend, integrierte regionale Entwicklung, soziokulturelle Faktoren, lokale Strategien, individuelle Lösungen, regiospe zifische regionale Prozesse. Wie gesagt: sehr theoretisch, sprachlich höchst anspruchsvoll, ziemlich anstrengend und unspezifisch.
Es geht um die Stärkung von Wohnen und Arbeiten, das Ein gehen auf die demografische Entwicklung, die Verbesserung der Lebensqualität, die Wirtschaftsförderung. Es geht um Messen, Sport und Kultur. Es geht um den ÖPNV, um Bio sphären, kulturelle Landschaften, Erholungsräume, Land- und Forstwirtschaft, und es geht um Wettbewerbsfähigkeit – alles im ländlichen Raum.
Regional wirkend, aber bis in die Städte ziehend: Selbst Städ te wie Mannheim, Heidelberg und Pforzheim haben an die sem Programm teilgenommen. Es ist ein Programm für die Wirtschaft des ländlichen Raums.
Das Programm ist bisher kommunal orientiert. Das ist falsch. Es muss viel stärker wirtschaftlich, viel stärker privat ausge richtet werden.
Deswegen darf zu Recht hinterfragt werden – dafür gibt es symptomatische Beispiele –, was mit diesen über 50 Millio nen € gemacht wird. Werden damit Lieblingsprojekte durch geführt, oder werden Entwicklungen angestoßen, die wirksam sind?
Eine „Strategie zur Stärkung lokaler Strategien“ lautet ein Ziel. Dann stoße ich auf das Beispiel: Umbau eines Hühner stalls zu einer Goldschmiedewerkstatt. Das ist ein Zusammen hang, der zunächst schwer herzustellen ist. Aber wenn man den Zusammenhang nachliest, wird deutlich, dass es um ein Projekt der Bürgerbeteiligung und nicht nur um das Wohlfüh len im ländlichen Raum geht.
Für uns ist wichtig: Leben im ländlichen Raum ist möglich, wenn die Existenz durch Einkommen gesichert ist. Dann ist die Qualität des Lebens im ländlichen Raum gesichert. Des wegen muss sich dieses Programm viel stärker als bisher da ran ausrichten, wie Arbeitsplätze generiert oder die Bedingun
gen für die Schaffung von Arbeitsplätzen verbessert werden. Das müssen die Ziele des zukünftigen LEADER-Programms werden.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das war bisher auch so! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Aber das ist zeitgerecht! – Zuruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde versuchen, das, was gesagt worden ist, nicht zu wiederholen, vor allem wenn es um Definitionen geht. Denn ich möchte diesen Fort bildungskurs in agrarpolitischen Termini nicht fortsetzen. Für die betreffenden Kollegen oder auch für die Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaftsförderer in den Landratsämtern oder sonst wo ist es sicherlich sehr schwierig, sich mit dieser kom plizierten Materie auseinanderzusetzen.
Dennoch möchte ich am Anfang meiner Ausführungen eines nicht unterlassen, nämlich festzustellen, dass man nicht im mer nur mit dem erhobenen Finger des – gesamtwirtschaft lich falsch verstandenen – Nettozahlers Deutschland nach Brüssel zeigen, sondern auch anerkennen sollte, dass sehr viel Geld nach Deutschland und auch nach Baden-Württemberg zurückkommt.
Wenn ich es richtig weiß, wurden für die Umsetzung des Maß nahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum in der För derzeit 2007 bis 2013 von der EU insgesamt über 667 Milli onen € bereitgestellt. Kollege Murschel hat es schon gesagt: Über 33 Millionen € plus Kofinanzierung und andere Effekte wurden für LEADER eingesetzt.
Das war, glaube ich, ein sehr gutes Programm. Ich halte es für richtig, dass man, egal, welche Regierung es in Deutschland oder auch bei uns in Baden-Württemberg gibt, dieses Ange bot durch wirtschaftliche Fördermaßnahmen ergänzt, die die einzelnen Länder noch vornehmen dürfen – seien es Existenz gründungsprogramme, seien es Hilfen bei Betriebsübernah men.
Als ehemaliger Amtschef des Wirtschaftsministeriums muss ich sagen: Auch hier hat man über die Häuser hinweg immer sehr gut zusammengearbeitet.
Der Appell gilt auch jetzt, dieses neue Programm, auch wenn es stärker regionale Aspekte enthalten soll, als Ganzes für den ländlichen Raum über die Ressorts und über die Kommunen
vor allem auch interkommunal – stärker zu nutzen und ins besondere die Innovationen, die vielen tollen Ideen, die die jungen Menschen, die Handwerker im Land, die aus der Land wirtschaft Ausscheidenden haben, entsprechend zu unterstüt zen.
Ich verweise auf die Unterstützung der Entwicklung und der Gründung von Kleinstunternehmen, die Förderung des Frem denverkehrs und der Tourismusinfrastruktur – dafür haben wir schon tolle Beispiele – in den Naturparken Baden-Württem bergs, die Verbesserung der Grundversorgung und auch – das ist wichtig – die Dorferneuerung, die Entwicklung der dörfli chen Bausubstanz. Hier darf ich auch wieder an das Wirt schaftsministerium appellieren – das heißt, an den jetzt mit den zwei Abteilungen beim Finanzministerium noch beste henden Rest –, vor allem auch in der Städtebauförderung nach wie vor den ländlichen Raum – auch mit Außenorten, auch wenn sie noch so klein sind – zu bedienen. Denn dies gehört zum Gesamtaspekt der Förderung des ländlichen Raums, mei ne Damen und Herren.
Ich darf es hier auch klar und deutlich sagen: Die regionalen Entwicklungskonzepte sind, glaube ich, der richtige Ansatz. Die Politik der schwarz-gelben Vorgängerregierung in der För derperiode 2007 bis 2013 wurde fortgesetzt.
Ich sage auch: Es sind die gleichen Experten im Ministerium. Da möchte ich auch einmal Herrn Alker, der zuständigen Ab teilung ein Dankeschön sagen. Das, was dort über die Land ratsämter und die anderen Ministerien übergreifend geleistet wurde, war wirklich hervorragend. Man hat die Spielräume, die sich boten, genutzt.
Meine Damen und Herren, ob nun Neckar-Odenwald-Tauber, die Limesregion, die Brenzregion, Nordschwarzwald, Mittle rer Schwarzwald und Südschwarzwald, Südwestalb oder Oberschwaben – die Beispiele könnte man hier noch aufzei gen –: Diese Strategie war richtig. Dies zeigt sich auch darin, dass für die neue Periode bereits jetzt über 30 Bewerbungen, wenn ich es richtig weiß, vorliegen – natürlich etwas anders ausgerichtet, mit etwas neuen Ansätzen.
Mich hat beispielsweise überrascht, dass man die tolle Idee der Erhaltung der Mobilität aufgegriffen hat – das ist für die jungen Menschen im ländlichen Raum ein ganz wichtiger Punkt, ganz gleich, ob es sich um den Rufbus oder um ande res handelt –, und zwar vor allem dort, wo der ÖPNV als Re aktion auf den Rückgang der Schülerzahlen ein dynamisches Mitfahrsystem eruiert hat, so wie es 14 Gemeinden in der Li mesregion seit März 2012 praktizieren. Das zeigt, dass man für findige Ideen offen ist und dass diese angenommen wer den. Sie, Herr Minister Bonde, haben den Start persönlich be gleitet. Wie ich höre, läuft dies sehr gut. Das ist ein typisches Beispiel für die Unterstützung der Mobilität im ländlichen Raum durch pfiffige Ideen. Dafür ist ein solches Programm hervorragend.
Die Vermarktung regionaler Produkte, beispielsweise in Lip tingen im Landkreis Tuttlingen, die man nur unterstützen kann, ist ein weiteres Beispiel.