Alfred Winkler

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Last Statements

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Danke für den Empfang.
Dies ist ja meine letzte Rede hier am Pult. Insofern möchte ich es kurz und auch nicht spektakulär machen.
Zum Thema Nachbarschaftsrecht möchte ich mit der Bemer kung eines Kabarettisten einsteigen, der einmal gesagt hat: Die Deutschen haben drei Hobbys: Fußball schauen, Urlaub machen und Nachbarn verklagen.
Nun, tatsächlich geht es um ein Gesetz, auf das die Formulie rung „Kleine Ursache, große Wirkung“ zutrifft. Die häufigs ten Streitfälle in der Justiz betreffen das Mietrecht, das Ar beitsrecht und das Nachbarschaftsrecht,
und dieses Nachbarschaftsrecht in Baden-Württemberg stammt von 1959. Es wurde 1996 und 2004 geändert. Die Ab stände sind also kürzer geworden, und insofern ist es logisch, dass es auch zu der nun vorgesehenen Änderung kommt. Denn wenn man über das Nachbarschaftsrecht redet, kommt einem auch der Satz in den Sinn: „Es kann der Bravste nicht in Frie den leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Und wenn man es ein bisschen auf das heutige Thema abwandelt, müsste es heißen: „Es kann der Bravste nicht im Warmen le ben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“
Es geht darum, Schatten zu vermeiden, und Schatten ist schon immer ein großer Streitpunkt gewesen.
Auch aufgrund der Erfordernisse der Solaranlagen ist es nö tig, das Nachbarschaftsrecht heute zu ändern.
Immerhin ist die Duldung mit einigen Hürden verbunden. Es besteht eine Duldungspflicht, aber die Beeinträchtigung des Nachbarn durch die Benutzung seines Grundstücks – um das geht es: um den Eingriff in das Eigentum – muss geringfügig sein, und die Beeinträchtigung muss durch die nachträgliche technische Verbesserung in Form der Wärmedämmung des Gebäudes begründet werden können. Diese darf auch nicht die Nutzung des daneben liegenden Grundstücks beeinträch tigen und behindern.
In diesem Zusammenhang stehen auch die alten Streitfälle über Schatten im Garten durch Bäume usw. Das kennen wir aus dem Garten, und das hört beim Friedhof nicht auf.
Auch dort gibt es furchtbaren Streit, wenn Laub und Bäume Schatten werfen und man selbst diesen Schatten nicht mag. Deswegen ist es in vielen Fällen ein Problem, wenn die Ge setzeslage nicht geändert wird. Meiner Meinung nach ist die Änderung, die wir vornehmen möchten, gut. Es geht schließ lich darum, den Überbau zu dulden, sowie um die Vergröße rung des Mindestgrenzabstands und die Verlängerung der Ver jährungsfrist. Meine Vorredner sind auf die Einzelheiten ein gegangen. Ich will das jetzt nicht mehr wiederholen.
Es gibt allerdings noch einen wichtigen Punkt. Es kann nicht jeder sagen, dass er das Grundstück seines Nachbars wegen
eines zusätzlichen Dämmaufbaus nutzen möchte, wenn er selbst fahrlässig darauf verzichtet hat, diese Dämmung zu dem Zeitpunkt zu installieren, als es schon möglich und üblich war. Es geht also nicht, dass jemand bis an die Grenze neu baut und eine Woche später das Grundstück seines Nachbarn nut zen will. So geht es nicht.
Falls durch den Überbau ein Schaden entsteht, wenn beispiels weise Platten herunterfallen, kann der Nachbar den Schaden beim Veranlasser geltend machen. Im Zweifel muss er seinem Nachbarn auch einen Ausgleich für die Nutzung von dessen Grundstück geben.
Interessant waren die Bemerkungen bei der Anhörung. Im merhin haben alle Verbände – vom Städtetag bis zur Archi tektenkammer und im Grundsatz auch die Naturschutzverbän de – das Regelwerk befürwortet. Aufgrund der Anhörung wur den zwei wesentliche Punkte korrigiert: Die Obergrenze der Überschreitung der Grenze zum Nachbargrundstück wurde von 30 auf 25 cm reduziert, und die zulässige Gesamthöhe bei Kurzumtriebsplantagen wurde von 14 auf 12 m reduziert. Auch das ist wiederum nachbarschonend.
Trotzdem ist mir etwas aufgefallen, und das möchte ich ein fach deswegen anführen, weil es in diesem Zusammenhang interessant ist. Ich meine den Kommentar der Naturschutz verbände. Sie hatten kritisiert, dass man Bäume dann nicht mehr in dem bislang zulässigen Abstand pflanzen darf bzw. nicht mehr so hoch wachsen lassen darf oder bei kleinen Grundstücken diese Bäume überhaupt nicht pflanzen darf. Sie hatten angeführt, dass Bäume CO2-senkend wären. Hierzu ist anzumerken: Bäume speichern beim Wachsen CO2, aber sie geben es auch wieder ab,
und zwar dann, wenn sie verbrannt werden oder verrotten. Aber Solaranlagen – auch Warmwassersolaranlagen – vermei den bei der Produktion von Energie das Entstehen von CO2. Deswegen finde ich es befremdlich, wenn die Naturschutz verbände dagegen sind, dass Energie CO2-neutral produziert wird, um den Baum zu erhalten, der nicht neutral produziert, sondern nach wie vor CO2 speichert und später wieder abgibt.
Da wünsche ich mir, dass Naturschutzverbände bei solchen Themen nicht nur Biologen anstellen, sondern durchaus auch einmal einen Physiker. Denn Energie hat etwas mit Physik zu tun.
Herr Präsident, meine Damen und Herrn! Die CDU hat den aufmunternden Titel „Jetzt ist GrünRot am Zug“ für diese Aktuelle Debatte gewählt – nach dem Motto: Jetzt macht mal! In der Tat: In Baden-Württemberg ist kein Chaos ausgebrochen, die Felder sind nicht verdorrt, die Landschaft ist grün, und die Tomaten werden immer noch rot.
Das ist so.
Paul Locherer hat vorhin z. B. gesagt, die zweite Säule wer de gestärkt. Lieber Paul, das war eine Forderung der Grünen, das war eine Forderung der SPD. Die CDU hat in der Vergan genheit immer abgelehnt, etwas von der ersten in die zweite Säule zu übertragen. Das war so.
Es ist wirklich kein Umbruch in der Landwirtschaftspolitik – es besteht ja auch ein Umbruchverbot –, es ist keine System wende. Es ist eine Neuausrichtung, eine Ausrichtung mit Maß in Richtung Ökologie – mehr Verbraucherschutz, mehr Bio diversität, mehr Natur und Umwelt und ein Mehr an Tierwohl.
Viele Landwirte sagen übrigens, die Entfremdung von ihrer traditionellen Landwirtschaft sei spürbar, gerade wenn der bis herige Weg so fortgesetzt würde.
Baden-Württemberg ist nicht das Land der Tierfabriken, nicht das Land der Großlandwirtschaft. Die Größe der Betriebe in unserem Land beträgt nur die Hälfte des Bundesdurchschnitts. Unser Land hat Höhenlagen und überdurchschnittlich viele Sonderkulturen. Bei uns wächst jedoch alles, was in den üb rigen Teilen Deutschlands auch wächst.
„Grün-Rot ist am Zug“: natürlich. Das Einkommen ist gestie gen, die Produktionswerte sind gestiegen – die Produktion um 6 %, das Betriebseinkommen in der Landwirtschaft um 10 %.
„Grün-Rot ist am Zug“: Wir haben ein Plus bei Getreide so wie ein Plus bei den Erträgen der Ölsaaten und ganz beson ders bei der Milch zu verzeichnen.
Wir sind bei 40 Cent pro Liter Milch. Bei diesem Preis waren wir schon lange nicht mehr; wir waren es nur einmal, und das für kurze Zeit. Aber die Kosten für Dünger, für Futtermittel usw. sind gestiegen.
Die Stimmung in der Landwirtschaft ist überall positiv. Das ist zu spüren, und das hat auch seinen Grund. Baden-Würt temberg profitiert am stärksten von der Veränderung der ers ten Säule. Für Bayern gilt aber dasselbe. Je 50 € mehr gibt es für die ersten 30 ha und je 30 € mehr für weitere 16 ha. Ins gesamt sind dies durchschnittlich fast 2 000 € mehr für den einzelnen Betrieb. Betriebe in genau dieser Größe gibt es in
Baden-Württemberg, und fast alle Betriebe profitieren davon. Wir haben vier Jahre über die GAP-Reform gestritten, jetzt bietet sie uns aber Vorteile.
In den letzten zwölf Jahren verschwanden jedoch 16 500 land wirtschaftliche Betriebe, sodass es jetzt noch 44 500 Betrie be im Land gibt. Nur ein Drittel sind Vollerwerbsbetriebe, zwei Drittel sind Nebenerwerbsbetriebe. Vor zwölf Jahren hat ten wir noch rund 60 000 Betriebe. Dieser Strukturwandel ist so eingetreten.
Die deutschen Landwirte sind die europaweit größten Agrar exporteure. Es war wichtig, dass neue Märkte erschlossen werden konnten. Im Inland ist z. B. der Milchmarkt gesättigt, die Absätze sind rückläufig. Das ist u. a. eine Folge der demo grafischen Entwicklung. Wenn sich die Landwirte jetzt von dieser Entwicklung befreien wollen, müssen sie auf den Ex portmarkt gehen. Die Landwirte gehen diesen Weg sehr er folgreich.
Zu den neuen Märkten für die Landwirte gehören aber auch die Bioprodukte und die Energieerzeugung. Im Bund hat RotGrün die Energiewende eingeleitet, und die Landwirte profi tieren davon. Mit der Energieerzeugung auf dem Dach oder im Fermenter der Biogasanlage sind neue Wirtschaftszweige für die Landwirte entstanden.
„Grün-Rot ist am Zug“: Wir haben neue Aufgaben, mehr Öko landbau. Das wurde in Baden-Württemberg vernachlässigt. Wir waren nicht einmal in der Lage, unsere eigene steigende Nachfrage nach Bioprodukten zu befriedigen. So sind die Im porte von Bioprodukten gestiegen – nicht aus unserer Erzeu gung. Seit 2011 stagniert bei uns der Biolandbau. Das wollen wir ändern. Wir haben die Förderung wieder hochgefahren, wir haben Lehre und Forschung im Bereich Biolandwirtschaft hochgefahren, und wir haben Agrarförderprogramme an Öko logie und Tierschutz ausgerichtet.
Der Aktionsplan „Bio aus Baden-Württemberg“ kommt der Biolandwirtschaft zugute; dadurch wird die Vermarktung der Bioprodukte verbessert. In Bavendorf wurde ein Ökomodell betrieb aufgebaut. Das Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau in Emmendingen-Hochburg wurde erweitert.
Gern.
Das ist richtig. Das hat im We sentlichen zwei Gründe: Zum einen liegt das daran, dass in der Landwirtschaft im Bereich Ackerbau – neben dem Anbau von Sonderkulturen – das höchste Einkommen erzielt wird, und Ackerbau wird in Baden-Württemberg weniger betrieben als im bundesweiten Durchschnitt. Der zweite Grund ist, dass die landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg im Durchschnitt nur halb so groß sind wie die Betriebe bundes weit; Betriebe, die nur halb so groß sind, können nur halb so viel Gewinn erzielen.
Deswegen ist es wichtig, die kleineren Betriebe stärker zu för dern. Die Gewinne sind zwar pro Kopf gerechnet, aber man muss auch feststellen, dass kleine Betriebe nicht dieselbe Ge winnkennziffer wie große Betriebe haben.
„Grün-Rot ist am Zug“: Wir stärken den aktiven Verbraucher schutz. Es gibt nun mehr Futtermittelkontrolleure, es gibt nun 44 zusätzliche Lebensmittelkontrolleure, und Baden-Würt temberg ist dem europäischen Netzwerk gentechnikfreier Re gionen beigetreten.
Wir haben die gentechnikfreie Produktion zum Ziel. Die Lan desregierung unterstützt dies aktiv. Sie hingegen haben das bisher nie aktiv unterstützt. Wir sind der Meinung, dass das für den Verbraucherschutz und zur Stärkung der Durchset zungsfähigkeit dieser Produkte am Markt wichtig ist.
Ich komme zum Ende meiner Ausführungen in der ersten Run de. Es ist keine Sensation eingetreten. Wir sind am Zug. Wir springen nicht auf einen Zug auf, sondern wir lenken ihn in eine Richtung, in die er bisher nicht gefahren ist, und wir be schleunigen. Es ist dringend nötig, diese kleine Richtungsän derung vorzunehmen. Wir holen nach, was verpasst worden ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst will ich dem Kollegen Rombach kurz ant worten, damit es nicht vergessen wird: Die Mehrzahlung für kleine Betriebe bis 30 ha und für Betriebe von 30 bis 46 ha haben der Bundesbauernverband und der Landesbauernver band vor drei Jahren noch abgelehnt. Sie haben sich nicht auf eine Veränderung, Degression oder Deckelung der Direktzah lungen geeinigt – damit das klar ist. Eine Staffelung haben wir hier im Haus aber schon damals gefordert. Jetzt wird sie ak zeptiert, und das ist okay.
Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen, die in der Bro schüre der CDU-Fraktion „Zwei Jahre Grün-Rot“ zum The ma Landwirtschaft stehen.
Zum einen steht dort, Minister Schmid verhöhne den ländli chen Raum durch seine Aussage über das Zuwachsen der Wäl der.
Ja, ja. Deswegen gehe ich darauf ein. – In den letzten 20 Jahren ist in Baden-Württemberg ein Zuwachs an Waldfläche von 0,3 Millionen ha entstanden. Unter Ihrer Ägide sind Tä ler zugewachsen, und Sie haben nicht darüber geredet.
Das hat nicht Minister Schmid erfunden, das war Ihr Bier.
Das ist ein Fakt, um den Sie nicht herumkommen.
Der zweite Punkt: Risikovorsorge. Sie kritisieren, es sei kei ne Risikovorsorge für unwetterbedingte Schadensgroßereig nisse im Finanzhaushalt vorgesehen. Ja hat denn die alte Lan desregierung vielleicht ihren Haushalt nach den Wetterprog nosen im hundertjährigen Bauernkalender gestrickt? Man kann doch diese Ereignisse nicht vorhersehen, man kann sie doch nicht im Haushalt abbilden. Das haben Sie selbst nie ge macht. Deswegen ist es doch absurd, wenn Sie uns vorwer fen, dass wir das nicht tun.
Gern am Ende des zweiten Punkts.
Ja.
Das ist der Punkt. Sie werfen uns das vor, was Sie selbst nie gemacht haben. Sie selbst haben es in Baden-Württemberg nie gemacht, aber verlangen es jetzt von uns.
Das gilt genauso für den nächsten Punkt. Sie kritisieren in Ih rer Broschüre, es gebe keinen Ausgleich für fehlende EU-Mit tel. Meine Damen und Herren von der CDU, Ihr Fraktions vorsitzender hat als Minister für Ländlichen Raum und Land wirtschaft ständig erklärt, die Landesregierung sei nicht in der Lage, fehlende EU-Mittel auszugleichen, es sei allein schon schwierig, die eigenen Ergänzungsmittel aufzubringen. Die se haben Sie aufgebracht, wenn einmal Mittel ausfielen, aber Sie haben nie fehlende EU-Mittel ersetzt.
Das haben Sie nie gemacht. Sie getrauen sich aber jetzt, in ei ner Broschüre von uns etwas zu verlangen, zu dem Sie selbst nie imstande waren. Das ist in höchstem Maß unfair.
Der letzte Satz dazu, einfach damit es richtiggestellt wird: Sie kritisieren in Ihrer Broschüre, wir hätten MEKA-Mittel im Umfang von 40 Millionen € gekürzt. Das ist total außerhalb der Rolle. Diese Mittel wurden nicht gekürzt, sie wurden von Ihnen vorher vervespert; sie waren nicht mehr da.
Frau Staatssekretärin, können Sie uns schriftlich berichten, um wie viele Flächen bei welchen Regierungspräsidien es geht und unter welchen Voraussetzun gen ein Ausgleich durch Streuobstbau angeordnet wird? Wir hätten gern eine Quantifizierung hinsichtlich dieser Thema tik.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Beim Thema „Neuausrichtung des EU-Förderprogramms LEADER“ wird sicherlich der Land wirtschaftsminister gleich darüber berichten, in welchen Sek toren und wie erfolgreich diese Programmmittel in den letz ten Jahren eingesetzt wurden und in der nächsten Förderperi ode eingesetzt werden.
Ich möchte mich jedoch auf andere Zusammenhänge be schränken. Zuerst einmal ist der Begriff LEADER in unserer Gesellschaft nahezu unbekannt. Das heißt, kaum jemand kann sich etwas darunter vorstellen, außer den Fachleuten, die da mit arbeiten. Schon der Begriff, der sich als Abkürzung der französischen Wörter „Liaison entre actions de développe ment de l’économie rurale“ zu dem Kunstwort LEADER zu sammensetzt, so, wie viele Programme mit einem abgekürz ten Kunstwort benannt werden,
ist holprig, und ich habe ihn genauso holprig vorgelesen, wie er ist. Aber nicht weniger holprig ist er auf Deutsch:
„Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländli chen Wirtschaft“. „Wirtschaft“ heißt das Stichwort. Deswe gen gehe ich von dieser Seite etwas darauf ein.
Das Förderprogramm – ursprünglich 1991 aufgelegt, seit 1999 von der EU mittels einer EU-Verordnung festgelegt – ist ein modellhaftes Programm zur Stärkung der Innovations- und Wirtschaftskraft der ländlichen Räume.
Im Rahmen des Strukturfonds für die regionale Entwicklung – EFRE; diese Abkürzung wiederum stammt aus dem Deut schen, nämlich „Europäischer Fonds für regionale Entwick lung“; es gibt auch einen europäischen Sozialfonds – geht es um sieben Merkmale, die hier klassifiziert sind:
Das erste Merkmal ist das Bottom-up-Prinzip, die Erarbeitung von Projekten von ganz unten.
Zweitens: Bei diesen Projekten werden lokale öffentliche und lokale private Partnerschaften eingegangen. Nicht umsonst wird in der Stellungnahme des Ministeriums erwähnt, dass ei ne Verschiebung in Richtung privater und wirtschaftlicher Zie le stattfinden muss.
Drittens: multisektorale Aktionen; verschiedene Branchen sol len sich finden. Innovationen sollen erzeugt und Kooperatio nen sollen initiiert werden. Netzwerkbildungen sollen folgen.
Ganz wichtig – auch das ist strukturell bisher so nicht einge halten –: Es geht nicht um die Gebietsabgrenzung der Gebiets körperschaften, wie wir sie kennen, sondern es geht um terri toriale, lokale Abwicklungen, die über Gemeindegrenzen, über Kreisgrenzen hinausgehen und bei denen andere wirt schaftliche Zusammenhänge gegeben sind.
Die Förderperioden liefen von 2000 bis 2006 bzw. von 2007 bis 2013. Die neue Förderperiode hat eine Laufzeit von 2014 bis 2020. Die Finanzierung erfolgt, wie gesagt, über das ELER-Programm.
Meine Damen und Herren, das, was wir über die Zielsetzung des LEADER-Programms lesen – es ist von den Inhalten her unbekannt; nur, wenn man nachliest, welche 570 Projekte ge macht werden, kann man die Inhalte sozusagen etwas in die Praxis umsetzen –, entspricht höchsten literarischen Ansprü chen. Das ist schon Prosa, denn verbunden wird Erdachtes mit Gedachtem, und zwar immer in Refrainform: Strategie auf un terschiedliche Herausforderungen, Mitwirkung bei der Ge staltung der eigenen Zukunft, auf endogenen Potenzialen ba sierend, integrierte regionale Entwicklung, soziokulturelle Faktoren, lokale Strategien, individuelle Lösungen, regiospe zifische regionale Prozesse. Wie gesagt: sehr theoretisch, sprachlich höchst anspruchsvoll, ziemlich anstrengend und unspezifisch.
Es geht um die Stärkung von Wohnen und Arbeiten, das Ein gehen auf die demografische Entwicklung, die Verbesserung der Lebensqualität, die Wirtschaftsförderung. Es geht um Messen, Sport und Kultur. Es geht um den ÖPNV, um Bio sphären, kulturelle Landschaften, Erholungsräume, Land- und Forstwirtschaft, und es geht um Wettbewerbsfähigkeit – alles im ländlichen Raum.
Regional wirkend, aber bis in die Städte ziehend: Selbst Städ te wie Mannheim, Heidelberg und Pforzheim haben an die sem Programm teilgenommen. Es ist ein Programm für die Wirtschaft des ländlichen Raums.
Das Programm ist bisher kommunal orientiert. Das ist falsch. Es muss viel stärker wirtschaftlich, viel stärker privat ausge richtet werden.
Deswegen darf zu Recht hinterfragt werden – dafür gibt es symptomatische Beispiele –, was mit diesen über 50 Millio nen € gemacht wird. Werden damit Lieblingsprojekte durch geführt, oder werden Entwicklungen angestoßen, die wirksam sind?
Eine „Strategie zur Stärkung lokaler Strategien“ lautet ein Ziel. Dann stoße ich auf das Beispiel: Umbau eines Hühner stalls zu einer Goldschmiedewerkstatt. Das ist ein Zusammen hang, der zunächst schwer herzustellen ist. Aber wenn man den Zusammenhang nachliest, wird deutlich, dass es um ein Projekt der Bürgerbeteiligung und nicht nur um das Wohlfüh len im ländlichen Raum geht.
Für uns ist wichtig: Leben im ländlichen Raum ist möglich, wenn die Existenz durch Einkommen gesichert ist. Dann ist die Qualität des Lebens im ländlichen Raum gesichert. Des wegen muss sich dieses Programm viel stärker als bisher da ran ausrichten, wie Arbeitsplätze generiert oder die Bedingun
gen für die Schaffung von Arbeitsplätzen verbessert werden. Das müssen die Ziele des zukünftigen LEADER-Programms werden.
Es reicht nicht, wenn aus Radwegen Rollatorbahnen gemacht werden.
Herr Minister, sind Sie darüber informiert, dass die letzte Landesregierung und der letzte Landwirtschaftsminister damals im Ausschuss erklärt haben, würden die EU-Programme gekürzt, sei das Land nicht in der Lage, dies aufzufangen?
Frau Präsidentin, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Landschaftserhaltungsverbände bzw. Landschaftspflegeverbände – sie nennen sich unter schiedlich und sind auch unterschiedlich organisiert – sind in den letzten Jahren leise, langsam, aber wirkungsvoll entstan den: nicht unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit, aber mit Beteiligung vor Ort, ohne große Pressewirkung, aber mit Wirkung nach innen.
Landschaftspflegeverbände sind Dienstleister für die Region, in der sie gegründet worden sind. Sie sind in der Regel kreis weit organisiert. Sie sorgen für lebendige Landschaften, für den Erhalt der Kulturlandschaft, für die Nutzung im Sinne ei ner bäuerlich geprägten Landwirtschaft, wie sie heute von den Landwirten andernfalls nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnte.
Seit dem Mittelalter sind die hiesigen Kulturlandschaften bäu erlich geprägt. Jeder Quadratmeter wurde dem Wald abge trotzt. Viele Flächen liegen an Steilhängen, viele Flächen sind schwierig zu bewirtschaften, etwa wenn es sich um nasse, sau re Wiesen usw. handelt, mit denen ein Landwirt heute nicht mehr arbeiten kann, während früher solche Flächen für die Er nährungssicherung existenziell waren. Diesen Flächen droht Wiederverbuschung, Wiederverwaldung, das Zuwachsen – sie können aber durch geeigneten Natur- und Landschaftsschutz als Biotope erhalten werden.
Hanglagen oder Steillagen weisen eine große biologische Vielfalt auf, wenn diese Flächen nicht wieder zu Wald wer den. Eine solche biologische Vielfalt fehlt dem Wald; sie kann in einer offenen Landschaft erhalten werden.
Um das zu erreichen, brauchen wir Partner. Die Landschafts pflegeverbände bringen die Partner, z. B. Landwirte, Schäfer, Kommunen, zusammen. Die Kommunen haben nämlich in ih
ren Gebieten sehr wohl ein großes Interesse an der Offenhal tung der Landschaft und dem Erhalt biologisch wirksamer Flä chen.
In Deutschland gab es 2011 155 Landschaftspflegeverbände. In Baden-Württemberg waren es 2011 nur wenige, nämlich acht. Heute gibt es in Baden-Württemberg 24 Landschafts pflegeverbände. Bis Ende nächsten Jahres sollen es insgesamt 30 werden. Diese Verbände haben unterschiedliche Rechts formen, und sie haben auch unterschiedliche Arbeitsschwer punkte.
Im Bundesnaturschutzgesetz wurde 2010 in Kapitel 1 § 3 Ab satz 4 die Empfehlung eingefügt, Verbände als Instrument der Landschaftspflege zu schaffen. Seither sind diese Verbände konstitutionell und instrumental eingesetzt.
Laut der Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums zum Antrag der Frau Kollegin Dr. Splett vom 18. Dezember 2007, unterzeichnet vom Minister Hauk, gab es in Baden-Württem berg acht entsprechende Verbände, in der Regel kommunale Zweckverbände, zum Teil aber auch Vereine. Diese seien viel schichtig mit betroffenen Gruppen und Personen besetzt. Ur sprünglich betrug deren Bezuschussung durch das Land 70 % der Personalkosten. Im Jahr 2007 wurden diese Zuschüsse auf 50 % der Personalkosten reduziert; die zweite Personalkraft wird noch immer mit 100 % bezuschusst. Vor zwei Jahren ha ben wir also eine halbe Million € in Landschaftspflegeverbän de investiert, Ende 2014 werden es fast 2 Millionen € sein.
Der Erfolg ist teuer. Das Land lässt sich diesen Erfolg etwas kosten, u. a. indem eine Koordinierungsstelle für die Land schaftspflegeverbände in Schwäbisch Gmünd eingerichtet wurde.
Pro Verband werden etwa 50 000 bis 60 000 € pro Jahr auf gewandt. Die Verbände übernehmen Aufgaben staatlicher Stellen. Die untere Naturschutzbehörde muss, z. B. im Rah men von Natura 2000, Grundstücke für die Pflege von Natur flächen und anderem zur Verfügung stellen.
Eine Region ist am Erhalt ihrer Kulturlandschaft interessiert, die andernfalls verweidet. Für den Tourismus ist diese unent behrlich. Die Natur kann sich durch die extensive Nutzung entfalten. Die Kommunen haben dadurch ein Instrument für den Unterhalt und für die Wahrnehmung der Aufgaben, zu de nen sie verpflichtet sind.
In diesem Bereich bestehen zurzeit ca. 35 Stellen. Beim Endausbau in etwa zwei Jahren sollen es ca. 70 Stellen sein. Die Pflege von Feuchtwiesen, die Vermarktung regionaler Pro dukte, die Renaturierung von Gewässern und das Erstellen von Managementplänen gehören zu den Aufgaben in diesem Rahmen. Erfolgreich, fast still und leise, aber wirkungsvoll arbeiten unsere Landschaftserhaltungsverbände und Land schaftspflegeverbände.
Ich beende meine Rede mit einer Bitte, die vielleicht nicht un berechtigt ist: Es wäre schön, wenn diejenigen, die die harte körperliche Arbeit in der Pflege erbringen – dazu gehören die jenigen, die in den Umweltverbänden an der Pflege der Land schaften beteiligt sind, aber auch die Landwirte –, ähnlich ent
lohnt würden wie diejenigen, die die Pläne für diese Pflege er stellen.
Hierin scheint mir noch etwas Nachholbedarf zu liegen – und kein kleiner.
Herr Kollege Hauk, wir sind uns sicher einig, dass unter den Begriff „Region“ nicht nur die fal len, die dagegen sind.
Die Region umfasst vielmehr unter Umständen auch Bevöl kerungsteile, die dafür sind. Das sehen wir doch.
Zweitens: Dagegen zu sein bringt mit sich, dass man hierfür gute Argumente haben muss. Die bisher geäußerten Argumen te der Gegner wurden doch durch die Gutachten systematisch widerlegt.
Deshalb die Frage: Bleibt der Anspruch der Gegner unbescha det der Logik bezüglich der Richtigkeit ihrer Argumente trotz dem noch bestehen?
Herr Kollege Hauk, mir drängt sich einfach die Frage auf – Sie haben mehrfach gesagt, Sie und die CDU seien dafür –: Warum haben Sie dann nicht da für geworben?
Herr Groh, danke.
Würden Sie uns bei dem Zwiespalt, den Sie uns vorwerfen...
... – einerseits zu wenig Wind kraft, andererseits Artenschutz –, bei den Standortfindungen vonseiten Ihrer Kommunalpolitiker von der CDU unterstüt zen, egal, an welchem Standort, damit nicht von dort der Ge genwind kommt, wegen dem Sie uns vorwerfen, dass wir kei ne Windkraft erreichen?
Herr Kollege, ich habe eine ganz kurze Zwischenfrage zur europäischen Energiepolitik. Was meinen Sie damit? Sollen wir uns den anderen europäischen Ländern anpassen oder sie sich uns? Oder gibt es eine ande re Lösung als diese beiden? Was genau meinen Sie mit euro päischer Energiepolitik?
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren!
Die Debatte erlaubt mir, auch auf meinen Vorredner, Kolle gen Lusche, einzugehen, der zu Recht z. B. meinen Kollegen mit einer früheren Aussage zitiert hat, wir in Baden-Württem berg hätten nach Ansicht des Landesamts für Geologie, Roh stoffe und Bergbau keine geeignete geologische Formation. Lieber Kollege Lusche, genau dies ist der Punkt. Wenn jedes Land und jedes geologische Landesamt eines Landes die De finition für die Eignung festlegt, dann bekommen wir keine Standorte.
Es ist der Vorteil einer sogenannten weißen Karte, dass alle die gleichen Bedingungen unter den gleichen wissenschaftli chen Vorgaben haben, um Standorte zu finden.
Genau das ist der Fortschritt dieses Endlagersuchgesetzes.
Meine Damen und Herren, durch den Ausstieg aus der Nut zung der Kernenergie ist eigentlich so richtig deutlich gewor den, dass wir das Problem der Endlagerung noch nicht einmal annähernd so gelöst haben, wie es eigentlich der Fall sein soll te. Durch den Ausstiegsbeschluss hat sich eine erschrecken de Offensichtlichkeit ergeben, obwohl das schon 1976 im Atomgesetz verankert wurde.
Aber wir hätten eigentlich schon viel früher handeln müssen. Wir hätten uns nicht erst 1976, sondern schon früher darum kümmern können und müssen. 1956 wurde das Kernfor schungszentrum in Karlsruhe durch den damaligen Atommi nister Strauß eingeweiht. Die Schwerpunkte der Forschung dieses Kernforschungszentrums – wir alle in der Gesellschaft und alle damaligen Parteien waren davon überzeugt, dass die friedliche Nutzung der Kernenergie eine gute Energienutzung sein wird – waren Grundlagenforschung der Kernenergie, kernphysikalische Forschung und Verfahren zur Wiederauf bereitung. Aber interessanterweise wurde überhaupt nichts zur Frage der Endlagerung gesagt. Das ist so, als ob man ein Flug zeug bauen und zum Starten und Fliegen ausrüsten, aber den Bau der Landeeinrichtung auf später verschieben würde. Man baut einfach weltweit ca. 400 Kernkraftwerke, und über 50 Jahre nach der ersten kommerziellen Nutzung in Deutschland – sie erfolgte im Jahr 1961 – sind wir hinsichtlich der Endla gerung noch nicht viel weiter als am Anfang. Wir starten im mer wieder von Neuem einen Suchlauf.
Inzwischen sind Jahre und Milliarden Euro verflossen, und wir haben keinen geeigneten Platz. Unser Nachbarland Schweiz hingegen hat geeignete Plätze, die allerdings sehr nahe an der Grenze zu Baden-Württemberg liegen. Wenn sie dort beim Hinunterbohren nicht aufpassen, kommen sie auf unsere Sei te. Die Plätze in der Schweiz sind also sehr grenznah und in Gesteinsformationen, die wir in Baden-Württemberg – ich verweise auf Frau Gönner – bisher eigentlich überhaupt nicht akzeptiert haben.
Aber wie sicher soll ein Endlager sein, das 100 000 Jahre hal ten muss?
Ich gehe von 100 000 Jahren aus, das ist schon relativ viel. Vor 10 000 Jahren wurde die Schrift erfunden. Ich weiß nicht, ob man in 100 000 Jahren noch schreiben kann oder ob man das wird lesen können, was wir heute aufschreiben. Da bin ich mir auch nicht sicher.
Sind wir überhaupt in der Lage, heute etwas zu bauen, bei dem wir garantieren können, dass es so lange hält? Wir haben die Kernkraftwerke sicherlich auch deshalb abgeschaltet, weil wir aufgrund der Unfälle wissen, dass sie nicht sicher sind, und weil in der Gesellschaft Angst vor einer höchst gefährlichen Technik besteht. Ich habe den Eindruck, dass die Angst die ser Gesellschaft vor dem radioaktiven Müll mindestens ge nauso groß ist. Nur, diesen können wir nicht abschalten, die sen müssen wir so entsorgen, dass wir es verantworten kön nen.
Deshalb ist und bleibt die Endlagerung des Atommülls und das hochgiftige strahlende Erbe, das damit verbunden ist, der Hauptgrund, dass wir diese Technologie zügig zu Ende brin gen wollen.
Warum haben wir nach Jahrzehnten der Suche noch kein End lager? Nun, die Antwort heißt: In den Siebzigerjahren – da mals waren noch alle Parteien beteiligt – sah der Kuhhandel zwischen Kanzler und Ministerpräsidenten so aus, dass die aus der Atomwirtschaft resultierenden Belastungen einiger maßen gleichmäßig verteilt wurden. Man teilte sich das auf: Herstellung von Brennelementen in Hessen, Wiederaufberei tung in Bayern, Schnelle Brüter in Nordrhein-Westfalen – auch wenn die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf nicht in Betrieb und der Schnelle Brüter in Kalkar nicht ans Netz gingen, ebenso wie die Wiederaufbereitungsanlagen in England und in Frankreich auch nicht immer akzeptiert wur den.
Brennelemente müssen jedoch zwischengelagert werden, und zwar mindestens 30 Jahre lang, bis sie so weit heruntergekühlt sind, dass sie endgelagert werden können. Insofern haben alle Kernkraftwerke ihre eigene Zwischenlagerung eingerichtet.
Allerdings entsprach das Zwischenlagervolumen nicht immer der Menge der im jeweiligen Kernkraftwerk produzierten ra dioaktiven Abfälle.
Der Kollege Lusche hat vorhin einen schwierigen Spagat ver sucht zwischen der staatspolitischen Verantwortung – auch als
Vertreter einer Partei, die in der Vergangenheit zur Kernener gie stand und damit in der Mitverantwortung steht – und der glänzenden Verdienstnadel, die er sich unter Bezug auf das Sankt-Florians-Prinzip offenbar zu erwerben hofft, die damit verbunden sein könnte, wenn sich Baden-Württemberg an der Endlagersuche nicht beteiligen müsste. Dieser Spagat gelingt nicht, lieber Kollege Lusche. Man hat dabei zu sein; man hat heute die Verantwortung zu übernehmen. Die Versuchung, et was anderes zu machen – nach dem Motto: überall, aber nicht bei uns –,
erwies sich bereits in der Vergangenheit als trügerisch. Sie sollten, auch mit Blick auf Ihr eigenes politisches Selbstver ständnis, dieser Versuchung nicht weiter nachgeben.
Der Standort Gorleben hatte einen großen Vorteil: Er wurde akzeptiert, weil er nicht in Baden-Württemberg liegt, weil er nicht in Hessen liegt, weil er nicht in Nordrhein-Westfalen liegt. Das war das Hauptargument für Gorleben.
Deshalb wurde dieser Standort viele weitere Jahre lang für wichtig gehalten.
Heute wissen wir: Als Wirtsgesteine kommen Salz-, Granit- und Tonformationen infrage. Aber seit Asse wissen wir auch, dass Salzlagerstätten nicht unproblematisch sind. Auch dort kann Wasser eindringen; auch dort gibt es Probleme. Wenn wir davon ausgehen, dass die Entsorgung in nationaler Ver antwortung erfolgen muss – die geologischen Formationen bestimmen die Möglichkeiten, die ein Land jeweils überhaupt hat –, dann verweise ich auf die Schweiz. Dort gibt es keine Salzformationen, sondern lediglich Granit und Ton. Jedes Land muss also die jeweils geeigneten Entsorgungsmöglich keiten schaffen, die sich nach den jeweils vorhandenen geo logischen Gegebenheiten richten müssen. Aber das ist eine nationale Aufgabe, und Baden-Württemberg gehört dazu.
Ein Viertel der deutschen Kernkraftwerke standen in BadenWürttemberg. Die Hälfte des in Baden-Württemberg produ zierten Stroms stammt aus der Kernkraft. Deshalb können wir nicht ernsthaft verlangen, dass andere die Entsorgung zu er ledigen haben.
Ich habe nie verstanden, dass die damalige Umweltministe rin, Frau Gönner, grundsätzlich und jedes Mal wieder mit dem Finger nach Berlin gewiesen und gesagt hat: Ihr müsst die Endlagerung erledigen; ihr müsst dafür sorgen, dass wir un seren Müll loswerden.
Wir sind dafür, dass sich Deutschland um die Endlagerung des in Deutschland produzierten Atommülls selbst kümmert. Mit 19 Kernkraftwerken, die in den Spitzenzeiten in Betrieb wa ren, sind wir, weltweit gesehen, einer der großen Produzen ten von strahlendem Müll. Ich denke zwar, dass es auf dem Weg der Suche grundsätzlich sinnvoll sein kann, auch über
die nationalen Grenzen hinaus zu fragen: Gibt es ideale Mög lichkeiten zur Lagerung? Aber zuerst muss bei uns an Ort und Stelle gehandelt werden.
Der gesamte Prozess muss öffentlich, transparent und nach vollziehbar gestaltet werden. Hier gab es in Bezug auf Gorle ben große Mängel; die Entscheidungsprozesse wurden aus po litischen Erwägungen heraus durchgeführt und nicht auf der Grundlage wissenschaftlicher Kriterien. Das Verfahren in sei ner gesamten Länge wurde vom Ministerpräsidenten vorhin ausführlich erläutert.
Ich bin dankbar, dass es den parteiübergreifenden Konsens gibt. Wir werden ebenfalls das Unsere tun, um diesen Prozess zu begleiten. Dieser Konsens ist wegweisend, und er kann auch nicht aufgekündigt werden. Wenn ich bereit bin, mich auf der Grundlage dieses Konsenses dem Verfahren zu unter werfen, dann kann ich nach Erreichung eines bestimmten Ver fahrensstands – bei dem sich möglicherweise eine Region in unserem Land als geeigneter Standort abzeichnet – nicht sa gen: Jetzt steige ich aus dem Konsens aus. Das wäre die ver logenste aller Positionen. Das wäre verlogen.
Die SPD trägt diesen Konsens mit. Dieser Konsens ist ver nünftig; er zeugt von Verantwortungsbewusstsein. Wir müs sen Verantwortung für den strahlenden Müll übernehmen, der auf die Generation vor uns zurückgeht, und wir sind uns die ser Verantwortung und der Auswirkungen dieser Problematik bewusst, die noch viele Generationen nach uns zu spüren ha ben. Wir begrüßen die Initiative des Ministerpräsidenten. Wir begrüßen das Prinzip „Weiße Landkarte“.
Das Endlagerproblem muss dringend gelöst werden, auch wenn wir das über viele Jahre verschlampt haben und meinen, wir hätten Zeit, weil sich die Endlagerung über einen sehr lan gen Zeitraum erstreckt. Es ist wirklich dringend.
Wir haben jede Menge zwischengelagerten Müll, der abge kühlt ist und der endgelagert gehört. Diese Generation hat zwar nicht den Einstieg in die Kernenergienutzung beschlos sen, muss sich aber mit deren Folgen und dem Ausstieg her umschlagen. Wenigstens haben wir dafür zu sorgen, dass die nachfolgenden Generationen ein unverseuchtes und unver strahltes Land bewohnen können, indem wir in Deutschland den besten Standort für diese Hinterlassenschaft finden.
Vielen Dank.
Kollege Hauk, einfach eine Fra ge auf der Grundlage eines Vergleichs: Sind Sie der Meinung, dass Sie in einer Angelegenheit, die wissenschaftlich-tech nisch fundierten Sachverstand erfordert, den Landtag beteili gen müssen, um die Sachverhalte festzustellen?
Anders gefragt: Hätten wir nicht den Landtag fragen sollen, ob wir den Stuttgarter Fernsehturm aufgrund von Sicher heitsaspekten – Brandschutz – sperren oder doch nicht sper ren müssen?
Herr Präsident, meine lieben Kol leginnen und Kollegen! Der jetzige Tagesordnungspunkt be trifft die Auswirkungen der EU-Haushaltsberatungen. Früher
ging es in EU-Haushaltsberatungen um 90 % Agrarausgaben. Das ist noch nicht lange her. Heute macht der Agrarhaushalt nur noch gut ein Drittel des gesamten Etats aus. Der sogenann te Kohäsionsfonds – der lateinische Ursprung besagt bereits: ein Fonds, der den Zusammenhalt in der EU finanziell unter stützt und über Programme bezahlt – verfügt über fast den gleichen Etat.
Heute, im Jahr 2013, kommen von 150,9 Milliarden € aus dem EU-Haushalt pro Jahr 37 % im Agrarbereich an, das sind 55,7 Milliarden €. Allein von 2012 auf 2013 wurden die Agraraus gaben der EU um 460 Millionen € gekürzt.
Eine weitere Zahl als Beleg für den Rückgang der Agraraus gaben – nicht nur prozentual, sondern auch absolut –: Im neu en Zeithorizont von 2014 bis 2020 werden im Agrarhaushalt 27 Milliarden € weniger ausgegeben als im letzten siebenjäh rigen Horizont von 2007 bis 2013. 27 Milliarden € weniger im Agrarhaushalt!
Diese Kürzung macht sich natürlich bemerkbar, und sie ist auch gut aufgegliedert. Das bedeutet konkret – das ist auch der Titel der heutigen Debatte –: Für die ländlichen Räume in Deutschland reduziert sich in der zweiten Säule der jährliche Etat von 14,3 Milliarden € auf 12,9 Milliarden €. Die Mittel für die ländlichen Räume reduzieren sich von 14,3 Milliar den € auf 12,9 Milliarden €! Das ist eine eindeutige Aussage.
Die erste Säule ist die Einkommenssicherung. Die Landwir te beziehen 40 bis 70 % ihres existenzsichernden Einkommens aus der ersten und zweiten Säule. Im Schnitt sind es immer hin 54 %. Das heißt, die erste Säule ist für das Einkommen unverzichtbar.
Für Deutschland bedeutet das, dass vonseiten der EU aus der ersten Säule 5 Milliarden € jährlich als Direktunterstützung kommen. Eine Deckelung der Direktunterstützung könnte na tional freiwillig eingeführt werden. Die haben wir bisher nicht.
Lieber Kollege Burger, jetzt zu der von Ihnen zitierten Äuße rung von Minister Friedrich zum Agraretat: Diese Bemerkung ist nachvollziehbar, wenn wir wissen, dass der größte Teil der Direktzahlungen an die allergrößten Betriebe im Land geht. Das sind exakt die Betriebe, die diese Form der Unterstützung in dieser Höhe nicht nötig haben.
Das sage ich ja. Das sind große Konzerne, die diese Unter stützung erhalten. Die Zahlungen an diese Betriebe darf man sehr wohl infrage stellen. Da sind wir sicherlich einer Mei nung.
Aber um es hier gleich als Vorschlag einzuführen, sage ich, dass wir der Meinung sind, dass angesichts der EU-Etatkür zung, die uns in Baden-Württemberg viel stärker betrifft als die Großen – das gilt gerade für die zweite Säule –, nicht nur die Deckelung von oben, sondern eine Staffelung von Direkt zahlungen nach Agrarflächen erforderlich ist. Mittlere und kleine Betriebe – Betriebe mit weniger als 50 ha – müssen hö here Beträge bekommen als die großen Betriebe mit mehr als 50 ha. Das würde eindeutig kleinteilig strukturierte Länder
wie Baden-Württemberg und Bayern fördern, und dann wäre vielleicht auch die Diskussion über die Deckelung überflüs sig, wenn man kleine Betriebe mit bis zu 50 ha besser förder te.
Das ist unsere Vorstellung, wie die Bundesregierung das um setzen kann.
Für uns bedeuten die Entscheidungen, dass die erste Säule um ca. 9 % zurückgeht und dass sich die zweite Säule – so wird geschätzt – um 15 bis 20 % reduziert. Das würde sich bei uns bemerkbar machen.
Trotzdem werbe ich etwas dafür, sich die Situation bewusst zu machen, in der Frau Merkel ist. Wir alle wissen, dass die EU dann funktioniert, wenn die Anstrengungen für gleiche Lebensbedingungen fortgesetzt werden. Das gilt auch für die ländlichen Räume in anderen Ländern. Dass deswegen eini ge Länder mehr bekommen haben, kann ich als Europäer nachvollziehen. Denn immerhin profitiert unsere Landwirt schaft deswegen am stärksten, weil die deutsche Landwirt schaft in die neuen EU-Mitgliedsstaaten, in diese agrarschwa chen Länder, die meisten Lebensmittel exportiert. Wir haben zwar einen Nachteil durch die Verringerung der Zahlungen, aber einen wirtschaftlichen Vorteil durch diese Kundschaft. Insofern bekommen 16 Staaten in sieben Jahren 5 Milliarden € mehr. Das ist ein Haufen Holz, und für Deutschland bedeutet das – ich habe es gesagt – in der zweiten Säule 15 bis 20 % weniger.
Es ist eigentlich kein Wunder, dass die EU-Abgeordneten ei nen höheren Agrarhaushalt verlangt haben. Sie haben ihn aber nicht bekommen, weil die Regierungschefs das verweigert ha ben. Frau Merkel gab durch Verzicht nach, aber Frau Merkel verteidigt ihren Finanzrahmen. Das ist auch nicht überra schend. Frau Aigner ihrerseits begrüßt den Finanzrahmen – das war zu erwarten –, aber der Präsident des Deutschen Bau ernverbands, Rukwied, begrüßt ihn ebenfalls. Das hat mich jetzt doch etwas verwundert. Wäre er nur Präsident des Lan desbauernverbands Baden-Württemberg, hätte dieser Kom mentar sicherlich etwas anders ausgeschaut.
Immerhin sind wir der Meinung, dass im Interesse BadenWürttembergs für die Struktur unserer Höhenlandwirtschaft, für die Sonderkulturen, die Kleinstrukturen, die wir haben, die besondere Förderung in der zweiten Säule wichtig ist. Wie ge sagt, nach unserer Überlegung wäre eine geteilte Förderung von Betrieben mit weniger als 50 ha und von Betrieben ober halb von 50 ha für den Ausgleich der Strukturnachteile, für den Ausgleich der geringeren Einkommen wichtig. Immerhin steht die Landwirtschaft Baden-Württembergs an der letzten Stelle der Pro-Kopf-Einkommen in der Landwirtschaft in ganz Deutschland.
Das ist teils auch Ausdruck dieser geschilderten Situation.
Jetzt vielleicht noch eine Bemerkung zum Greening. Wir ha ben uns einige Jahre lang das Thema Greening um die Ohren geschlagen. Hinz und Kunz wurden damit beschäftigt. Es gab weiß Gott wie viele Seminare dazu, es gab jede Menge Pres setermine, und wir im Landtag haben uns ebenfalls damit aus einandergesetzt. Das war ein Dauerbeschäftigungsprogramm für Parlamentarier und alle darum herum.
Bei den Greening-Vorschlägen wurde offensichtlich stark ab gespeckt. Mittlerweile ist der Vorschlag, 7 % der Fläche mit ökologischem Vorrang zu bewirtschaften. Das bedeutet – die se Forderung haben auch wir immer unterstützt –: Es darf kei ne Entnahme von Fläche aus der landwirtschaftlichen Produk tion geben, auch nicht beim Greening. Das ist auch nicht der Fall. Deswegen ist das auch gut vertretbar.
Darüber hinaus wird eine Diversifizierung beim Anbau vor geschrieben. Es wird der Erhalt von Dauergrünland für die Einzelbetriebe vorgeschrieben. Aber ich denke, wir sollten uns auch darüber unterhalten – oder aus unserem Blickwinkel un terstützen –, dass Kleinbetriebe mit einer Fläche von weniger als 10, 15 ha von diesem Greening befreit werden können. Bei uns besteht immerhin eine andere Situation hinsichtlich des Bedarfs an diesen ökologisch wertigeren Flächen als in ande ren Regionen in Deutschland und anderen Regionen in Euro pa.
Bei allen Nachteilen des neuen EU-Haushalts ist festzustel len: Wir profitieren von der EU – auch wenn wir weniger Geld bekommen –, und zwar aufgrund unserer Exportstärke. Un sere Landwirtschaft ist exportintensiv, und sie ist mit dem größten Teil ihrer Produkte wettbewerbsfähig, auch wenn es hier manchmal Wechsel gibt.
Insofern ist die Zukunft unserer Landwirtschaft auch von Be deutung für die zukünftige weltweite Ernährungssicherheit. Daran waren wir bisher nicht beteiligt.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Lieber Kollege Rombach, so geht es nicht. Wenn Sie der Meinung sind, dass Mittel aus diesem Etat um geschichtet worden sind oder irgendwo anders hin geflossen sind, dann sagen Sie das bitte. Es geht aber nicht an, dies ein fach so zu behaupten.
Zweitens: Eine 30-prozentige Reduktion durch Schröder und Künast können Sie überhaupt nicht belegen. Ganz im Gegen teil: In der Vorlage der EU steht, dass der Agraretat in der För derperiode 2014 bis 2020 7 Milliarden € weniger umfasst als in der Förderperiode 2005 bis 2013. Behaupten Sie hier also nicht das Gegenteil.
In allen Fällen hat das Land kofinanziert. Das war bisher der Fall, und das ist jetzt auch der Fall.
Damit kein Missverständnis entsteht: Der Kompromiss, den Frau Merkel in Brüssel geschlossen hat, ist für Baden-Würt temberg natürlich enttäuschend. Ich habe Ihnen die zurückge henden Zahlen vorgelesen. Es wird wohl niemand widerspre chen, dass das für uns enttäuschend ist – zumal Baden-Würt temberg die ungünstigste Agrarstruktur hat und eine Verbes serung der Situation für die baden-württembergischen Betrie be am ehesten über die zweite Säule zu erreichen ist. Daraus machen wir keinen Hehl.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP/DVP, es geht aber nicht, hier zu akzeptieren – ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das aus dem europäischen Blick winkel heraus zu einem gewissen Grad akzeptiere –, dass we niger Mittel nach Deutschland und damit auch weniger Mit tel nach Baden-Württemberg fließen, nämlich 10 % weniger für die erste Säule und bis zu 20 % weniger für die zweite Säu le, also zu akzeptieren, dass Frau Merkel nicht mehr heraus geholt hat, und gleichzeitig die Landesregierung zur Nachfi nanzierung aufzufordern. Das geht nicht.
Wir werden uns natürlich mit den Vertretern der Landwirt schaft auseinandersetzen, die an einigen Stellen enttäuscht sein werden. Immerhin haben wir die Möglichkeit, 15 % der Mittel der ersten Säule in die zweite Säule umzuschichten. Wir werden darüber reden, ob das geht und wofür die Mittel dann verwendet werden. Dabei müssen Sie dann aber auch mitmachen, wenn sich diese Diskussion ergibt. Es geht jedoch nicht an, der Landesregierung öffentlich vorzuhalten, sie glei che die fehlenden EU-Gelder nicht aus. Das ging früher auch nicht.
Lieber Kollege Rombach, Sie ha ben gerade gesagt, wenn es einen Bauern weniger gebe, sei dies nicht so wichtig.
Nein, Sie haben zitiert: Wenn es einen Bauern weniger gibt – –
Darf ich Sie darauf hinweisen, dass während Ihrer Regie rungszeit von 1999 bis 2011 die Zahl der Bauern um 28 000 zurückgegangen ist,
dass es jetzt also 28 000 Bauern weniger gibt?
In diesem Zeitraum ist die Zahl der Bauern um 28 000 zurück gegangen. Halten Sie den Vergleich mit einem Bauern nicht für etwas schräg?
Die Frage war, ob Sie diesen Ver gleich von 28 000 Bauern zu einem Bauern nicht schräg fin den.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte eine Zahl aus meinem vorherigen Rede beitrag korrigieren: Der Rückgang der Zahl der Landwirte un ter Ihrer Regierung in der Zeit von 1999 bis 2011 betrug nicht 28 000, sondern 17 000. Das entspricht einem Rückgang um 28 %. So viel als Klarstellung zu meinem vorhin vorgetrage nen Vergleich.
Zum Schluss will ich sagen – die Redezeit läuft mir davon –: Lieber Kollege Rombach, ich finde, wir sollten nicht in einen Kampf um die „Lufthoheit“ über den ländlichen Raum oder die Diskussion darüber eintreten.
Es ist einfach überzogen, wenn Sie der Landesregierung vor werfen – Sie haben es vorhin zitiert –, sie würde den ländli chen Raum grundlos zerschlagen.
Ich zitiere Ihre Aussage: „Die Landesregierung sagt dem länd lichen Raum den Kampf an.“
Was soll diese Wortwahl?
Sie ist völlig daneben.
Nehmen Sie zur Kenntnis: Den ländlichen Raum haben wir von Ihnen so übernommen, wie er heute ist. Sie haben die Nachteile nicht verhindern wollen und die Vorteile nicht ver hindern können.
Herr Kollege Dr. Rapp, wir sind uns ganz sicher darin einig, dass wir eine Wertschöpfung im wirtschaftlichen Sinn durch den Nationalpark erwarten. Wir diskutieren darüber: Kann es sein, kann es überhaupt sein? Kollege Dr. Bullinger hat vorhin schon mehrfach das Beispiel vom Nationalpark Bayerischer Wald gebracht.
Akzeptieren Sie, dass der Tourismus in den letzten Jahren im Nordschwarzwald, auch im Südschwarzwald und ebenso in ganz Bayern aufgrund von konjunkturellen Entwicklungen zurückging?
Das heißt, der Nationalpark in Bayern wurde vom Rückgang genauso getroffen wie die anderen touristischen Ziele in Bay ern, genauso wie ganz Süd-Baden-Württemberg betroffen war – einfach konjunkturell empfindlich.
Stimmen Sie mir zu, dass der Tourismus generell nicht davon abhängig ist, ob wir jetzt diesen Nationalpark einrichten, son dern, wenn dieser ein Magnet für den Tourismus ist, die Kon junkturempfindlichkeit des Tourismus nach wie vor bleibt, un abhängig vom Nationalpark? Also braucht man doch nicht je des Mal das Argument vorzubringen, dass es einen Rückgang gäbe oder gibt.
Herr Präsident, sehr verehrte Kol leginnen und Kollegen! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zum Thema Sonderkulturen klammert in allen Einzelheiten Weinbau und Tabak aus
und bezieht sich ausschließlich auf Obst und Gemüse. Das fin de ich sehr schade. Die wichtigen Geschmacks- und Geruchs komponenten sind nicht dabei.
Ich glaube, das ist vorauseilendem Gehorsam, der politischen Correctness geschuldet, wie auch immer.
Der Bericht ist sehr aktuell und gibt uns einen guten und wich tigen Überblick über die Zahlen im Bereich Sonderkulturen, der natürlich, gemessen an der Fläche der Landwirtschaft überhaupt – aber eben nur an deren Fläche –, eine kleine Spar te ist.
Deswegen kommen wir nicht darum herum, einige Zahlen zu vergleichen. Ich fange jedoch nicht mit der Aussage an: Frü her, unter der Vorgängerregierung, war in diesem Bereich al les schlecht, und jetzt wird alles besser. Nein, früher war es gut; wir wollen das Gute weiterführen. Es war erfolgreich; wir wollen das Erfolgreiche weiterentwickeln, und dazu ist auch genügend Platz.
Weiterentwickeln heißt das Stichwort. Die Anforderungen an die Sonderkulturen lauten: Änderung des Konsumverhaltens, neue Krankheiten und Pflanzenschädlinge, die auftreten, be kämpfen, Wirtschaftlichkeit bei Sonderkulturen, aber auch der Übergang, das Ausweiten des ökologischen Anbaus. Das be sondere Merkmal der Sonderkulturen sind deren hohe Wert schöpfung und damit verbunden in einigen Bereichen auch hohe Erträge – aber unübersichtlich – und ein hoher Arbeits aufwand.
Sonderkulturen sind ein starker Betriebszweig in der Land wirtschaft, zumal in Baden-Württemberg; es klang schon an. Baden-Württemberg hat im Vergleich zu anderen Ländern in der Bundesrepublik die doppelte Fläche für den Anbau von Sonderkulturen.
So haben wir z. B. den Anbau von Biogemüse und die ökolo gisch bewirtschaftete Fläche sehr stark ausgeweitet. Mittler weile pflanzen 22 % der Betriebe Biogemüse an. Es sind aber nur 13 % der Fläche.
Seit 1999 ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Ba den-Württemberg von 61 000 auf 44 000 und damit um 28 % gesunken. Diesen Rückgang haben wir nicht beim Anbau von Sonderkulturen und schon gar nicht bei den Biolandwirten. Dort haben wir tatsächlich eine Zunahme zu verzeichnen. Wir haben auch eine große Treibhausfläche. Ein Drittel der gesam ten Treibhausfläche in der Bundesrepublik liegt bei uns.
Der Gartenbau, die Biobetriebe und der Gemüseanbau sind sehr personalintensiv. Jede dritte Arbeitsstelle in der Land wirtschaft ist im Anbau von Sonderkulturen angesiedelt. Das sind immerhin insgesamt 27 000 Arbeitsplätze mit den nach gelagerten Arbeitsplätzen in der Lebensmittelverarbeitung.
70 % des bei uns erzeugten Obstes wird in Baden-Württem berg abgesetzt. Es ist unser Ziel, Obst dort abzusetzen, wo es benötigt wird. Der Selbstversorgungsgrad bei Gemüse liegt bei uns unter 50 %; bei Biogemüse ist er noch niedriger. Da mit wird klar, welche Möglichkeiten wir in Baden-Württem berg auf dem Sektor der Sonderkulturen haben. Der Selbst versorgungsgrad bei Gemüse liegt in Baden-Württemberg bei 20 %, in Deutschland bei 40 %.
Große Potenziale liegen offensichtlich in diesem Bereich. Da mit besteht die Möglichkeit für Landwirte, in Richtung Bio, aber auch in Richtung Sonderkulturen umzustellen. Wir brau chen uns nichts vorzumachen: Sonderkulturen, auch Wein, sind nur in landschaftlich bevorzugten Gegenden möglich – dort, wo es warm ist. Solche Gegenden haben wir, und wir sollten das ausnutzen.
Sozusagen im Paradies. – Umstellungen auf biologischen Anbau wurden in der letzten Legislaturperiode ausgebremst. Das wurde wieder aufgehoben. Mittlerweile ist das für die nächsten fünf Jahre wieder möglich.
Bewährt hat sich die Förderung. In vielen Bereichen – von der Lagerhaltung bis zur Energieeinsparung – werden Investitio nen gefördert. Gefördert werden Diversifizierung, Hofläden – wichtig –, aber auch Ferienwohnungen. Marktstrukturverbes serungen werden gefördert.
Absatzförderung und Beratungsdienste sind wichtige Instru mente. Generell haben wir in diesem Bereich eine gute Aus bildung.
Deswegen glaube ich, dass wir im Hinblick auf die Chancen mit der Förderung, auch mit der Bevorzugung von Sonderkul
turen ein ganz wichtiges Segment in der Landwirtschaft för dern und forcieren.
Zum Schluss noch ein Satz – meine Redezeit ist gleich abge laufen –: Es hat sich bewährt, dass wir sehr viele gute Lan desanstalten und Forschungseinrichtungen haben, die genau auf diesem Gebiet arbeiten. Warum? Weltweit gibt es große Nahrungsmittelkonzerne, die forschen. Aber die mittelständi schen und kleinbäuerlichen Sonderkulturbetriebe können das nicht. Deswegen ist es unsere Aufgabe, in diesem Bereich die Forschung und die Zuchteinrichtungen auch weiterhin gut zu fördern.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage der CDU zum Thema „Konversion in Baden-Württemberg“ besteht aus ei ner Fülle von Fragen, die sehr detailliert sind und deren Be antwortung eigentlich dazu führt, dass einiges, was der Kol lege Klein gerade als Mangel, als „nicht erledigt“ vorgetragen hat, sehr wohl und zum Teil auch sehr ausführlich in der Ant wort ausgeführt ist. Schade, dass er die Fragen vorhin nicht in seinen Vortrag einbezogen hat.
Eine einzige Frage in dieser Großen Anfrage ist mir aufgefal len. Sie enthält einen Vorwurf. Ich zitiere die Frage Num mer 8:
Warum war sie bisher nicht in der Lage, ein Konzept zur Bewältigung der Herausforderungen, welche mit der The matik Konversion verbunden sind, vorzulegen?
Das ist der einzige Punkt, der als Vorwurf in dieser Großen Anfrage steht.
Jetzt versuche ich etwas, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie von der vorherigen Landesregierung haben in den letzten 20 bis 30 Jahren genügend Konversionsprojekte durchführen müssen. Sie wissen von der Thematik und um die Schwierig keiten.