Protocol of the Session on June 20, 2013

Wir haben Diskussionen, Debatten, Aktuelle Debatten zu die sem Thema hier geführt.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wenn Sie sie wenigs tens exakt beantwortet hätten! Sie haben sich immer herausgeredet!)

Wir haben 390 Antwortschreiben ins Land geschickt. Wir ha ben Veranstaltungen gemacht; die Opposition hat das übrigens auch getan. Sie haben im letzten Jahr eine Sommertour mit dem Fraktionsvorsitzenden gemacht und versucht, Meinungs führer, polizeiliche Führungskräfte vor Ort zu finden, die die se Reform diskreditieren.

(Abg. Walter Heiler SPD: Erfolglos versucht!)

Die haben Sie nicht gefunden – aus guten Gründen nicht –, weil die Polizei, wie ich es erwähnt hatte, in der großen Brei te hinter diesem Projekt steht.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Mumpitz!)

Alle Betroffenen, alle interessierten Bürgerinnen und Bürger hatten also die Möglichkeit, die Inhalte dieses Gesetzes, so transparent wie irgend machbar dargestellt, schon im Vorfeld zur Kenntnis zu nehmen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Gerade deshalb, denke ich, brauche ich heute nicht mehr sehr ins Detail zu gehen, was die Änderungen durch die Reform anbelangt, weil wir sie wirklich in der ganzen Breite disku tiert haben.

Aber ich will noch einmal stichwortartig erwähnen, dass wir die vier Landespolizeidirektionen mit den 37 Polizeipräsidi en und -direktionen zu zwölf vergleichbaren, leistungsstarken regionalen Polizeipräsidien im Land zusammenführen, die dann jeweils unter ihrem Dach Direktionen haben – Reviere, Kriminalpolizei und Verkehrspolizei. Da hatten wir – das soll ten wir auch nicht vergessen – in der Vergangenheit einen Mangel.

Wir können durch diese Konzentrierung, durch diese zwölf regionalen Präsidien erstmals gewährleisten, dass es quer über

das Land Baden-Württemberg in der Zuständigkeit und in die sen Präsidiumsbereichen eine professionelle Führungs- und Lagezentrumseinrichtung gibt. Dort gibt es auch entsprechend qualifiziertes Personal.

Meine Damen und Herren, wir bündeln die Einsatzeinheiten unserer Bereitschaftspolizei sowie alle Spezialeinheiten – die Hubschrauberstaffel, die Reiterstaffel und die Wasserschutz polizei – in einem Präsidium Einsatz. Wir führen den Bereich Neueinstellung und die polizeiliche Aus- und Fortbildung, die bisher drei Bildungsträger an acht Standorten im Land durch geführt haben, in einem Bildungsträger, im Präsidium der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, dann Präsidium Bildung – auch zuständig für die Personalgewinnung – zu sammen. Darüber hinaus bündeln wir in einem dritten, wenn Sie so wollen, Spezialpräsidium die bisher aufgesplitterten Aufgaben für die Entwicklung, die Koordination, die Beschaf fung und den Betrieb polizeilicher Führungs- und Kommuni kationstechnik im Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei.

Meine Damen und Herren, wir sollten bei all der Diskussion und Kritik, die an der einen oder anderen Stelle in der Tat ge äußert wird, deutlich machen, dass wir durch diese Organisa tionsveränderung dem berechtigten Anspruch der Bürgerin nen und Bürger in Baden-Württemberg gerecht werden und Sicherheit im Land auch in der Zukunft gewährleisten. Mit dieser Organisationsveränderung nehmen wir nämlich die He rausforderung der gesellschaftlichen Veränderungen, aber auch der Veränderungen der Kriminalitätsphänomene an. Wir haben vielfältig auch an anderer Stelle diskutiert, dass bei spielsweise die Aufgaben im Bereich der Cyberkriminalität, im rasant zunehmenden Bereich der Kinderpornografie und hinsichtlich der Internationalisierung der organisierten Krimi nalität bei der gegenwärtigen kleinräumigen Struktur unserer Polizei – in ihrer jetzigen Form jedenfalls – nicht zu bewälti gen wären.

Meine Damen und Herren, deshalb bitte ich darum, dass wir bis zur zweiten Lesung in den Ausschüssen noch einmal in tensiv diskutieren und abwägen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Darauf können Sie sich verlassen! Das kann ich zusagen!)

Ich sage aber ausdrücklich: Wir haben viel diskutiert. Ich wüsste nicht, dass Sie in den letzten Wochen und Monaten ein einziges neues Argument vorgebracht hätten. Wir haben Ih nen in diesen Tagen ja auch noch einmal angeboten – nicht nur Ihnen, den Landtagsabgeordneten, sondern auch den Bun destagsabgeordneten –, sich jetzt direkt vor Ort mit den Pro jektverantwortlichen zusammenzusetzen und zu diskutieren, dort aber auch zur Kenntnis zu nehmen, was denn in der Um setzung geleistet wurde und wie das ihr in Ihrem Zuständig keitsbereich liegende Präsidium ab dem 1. Januar 2014 arbei ten wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss will ich darauf hinweisen, dass diese Polizeistrukturreform nicht nur der Polizei im Land Baden-Württemberg dient und dafür sor gen wird, dass die Aufgaben gerechter verteilt werden, dass die Aufgaben vollumfänglich in der gleichen Qualität den Bür gerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden können, sondern dass dies – das geht aus der Formulierung hervor –

eine Reform für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ist. Denn um deren Sicherheit geht es letztendlich.

Ich habe mir und die Polizei hat sich mit diesem Polizeire formgesetz zu eigen gemacht, was an dieser Stelle, an der ich gerade stehe, schon einmal jemand gesagt hat. Er hat nämlich gesagt:

Der Staat muss vom Bürger her gedacht werden.... Wir lassen los, was überholt ist, und halten fest, was Zukunft begründet. Das Wohl der Menschen ist uns wichtiger als überlebte Strukturen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr wahr! Teufel!)

Einige von Ihnen werden sich an diese Worte erinnern. Sie wurden von Erwin Teufel 2003 geäußert. Ich habe mir diese Worte bei dieser Reform zu eigen gemacht. Also kann sie nur gut sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Rede zeiten gelten.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Blenke das Wort.

Der Minister hat mir freundli cherweise das Wasserglas unberührt stehen gelassen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Er hat Ihnen das Wasser gereicht! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Wer weiß, was drin ist!)

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Leis tungsfähigkeit unserer Polizei, gerade auch im Vergleich mit der Polizei in anderen Ländern, ist unbestritten. Die Notwen digkeit dauernder Überprüfung und Anpassung der Struktu ren ist ebenso unbestritten. Das wurde auch in der Vergangen heit schon immer so gehandhabt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE: Spärlicher Applaus!)

Immer jedoch wurden von früheren Regierungen Reformen behutsam, mit Augenmaß und innerhalb der bewährten Grund strukturen vorgenommen, und das aus gutem Grund. Denn es galt, den Markenkern der baden-württembergischen Polizei zu erhalten. Dieser Markenkern bedeutet: Unsere Polizei ist bürgernah. Auch die örtliche Führung der Polizei ist nahe am Bürger und nahe an den Bediensteten. Die Führung kennt die Menschen vor Ort und auch die „polizeilichen Pappenhei mer“. Und die Menschen kennen nicht nur den Schutzmann um die Ecke, sondern auch den Polizeichef, und wissen, wen sie da als Ansprechpartner haben. Das ist bislang ein Marken kern unserer Polizei – leider muss man das sagen – gewesen.

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf von der SPD: Jesses!)

Hinzu kommt der Grundsatz: ein Landkreis, eine Polizeidi rektion. Das sichert effektive Zusammenarbeit.

Ein letztes Merkmal des Markenkerns: Die bisherige Ausbil dung bei der Bereitschaftspolizei verhinderte immer eine pra xisferne Verschulung. Wir haben deswegen die am besten aus gebildete Polizei in Deutschland.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Dr. Ulrich Goll FDP/DVP)

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, die Polizei, für die Grün-Rot 2011 die Verantwortung übernom men hat, ist effektiv, leistungsstark und wirtschaftlich. Sie tun so, als sei alles schlecht gewesen. Das stimmt so nicht, und dadurch werden auch die Leistungen und die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten missachtet.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Dr. Ulrich Goll FDP/DVP)

In Ihrem Gesetzentwurf, Herr Minister, heißt es, die Alterna tive zur Reform sei die Beibehaltung der aktuellen Struktur. Das ist zu einfach gedacht. Denn Sie haben die Chance ver tan, zwischen Beibehaltung des Status quo und Ihrer jetzt vor zunehmenden Totaloperation eine Reform mit Augenmaß und mit gesundem Menschenverstand zu entwerfen; das wäre möglich gewesen.

(Zuruf des Abg. Johannes Stober SPD)

Ich möchte zur Erinnerung – Sie haben es selbst schon aus geführt – die Chronologie in Kürze darstellen. Im Herbst 2011 beauftragte der Innenminister eine Projektgruppe damit, in nerhalb eines Vierteljahrs ein Eckpunktepapier zu entwerfen. Der Projektgruppe – das muss man sagen – war von Anfang an klar, was der Erwartungshorizont war, und zwar wollte der Auftraggeber regionale Großpräsidien.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

„Von der Polizei für die Polizei“, das war das neue Zauber wort. Diese Planung sollte angeblich ohne jegliche politische Einflussnahme erfolgen. Ich frage mich: Warum eigentlich? Es gibt ja auch die politische Verantwortung, auch schon im Entstehungsprozess. Warum sollte also keine politische Ein flussnahme erfolgen?

Im April 2012 gingen vielen die Augen auf, als Standorte und Bezirke dieser geplanten neuen Präsidien bekannt wurden. Es folgte dann – die Politik des Gehörtwerdens verlangt ihren Tribut – ein sogenanntes offenes Beteiligungsverfahren – Sie haben es gerade selbst dargestellt – für die Mitarbeiter. Diese wissen aber mittlerweile: Gehört werden heißt noch lange nicht erhört werden.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Dr. Ulrich Goll FDP/DVP)

Jetzt kommen wir zur ersten unterschiedlichen Interpretation, Herr Minister. Sie interpretieren, alle seien davon begeistert gewesen, und deswegen habe man nichts daran ändern müs sen. Ich sage Ihnen: Bei unseren zahlreichen Gesprächen – diese fanden nicht nur bei der Sommertour von unserem Frak tionsvorsitzenden und von mir im letzten Jahr statt;

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Bis heute!)

vielmehr führen wir alle jeden Tag in unseren Wahlkreisen Gespräche mit Polizisten, mit Personalräten, mit allen mögli chen Betroffenen – gibt es niemanden, der sagt: „Diese Re form ist genau der große Wurf und ist genau das, was wir brauchen.“ Wir finden niemanden, der so etwas sagt.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke und Dr. Ulrich Goll FDP/DVP – Zuruf des Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE)

Deshalb, Herr Minister – ich sage das ohne jegliche Häme –: Hören Sie bitte nicht einfach nur auf das engere Umfeld.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU zu Minister Reinhold Gall: Die, die hinter Ihnen sitzen, die sehen das so!)