Ich würde gern einmal folgendes Beispiel anführen, das uns auch von der Presse übermittelt wurde, nämlich dass die eben erst eingebauten 700 neuen Sitze ausgetauscht werden muss ten, weil größere Besucher und Schwangere nur unter körper lichen Qualen Platz nehmen konnten. Können Sie dem Ho hen Haus erklären, was sowohl bei der Ausschreibung als auch bei der Umsetzung, bei der Realisierung, an Fehlern erfolgt ist?
Sie hatten im Rahmen der letzten Mündlichen Anfrage zu die ser Thematik auch davon berichtet, dass Sie kraftvoll für den folgenden Akt eine Taskforce einsetzen wollten.
Können Sie uns mitteilen, wie sich diese Taskforce zusam mensetzt, wer dafür die Federführung hat, wie die Aufgaben
verteilung zwischen Wissenschafts- und Finanzministerium ist, wie die Rolle Ihres Ministerialdirektors diesbezüglich ein zuschätzen ist, wieso es jetzt wiederum zu diesen ärgerlichen und wirklich erheblichen Fehlern, zu diesem Fiasko gekom men ist und welche Konsequenzen Sie daraus für die Zukunft ziehen?
Ich habe mich auch mit dem Ausschreibungsverfahren be schäftigt, weil es mich schon interessiert hat, wie man zukünf tig verhindern kann, dass man unter Umständen Firmen für Aufträge auswählt, die dem Projekt in der Summe nachher nicht gewachsen sind.
Ich habe hier die kompletten Ausschreibungsunterlagen von damals, weiß, wer bei den Gesprächen mit den Firmen dabei war, wie die Firma ausgewählt wurde. Wir haben zunächst einmal ein öffentliches Ausschreibungsverfahren. Da beste hen enge Grenzen bezüglich dessen, was man an Spielraum hat, eine solche Bewertung durchzuführen. Ein wichtiges Ar gument ist der Preis, den die Firma anbietet. Das ist einfach so. Es gab auch Firmen, die ein Angebot gemacht haben, das preislich doppelt so hoch war wie das Angebot der Firma, die den Zuschlag bekommen hat.
Das heißt, wir sind an das öffentliche Ausschreibungsverfah ren gebunden. Die Firma – ich nehme jetzt konkret auf die Bühne Bezug – hat Referenzen vorzuweisen, und zwar nicht irgendwelche in kleinen Stadthallen, sondern es waren ordent liche Referenzen, sodass es auch im Nachgang betrachtet aus meiner Sicht keine einschlägigen Gründe gegeben hätte, die se Firma aufgrund irgendwelcher Erfahrungen abzulehnen. Die Entwicklung war damals nicht ersichtlich, und die Refe renzen waren eigentlich auch vorhanden.
Die Gründe, warum die Firma es ausgerechnet in diesem Fall nicht hinbekommen hat – der Drehscheibenwagen musste komplett neu gemacht werden; der war ein Komplettausfall –, sind mir nicht ersichtlich. Ich stelle jedoch keine groben Mängel bei der Ausschreibung für die Bühnentechnik insge samt fest. Bei der Auswahl der Firma für die Bühnentechnik habe ich mir die Ausschreibungen sehr genau angesehen.
Es bleibt festzuhalten, dass es sich bei dieser Bühne im enge ren Sinn nicht um ein Bauwerk, sondern um eine komplexe Sondermaschine handelt. Das haben uns auch die Gutachter des Fraunhofer-Instituts bestätigt. Wir haben diese schon seit letztem Freitag im Einsatz. Es entspricht zwar dem Stand der Technik, was da verbaut ist, aber die Komplexität der Einstel lungsmöglichkeiten dieser Maschine ist höherer Maschinen bau.
Ich habe mir selbst ein Bild von der Steuerung der Maschine gemacht. Es ist eine eigene Konstruktion, eine eigene Ent wicklung der Firma. Auch die Software, die Steuerung ist ei ne eigene Entwicklung der Firma. Was uns an die Firma bin det, ist – das muss ich ausdrücklich sagen –, dass wir keine Möglichkeit haben, die Firma zu wechseln, weil nur diese Fir ma die Steuerung programmieren kann, weil sie sie selbst ent wickelt hat.
Was die Sitze betrifft, gehe ich davon aus, dass sich auch der Verwaltungsrat damals mit der Planung und mit den Sitzen beschäftigt hat. Man hat erst nach dem Einbau gemerkt, dass der Abstand zu klein ist, und zwar deshalb, weil die Reihen einfach wieder so eingebaut wurden, wie es vor der Sanierung des Schauspielhauses der Fall war, aber die Steigung verän dert wurde. Wenn die Steigung verändert wird, kann man sei nen Fuß nicht mehr unter den Sitz des Vordermanns schieben und hat dadurch einen Platzverlust. Das wurde allerdings erst beim Einbauen entdeckt. Das ist aus meiner Sicht ein Pla nungsfehler, der dann zwar behoben wurde, jedoch zu Mehr kosten geführt hat. Der Verwaltungsrat hat beschlossen, es zu beheben – aus meiner Sicht eine richtige Entscheidung –, aber das hat eindeutig zu höheren Kosten geführt.
Wir haben schon im März letzten Jahres gesagt: Wir müssen dort auch personell unterstützen und personelle Änderungen vornehmen. Das haben wir auch gemacht. Wir haben zusätz liches Personal aus einem anderen Amt von Vermögen und Bau nach Stuttgart berufen. Was ich dazu selbst erfahren und an Rückmeldungen von den Staatstheatern bekommen habe, ist, dass die Staatstheater mit der neuen personellen Unterstüt zung, die wir dort gegeben haben, sehr zufrieden sind.
Auch die ersten Gespräche mit der Expertenkommission, die uns helfen soll, die Steuerungsprobleme mit der Bühne zu be heben, haben gezeigt, dass es eine positive Rückmeldung gab, das heißt, dass vor allem auch die Bühnentechniker der Staats theater mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden sind.
Herr Staatssekretär, ich möchte noch einmal auf das Gutachten des Rechnungshofs eingehen. Wir sprechen jetzt immer über Verschulden der Firmen, die für die Problematik bei der Drehbühne und beim Sitzeinbau verantwortlich sind. Uns liegt ein Gutachten vom Rechnungs hof vor, das die bisherigen Vorgänge sehr detailliert analysiert. Da wird sehr deutlich, dass das Zusammenspiel der verschie denen verantwortlichen Stellen nicht gut funktioniert hat. Wel che Konsequenzen ziehen Sie bislang aus diesem Rechnungs hofbericht, was die Verantwortlichkeiten anbetrifft?
Der Rechnungshof hat sehr deut lich gezeigt, wo in diesem konkreten Fall die Schwachstellen und Probleme liegen. Aus meiner Sicht geht die Analyse des Rechnungshofs aber auch darüber hinaus. Er hat sehr deutlich aufgezeigt, wo wir grundsätzlich Probleme beim staatlichen Bauen in Baden-Württemberg haben, wo die Prozesse nicht
stimmen, wo nicht nur die Kommunikation nicht stimmt, son dern – auch aus meiner Sicht – die gesamten Abläufe nicht stimmen.
Ich möchte ein Beispiel nennen: Wenn bei Bauprojekten zu nächst politisch ein Preis festgelegt wird und im Anschluss genauer gesagt wird, was überhaupt gemacht werden soll, und am Schluss das, was gemacht werden soll, zum Preis passen muss,
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Bei Stuttgart 21 wol len Sie es so machen! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Filderbahnhof!)
Man müsste vielmehr zuerst analysieren, was eventuell ge macht werden soll, und dieses müsste dann möglichst gewer kescharf bepreist werden. Wenn die Liste mit den einzelnen Positionen und den dazugehörenden Kosten vorliegt, dann können wir festlegen, was wir uns unter Berücksichtigung dessen, was wir investieren möchten, leisten können.
So wird im staatlichen Hochbau leider nicht gearbeitet. Aus meiner Sicht müssen wir das ändern. Wir müssen unter Um ständen mehr Geld in eine genaue Analyse am Anfang eines Projekts investieren, in eine genaue Betrachtung dessen, was die einzelnen Positionen kosten, und können dann erst festle gen, welche Gewerke wir realisieren können.
Ich habe mit Mitarbeitern und der Leitung der Abteilung von Bosch gesprochen, die für weltweite Bauvorhaben zuständig ist: Eine große Firma – und wir können uns nur mit einem gro ßen Konzern vergleichen – würde unsere Vorgehensweise im staatlichen Hochbau niemals anwenden.
Deshalb habe ich gesagt: Wir müssen uns diesem Thema grundsätzlich näher widmen und unsere Prozesse unter die Lupe nehmen. Wir haben eine externe Organisationsuntersu chung ausgeschrieben, die in diesem Fall nicht das Ziel hat, wieder einmal irgendwo 20 % bei einer Behörde zu sparen, sondern die das Ziel hat, die Bauprozesse im staatlichen Hoch bau genau zu analysieren, und zwar vom Ministerium bis zum Amt des Landesbetriebs Vermögen und Bau vor Ort. Das be trifft jetzt nicht nur Stuttgart, sondern die Analyse der Bau prozesse soll landesweit erfolgen, um zu klären, ob die Bau prozesse so, wie wir sie vornehmen, richtig sind.
Zu dieser Analyse gehört aus meiner Sicht auch die Politik. Hier müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Wir müssen uns fragen: Kann es sein, dass wir dieses Projekt zu einem be stimmten Preis durchführen möchten, ohne vorher genau de finiert zu haben, was wir genau wollen, also z. B. welche Sa nierungsmaßnahmen realisiert werden sollen, und ohne genau die Preise für die einzelnen Bausteine zu kennen? Ich möch te gern – in der Wirtschaft würde man es so bezeichnen – die gesamte Prozesskette von der politischen Entscheidung bis zur Bauausführung und der Baubegleitung betrachten. Das Baucontrolling gehört selbstverständlich auch dazu.
Das ist das, was wir bisher in die Wege geleitet haben. Wir ha ben übrigens im Februar die Stelle des Vorstehers des Amts für Vermögen und Bau in Stuttgart neu ausgeschrieben.
Herr Staatssekretär Rust, es geht, glaube ich, beim Schauspielhaus um 5,5 Milli onen € Mehrkosten. Nun hat man am 4. April in der „Stutt garter Zeitung“ lesen können, dass eine Paketlösung ange strebt werden solle, bei der die Kulturgebäude wie die Staats theater, die John Cranko Schule und das „Hotel Silber“ im Ge samten betrachtet werden. Was bedeutet das für das Schau spielhaus? Womit hat das Schauspielhaus bei dieser Paketlö sung zu rechnen? Bekommt es weniger Mittel? Was ist eigent lich die Strategie einer solchen Lösung? Es geht auch um die Aufteilung zwischen Stadt und Land. Ich bitte Sie, dies noch etwas aufzudröseln.
Wir gehen beim Schauspielhaus von Mehrkosten von 4,3 Millionen € und beim Verbindungs gebäude von 1,5 Millionen € aus. Daher stimmt die Zahl, die Sie genannt haben, von der Größenordnung her. Wir sind mit der Stadt im Gespräch. Wir sind der Auffassung, dass auch für diese Mehrkosten wie beim Staatstheater eine hälftige Auftei lung der Kosten gilt. Wir sind im Gespräch.
Dass das „Hotel Silber“ bei den Gesprächen mit berücksich tigt werden soll, ist mir nicht bekannt. Dass das Thema ein Stück weit mit dem Opernhaus und mit der John Cranko Schu le zusammenhängt, ist klar, weil die Staatstheater Stuttgart ein Betrieb sind. Mir ist aber nicht bekannt, dass das „Hotel Sil ber“ im Verhandlungspaket enthalten ist.
Es gab meines Wissens kein Gespräch, in dem das Gesamt paket besprochen wurde. Ob es die Stadt wünscht, kann ich nicht beurteilen.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D r. F r i e d r i c h B u l l i n g e r F D P / D V P –
S t a n d v o n P l a n u n g , F i n a n z i e r u n g u n d B a u b e g i n n d e r B a u m a ß n a h m e B 1 4 W e i l e r t u n n e l i n S c h w ä b i s c h H a l l