Protocol of the Session on July 19, 2012

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. K l a u s H e r r m a n n C D U – R ü g e d e s R e c h n u n g s h o f s d u r c h d e n M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n

Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Ich frage die Landesregierung:

Wie beurteilt die Landesregierung die Äußerung des Minis terpräsidenten Kretschmann, dass er die Forderung des Rech nungshofs, das Land müsse von 2015 an die schwarze Null schaffen, als „unkonkrete Aussagen“ und „nicht hilfreich“ ein stuft und weiter erklärt hat: „Das geht mir auf den Zeiger“ (vergleiche u. a. „Bild“-Zeitung, „Die Welt“ und andere Zei tungen vom 10. Juli 2012) ?

Vielen Dank. – Ich darf für die Landesregierung Frau Ministerin Krebs ans Redner pult bitten.

Sehr geehr te Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge ehrter Herr Abg. Herrmann, ich beantworte Ihre Frage wie folgt:

Grundsätzlich ist eine schwarze Null im Haushalt immer er strebenswert. Mit den von uns vorgefundenen Strukturen ist sie dauerhaft nicht hoppla hopp zu erreichen. Fast 44 % der Ausgaben sind durch Personal gebunden, 17 % gehen direkt an die Kommunen, rund 5 % werden für Zinsausgaben für die Schulden aus der Zeit der Vorgängerregierung verwendet, über 5 % gehen in den Länderfinanzausgleich.

Eine schwarze Null im Haushalt 2015 wäre nur durch kurz fristige, radikale Maßnahmen möglich. Ein Beispiel wäre die vollständige Streichung der kompletten Innenverwaltung in klusive der Polizei. Eine andere Möglichkeit wäre die Einspa rung aller Lehrerinnen- und Lehrerstellen. Diesen Weg wol len wir nicht beschreiten.

Unser Ziel ist es aber, an die Strukturen des Haushalts zu ge hen. Daran arbeiten wir. Wir sind jetzt seit einem Jahr an der Regierung und sind da unserer Auffassung nach in einem ver nünftigen Tempo unterwegs. Wie schnell das in den 60 Jah ren zuvor ging, überlasse ich Ihnen zur Beurteilung.

Gerade an den Vorschlägen zum Kultusbereich, die in letzter Zeit diskutiert werden, sieht man, dass wir mit der Debatte an gefangen haben und da nicht zögerlich sind. Aber gerade am Kultusbereich sieht man auch, dass es das eine ist, auf dem Papier zu sparen, und das andere ist, in der Realität Aufgaben zu ersetzen. Die Vorgängerregierung hat 8 055 Stellen im Kul tusbereich als „künftig wegfallend“ deklariert. Das Einzige, was weggefallen war, als wir die Regierung übernommen ha ben, ist das in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehene Geld für diese Stellen. Die Stellen selbst sind nicht ersetzt, sie sind weiter nötig. Jetzt liegt es an uns, bis zum Wirksamwer den der Schuldenbremse die 8 055 Stellen wirklich im Sys tem zu ersetzen.

Wir gehen mit Tatkraft an die Strukturen heran. Das sind kei ne einfachen Maßnahmen. Wir wollen sie mit Bedacht und Augenmaß durchführen, mit dem obersten Ziel, die Qualität zu halten und wo immer möglich sogar noch zu steigern.

Ich möchte aber auch sagen, dass wir uns in dieser Struktur- und Spardebatte über jegliche Unterstützung und jegliche Vor schläge freuen, vor allem über die, die konstruktiv und wirk lich mutig, aber auch umsetzbar sind. Diesen Mut wünschen wir uns von uns, von Ihnen hier im Haus und von allen ande ren, auch vom Rechnungshof Baden-Württemberg.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Danke schön. – Ist die Mündliche Anfrage damit erledigt? – Herr Kollege Herrmann.

Frau Ministerin, ist Ihnen be kannt, dass bis 2008 der damalige Abgeordnete Winfried Kretschmann als Mitglied des Finanzausschusses mehrfach bei der Beratung der Beiträge des Rechnungshofs angemahnt hat, dass von der Landesregierung ein ausgeglichener Haus halt ohne Neuverschuldung vorgelegt werden müsse, und zwar möglichst rasch, und wie erklären Sie sich, dass der Minister präsident Kretschmann das jetzt plötzlich als wenig hilfreich ansieht?

(Abg. Walter Heiler SPD: Das bringt uns nicht vor wärts!)

Ich erkläre mir das damit, dass sich der Ministerpräsident in der derzei tigen Situation sicher ist – wie er sich auch damals sicher war –, dass eine grundsätzliche Sanierung des Haushalts erstre benswert und richtig ist, dass dies aber in der momentanen Si tuation bei dem strukturellen Defizit, das wir haben und das ja im Laufe der Jahre angewachsen ist, nicht auf einen Schlag zu erreichen ist.

Auch das vom MFW in Auftrag gegebene Gutachten der Her tie School of Governance hat deutlich gemacht: Schwarze Nullen sind schön, aber sie werden in der Regel dadurch her vorgerufen, dass man in einem Jahr eine gute Einnahmesitu ation hat und dann noch ein paar Rücklagen auflöst, sodass am Ende eine schwarze Null steht. Das ist gut; das haben wir auch schon zweimal gemacht. Aber das eigentliche Problem des Landeshaushalts ist halt ein strukturelles Defizit. Das schlägt uns im Doppelhaushalt 2013/2014 erheblich ins Kon tor. Insofern ist es in der jetzigen Situation nicht das prioritä re Ziel, im nächsten Doppelhaushalt eine schwarze Null zu erzielen, sondern sicherzustellen, dass wir 2020 dauerhaft das strukturelle Defizit ausgeglichen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Es liegt eine Zusatzfra ge der Kollegin Aras vor.

Frau Ministerin, verwundert es auch Sie, dass die Opposition in der gestrigen Aktuellen Debatte der Kultusministerin vorgeworfen hat, dass sie dem Rechnungshof folgt, während sie heute dem Ministerpräsi denten die angesprochenen Äußerungen vorwirft? Verwun dert Sie das?

Das verwun dert, aber es überrascht mich nicht.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und Abgeord neten der SPD)

Es liegt eine weitere Zu satzfrage des Abg. Herrmann vor.

Frau Ministerin, es gibt eine Parallele zwischen dem Doppelhaushalt 2007/2008 und dem zu erwartenden Doppelhaushalt 2012/2013. Bei der Beratung des Doppelhaushalts 2007/2008 war eine Deckungslücke von 3 Milliarden € vorhanden, bei der jetzigen Beratung der Eck daten für den Doppelhaushalt 2012/2013 ist, wie Sie das jetzt nennen, ein finanzwirtschaftlicher Handlungsbedarf von eben falls 3 Milliarden € vorhanden.

Nun meine Frage: Worauf führen Sie zurück, dass die Lan desregierung damals in der Lage war, trotz strukturellen De fizits die Nettoneuverschuldung auf null zu reduzieren, wäh rend die heutige Landesregierung sich dazu nicht in der Lage sieht?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das kann ich Ihnen gern beantworten. Meines Wissens bereiten wir gerade den Doppelhaushalt 2013/2014 vor. Der Haushalt 2012 ist

schon beschlossen; wir sind im Jahr 2012. Das nur als kleiner Hinweis.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: War mein Fehler! Ich meinte 2013/2014!)

Das strukturelle Defizit war in den letzten beiden Haushalten, die die neue Regierung schon behandelt hat, auch vorhanden. Es ist ja das Wesen eines strukturellen Defizits, dass es nicht plötzlich für ein Haushaltsjahr verschwunden ist. Das heißt, wir haben schon zweimal mit annähernd demselben struktu rellen Defizit eine schwarze Null vorgelegt, nämlich in den letzten beiden Haushalten. In diesem Haushalt ist die Situati on so, dass es nur zu erreichen wäre, wenn man Maßnahmen ergreift, wie ich sie vorhin aufgeführt habe, etwa die Innen verwaltung oder die Lehrerinnen- und Lehrerstellen komplett zu streichen. Ich gehe davon aus, dass wir mit der Oppositi on einer Meinung sind, dass eine solche Maßnahme nicht ziel führend wäre.

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Danke schön. Dann ist diese Mündliche An frage erledigt.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 5 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D r. R e i n h a r d L ö f f l e r C D U – R e d u z i e r u n g v o n K e t t e n a r b e i t s v e r t r ä g e n i m ö f f e n t l i c h e n D i e n s t

Vertreter der CDU-Frakti on haben, beeinflusst durch die Rechtsprechung des Europä ischen Gerichtshofs, beantragt, dass haushaltsneutral die Ket tenarbeitsverträge im öffentlichen Dienst reduziert werden. Die Stellungnahme des Finanz- und Wirtschaftsministeriums ähnelte einer wachsenden Mohrrübe; sie war sehr zurückhal tend formuliert. Wir haben uns dann im Finanz- und Wirt schaftsausschuss einvernehmlich darauf verständigt, dass die Landesverwaltung zum nächsten Haushalt einen Vorschlag unterbreite, wie sich die Zahl der befristeten Arbeitsverhält nisse reduzieren lasse. Kurz darauf lesen wir in einer Presse mitteilung von Grün-Rot, dass zusammen mit der Gewerk schaft diese Reduzierung, diese Veränderung vorgenommen wird.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was haben Sie denn mit den Gewerkschaften?)

Es hat mich verwundert, dass jetzt solche Aufgaben an die Ge werkschaften outgesourct werden.

Die Frage ist: Warum ist das so, und werden noch andere haus haltsrelevante und personalrelevante Aufgaben an Gewerk schaften outgesourct?

(Abg. Klaus Maier SPD: Die Initiative kam von uns!)

Vielen Dank. – Ich darf für die Landesregierung Herrn Staatssekretär Rust ans Red nerpult bitten.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage des Kollegen Dr. Löffler wie folgt:

Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft hat in seiner Stellungnahme zu dem Antrag, den Sie dankenswerterweise eingebracht haben, u. a. ausgeführt, dass die Verwaltungsvor schriften zur Haushalts- und Wirtschaftsführung vom Minis terium für Finanzen und Wirtschaft für das jeweilige betref fende Haushaltsjahr unter Berücksichtigung des Dispositivs des Staatshaushaltsplans und des jeweiligen Staatshaushalts gesetzes, das heißt, des beschlossenen Staatshaushaltsplans und Staatshaushaltsgesetzes, fortgeschrieben werden. Somit kann eine Anpassung der Verwaltungsvorschrift erst mit In krafttreten des Staatshaushaltsplans 2013/2014 erfolgen.

Sie hatten damals gefordert – ich zitiere aus Ihrem Antrag –,

die Verwaltungsvorschriften... unverzüglich, spätestens jedoch bis zum Beginn der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2013/2014,... anzupassen.

Das geht haushaltsrechtlich nicht. Sie haben aber im Aus schuss auch eingeräumt, dass der Antrag insofern vielleicht nicht umsetzbar war. Deswegen waren wir zunächst, wie Sie das formuliert haben, „zurückhaltend“.

Noch ergänzend: Die von den Regierungsfraktionen und dem DGB am 6. Juli 2012 vorgestellte Offensive zur Entfristung von Stellen in der Landesverwaltung basiert im Prinzip auf dem Beschlussantrag, dem der Ausschuss zugestimmt hat. Wir haben das auch nicht „outgesourct“, sondern da haben sich zwei Fraktionen mit einer Gewerkschaft getroffen und haben im Prinzip sogar das Ansinnen Ihres Antrags unterstützt. Ich denke, das könnte Sie sogar freuen.

Hinweise auf ein Outsourcing sind auch dieser Pressemittei lung nicht zu entnehmen. Dort steht auch nicht, dass die Re gierungsfraktionen dies mit den Gewerkschaften umsetzen, sondern dass die Gewerkschaften dies begrüßen. Ich kann, wenn Sie möchten, die entsprechenden Stellen aus der Pres semitteilung zitieren.

Vielen Dank.

Es liegt eine Zusatzfra ge des Abg. Schmiedel vor.

Herr Staatssekretär, ist der neu en Landesregierung bekannt, weshalb die alte Landesregie rung bei diesen Kettenarbeitsverträgen tausendfach gegen gel tendes Recht verstoßen hat?

Uns ist nicht nachvollziehbar, wa rum dieser Antrag nicht schon früher kam. Denn das Problem besteht in der Tat nicht erst seit einem Jahr, sondern schon sehr viel länger.