Frau Präsidentin, verehrte Kolle ginnen und Kollegen! Auf den ersten Blick mag man sich et was verwundert die Augen reiben, dass wir heute – an dem Tag, an dem eigentlich die Frauen im Mittelpunkt stehen – über eine Bergbauabfallrichtlinie diskutieren müssen. Ich den ke, die Diskussion über diesen Punkt soll auch keine Herab setzung der Frauen darstellen. Es handelt sich um ein ernstes Thema, das zumindest vergleichsweise – ich wage die Prog nose, auch wenn der FDP/DVP-Kollege noch nicht gespro chen hat – einen noch größeren parteiübergreifenden Konsens hinsichtlich der Änderung des Landeskatastrophenschutzge setzes hervorbringen wird, obwohl Baden-Württemberg – das wurde schon erwähnt – nicht unmittelbar von der Gesetzes änderung betroffen ist.
Wir beraten die Umsetzung einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewirtschaftung von Ab fällen aus der mineralgewinnenden Industrie. Es wurde auf dramatische Unglücksfälle verwiesen. Genannt seien die Vor fälle im spanischen Aznalcollar im Jahr 1998 und im rumäni sche Baia Mare im Jahr 2000; aber auch Kolontar in Ungarn ist ein beredtes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn un erwartet ein Begrenzungsbruch von Bergbauabsetzteichen er folgt.
Die Schilderungen im Rückblick lesen sich auch heute noch sehr dramatisch. Der Ausgangspunkt für die Änderungen auf europäischer Ebene war das Unglück im rumänischen Baia Mare am 30. Januar 2000, als der Begrenzungswall des Auf fangbeckens einer Goldmine nach starken Regenfällen weg rutschte.
Die Folge: 100 000 m3 Schlamm, vergiftet mit Zyanid und Schwermetallen, wurden in den nächsten Fluss gespült und dort von Gewässer zu Gewässer übertragen, erst in die Theiß, später in die Donau. Die Grenzwerte wurden um das Sieben fache überschritten. Es gab Berichte aus der Region, die von vergifteten Pferden, Wildschweinen und Rehen sprachen. Das gesamte ökologische System und das Leben in der Theiß schienen für die nächsten zehn bis 15 Jahre zerstört. Es gab sogar grenzüberschreitende Auswirkungen entlang der Donau bis nach Bulgarien und ans Schwarze Meer. Innerhalb nur ei nes Monats wurden 500 t toter Fisch aus der Theiß geborgen.
Das alles war natürlich Ursache, sich zu fragen: Wie kann in Zukunft sichergestellt werden, dass in jedem EU-Land eine staatliche Aufsichtsbehörde eingerichtet bzw. ein Mechanis
mus entwickelt wird, durch den man künftig solche Katastro phen besser handhaben kann? Wie können die aus den Um weltkatastrophen gezogenen Erkenntnisse zu einer einheitli chen Regelung und zu einheitlichen Standards innerhalb der EU führen?
Die erste Folge war im Jahr 2001 ein EU-Zivilschutzkonzept, in dem ein Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer ver stärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen festgelegt wurde. Es diente damals dazu, einen grenzüber schreitenden Mechanismus in Gang zu setzen.
Mit der angesprochenen Bergbauabfallrichtlinie vom März 2006 hat die Europäische Union Maßnahmen festgelegt, mit denen die negativen Auswirkungen und Risiken für Mensch und Umwelt vermieden oder verringert werden können. Es ging um einen europaeinheitlichen Umgang mit Bergbauab fällen. Dies setzte voraus, dass in den Mitgliedsstaaten eine einheitliche Regelung getroffen wird. Dem kommt BadenWürttemberg mit seiner Gesetzesvorlage heute nach, obwohl wir im Moment – ich sage ausdrücklich: im Moment – davon nicht betroffen sind. In die Zukunft schauen kann indes nie mand.
Es geht hier im Besonderen um die Verankerung externer Not fallpläne im Landeskatastrophenschutzgesetz. Wir haben uns im Innenausschuss in großer Einigkeit mit diesem Thema aus einandergesetzt. Um es vorwegzunehmen: Wir beschließen heute eine Richtlinie, von der wir alle hoffen, dass sie nie zur Anwendung kommen muss. Aber der Katastrophenschutz ge hört sicherlich zu den Gebieten, bei denen man im Zweifel besser zu viel als zu wenig Regelungen hat. Das ist übrigens auch im Sinne der eigenen Helfer im Katastrophenschutz, die möglicherweise einmal betroffen sein könnten, wenn sie bei Einsätzen im Ausland Hilfe leisten. Deshalb begrüßen wir sei tens der SPD-Fraktion die Präzisierung der bisherigen Fas sung und stimmen dem Gesetzentwurf zu.
Gestatten Sie mir am Ende noch eine Bemerkung: Einen Par lamentsneuling – als ein solcher empfinde ich mich noch im mer – erstaunt es manchmal ein Stück weit, dass eine Rege lung dieser Art einen solch dramatisch langen Vorlauf braucht. Denn man bezieht sich hier im Wesentlichen auf Ereignisse aus den Jahren 1998 und 2000. Hier würde man sich einen et was rascheren Ablauf wünschen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat – Herr Kollege Funk hat es vorausgesagt – wird auch meine Fraktion an dieser Stel le nicht den Aufstand proben.
Aber ein paar Gedanken hierüber können einem schon durch den Kopf gehen. Denn dieses Gesetz ist nun einmal für das Land völlig überflüssig. Deswegen haben wir in der Ersten
Beratung auch gar nicht dazu geredet. Jetzt hat sich Herr Funk wirklich eine eindrucksvolle Rede dazu abgerungen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Aber das werden Sie uns ausnahmsweise nicht anlasten, oder?)
Ich gehe noch einen Schritt weiter: Wir sind uns – da wird Herr Minister Gall zustimmen – in der letzten Sitzung des In nenausschusses parteiübergreifend einig gewesen, dass wir ei ne Einmischung der EU beim Katastrophenschutz in BadenWürttemberg nicht brauchen. Wir haben ja gerade einstimmig einen Vorschlag der EU in diesem Bereich zurückgewiesen.
Im Grunde ist es wie beim Seilbahngesetz. Auch dieses Ge setz haben wir beschlossen, obwohl es in Bremen und in Mecklenburg-Vorpommern nie eine Seilbahn geben wird. Wenn es einmal bei uns eine Seilbahn in einem Bergwerk gä be, würde wahrscheinlich eine einfache Auflage bei der Ge nehmigung dasselbe erreichen. Darum geht es eigentlich. Wir beschließen ein Gesetz, das man hier nicht braucht.
Man neigt ja schon dazu, die Anfänge der Gesetzgebung ro mantisch zu verklären. Damals wurden Gesetze in Stein ge meißelt. Da hat man wenigstens noch gefragt: Brauchen wir wirklich dieses neue Gesetz? Wer schreibt es? Und vor allem: Wer trägt es?
Aber mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt, dass wir je den Tag gedankenlos Normen produzieren. Auch ohne die vor liegende Norm wären wir ausgekommen. Aber sei’s drum. Ich komme zurück auf die Aussage am Anfang meiner Rede: Den Aufstand gegen die EU proben wir an dieser Stelle nicht und beschließen es halt.
Es freut mich, dass wir uns offensichtlich einig sind. Das ist zugegebenermaßen auch keine große Leistung; das muss man ehrlicherweise sagen. Denn wir haben lediglich die Vorgabe einer EU-Richtlinie, was die Aufstellung externer Notfallplä ne anbelangt, umzusetzen.
Es handelt sich um Regelungen der Notfallvorsorge. Daher, sehr geehrter Herr Dr. Goll, finde ich es nicht sehr dramatisch. Auch die Formulierung „Wir beugen uns den Vorgaben der EU“ ist, finde ich, nicht angebracht. Denn wir machen auch
kein neues Gesetz. Wir ergänzen einfach das bestehende Lan deskatastrophenschutzgesetz mit einem Passus, vergleichbar mit § 8 a des bestehenden Gesetzes, was den Umgang mit ge fährlichen Gütern und Stoffen anbelangt. Nichts anderes ma chen wir. Das geschieht völlig unbürokratisch, wie ich mei ne.
Zugegebenermaßen wird das Gesetz bei uns keine Anwen dung finden. Schaden richtet es aber auch nicht an; das will ich auch einmal sagen. Die betroffenen Verbände – die kom munalen Landesverbände und die betroffenen Industriever bände – und die Organisationen im Katastrophenschutz haben keine Einwände. Daher bitte ich einfach um Zustimmung, zu mal keine Kosten damit verbunden sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weite ren Wortmeldungen vor.
Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Druck sache 15/1011. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussemp fehlung des Innenausschusses, Drucksache 15/1217. Der In nenausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustim men.
Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Artikel 1 ist einstim mig zugestimmt.
Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Artikel 2 ist einstimmig zugestimmt.
lautet: „Gesetz zur Änderung des Landeskatastrophenschutz gesetzes“. – Sie stimmen der Überschrift zu.