Protocol of the Session on February 8, 2012

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Nehmen Sie es doch einfach so zur Kenntnis.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Genau!)

Es ist so, und daran gibt es nichts zu interpretieren.

(Beifall des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Ein letzter Punkt, weil immer über die bestehende DVO ge sprochen wird. Meine Damen und Herren, wir haben in die sem Jahr in Südbaden aktuell 104 885 Anflüge – eine Steige rung um 4,3 % –, noch immer 80 % der Anflüge aus Norden. Was die DVO angeht, hätten Sie das Problem ja lösen kön nen. Ein Problem, über das wir heute reden, ist, dass die rotgrüne Bundesregierung eine klare Reduzierung der Anflüge nicht hineingeschrieben hat.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Aber warum hat Berlin nicht reagiert?)

Zu guter Letzt das Thema Bürgerbeteiligung: Ich glaube, da sind wir mit dem Fluglärmbeirat, der von der CDU-geführten Landesregierung eingeführt wurde, auf dem richtigen Weg. Da ist unter Vorsitz von Frau Staatssekretärin Dr. Splett Bür gerbeteiligung gegeben. Das geht auch in die richtige Rich tung. Deshalb ist klar: Wir erwarten, dass die Landesregierung in diesen weiteren Verhandlungen beteiligt wird. Das haben wir dem Bundesverkehrsminister jetzt auch schriftlich mitge teilt, und wir unterstützen es deshalb auch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Winkler.

Lieber Kollege Schreiner, der letzte Satz war deswegen nicht nötig, weil die rot-grüne Bun desregierung mit der Schweiz ein Abkommen vorbereitet hat te, das das Schweizer Parlament nicht angenommen hat, aber das der Bundestag angenommen hat. Das bedeutet, dass die Schweizer für ihre Interessen abgestimmt haben, und das Ab kommen war ihnen völlig egal.

Es geht nicht um das Verhältnis mit den Schweizern, mit den Bürgern, mit den Einwohnern in der Nachbarschaft. Da arbei ten und leben wir gut miteinander. Es geht um einen Flugha fen, der Lärm exportiert.

Jetzt zur Information, damit das alle wissen – das wissen nicht alle in Berlin –: Dieser Flughafen hat jede Menge Gerichts verfahren angestrengt mit dem Ziel, den Lärm exportieren zu dürfen. Bis an den Europäischen Gerichtshof gingen diese Prozesse. Die Schweizer sind unterlegen. Sie wollten sozusa gen entscheiden, wie viel Lärm wir zu ertragen haben,

(Abg. Felix Schreiner CDU: Das steht außer Frage!)

und haben nicht akzeptiert, dass wir entscheiden, wie viel Lärm wir ertragen wollen. Das ist ein wichtiger Punkt.

Deswegen will ich darauf hinweisen, dass es andere Flughä fen gibt, wo die Lärmsituation anders ist. Hier wird Lärm ex portiert, und das soll sogar per Gerichtsbeschluss durchgesetzt werden.

Außerdem gibt es flugtechnisch keinen sachlichen Grund, wa rum dieser Flugverkehr nicht in der Schweiz abgewickelt wer den kann. Der Flughafenbetreiber hat nie nachgewiesen, dass es nur geht, wenn diese Anflüge so stattfinden, wie sie statt finden.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Auch das steht außer Frage!)

Im Gegenteil: Die Schweizer haben es verweigert, neutral nachweisen zu lassen, dass die Flüge innerschweizerisch re guliert werden können. Das ist der Beweis, dass es nicht um die Organisation eines Betriebs geht, sondern um den Export von Lärm, den wir uns nicht mehr gefallen lassen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Herr Kollege Haußmann.

Sehr geehrter Herr Prä sident! Ich will nur noch auf zwei Punkte der Absichtserklä rung eingehen und darauf hinweisen, was unserer Fraktion sehr wichtig ist. Es wurde angedeutet, dass man dann, wenn sich durch technischen Fortschritt der Lärm reduziere, über die Zahl der Flugbewegungen diskutieren könne. Wir wollen diesbezüglich noch einmal klar festhalten: Die 80 000 Anflü ge pro Jahr sind ein fester Wert, der nicht zur Diskussion steht – auch nicht in der Stuttgarter Erklärung. Im Moment können wir nicht über Theorien sprechen, die uns überhaupt noch nicht bekannt sind. Wir sollten also auch dieses Thema nicht aufweichen. Das ist ganz wichtig.

Ich halte es für sehr positiv, dass man in der Absichtserklä rung eine gemeinsame Luftverkehrskommission vorschlägt, die diesen Staatsvertrag, so er denn abgeschlossen wird, nach haltig begleitet. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Dort können wir den Fluglärmbeirat, der auf Landesebene bisher gute Ar beit geleistet hat, in dieser Form im Grunde sicherlich weiter führen.

Wenn es, Kollege Raufelder, konkrete weitere Ideen zur Bür gerbeteiligung gibt, müssen Sie sich sputen. Denn wenn der Staatsvertrag im Juli abgeschlossen werden sollte, bleibt nicht mehr sehr viel Zeit. Aber ich glaube, die Grundlage, die jetzt mit der Stuttgarter Erklärung erarbeitet wurde, ist eine gute Basis, mit der wir leben können.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Neue Chancen für Langzeitarbeitslose und Benachteiligte durch gute und sichere Arbeit in Ba den-Württemberg – beantragt von der Fraktion der SPD

Das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtrede zeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärun gen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten. Die Mitglieder der Landesregierung werden gebeten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Im Übrigen gilt auch hier § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung, wonach die Aussprache im Rahmen der Aktuellen Debatte in freier Rede zu führen ist.

Für die SPD-Fraktion erhält Herr Kollege Hinderer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD hat diese Aktuelle Debatte beantragt, um zu Beginn dieses Jahres noch einmal einen etwas genau eren Blick auf den Arbeitsmarkt und vor allem auf die Not wendigkeiten und Forderungen zu werfen, die sich landespo litisch für uns daraus ergeben.

Wenn wir den Arbeitsmarkt im Januar 2012 in den Blick neh men, stellen wir mit einer Arbeitslosenquote von 4,1 % zu nächst einmal viel Licht fest.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Das ist die niedrigste Arbeitslosenquote im Januar seit 1992. Wir haben in Baden-Württemberg die niedrigste Arbeitslosen quote unter allen Bundesländern.

2011 haben wir eine sehr positive Entwicklung erlebt: Im Sep tember letzten Jahres gab es bei uns im Land erstmals über vier Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungs verhältnisse. In vielen Branchen wird weiter Beschäftigung aufgebaut. Das spricht sicher für die Leistungsfähigkeit unse rer Unternehmen und Betriebe. Darüber freuen wir uns.

Bei genauerer Analyse der Zahlen erkennen wir aber auch die Schattenseiten. Gute Zahlen in der Statistik bedeuten noch lange nicht gute Arbeit. So ist z. B. der Zuwachs im letzten Jahr gegenüber 2010 mit 22 000 Stellen an erster Stelle nach wie vor im verarbeitenden Gewerbe zu verzeichnen, aber be reits an zweiter Stelle folgt mit 21 000 neuen Stellen die Zeit arbeitsbranche.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, es ist zu laut. Bitte schenken Sie dem Redner mehr Gehör. Es herrscht hier ein Dauergeräuschpegel, der einfach lästig ist.

Bitte schön, Herr Abg. Hinderer.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Derzeit sind von insgesamt 75 000 offenen Stellen 27 000 in der Zeitarbeitsbranche. Diese Stellenangebote in der Zeitar beitsbranche schaffen eben keine nachhaltigen Perspektiven für eine langfristige Integration gerade auch von benachtei ligten und langzeitarbeitslosen Menschen. Solange mit Leih arbeit auf breiter Front Lohndumping betrieben wird, wollen wir diesem Treiben nicht tatenlos zusehen. Deshalb fordern wir vom Bundesgesetzgeber, endlich die rechtlichen Voraus setzungen zu schaffen, damit für gleiche Arbeit auch der glei che Lohn bezahlt wird – „Equal Pay“ heißt das auf Neu deutsch.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ein genauer Blick auf den Arbeitsmarkt zeigt uns auch, dass nach wie vor 20 000 Menschen in Vollzeit sozialversiche rungspflichtig arbeiten und zusätzlich ALG II beziehen. Das belastet die Sozialkassen und ist unwürdig für fleißig arbei tende Frauen und Männer.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Auch da wollen wir nicht tatenlos zusehen.

Deshalb fordern wir einen Mindestlohn und ärgern uns maß los, dass die Bundesratsinitiative, die unsere Ministerin im Dezember 2011 eingebracht hatte – eine Entschließung zur Implementierung eines flächendeckenden Mindestlohns –, vom Wirtschaftsausschuss kassiert wurde.

Trotz guter Konjunktur verfestigt sich auch bei uns die Lang zeitarbeitslosigkeit. Über 70 000 Menschen im Land sind langzeitarbeitslos, 27 000 länger als zwei Jahre. 60 % der Ar beitslosen sind in der Grundsicherung, und auch dieser Anteil hat sich verfestigt.

Deshalb werden wir morgen bei der Beratung des Einzel plans 09 einen deutlichen Haushaltsakzent setzen. Mit 5 Mil

lionen € Landesmitteln wollen wir zwei wichtigen Anliegen Rechnung tragen. Wir stellen zum einen eine sachgerechte Kofinanzierung der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds sicher. Zum anderen setzen wir mit dann insgesamt 10 Milli onen € arbeitsmarktpolitische Impulse, und zwar dort, wo sie dringend erforderlich sind.

Wir schauen auch genau hin, wo sie erforderlich sind, z. B. bei der Situation junger Menschen. Es ist richtig: Wir haben mit 2,6 % die niedrigste Quote bei der Jugendarbeitslosigkeit. Trotzdem sehen wir, dass nahezu 40 % der Schüler eines Ab gangsjahrgangs einer Hauptschule nicht direkt in eine Berufs ausbildung gehen und 20 % aller Voraussicht nach überhaupt keine Ausbildung machen. Deshalb fordern wir Ausbildung für benachteiligte Jugendliche in Form der assistierten Aus bildung. Da gibt es sehr bewährte Modelle.