Wir schauen auch genau hin, wo sie erforderlich sind, z. B. bei der Situation junger Menschen. Es ist richtig: Wir haben mit 2,6 % die niedrigste Quote bei der Jugendarbeitslosigkeit. Trotzdem sehen wir, dass nahezu 40 % der Schüler eines Ab gangsjahrgangs einer Hauptschule nicht direkt in eine Berufs ausbildung gehen und 20 % aller Voraussicht nach überhaupt keine Ausbildung machen. Deshalb fordern wir Ausbildung für benachteiligte Jugendliche in Form der assistierten Aus bildung. Da gibt es sehr bewährte Modelle.
Nach dem Wegfall von ABM durch die Instrumentenreform der Bundesregierung und anderer Beschäftigungsförderungs maßnahmen sind mittlerweile die Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung nahezu die einzigen Leistungen, durch die Beschäftigungsförderung betrieben wird. Die soge nannten Ein-Euro-Jobs helfen im Einzelfall durchaus, die Ar beitsfähigkeit wiederherzustellen oder Betroffenen eine Ta gesstruktur zu geben. Sie sind jedoch angesichts vieler Ein schränkungen kein geeignetes Instrument, um eine sinnvolle Beschäftigung anzubieten oder gar die Vermittlung in den ers ten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Eine Arbeitsgelegenheit, die alle Vorgaben – gemeinnützig, wettbewerbsneutral, zusätzlich und öffentliches Interesse – zu 100 % erfüllt, ist zugleich zu 100 % sinnlos und bietet null Prozent Erfolgsaussichten für eine Vermittlung. Deshalb ist für uns die Entwicklung eines sozialen Arbeitsmarkts drin gend angezeigt. Da ist wieder vor allem der Bundesgesetzge ber gefragt. Bis dieser aber so weit ist – ich gehe davon aus, dass das erst im Jahr 2013 nach der Bundestagswahl der Fall sein wird –,
wollen wir in Baden-Württemberg Modelle entwickeln. Ge meinsam mit den Regionaldirektionen, den Jobcentern und den Sozialbetrieben soll der Passiv-Aktiv-Transfer erprobt werden.
Wir verzichten dabei auf die Voraussetzungen „Zusätzlich keit“ und „Öffentliches Interesse“. Damit kann auch sinnvol le und produktive Arbeit angeboten werden, und das erhöht die Vermittlungschancen.
Mit dem Konzept „Gute und sichere Arbeit“ schaffen wir ei ne intelligente Verbindung von Sozial- und Wirtschaftspoli tik. Mit Blick auf den wachsenden Fachkräftebedarf und in Sorge um Langzeitarbeitslose und benachteiligte Menschen ist dies ein Gebot der Stunde.
Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Herr Hinderer und die anderen Kollegen aus den Regierungsfraktionen, Sie wollen mit neuen Ideen be nachteiligten Menschen bessere Chancen für eine dauerhafte Beschäftigung eröffnen.
Wir haben schon bei den Haushaltsberatungen im Finanz- und Wirtschaftsausschuss gesagt: Dagegen wollen wir uns nicht stellen. Wir unterstützen es sogar und haben dies auch durch unser Abstimmungsverhalten getan.
Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn wir sichergehen können, dass es Ihnen tatsächlich ernsthaft darum geht, diese Men schen durch eine Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit mittelfristig – wir wissen, was „mittelfristig“ heißt; das kann auch fünf Jahre bedeuten – zu einer nachhaltigen Beschäfti gung in den ersten Arbeitsmarkt zu führen,
und dass es Ihnen nicht darum geht, in erster Linie – ich drü cke es einmal bösartig aus – Ihnen nahestehenden Einrichtun gen etwas Gutes tun zu wollen.
Deshalb wird die Praxis, Herr Schmiedel, schnell zeigen, wie ernst es Ihnen, aber auch genau jenen Einrichtungen mit der Überführung der Menschen in den ersten Arbeitsmarkt wirk lich ist.
In einem Punkt – das müssen wir schon anmerken – halten wir Ihr Konzept für ein wenig naiv. Herr Kollege Hinderer hat das auch angesprochen. Die Zuständigkeit ist eigentlich klar, was den Arbeitsmarkt anbelangt.
Wenn Sie glauben, dass Ihr Konzept zum Erfolg führt – das wollen wir auch – und dass Sie im Nachhinein einfach der Bundesregierung sagen müssen: „Übernehmt das Konzept, ihr dürft es auch bezahlen“, dann kann ich nur sagen, dass wir un sere Erfahrungen damit gemacht haben: Wir haben modell haft die Schulsozialarbeit eingeführt, weil sie gut und wich tig war; wir stehen noch heute dazu.
Sie dürfen Ihren Ansatz im Haushalt entsprechend einbringen; das tun Sie auch. Davon kommen Sie nie mehr weg. So wird es Ihnen bei diesem Programm auch gehen.
(Abg. Andreas Stoch SPD: Und Sie sind dagegen? – Gegenruf von der CDU: Blödsinn! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wenn es sich bewährt, wird es fort gesetzt und nicht abgeschafft!)
Lieber Herr Schmiedel, wir führen das Programm zu einem Zeitpunkt ein, zu dem die Arbeitslosenquoten relativ gut sind.
Wenn sich die Zeiten einmal wieder verschlechtern, dann wer den wir – das sage ich Ihnen schon heute – vermutlich nicht mehr aussteigen können und letztlich andere finanzielle We ge dafür finden müssen.
Zurück zum Konzept: Zunächst einmal ist grundsätzlich fest zustellen, dass sich das Landesarbeitsmarktprogramm aus fünf Bausteinen zusammensetzt. Nach den Aussagen der Frau Mi nisterin im Finanz- und Wirtschaftsausschuss sind davon aber nur drei mit finanziellen Mitteln unterlegt. Da wäre zum ei nen – Herr Kollege Hinderer hat es angesprochen – der Pas siv-Aktiv-Tausch. Dafür sind 3 Millionen € veranschlagt. Dann gibt es die modellhafte Unterstützung von Arbeitslosen zentren und Beschäftigungsförderstellen mit 1,57 Millionen €. Der Bereich „Arbeit und Gesundheit“ erhält 250 000 €.
Ausgerechnet für die Ausbildung Benachteiligter und für die Sicherung der Nachhaltigkeit sowie die Integration von Ar beitslosen in den ersten Arbeitsmarkt werden keine Mittel be reitgestellt. Gerade dies sollte eigentlich unser Hauptziel sein.
Da scheint es fraglich, ob durch ein solches Konzept über haupt ein dauerhafter Erfolg erreicht werden kann.
Im Übrigen halten wir vor einer Umsetzung des Programms eine aktuelle Bestandsaufnahme des Arbeitsmarkts im Land für notwendig.
Die Beschäftigung in Baden-Württemberg – auch das hat der Kollege schon angesprochen – hat einen historischen Höchst stand erreicht. Es gab noch nie so viele sozialversicherungs pflichtig Beschäftigte im Land wie bisher. Die Arbeitslosen quote im Januar war zuletzt so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Sie haben den Bund angesprochen. Sie haben Kritik geäußert. Wir sagen Ihnen: Seit die CDU/CSU im Jahr 2005 die Füh rung der Bundesregierung übernommen hat, hat sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen bundesweit halbiert.
Man muss schon in Erinnerung rufen, was unser Ausgangs punkt ist, meine Damen und Herren. Die Kolleginnen und Kollegen von der SPD – vielleicht hätte sich die Frage von Herrn Kollegen Stoch darauf bezogen – wissen noch, an wel chen Entwicklungen sich ihr ehemaliger Kanzler einmal mes sen lassen wollte.
Nach einem signifikanten Rückgang in den Jahren 2008 und 2009 ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen insgesamt wieder auf das Niveau von 2005 gestiegen. Diese Zahl wurde aber auch nicht überschritten. Daraus ergeben sich für uns folgen de Schlussfolgerungen:
Der Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg stand in den letzten 20 Jahren nicht so gut da wie heute. Das ist maßgeblich auch – ich sage es noch einmal – der guten Arbeitsmarktpolitik der CDU/CSU-geführten Bundesregierung geschuldet.