Deshalb ist Baden-Württemberg heute ein Bundesland, das im Bereich der Krankheitsreserve am unteren Rand steht. Wir werden die Krankheitsreserve schrittweise aufbauen. Wir wer den dafür sorgen, dass die Schulen mehr Planungssicherheit bekommen und dass weniger Unterricht ausfällt.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Das hören wir seit ei nem halben Jahr! Können Sie einmal konkret wer den?)
(Abg. Peter Hauk CDU: Wie sieht es denn aus? Sie sagen immer das Gleiche, aber es wird nicht kon kret!)
Die Krankheitsreserve wird schrittweise auf den Bundes durchschnitt von 2,5 % angehoben, in Schritten von 200 Stel len pro Jahr.
In der Bildungspolitik kommt es natürlich darauf an, dass man das, was gut funktioniert, arbeiten lässt. Das ist doch über haupt keine Frage. Niemand will etwas zerstören, was gut funktioniert. Aber wenn man wirklich Entwicklung zulassen möchte – wir müssen im Bildungsbereich Entwicklung zulas sen, weil sich die Gesellschaft verändert –, dann müssen wir eben auch solche Entwicklungsräume schaffen. Die Gemein schaftsschule ist ein solcher Entwicklungsraum.
Ich bin ganz sicher, dass jede Menge Kommunen, jede Men ge Schulen, jede Menge Lehrerinnen und Lehrer diese Chan ce ergreifen werden. In diesem Sinn werden wir Lernkultur und Bildung in diesem Land weiter verbessern.
Frau Ministerin, nachdem Sie der OECD Dampf machen wollen, wie Sie gesagt haben: Sind Sie dann auch bereit, Ihre Aussage zurückzunehmen, dass in Ba den-Württemberg der Anteil der Hochqualifizierten zurück gehe?
Die OECD hat festgestellt, dass Deutschland – und damit auch Baden-Württemberg – im internationalen Vergleich bezüglich des Anteils der Hochqualifizierten immer weiter zurückfällt. Das habe ich gesagt. Aber wenn Sie diese Frage schon so sug gestiv stellen, dann würde ich natürlich noch einmal überprü fen, ob das auch für Baden-Württemberg zutrifft.
Frau Ministerin, Sie haben die Grundschulempfehlung abgeschafft – das kann man durch aus tun –, und Sie haben uns, den Schulleitungen, die frohe Botschaft zukommen lassen, dass wir dann die ohnehin hete rogenen Gruppen durch individuelle Förderung zusammen führen sollen. Jetzt meine konkrete Frage, auch im Auftrag vieler Kollegen im Land: Mit wie vielen zusätzlichen Lehrer stellen kann ich im kommenden Schuljahr rechnen, damit ich das höhere Maß an Heterogenität kindgerecht aufarbeiten kann? Könnten Sie vielleicht für eine dreizügige Schule sa gen, mit wie vielen zusätzlichen Kollegen ich rechnen darf? Das wäre für mich eine große Beruhigung.
Bevor ich Ihre Frage jetzt beantworte, würde mich natürlich interessieren, wie Sie das schon bisher hinbekommen; denn die Heterogenität der Gruppen an den Gymnasien hat ohnehin schon zugenommen. Woran ich den ke, ist eine Erhöhung der Zahl der Poolstunden von zehn auf zwölf Stunden. Das ist etwas, was Sie bereits hätten tun kön nen, was wir umsetzen werden. Denn es kommt darauf an, die Gymnasien in der Tat in ihrem Auftrag der individuellen För derung weiter zu stärken, eben weil die Zusammensetzung der Schülerschaft immer heterogener wird.
Frau Ministerin, trifft es zu, dass Sie, wie ich einem Teil der Presse entnehmen konnte, ge sagt haben sollen: „Bei einem Wechsel von der Gemeinschafts schule auf das Gymnasium muss auf dem Gymnasium die zehnte Klasse wiederholt werden“?
Wenn eine Gemeinschaftsschule keine Sekundarstufe II anbietet, wird der Übergang natürlich so sein, dass dann der entsprechende Schüler, die entsprechende Schü lerin, wenn sie an ein Gymnasium wechseln, in die dortige Oberstufe kommen. Das ist bei einem G-8-Gymnasium – wenn nicht in ein G-9-Gymnasium gewechselt wird – die Klasse 10. Das bedeutet nicht, dass die Klasse 10 wiederholt werden muss, sondern ist die Folge dessen, dass man da na türlich synchronisieren muss. Denn die Gemeinschaftsschule bietet ja vom Grundsatz her – sie bildet auch entsprechend aus – das Abitur in neun Jahren an.
Das bedeutet, dass dann in der Klasse 10 des G-8-Gymnasi ums die Bausteine, die in der bisherigen Schullaufbahn noch nicht enthalten waren, natürlich nachgearbeitet werden müs sen. Das ist völlig klar. Denn der Bildungsgang an der Ge meinschaftschule ist auf ein G-9-Abitur ausgerichtet.
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Einige wenige Fragen und Klarstellungen möchte ich doch vorbringen.
Zunächst einmal, Frau Ministerin, sagen Sie – das ist schon starker Tobak –, dass Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen pädagogisch eingemauert werden.
Wir alle hier in diesem Haus wissen und haben auch gemein sam eingefordert, dass Schulen und Lehrkräfte mehr pädago gischen Freiraum brauchen, um ihre pädagogischen Ideen auch zur Entfaltung bringen zu können. Die Bildungsplanre form des Jahres 2004, sehr geehrte Frau Ministerin – deswe gen wäre es auch ratsam, sich darüber zu informieren, was in den letzten Jahren auf den Weg gebracht wurde –, hat für die Schulen ein Schulcurriculum vorgesehen, durch das die Schu len die Möglichkeiten und die Chance haben, ihre eigenen
Profile zu entwickeln. Deswegen ist der Begriff des Einmau erns völlig daneben – um das in aller Deutlichkeit zu sagen.
Auf ein Zweites möchte ich Sie auch hinweisen, und damit spreche ich die von Ihnen genannte Gesamtschule in Mann heim-Herzogenried an: Es ist kein Wunder, wenn dort 52 % am Ende die allgemeine Hochschulreife erreichen. Warum? Zumindest die Übergangszahlen aus dem Schuljahr 2008/2009, die ich sehr gut im Gedächtnis haben, zeigen: Wenn 50 % der Kinder mit Gymnasialempfehlung diese Schulart besuchen, dann sind 52 % sogar recht wenig – um das auch deutlich zu sagen.
Es ist keine pädagogische Kunst, die Kinder mit Gymnasial empfehlung am Ende zur allgemeinen Hochschulreife zu füh ren. Auch dies zur Klarstellung.
Eine vorletzte Bemerkung: Sie haben das Beispiel Saarland angesprochen. Wir alle wissen, dass Koalitionen auch zu Kom promissen führen. Es war auch ein politischer Kompromiss, dass dort die Gemeinschaftsschule eingeführt wird. Nur gibt es zwei wesentliche Unterschiede, Frau Ministerin, die Sie be herzigen müssen: Sie wollen Ihre Gemeinschaftsschule Hals über Kopf einführen, ohne dass Sie eine pädagogische kon zeptionelle Vorbereitung präsentieren, während im Saarland in diesen Tagen ein Schulgesetz verabschiedet wird
mit detaillierten pädagogischen Regelungen für die Gemein schaftsschulen, sodass die Schulen ein Jahr Vorlauf haben, um sich auf diese Situation einzustellen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Volker Schebesta CDU: Unsere Schulen sollen bis April warten!)