Protocol of the Session on March 12, 2015

Ich finde, mit dem Gesetz zum ÖPNV-Pakt hat der Verkehrs minister etwas erreicht, von dem wir eigentlich alle nicht ge dacht hätten, dass er es schafft. Dies war einfach so schwie rig angesichts der Tatsache, dass hier Kompetenzen zwischen dem Land, der Region Stuttgart und den Kommunen neu aus tariert werden müssen.

Das war keine einfache Aufgabe angesichts selbstbewusster Landräte, Oberbürgermeister oder Bürgermeister, angesichts einer Landeshauptstadt mit einer starken SSB, angesichts der Tatsache, dass die Verkehrsprobleme in der Region ständig wachsen, angesichts der Tatsache, dass die Stadt Stuttgart die Feinstaubbelastung nur sehr langsam in den Griff bekommt, und angesichts der Tatsache, dass Staumeldungen in der Re gion an der Tagesordnung sind.

Ich erinnere mich an die internen Diskussionen. Da fielen von Kollegen Äußerungen wie die, dass die Stadträte in der Regi on den Abgeordneten an die Gurgel gehen würden, wenn an ihren Kompetenzen gerührt würde. Andere Kollegen haben dem Minister empfohlen, die Angelegenheit doch einfach zu verschleppen, sodass er sich über die Legislaturperiode rettet. Es hieß, er würde sich bei dieser Sache ohnehin nur eine blu tige Nase holen. Ich meine, die positivste Rückmeldung war, dass man ihn mitleidig angeschaut und gesagt hat: „Na ja, viel Glück.“

Der Minister hat sich davon aber nicht entmutigen lassen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ein Held!)

Er ist in Verhandlungen gegangen. Er hat mit viel Herzblut und noch mehr Sachverstand ein Ergebnis erzielt, das wir al le eigentlich nicht erwartet hätten. Er hat ein Ergebnis erzielt, von dem ich finde, dass er dafür wirklich Applaus verdient hat.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Mit diesem Ergebnis wird der ÖPNV in den nächsten Jahren ausgebaut. Mit diesem Ergebnis wird die Feinstaubbelastung in der Stadt Stuttgart verringert. Mit diesem Ergebnis wird nachhaltige Mobilität in der Region garantiert. Mit diesem Er gebnis wird das S-Bahn-Netz entlastet. Mit diesem Ergebnis kommen die Fahrgäste schneller ans Ziel. Mit diesem Ergeb nis wird das S-Bahn-Netz durch wichtige tangentiale Busver bindungen gestärkt, und mit diesem Ergebnis haben wir die Möglichkeit, der Feinstaubproblematik in der Region Stutt gart wirksam zu begegnen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sehr erfreulich ist auch, dass sich die Landkreise verpflichtet haben, an den Zubringerbuslinien zur S-Bahn einen 30-Minu ten-Takt einzuführen. Das nützt den Menschen in der Fläche, das bringt Entlastung im Verkehr, und das nützt auch der Um welt.

Wenn also im Dezember 2016 die ersten drei Regionalbusli nien an den Start gehen, kann man mit Fug und Recht von ei

ner neuen Ära im Regionalverkehr sprechen, im ÖPNV der Region, und diese neue Ära haben wir in erster Linie dem Ver kehrsminister Hermann zu verdanken.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich darf daher den Herrn Minister zitieren:

Dieser Pakt für eine zukunftsfähige Mobilität, auf den sich alle beteiligten Partner verständigt haben, nutzt den Men schen und der Wirtschaft in der Region.

Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen, bis auf ein Wort an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Sie ha ben heute erneut die Gelegenheit – diese haben Sie in der Ver gangenheit im Verkehrsausschuss oder auch hier im Plenum leider immer wieder verstreichen lassen –, diesen Minister für den erfolgreichen Abschluss bei den ÖPNV-Verhandlungen einfach einmal zu loben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn ich Ihre Reaktion richtig deute, dann ringen Sie im Mo ment noch etwas mit sich.

(Abg. Manfred Hollenbach CDU: Nein, das kann man nicht loben! Da fehlt das Geld!)

Ich finde, Sie sollten sich durchringen. Sie sollten dem Minis ter einfach einmal Ihre Anerkennung aussprechen. Gehen Sie einfach einmal in sich. Geben Sie sich einen Ruck. Er hat es wirklich verdient.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU: Fishing for compliments! – Weitere Zurufe)

Wir, die Fraktion GRÜNE, halten die Ergebnisse jedenfalls für beeindruckend, für mehr als beachtlich und zukunftwei send.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Binder das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei diesem ÖPNV-Pakt zwischen Land, Region, Stadt Stuttgart und den Landkreisen gibt es keine Sieger und keine Besiegten. Gewinner sind die Menschen, die Fahrgäste in Bussen und Bahnen in der Region Stuttgart. Sie werden in den kommenden Jahren mit den neuen Metropolexpresszügen auf der Schiene, den neuen Expressbussen, mit einheitlichen Standards für die Buszubringer zur S-Bahn und einem regio nal koordinierten Verkehrsmanagement ein deutlich verbes sertes ÖPNV-Angebot haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Uns erscheint daher das Ziel des ÖPNV-Pakts von 20 % mehr Fahrgästen bis 2025 zwar ambitioniert, aber erreichbar – aber nur dann, wenn alle Verantwortlichen von Anfang an an ei nem Strang ziehen.

Was diese Vereinbarung zu einem guten Kompromiss macht, ist, dass ihr alle direkt Betroffenen zugestimmt haben: das

Land, die Region, die Landeshauptstadt und die Landkreise. Deshalb ist diese Erklärung, die jetzt in ein Gesetz gegossen wird, ein Paradebeispiel für die Politik des Hörens und Ge hörtwerdens.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Die Landesregierung, namentlich der Verkehrsminister, hat in einem Dreivierteljahr mehr erreicht, als zu Beginn des Prozes ses zu erwarten war, und mehr erreicht als die schwarz-gelben Vorgänger in den 15 Jahren zuvor, meine Damen und Herren.

Wichtig ist der SPD nun, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und die vor uns liegenden Aufgaben, die sich aus der Vereinbarung und der Gesetzesänderung ergeben, umsetzen und mit Leben erfüllen. Die neu von der Region verantwor teten Expressbuslinien stellen schnelle und direkte Verbindun gen zwischen den Mittelzentren in der Region oder anderen wichtigen Verkehrsknotenpunkten her, bei denen die Nachfra ge nach einer Schienenverbindung zu gering oder die Kosten für deren Bau zu teuer sind. Dies ist die überfällige Ergänzung des auf die Stadt Stuttgart ausgerichteten Schienenverkehrs netzes in der Region, das bislang nur wenige Tangentialver bindungen kennt.

Die S-Bahn ist das Rückgrat des ÖPNV in der Region. Des halb sind einheitliche Taktstandards für die Zu- und Abbrin gerbuslinien in der ganzen Region für die Attraktivität des Nahverkehrs so wichtig.

Angesichts der Verkehrsprobleme müssen wir aber auch die Effizienz der verschiedenen Mobilitätssysteme und deren Ver knüpfung stärken. Insbesondere die Angebote bei Mitfahrge legenheiten, beim betrieblichen Mobilitätsmanagement, bei Park-and-ride-Parkplätzen und Carsharing müssen besser ver netzt und ausgebaut werden. Dies wird künftig vom Verband Region Stuttgart koordiniert und finanziert.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über viele Jahre hinweg gab es zwischen dem Verband Region Stuttgart, den Landkreisen und der Stadt Stuttgart Diskussionen über die Zu ständigkeiten der verschiedenen Verkehrsträger. Mit diesem Gesetzentwurf und mit dem ÖPNV-Pakt aus dem letzten Jahr ist es gelungen, dass sich die verschiedenen Verantwortlichen zusammengefunden haben. Nachdem alle bei dem ÖPNV-Pakt ihre Unterschrift geleistet haben, gibt es auch für unsere Frak tion keine grundsätzlichen Bedenken. Insofern werden wir diesem Gesetz dann auch zustimmen.

Die Zuständigkeiten sind geregelt. Der Verband Region Stutt gart ist zukünftig verantwortlich für die Expressbuslinien und auch für die Koordination und Förderung des regionalen Ver kehrsmanagements sowie für die intermodale Vernetzung der Verkehrsträger. Das Stichwort Park-and-ride-Plätze wurde auch von meinen Vorrednern schon genannt.

Es gibt im Detail aber schon noch einige Punkte, die wir dann in der Ausschussberatung ganz gern noch einmal aufgreifen wollen. Bei den Expressbuslinien, die jetzt zunächst einmal mit drei Linien starten, dürfen wir nicht vergessen, dass sie auch mit erheblichen Investitionen verbunden sind. Allein die drei Buslinien – es sind viel mehr in der Planung – werden pro Jahr 3,5 Millionen € ausmachen. Es wird sich dann noch zeigen, ob die Planungen aufgehen: 20 % Reisezeitvorteil ge genüber regulären Verbindungen der gleichen Relation, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h. Man wird sicher lich auch noch einmal beobachten, ob das praktikabel ist, ob das auch funktioniert.

Dennoch will ich auch noch anmerken: Es steht im Entwurf, dass keine Kosten für das Land entstehen. Gleichzeitig wur de vom Verkehrsminister das Förderprogramm der Regiobus linien in Baden-Württemberg angekündigt

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ein sehr gutes Pro gramm!)

zu Ihnen komme ich gleich, Herr Schwarz; das ist ein gutes Stichwort –,

(Heiterkeit des Abg. Sascha Binder SPD)

das jetzt vor Kurzem als Anhörungsentwurf bekannt gegeben wurde. Dabei ist aufgefallen, Herr Kollege Schwarz, dass Sie es schon bekannt gegeben haben, bevor das Ministerium es veröffentlicht hat.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was?)

Zufälligerweise haben Sie mit Kollegin Lindlohr und Herrn Drexler gelobt,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was, mit Herrn Drexler auch?)

dass das jetzt zuständige Förderprogramm Regiobuslinien dann auch die Linie Kirchheim/Teck–Flughafen finanziert. Das ist insofern interessant, als bisher weder der Verband Re gion Stuttgart dazu angehört wurde noch ein Beschluss vor liegt, weil es ein Anhörungsentwurf ist. Insofern bitte ich, Herr Minister, das im Ausschuss noch zu erläutern; denn diese Li nie liegt nur im Gebiet des Verbands Region Stuttgart. Inso fern würde mich interessieren – –

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Die bindet ja den Flughafen an! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sind Sie dagegen?)