Protocol of the Session on February 4, 2015

Außerdem, meine Damen und Herren, setzen Sie diese Depu tate nicht dort ein, wo sie dringend erforderlich sind, um die Sitzenbleiberzahlen nach unten zu korrigieren, nämlich in den Eingangsklassen, in der Jahrgangsstufe 5 und der Jahrgangs stufe 6. Die Realschulen brauchen diese Stellen sofort und nicht quasi häppchenweise verteilt auf die nächsten Jahre.

Wir haben ganz klare Forderungen:

Erstens: Wir fordern Sie auf, die Voraussetzung zu schaffen, dass aus vernünftigen pädagogischen Gründen die Weiterga be der Grundschulempfehlung an die aufnehmende Schule er folgt, damit eine vernünftige Eingangs- und Leistungsdiagno se vorgenommen werden kann.

Zweitens: Wir fordern Sie auf, ab Klasse 1 ein Beratungskon zept umzusetzen, damit die Eltern auch die Möglichkeit ha ben, sich frühzeitig über den Bildungsweg ihres Kindes bera ten und dabei begleiten zu lassen.

Und drittens fordern wir eine Unterstützung für die aufneh menden Schulen ab Jahrgangsstufe 5. Dort ist dies vonnöten, um das beschriebene Fiasko abzuwenden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Frau Abg. Boser.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem stimme ich Ihnen zu, Herr Kollege Wacker: Wir brauchen ein qualifiziertes Be ratungssystem, damit die Eltern am Ende die verantwortungs volle Wahl der weiterführenden Schule treffen können. Aber was Sie hier fordern – dass ab der ersten Klasse beraten wer den soll –, haben wir bereits heute in unseren Schulen. Bereits heute werden die Eltern in jedem Schuljahr von den Lehre rinnen und Lehrern darüber informiert, wie der jeweilige Lernstand aussieht. In der vierten Klasse wird den Eltern dann die weiterführende Schule empfohlen. Das heißt, bereits heu te bekommen die Eltern von Jahr zu Jahr eine Mitteilung da rüber, wo ihre Kinder stehen und wie sie sich weiterentwi ckeln.

Man darf in diesem Zusammenhang nicht dem Irrtum erlie gen, dass bei dem Thema „Verbindliche Grundschulempfeh lung“ in jedem Fall die richtige Entscheidung getroffen wor den wäre; ganz im Gegenteil. Ich verweise hierzu auf die His torie: Vor 2011 haben wir im Land das Problem gehabt, dass die Zahl der Nachhilfestunden für die Schülerinnen und Schü ler in den Klassen 3 und 4 extrem angestiegen ist, dass immer mehr Eltern ihre Kinder darauf getrimmt haben, dass sie in Klasse 4 die entsprechende Empfehlung erhalten.

(Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

Ich komme schon noch darauf zurück, Herr Kollege Wacker. – Die Eltern haben auf Kosten der Kinder in den dritten und vierten Klassen versucht, ihre Kinder dann auf eine weiter führende Schule zu bringen, die eben den gewünschten Ab schluss anbietet, sodass dann eine freie Wahl möglich ist, ob ein Hauptschulabschluss, ein Realschulabschluss oder das Ab itur angestrebt wird.

Das war damals die Forderung der Landeselternverbände, aber auch der Lehrerverbände; ich glaube, das darf man in diesem Zusammenhang nicht vergessen. Auch die Lehrerverbände, der Grundschulverband und die GEW haben gefordert, dass die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung abgeschafft wird, damit die Eltern dann das freie Wahlrecht haben. Ich halte die Eltern in unserem Land auch für absolut fähig, die se Wahl zu treffen.

Man muss in diesem Zusammenhang schon auch einmal schau en: Gibt es denn überhaupt einen Zusammenhang zwischen den Übergängen, die abweichend von der Empfehlung statt finden, und der Sitzenbleiberquote? Wenn man z. B. sieht, dass

im Schuljahr 2013/2014 an 40 % der Gymnasien und an 30 % der Realschulen kein Kind in der fünften und sechsten Klas se sitzengeblieben ist, muss man sich schon die Frage stellen: Gibt es einen solchen kausalen Zusammenhang überhaupt? Was sind denn die anderen Punkte, an denen man unterstüt zen kann? Ich glaube, das ist das Thema, welches wir weiter hin verfolgen müssen. Wir müssen die Pädagogik an unseren Schulen so weiterentwickeln, dass kein Kind bei uns im Land verloren geht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wenn wir nun die Entwicklung haben – das wurde ja im Prin zip in dem vorhin diskutierten Antrag auch schon ein Stück weit angegangen –, dass Eltern die weiterführende Schule nach dem angestrebten Abschluss wählen – so, wie ich bisher aus der CDU vernommen habe, wollen ja bisher auch Sie die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung nicht einführen –, müssen wir uns doch Gedanken darüber machen, wie wir un sere Bildungslandschaft so aufstellen, dass am Ende jedes Kind die Chance hat, den bestmöglichen Abschluss zu machen.

Da sollten Sie von der CDU – ich sage dieses böse Wort auch in diesem Zusammenhang – Ihr Verhältnis zur Gemeinschafts schule überdenken. Denn ein Grund, die Gemeinschaftsschu le einzuführen, war, zu ermöglichen, dass die Eltern eine Schule nicht nach dem angestrebten Abschluss wählen, son dern dass sie eine Schule wählen, in der alle Abschlüsse an geboten werden, damit die Kinder entsprechend ihrer Leis tung gefördert und gefordert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal dar auf hinweisen, dass wir – im Gegensatz zu Ihnen – bisher auch alle anderen Schularten unterstützt haben. Wir haben die Pool stunden an den Realschulen eingeführt, und wir werden ihre Zahl auch weiterhin erhöhen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Den Ergänzungs bereich gekürzt!)

Wir haben den Ergänzungsbereich nicht gekürzt, Herr Röhm; das ist wieder eine Ihrer unsoliden Aussagen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber deutlich!)

Ich kann jetzt über den Ergänzungsbereich referieren, aber Sie als Schulleiter wissen ganz genau, dass der Ergänzungsbe reich nicht von der Landesregierung festgelegt wird, sondern von den Schulämtern, anhand der Zahlen – –

(Abg. Georg Wacker CDU: Aber mit den Stellen, die sie vom Land bekommen!)

Herr Wacker, Sie wissen ganz genau, dass es viel größere Zusammenhänge sind, als dass man jetzt von der Landessei te aus – –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mindestens 15 % gekürzt)

Das ist das gleiche Thema wie das, das Sie immer wieder re ferieren, nämlich dass wir die Sachkostenbeiträge in unge rechter Weise an die Schulen vergeben würden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist ganz was anderes!)

Ach ja, es ist immer was anderes bei Ihnen. So langsam muss man wirklich sagen: Ihre Aussagen zum Thema Bildungspo litik werden immer unsolider und polemischer, und das ist manchmal wirklich schwer zu ertragen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich finde wirklich, man sollte sich doch dann einmal tatsäch lich anschauen, was in der Fläche passiert.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ganz genau!)

Wenn ich von den Schulen die Rückmeldung bekomme, dass sie überhaupt kein Problem mit den Übergängen der Schüle rinnen und Schüler haben, sondern dass sie sagen: Im ersten Halbjahr erkennt man schon – –

(Zuruf von der CDU: Wovon reden Sie denn?)

Ich rede von Schulen, von Realschulen und von Gymnasi en, die ich besucht habe.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da geht Ihr Minister doch gar nicht hin!)

Aber ich gehe dahin, und der Minister geht ebenfalls hin, Herr Kollege Zimmermann.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ihr selektives Wahr nehmungsvermögen kenne ich!)

Da muss man doch mal – –

(Zuruf: Baumschule! – Unruhe – Glocke des Präsi denten)

Das Wort, Herr Kolle ge Zimmermann und andere, hat Frau Abg. Boser.

Da muss man doch einfach fest stellen: Wenn Lehrerinnen und Lehrer zurückmelden, dass sie keinerlei Probleme damit haben, welche Kinder zu ihnen in die Klasse kommen, sondern dass sie versuchen, den Kindern in ihrer Lernentwicklung gerecht zu werden, muss man das doch einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

Es gibt natürlich auch Überprüfungsmöglichkeiten. Am An fang der fünften Klasse – das wissen Sie genau, Herr Wacker – können Lernstandserhebungen vorgenommen werden, mit deren Hilfe die Lehrer dann genau sehen, wie der Stand der Kinder ist. Wenn der Lehrer der weiterführenden Schule eine Lernstandserhebung macht, sagt das doch mehr aus, als wenn er einen Zettel herübergeschoben bekommt, auf dem ein Kreuz – –

(Abg. Georg Wacker CDU: Warum machen Sie das denn nicht?)

Das machen doch die Schulen. Herr Wacker, das machen die Schulen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Warum machen Sie es denn nicht? – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die ersten vier Jahre fehlen komplett! – Abg. Georg Wacker CDU: Heben Sie doch die Informationssperre auf!)

Ich habe gerade eben auszuführen versucht, dass es mehr Sinn macht, eine Lernstandserhebung vorzunehmen, mit der die Lehrer die Möglichkeit haben, den Entwicklungsstand ih rer Schülerinnen und Schüler genau zu erkennen – auch im Verhältnis der Klasse –, und dass das mehr Aussagekraft hat als das Kreuz auf einem Zettel, ob jetzt eine Realschulemp fehlung, eine Gymnasialempfehlung oder eine Hauptschul empfehlung vorliegt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist sachlich richtig, aber wir wollen mehr wissen! – Zuruf: Da steht doch mehr drin!)

Deswegen ist das für uns ein Anlass, zu sagen: Wir wollen überprüfen, ob es tatsächlich einen kausalen Zusammenhang zwischen den Übergängen an der Schule und der Sitzenblei berquote gibt. Denn wenn 30 % der Realschulen und 40 % der Gymnasien keine Sitzenbleiber haben, dann muss man schau en, was an den anderen Schulen zu verbessern ist, damit es auch dort keine Sitzenbleiber gibt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aha!)