Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Nach der Bibel hat unsere Welt nichts so sehr verändert wie das Patent mit der Nummer 37435 des Kaiserlichen Patentamts, das vor 125 Jahren, am 29. Januar 1886, an Carl Benz erteilt wurde. Zur gleichen Zeit tüftelten in unmittelbarer Nähe, in Cannstatt, Gottlieb Daimler und Wil helm Maybach an schnelllaufenden Benzinmotoren.
Heute haben wir die höchste Industriedichte aller Bundeslän der. Ohne diese Pioniere wäre der Wohlstand in unserem roh stoffarmen Land gar nicht denkbar. Bei uns produzieren Welt konzerne wie Daimler, Porsche und Audi, die weltgrößten Au tomobilzulieferer Bosch, Mahle und Behr sowie zahlreiche mittelständische Zulieferbetriebe. Mittlerweile hängt jeder sechste Arbeitsplatz am Automobilbau. Auch aus diesem Grund sind wir das Land mit der höchsten Innovationskraft, den meisten Patenten und den niedrigsten Arbeitslosenzahlen – auch wenn der Verkehrsminister meint, die Automobilindus trie habe an Bedeutung verloren.
Gerade verkündete der Zulieferer ZF Friedrichshafen, er wol le 2 000 neue Arbeitsplätze schaffen. Prompt kam die Antwort aus Stuttgart: „Weniger Autos sind besser als mehr.“
Weil es zum „Green New Deal“ passt, legt der Ministerpräsi dent noch eine Schippe drauf: Die Landesregierung fordert ein bundesweites – –
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was für ein Deal? – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was heißt das auf Deutsch? – Zuruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE)
Sie haben den Begriff doch verwendet, nicht ich. Diese Wor te wurden doch von Ihrem Ministerpräsidenten verwendet.
Die Landesregierung fordert ein bundesweites Tempolimit. Sie will sich in Berlin für einen schärferen Ordnungsrahmen einsetzen, etwa einen noch strengeren Grenzwert beim Schad stoffausstoß. Eine solche Innovationspeitsche braucht die Au tomobilindustrie, sagt der Ministerpräsident, damit sie in die grünen Puschen kommt. Die Automobilhersteller sollen sich künftig als Mobilitätskonzerne verstehen.
Aber es gibt noch ein Zuckerbrot – so will es das grüne Wahl programm –: Einmal in der Woche wird in der Werkskantine ein vegetarisches Essen serviert.
Vielleicht war es der Speiseplan; ich weiß es nicht. Jedenfalls haben Unternehmen, Mitarbeiter und Betriebsräte ziemlich sauer reagiert. Weniger Autos bedeuten weniger Jobs, weni ger Wachstum und weniger Steuereinnahmen. Der Minister präsident musste Kreide fressen. Kritik kam aus der eigenen Koalition, vom Finanzminister persönlich: Es geht nicht – so der Finanzminister –, auf dem Rücken der Unternehmen und der Beschäftigten ideologische Scheingefechte auszutragen. Recht hat er.
Bei all dieser babylonischen Wirtschaftsrhetorik ist der Mi nisterpräsident „falsch verstanden worden“.
Es ist, wie Winston Churchill sagte, ein großer Vorteil im Le ben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zeitig zu machen. Herr Ministerpräsident, das ist Ihnen gelun gen.
Das ist sehr nett. Vielen Dank. – Ich habe eine Frage: In unserem christlichen Kulturkreis gibt es einen Tag, an dem kein Fleisch gegessen werden soll. Wis sen Sie, welcher es ist?
Es freut mich, dass christliches Gedankengut auch bei den Vertretern der Grünen wahrhaftig geworden ist.
Meine Damen und Herren, es ist uns allen klar: Wir erleben einen Strukturwandel in der Automobilindustrie. Weltweit wird an neuen Antriebsaggregaten geforscht. Aber wer vorei lig den wirtschaftlichen Niedergang unseres Automobilstand orts vorhersagt, verkennt, dass die herkömmliche Verbren nungstechnologie mit ihren Hybridvarianten noch auf Jahre hinaus großes Innovationspotenzial bietet. Unsere Autos sind im Verbrauch sparsamer, sie sind sicherer und schadstoffär mer als alle Autos, die aus Korea, Detroit oder Japan kom men.
Die Nachfrage nach Mobilität wird in den nächsten Jahren weltweit steigen, ganz speziell in der Premiumklasse, dort, wo Innovationen gemacht werden. Die Politik darf nicht dirigis tisch die zukünftige Fahrzeugtechnologie vorschreiben. Nie mand kann die Entwicklung vorhersagen. Niemand weiß, ob Elektroautos die Zukunft sind. Dennoch: Wir liegen mit Ja pan und China in der Entwicklung der Elektromobilität gleich auf. Das verdanken wir der vorherigen Landesregierung
und der Stärkung der Forschung hier im Land aufgeholt hat. Nur Frankreich und die USA sind uns noch immer einen Schritt voraus.
Jetzt legt der Bund mit einem milliardenschweren Programm „Nationale Plattform Elektromobilität“ nach. Deutschland soll Leitmarkt für die Elektromobilität werden. Im Herbst werden drei bis fünf Regionen in Deutschland Fördermittel erhalten. Wir müssen dabei sein. Wowereit in Berlin, der thüringische Wirtschaftsminister Matthias Machnig, der der SPD angehört, und Bayern bemühen sich vehement um die Fördermillionen. Aus Stuttgart